Um eine Fähigkeitslücke in der bodengebundenen Luftverteidigung zu schließen, beauftragte das Beschaffungsamt der Bundeswehr Ende Januar 2024 die Arbeitsgemeinschaft Nah- und Nächstbereichsschutz mit einem entsprechenden Entwicklungsauftrag. Hierbei handelt es sich um einen Zusammenschluss der Unternehmen Rheinmetall Electronics, Diehl Defence und Hensoldt Sensors.
Aufgrund eines Vertragswertes über 25 Millionen Euro wurde das Vorhaben zuvor durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligt.
Das Vorhaben „Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichsschutz“, kurz LVS NNbS, soll den Schutz von bewegten Truppen der Landstreitkräfte gegen Angriffe aus der Luft sicherstellen. Zusätzlich ist es auch für den sogenannten Raumschutz, wie zum Beispiel kritische Infrastruktur geeignet.
Kern des nun beauftragten Entwicklungsvorhabens ist die Optimierung der Luftverteidigung bis zu 40 km Reichweite sowie die Entwicklung von hochmobilen Komponenten. Diese sollen die Fähigkeit besitzen, Landstreitkräften im Gefecht folgen zu können um diese vor Angriffen aus der Luft zu schützen. Der Fokus liegt auf der Modularität und der Vernetzung auch zu anderen Luftverteidigungssystemen der NATO.
Neben der Einbindung von bereits in anderen Teilstreitkräften eingesetzter Waffensysteme, sollen später auch schnell verfügbare Einzelkomponenten in das Gesamtsystem NNbS eingebunden werden können. Das erhöht die Wirksamkeit der nationalen und internationalen Luftverteidigung signifikant.
Nach derzeitiger Planung sollen die Prototypen ab 2027 qualifiziert werden, um die Serienproduktion ab 2028 zu ermöglichen.
Die Bundeswehr hat Rheinmetall erneut mit einem bedeutenden Vorhaben der Flugabwehr beauftragt. So wird Rheinmetall das mobile Flugabwehrsystem Skyranger 30 an die deutschen Streitkräfte liefern. Der Vertrag im Wert von 595 MioEUR brutto sieht die Lieferung eines Prototyps und weiterer 18 Serienfahrzeuge vor. Zusätzlich besteht die Option für 30 weitere Systeme. Die Lieferung des Prototyps soll bereits Ende 2024 erfolgen.
Erst im Januar 2024 war Rheinmetall gemeinsam mit industriellen Partnern mit der Entwicklung des Luftverteidigungssystems Nah- und Nächstbereichsschutz (NNbS) für die Bundeswehr beauftragt worden, in das der Skyranger 30 als wichtige Komponente künftig eingebunden sein wird.
Als wesentlicher Bestandteil von NNbS bettet sich Skyranger 30 in die European Sky Shield Initiative der Bundesregierung ein, mit der Deutschland innerhalb der NATO eine Rolle als Anlehnungsnation in der bodengebundenen Luftverteidigung Europas eingenommen hat.
Gleichzeitig schließt das Luftverteidigungssystem Skyranger 30 die aktuelle akute Fähigkeitslücke der mobilen Flugabwehr. Das System bietet eine optimale Kombination aus Mobilität, Schutz, Flexibilität und Präzision, um den wachsenden Anforderungen an herausfordernde Bedrohungsszenarien im Nah- und Nächstbereich gerecht zu werden. Als Hybrid-Lösung vereint sein Turm die wirkungsstarke Revolverkanone 30mm x 173 KCE, Boden-Luft-Lenkflugkörper und die erforderliche Sensorik auf einer Plattform. Ausgestattet wird der Skyranger 30 in Deutschland mit dem Flugkörper Stinger. Je nach Kundenanforderung können diverse moderne Lenkflugkörper Verwendung finden, z.B. auch Mistral oder spezielle C-UAS Flugkörper.
