Abbildung 2.1: Unterbrechungsfreie, durchhaltefähige und robuste logistische Versorgung durch das LogSysBw zur Logistische Unterstützung von Streitkräften Blauer Bund

Logistische Unterstützung von Operationen der Streitkräfte

Logistische Unterstützung von Operationen der Streitkräfte in den Phasen Bereitstellung, Aufmarsch, Verlegung, RSOM und logistische Versorgung

Einleitung

Die völkerrechtswidrige Annexion der Krim durch Russland und der Ausbruch des Krieges in der Ukraine bildeten im 21sten Jahrhundert die bisher fundamentalsten Einschnitte in der internationalen Sicherheitspolitik.

Als Reaktion auf die damit einhergehende veränderte Bedrohungslage hat die NATO seit 2014 ihr Verständnis zur Ausplanung von Streitkräften angepasst. Die seit den 1990er Jahren strukturelle Schwerpunktausrichtung auf Kräfte zur Unterstützung des Internationalen Krisenmanagements (IKM) konnte unter den veränderten sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen nicht mehr aufrechterhalten werden. Der Auftrag und die Befähigung zur Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) wurde planungsleitend und damit auch für die Bundeswehr strukturbestimmend.

Die deutschen Streitkräfte werden seither im Einklang mit dem konzeptionellen Dreiklang aus dem Weißbuch der Bundesregierung, der Konzeption der Bundeswehr und dem Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) des Bundesministeriums der Verteidigung schrittweise befähigt, schnell und kampfkräftig im gesamten Bündnisgebiet in einem 360° Ansatz zur LV/BV zum Einsatz kommen zu können. Dieser veränderte Ansatz wird beispielsweise durch die Gestellung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) der NATO, für welche Deutschland als bedeutender Truppensteller im Jahr 2023 wiederholt gemeinsam mit Norwegen und den Niederlanden die Führungsverantwortung tragen wird, sichtbar.

Um die eingegangenen Bündnisverpflichtungen erfüllen zu können, bedarf es neben durchsetzungsfähiger Einsatzverbände aller Dimensionen gleichzeitig auch reaktionsschneller, leistungsfähiger, robuster und flexibler logistischer Fähigkeiten, Kräfte und Mittel. Es bedarf einer nachhaltigen logistischen Unterstützung, welche die Durchhaltefähigkeit deutscher Streitkräfte in dimensionsübergreifenden Einsätzen, in Joint & Combined Operationen unter Führung der NATO oder EU, in allen Phasen der Operationsführung sicherstellen kann.

Die mit diesen Fähigkeitsforderungen einhergehende gleichrangige und gleichzeitige Unterstützung von Aufgaben der LV/BV und des IKM stellte für das Logistische System der Bundeswehr (LogSysBw) und insbesondere das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw), als den wesentlichen Verantwortungs- und Leistungsträger der Streitkräfte im LogSysBw, eine grundlegende Lageänderung dar und implizierte einen erheblichen Anpassungsbedarf.

Hintergrund

Das LogSysBw wurde nach der deutschen Wiedervereinigung auf die Unterstützung planbarer, kleinerer bis mittlerer Einsätze im Rahmen des IKM mit einer eher statischen, lokal begrenzten Operationsführung und im Umfang deutlich geringeren Verbräuchen konsequent ausgerichtet. Die organischen logistischen Kräfte und Mittel der Streitkräfte und insbesondere der Basislogistik wurden mit der Bundeswehrreform im Jahr 2011 erneut um mehr als 40% reduziert. Grundbetrieb, Übungen und IKM Einsätze wurden auf Basis einer auf Effizienz getrimmten Bereitstellungslogistik mit einer deutlich verschlankten Depotorganisation sowie mit auf Stabilisierungsoperationen optimierten mobilen Logistiktruppen der Basislogistik (mobLogTr BasLog) unterstützt.

Szenare innerhalb der LV/BV unterscheiden sich jedoch von Einsätzen des IKM grundlegend. Beispielhaft seien an dieser Stelle auszugsweise nur viel kürzere Reaktionszeiten, dynamischere und hochintensive Gefechtsphasen – inkl. hoher Verbräuche (z.B. Verbräuche von Munition, Betriebsstoff, Ersatz-/Austauschteile), der damit einhergehende Bedarf an stationärer und mobiler Lagerkapazität, sowie die Notwendigkeit hoher Mobilität und Verlegefähigkeit von Kräften an die Peripherie des Bündnisgebietes im 360° Ansatz genannt.

Projekt „WE LogSysBw“, FPBw u. Eckpunkte für die Bw der Zukunft

Das LogSysBw besteht aus einem mehrstufigen System in welchem die Basislogistik mit den Einsatzlogistiken der militärischen Organisationsbereiche synergetisch zusammenwirkt. Diese grundlegende Ausrichtung des LogSysBw stellt auch für Einsätze im Rahmen LV/BV die effektivste Option logistischer Unterstützung dar. Es ist überall dort dezentral ausgerichtet, wo dies möglich ist und eine unmittelbare Unterstützung der operierenden Truppe erfolgt, aber zentral dort, wo ein Funktionieren des Gesamtsystems gewährleistet werden und verfügbare Ressourcen effektiv, effizient und flexibel eingesetzt werden müssen.

Die Grundlagen für die seither eingeleitete Weiterentwicklung des LogSysBw und insbesondere der Basislogistik – als die tragende militärische Säule im LogSysBw – stellen die Ergebnisse des Projekts „Weiterentwicklung LogSysBw“ des Generals Bundeswehrlogistik sowie das FPBw dar. Das FPBw definiert dabei über Systemverbünde die Fähigkeiten und