Die durchdachte Auslegung verschiedenster Wirkmittel, eine hohe Dynamik und ein großer Elevationsbereich sowie modernste Sensoren ermöglichen sowohl einen autonomen wie auch einen vernetzten Einsatz. Durch die Airburst-Munition mit programmierbarem Luftsprengpunkt eignet sich das System besonders zur Abwehr von Drohnen. Der kompakte Turm wird auf dem taktischen 8×8 Fahrzeug Boxer integriert.
Als Erstkunde hat die Republik Österreich vor kurzem die Beschaffung von 36 Skyranger 30-Systemen in Auftrag gegeben. Auch weitere NATO- und EU-Mitglieder wollen sich der Beschaffung anschließen oder haben dies bereits auf den Weg gebracht. Im Dezember 2023 hatte Ungarn Rheinmetall mit der konzeptionellen Entwicklung des Skyranger 30-Turms für die zukünftige Flugabwehrvariante des Kettenfahrzeugs Lynx KF41 beauftragt. Litauen prüft, ebenfalls den Skyranger 30 auf Boxer-Basis einzuführen. Auch Dänemark hat eine entsprechende Beschaffung angekündigt.
Erst im Dezember 2023 wurde mit dem Funktionsdemonstrator des Skyranger 30 auf dem Erprobungszentrum Ochsenboden/Schweiz eine erfolgreiche Test- und Schießkampagne durchgeführt, bei der sich das System im Stand und in der Fahrt bewähren musste. Der Funktionsdemonstrator liefert wichtige Erkenntnisse, die die Herstellung und Integration des deutschen Nachweismusters erheblich risikoärmer und schneller machen.
Das Verteidigungsministerium hat seinen 18. Bericht zu Rüstungsangelegenheiten vorgelegt. Geprägt vom Sondervermögen Bundeswehr, steht auch dieser im Zeichen der sicherheitspolitischen Zeitenwende. Er informiert über wichtige Rüstungsprojekte der Bundeswehr, deren finanziellen Rahmen und zeitlichen Stand.
Russlands Überfall auf die Ukraine hat die Grundfesten der europäischen Friedensordnung erschüttert und die Sicherheitslage in Europa massiv verändert. Die zur Bewältigung der sicherheitspolitischen Herausforderungen eingeleitete Zeitenwende betrifft auch die Ausrüstung und Beschaffung der Bundeswehr.
Die Bundeswehr auch materiell wieder kriegstüchtig zu machen, hat höchste Priorität. Dieses Jahr stehen deshalb insgesamt 34,9 Milliarden Euro für das Rüstungswesen zur Verfügung. Der 18. Rüstungsbericht liefert hierzu die Details und schafft Transparenz zum Stand der wesentlichen Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Der Rüstungsbericht dient in erster Linie der Information des Parlamentes.
Sondervermögen prägt den 18. Rüstungsbericht
Die Finanzierung zahlreicher, wichtiger und komplexer Vorhaben für die Bundeswehr steht auf einer soliden Basis. Das ist vor allem dem 100 Milliarden Euro schweren Sondervermögen Bundeswehr zu verdanken, welches sich im aktuellen Rüstungsbericht besonders deutlich niederschlägt. 19,2 Milliarden Euro für Beschaffungen stammen dieses Jahr aus dem Sondervermögen.
Zusätzlich sind insgesamt 15,7 Milliarden Euro im Verteidigungshaushalt 2024 – dem Einzelplan 14 – für Beschaffungen (2,8), Materialerhaltung (6,9), Betreiberlösungen (4,8) und Wehrforschung (1,2) veranschlagt. Allein in die Beschaffung von Waffensystemen, militärischem Gerät und Munition wird die Bundeswehr rund 22 Milliarden Euro investieren.
Die wesentlichen Rüstungsprojekte
Der Rüstungsbericht informiert über die bedeutendsten Rüstungsprojekte der Bundeswehr. Er umfasst für das Jahr 2024 die folgenden 19 Vorhaben:
NATO-Hubschrauber 90 TTH
NATO-Hubschrauber 90 NTH (Sea Lion)
NATO-Hubschrauber 90 MRFH
Kampfhubschrauber Tiger
Schwerer Transporthubschrauber
Eurofighter (einschließlich AESA)
F-35A Lightning II
Transportflugzeug A400M
PEGASUS (Persistant German Airborne Surveillance System)
Fähigkeitserhalt Patriot (Phased Array Tracking Radar to Intercept on Target)
Main Ground Combat System
Future Combat Air System
Rüstung und Zeitenwende
Auch der 18. Rüstungsbericht steht ganz im Zeichen der Zeitenwende. Fähigkeitslücken der Bundeswehr sollen schnell geschlossen und so die Landes- und Bündnisverteidigung Deutschlands in einem veränderten sicherheitspolitischen Umfeld gestärkt werden.
Im Jahr 2024 werden die Verteidigungsausgaben dank des Sondervermögens mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes betragen – und damit die NATO-Vorgabe erreichen.
Die Bundeswehr hat Rheinmetall mit der Herstellung und Lieferung von 40-mm-Munition für die Nutzung in der Granatmaschinenwaffe beauftragt. Dies umfasst zum einen mehrere zehntausend programmierbare Gefechtspatronen des Typs 40 mm x 53 Airburst Munition (ABM) DM131. Der Auftragswert liegt bei 22,9 MioEUR brutto. Zum anderen erteilte die Bundeswehr einen Auftrag über ca. 200.000 Übungspatronen des Typs 40 mm x 53 Üb DM158. Dieser Auftragswert liegt bei rund 7,2 MioEUR brutto. Die Auslieferung der Munition soll noch 2024 abgeschlossen werden.
Rheinmetall gehört zu den weltweit führenden Anbietern für Munition, Waffensysteme und Feuerleitvisiere und fungiert als „One-Stop-Shop“ für 40-mm-Systeme. Rheinmetalls 40 mm x 53 Hochgeschwindigkeitsmunition lässt sich aus allen gängigen Granatmaschinenwaffen in diesem Kaliber nutzen. Sie erreicht eine Geschwindigkeit von über 240 m/s und hat eine maximale effektive Reichweite von 2.200 Metern.
Zu dem breiten Sortiment an Patronen in diesem Segment gehört die jetzt beauftragte programmierbare 40 mm x 53 ABM. Durch ihre Luftsprengpunktfähigkeit ermöglicht sie es der Truppe, Ziele hinter Deckungen zu bekämpfen. Ebenso eignet sie sich zur Drohnenabwehr. Die 40 mm x 53 ABM ist für den Einsatz bei der Bundeswehr qualifiziert und dort als DM131 eingeführt. Auch weitere NATO-Staaten nutzen diese moderne Munition.
Alle Munitionssorten, die nun unter Vertrag genommen wurden, sind nach neuesten Standards entwickelt, qualifiziert und sind weltweit konkurrenzlos in Bezug auf Wirkung und Präzision. Der Konstruktionsstand beider Patronen entspricht vollständig den Anforderungen der Europäischen Verordnung zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und Beschränkung chemischer Stoffe (REACH).
Acht „Luftlanderettungszentren, leicht (LLRZ, le)“ hatte das Beschaffungsamt der Bundeswehr im Februar dieses Jahres aus dem Sondervermögen beauftragt und bereits gestern konnte das erste System inklusive der medizinischen Geräteausstattung, deutlich früher als geplant, an die Truppe übergeben werden.
Diese mobilen, zeltbasierten Sanitätseinrichtungen ermöglichen auch im Einsatz eine notfallchirurgische Erstversorgung nach deutschem Standard. Dazu verfügt das LLRZ, le unter anderem über eine Ambulanz, einen Notfalleingriffsraum, ähnlich einem OP, und intensivmedizinische Pflegekapazitäten, untergebracht in insgesamt neun Zelten. Das System kann per Hubschrauber oder Transportflugzeug in ein Einsatzgebiet gebracht werden und ist in nur wenigen Stunden einsatzbereit.
Die Schnellen Einsatzkräfte des Sanitätsdienstes aus Leer wurden nun als erster Truppenteil mit dem LLRZ, le ausgestattet. „Mit der heutigen Übergabe können wir einen wesentlichen Schritt zur Sicherstellung einer hochwertigen und zeitgemäßen sanitätsdienstlichen Versorgung von verwundeten Kameradinnen und Kameraden gehen“, stellte der stellvertretende Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr. Norbert Weller, anlässlich der Übergabe Ende Dezember 2023 fest.
Mit den neuen leichten Luftlanderettungszentren werden die seit 2003 in der Nutzung befindlichen Systeme regeneriert, also erneuert. Die neue Sanitätsausstattung sorgt für verbesserte Behandlungsmöglichkeiten der Soldatinnen und Soldaten.
„Wir sind glücklich und zufrieden noch in 2023 das erste von acht Systemen der 25 Millionen Euro Vorlage an die Truppe ausliefern zu können“, betonte der zuständige Projektleiter im Beschaffungsamt, Oberfeldapotheker René S., gestern in Leer. „Gerade in der aktuellen weltpolitischen Lage ist es wichtig, dass die Truppe schnell das Material erhält, was sie für die Aufträge und Einsätze braucht.“
Das zweite System wird voraussichtlich schon im Januar 2024 an den Sanitätsdienst der Bundeswehr geliefert, die übrigen sechs LLRZ, le sollen bis zum Jahresende 2024 folgen.
Die Bundeswehr hat Rheinmetall mit der Herstellung und Lieferung von Mittelkalibermunition für den Schützenpanzer Puma beauftragt. Aus einem Rahmenvertrag rief sie mehrere hunderttausend Patronen des Typs 30mm x 173 DM21 ab. Der Auftragswert für diese Gefechtsmunition liegt bei über 350 MioEUR brutto. Soweit die einwandfreie Funktion nachgewiesen wird, beginnt die Auslieferung noch in diesem Jahr und läuft bis 2027.
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages hatte am 30. November 2022 die Vorlage für eine umfangreiche Beschaffung von 30mm-Mittelkalibermunition gebilligt. Der Rahmenvertrag über die Lieferung von Mittelkalibermunition für den Schützenpanzer Puma wurde bereits im Dezember 2022 erteilt und umfasst Munition im Wert von bis zu 576 Mio. EUR. Daher ist mit Folgeaufträgen zu rechnen. Bereits 2022 lief ebenfalls aus dem bestehenden Rahmenvertrag die Beschaffung der Maschinenkanonenmunition DM21 an. Mitte 2023 erfolgte zudem ein Abruf für das Jahr 2023.
Der Schützenpanzer Puma ist mit Rheinmetalls Maschinenkanone MK30-2/ABM (Airburst Munition) ausgestattet. Sie kombiniert hohe Kadenz und moderne Munitionstechnologie nach dem neuesten Stand. Das macht die MK30-2/ABM zu einem kompromisslosen, äußerst zuverlässigen Waffensystem. Die MK30-2/ABM ist äußerst wirksam gegen Land-, Luft- und Seeziele.
Rheinmetall ist ein wesentlicher Munitionslieferant der Bundeswehr für den Schützenpanzer Puma. Im Kaliber 30mm x 173 produziert und liefert Rheinmetall die zwei Haupt-Gefechtsmunitionen KETF DM21 (Airburst-Munition) und KE DM33 (Pfeilmunition) sowie die Übungsmunition DM58. Alle Munitionen sind nach neuesten Standards entwickelt, qualifiziert und sind weltweit konkurrenzlos in Bezug auf Zuverlässigkeit, Wirkung, Durchschlagleistung und Präzision.
Die äußerst zuverlässige Programmierung der Airburst-Munition KETF DM21 – die Abkürzung steht für Kinetic Energy Time Fuse – ermöglicht dem Schützenpanzer Puma das Bekämpfen größerer weicher und halbharter Flächenziele. Die Pfeilmunition KE DM33 gehört zur neuen Generation panzerbrechender Unterkalibermunition (APFSDS-T, Armour Piercing Fin Stabilized Discarding Sabot – Tracer). Der Penetrator der Munition durchdringt moderne Panzerungen auch bei ausgesprochen kleinem Auftreffwinkel und großer Kampfentfernung. Mit den beiden Gefechtsmunitionsarten ist der Schützenpanzer Puma in der Lage, ein Zielspektrum aus gepanzerten, halbharten und weichen Punkt- und Flächenzielen zu bekämpfen.
Die Bundeswehr erhält bis zu 82 neue Kampfhubschrauber vom Typ H145M. Unmittelbar nach der Billigung des Beschaffungsvorhabens durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages am 13.12.2023, beauftragte das Beschaffungsamt der Bundeswehr die Firma Airbus Helicopters Deutschland GmbH mit der Herstellung und Lieferung der Hubschrauber, die vorrangig aus dem Sondervermögen finanziert wird.
Der stellvertretende Abteilungsleiter Luft des Beschaffungsamtes, Elmar Günther (li.), und der Vorsitzende der Geschäftsführung Airbus Helicopters Deutschland GmbH, Stefan Thomé, bei der Vertragsunterzeichnung für das Projekt Leichter Kampfhubschrauber – Bundeswehr/Berndorfer
Bei der Beschaffung griff die Bundeswehr bewusst auf einen marktverfügbaren Hubschraubertyp zurück, der bereits bei den Spezialkräften und für Rettungseinsätze genutzt wird. Der heute geschlossene Rahmenvertrag umfasst neben der Herstellung und Lieferung der Hubschrauber auch Ersatzteile, acht Ausbildungssimulatoren, die Ausbildung des fliegenden und technischen Personals sowie umfangreiche Service-Leistungen für den Betrieb der Hubschrauber über einen Zeitraum von sieben Jahren.
Im Rahmen einer Brückenlösung wird der H145M als Leichter Kampfhubschrauber (LKH) den aktuell genutzten Kampfhubschrauber Tiger ablösen. Der mehrrollenfähige Hubschrauber kann neben der Bewaffnung mit verschiedenen Ausrüstungskits bestückt werden: elektronische Selbstschutzanlagen, ballistischer Schutz oder Zusatzausstattung für den Einsatz über See. Außerdem verfügt der Hubschrauber über leistungsfähige Aufklärungssensoren. Diese ermöglichen der Besatzung, Missionen bei Tag und Nacht zu fliegen. Dadurch ist der H145M äußerst flexibel durch das Heer und die Luftwaffe einsetzbar.
Die Bundeswehr erhält bis zu 82 Kampfhubschrauber vom Typ H145M – Airbus Helicopters /Cara Irina Wagner
Bereits im kommenden Jahr soll die Auslieferung der LKH und die Ausbildung des Personals beginnen und Ende 2028 abgeschlossen sein. Der LKH wird zukünftig an den Standorten des Internationalen Hubschrauberausbildungszentrum in Bückeburg, den Heeresstandorten Niederstetten, Fritzlar und Faßberg sowie dem Luftwaffen-Standort Laupheim eingesetzt.
Dieser Bericht steht im Zusammenhang mit dem Vortrag des Autors anlässlich der Informationsveranstaltung Blauer Bund e.V. im November 2023.
Die Hauptaufgabe des BAAINBw ist es, die Bundeswehr mit modernem und sicherem Gerät sowie zeitgemäßer Ausstattung einsatzfähig zu halten und das angestrebte Fähigkeitsprofil in materieller Hinsicht schnell zu erreichen. Die aus dem russischen Angriffskrieg resultierende Zeitenwende erfordert insbesondere, dass im Hinblick auf die Prozesse und Verfahren für die Beschaffung alle Beschleunigungspotenziale genutzt werden. In der Umsetzung verlangt dies ein effizienteres und gleichzeitig rechtssicheres Handeln, um schnell sichtbare Ergebnisse im Hinblick auf Qualität und Quantität der Ausrüstung zu erreichen. Dabei gibt das Vergaberecht den Rahmen vor.
Das BAAINBw ist allerdings nur ein Rad im Getriebe. Die Beschaffung in der Bundeswehr ist ein komplexer Prozess und alle in der Bundeswehr beteiligten Bereiche wirken an der Beschleunigung mit. Darüber hinaus spielt auch die leistungsfähige wehrtechnische Industrie eine zentrale Rolle, die mit hochwertiger, zuverlässiger sowie zeitgerechter Lieferung einen wesentlichen Beitrag leistet.
Das BAAINBw hat alleine im vergangenen Jahr rund 12.000 Beschaffungsverträge geschlossen. Die Anzahl der laufenden Projekte, inkl. der Nutzung, steigt jährlich um rund fünf Prozent und bis Ende 2023 auf knapp 1.700. Auch die Anzahl der 25 Millionen-Euro-Vorlagen an das Parlament zu unseren Großverträgen wächst kontinuierlich und wird im Jahr 2023 mit rund 50 einen Höchststand erreichen. Im kommenden Jahr könnten es sogar doppelt so viele werden.
Die Mittel, die in den Ausgabenbereichen Rüstungsinvestitionen, Materialerhaltung und Betrieb kassenwirksam umgesetzt werden konnten, sind von rund neun Milliarden im Jahr 2015 bis auf rund 20 Milliarden Euro im Jahr 2022 angestiegen. Dies entspricht bereits einer Steigerung um rund 120 Prozent.
Aufgrund des Sondervermögens wachsen diese Werte weiter an. In diesem Jahr um etwa 40 Prozent und im Folgejahr um rund 30 Prozent. Dies entspricht für 2024 einer Ausgabenerwartung in Höhe von rund 35 Milliarden Euro.
Die eingeleiteten Maßnahmen wirken im Wesentlichen in den Bereichen, Beschleunigung der Prozesse, Beschleunigung der Projektarbeit und der Ausnutzung des rechtlichen Rahmens.
Ein wichtiger Baustein ist die Straffung der Arbeits- und Abstimmungsschritte im Prozess. Hier fassen wir Projektphasen und zu erstellende bedarfs- und haushaltsbegründe Dokumenten mit einem Lösungsvorschlag zusammen. Wir arbeiten dabei mit knappen Zeitvorgaben: Das zentrale Dokument innerhalb von maximal sechs Monaten zu erstellen. Dabei werden im Regelverfahren grundsätzlich marktverfügbare Lösungen vorgesehen. Ein weiteres Handlungsfeld ist die konsequente Deregulierung. Mit der Außerkraftsetzung von über der Hälfte der im BAAINBw genutzten rund 160 Regelungen werden den Mitarbeitenden bewusst Handlungsspielräume geschaffen. So kann im konkreten Einzelfall dem Faktor Zeit höchstmögliche Priorität eingeräumt werden. Dazu zählt auch, dass Ausnahmen von Gesetzen und Abweichungen von Regelungen konsequent genutzt werden.
Ein weiterer Optimierungsaspekt ist die Dezentralisierung. Durch Verlagerung der Zuständigkeiten für die Beschaffung nicht-komplexer Materialsegmente ohne Waffensystembezug zum BAIUDBw oder durch das „Handgeld Kommandeure“ zur Truppe wird das BAAINBw entlastet. Durch das Handgeld kann die Truppe beispielsweise in begrenztem Umfang Sachgüter unmittelbar vor Ort schnell und selbständig beschaffen. Durch diese Maßnahme kann sich das BAAINBw auf die Realisierung komplexer Projekte fokussieren.
Parallel dazu haben wir bei der Vertragsgestaltung Handlungsspielräume geschaffen. Durch das konsequente schließen von Rahmenvereinbarungen mit der Industrie entfällt bei später identifizierten weiteren Bedarfen ein neuerlicher Vergabeprozess. Ein plakatives Beispiel sind hier die Verträge zur Munitionsbeschaffung. Falls finale Finanzierungszusagen noch nicht vorliegen, zeigen wir Risikobereitschaft und nutzen die Möglichkeit, trotzdem zum Angebot aufzufordern. Abgesichert wird das durch entsprechenden Ausschreibungsklauseln.
Ein weiterer wichtiger Baustein der Projektarbeit ist das Forderungscontrolling. Es werden komplexe, kostenintensive Entwicklungen vermieden und sich stattdessen auf rasch marktverfügbare Lösungen fokussiert. Als Beispiel dient das System Weltraumüberwachung, wo sich auf frühere Verfügbarkeit durch bewussten Verzicht auf eine Leistungssteigerung verständigt wurde. Zeit ist der bestimmende Faktor! Sofern der Bedarf es erfordert, führt dies auch zu konkreten Produktvorgaben wie bei der Beschaffung der F-35. Forderungscontrolling ist ein scharfes Schwert und ein zentraler Baustein für schnelle Verfügbarkeit in der Truppe. Selbstverständlich sind Entwicklungen weiterhin möglich und notwendig. Und zwar überall dort, wo eine Wirküberlegenheit gegenüber einem potentiellen Gegner essentiell ist.
Natürlich nutzen wir auch rechtliche Handlungsspielräume. Unter Anwendung des Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetzes wurde rund ein Viertel der verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträge als Gesamtvergaben vorgenommen und so, wo möglich, von losweiser Beauftragung abgesehen. Dies reduziert den Aufwand signifikant und beschleunigt die Vergabe. Eine andere Verbesserung wird durch die Anhebung der Wertgrenzen zur Direktvergabe auf 5.000 Euro erreicht. Sie ermöglicht es der Bundeswehr jährlich rund 60.000 Verträge einfacher und schneller zu schließen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben dabei weiterhin bestehen.
Das BAAINBw hat die Schwerpunkte verstanden und das Material kommt bei der Truppe an. Seien es die kontinuierlichen Zuläufe an Luftfahrzeugen (2021 bis 2024 zwölf A400M) und Schiffen (jährlich eine Fregatte), die mehr als tausend LKW 15to und zehn Brückenlegepanzer oder aber die Ausstattung im Bereich der IT und Bekleidung/ persönliche Ausrüstung.
Text: GenMaj Thorsten Puschmann, Vizepräsident mil. BAAINBw
Das Wappen des BAAINBw
Das BAAINBw
Der Organisationsbereich Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung besteht aus dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, kurz BAAINBw, mit Hauptsitz in Koblenz und seinen Dienststellen in Deutschland und in den USA.
Das BAAINBw ist der Abteilung Rüstung im Bundesministerium der Verteidigung unterstellt und untergliedert sich in Abteilungen und Stäbe. Es wird durch sechs Wehrtechnische sowie zwei Wehrwissenschaftliche Dienststellen unterstützt. Das Marinearsenal stellt als weitere Dienststelle die Einsatzbereitschaft der Deutschen Flotte sicher. Die Verbindungsstelle in Reston vertritt die wehrtechnischen und rüstungswirtschaftlichen Interessen gegenüber amerikanischen und kanadischen Stellen des Amts- und Industriebereichs.
Am 05.12.2023 wurde in Wolgast der Bau der ersten Fregatte der Klasse F126, kurz F126, für die Deutsche Marine feierlich begonnen. Nach dem erfolgreichen Abschluss der Entwicklungsphase beginnt nun die Konstruktionsphase der Schiffe. Zunächst werden vier Fregatten mit einer Option auf zwei weitere Einheiten beschafft. Das Projekt hat ein Volumen im mittleren einstelligen Milliardenbereich.
Die erste Fregatte F126 wird voraussichtlich 2028 an die Bundeswehr übergeben
Der entsprechende Bauvertrag wurde im Juni 2020 zwischen dem Beschaffungsamt der Bundeswehr und dem Generalunternehmer, Damen Schelde Naval Shipbuilding, geschlossen. Das erste Schiff wird voraussichtlich 2028 an die Bundeswehr übergeben.
Flottillenadmiral Czerwinski, Leiter der Abteilung See im Beschaffungsamt war als Vertreter der Behörde vor Ort. Er betonte die Bedeutung der neuen Fregatten für die Deutsche Marine: „Das Projekt F126 wurde als Beschaffungsprojekt mit einer engen und intensiven Zusammenarbeit vor Ort zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer aufgesetzt. Es freut mich, dass durch diesen kooperativen Ansatz mit umfangreicher amtsseitiger Projektbegleitung vor Ort bislang alle aufgetretenen Herausforderungen gemeinsam gemeistert wurden und der Baubeginn der F126 fristgerecht erreicht werden konnte.“
Die F126 werden für den weltweiten Einsatz im gesamten Intensitätsspektrum zur dreidimensionalen Seekriegführung befähigt sein. Das Konzept bezeichnet dabei die Fähigkeit, Ziele unter Wasser, auf dem Wasser und in der Luft zu bekämpfen. Zu den wichtigsten Aufgaben gehören die Seeraumüberwachung, das Durchsetzen von Embargos, das Unterstützen von Spezialkräften sowie Evakuierungsoperationen. Ein Novum für die Deutsche Marine ist hierbei die Nutzung von Missionsmodulen. Die Schiffe erhalten dabei standardisierte Ausrüstungs- und Personalpakete, die auf das spezifische Einsatzszenario angepasst werden können.
Symbolischer Brennbeginn: Die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister der Verteidigung, Siemtje Möller, (2.v.r.), die Ministerpräsidentin des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Manuela Schwesig, und Vertreter des Auftragsnehmers starten symbolisch den Baubeginn der ersten Fregatte
Der Bau der Fregatten wird zu 100 Prozent in Deutschland stattfinden. Die Schiffbaufertigung findet dabei arbeitsteilig in Wolgast, Kiel und Hamburg statt. Damit erhält und sichert Deutschland sich wichtige maritime Schlüsseltechnologien im Überwasserschiffbau.
Die Bundeswehr erhält 53 neue Triebwerke für den Schützenpanzer Puma. Kürzlich wurde hierfür ein Vertrag zwischen dem Beschaffungsamt der Bundeswehr und der Firma Rolls-Royce Solutions GmbH, ehemals MTU Friedrichshafen, geschlossen. Mit einem Volumen von mehr als 129 Millionen Euro ist dieser Vertrag der volumenstärkste Auftrag im Rahmen des Ersatzteilfolgebedarfs der vergangenen Jahre.
Um die Einsatzbereitschaft des Schützenpanzers Puma auf Dauer gewährleisten zu können, müssen die Triebwerke in festgelegten Intervallen einer Generalüberholung unterzogen werden. Hierfür benötigt die Bundeswehr ausreichend Ersatztriebwerke als sogenannte Umlaufreserve.
Die Generalüberholung der Triebwerke beim Puma findet alle 1.000 Betriebsstunden, nach einer Laufleistung von 10.000 km oder alle zehn Jahre statt. Hierfür müssen die Triebwerke im Vorfeld der anschließenden Wartung aus den Schützenpanzern ausgebaut und gegen andere Triebwerke ausgetauscht werden. Die Dauer der Generalüberholung beträgt nach Angaben des Auftragnehmers circa ein Jahr.
Mit dem nun geschlossenen Vertrag wird die Bundeswehr über ausreichend Ersatztriebwerke verfügen, was gleichzeitig die Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge für die Ausbildung, Übungen und einsatzgleichen Verpflichtungen deutlich erhöht.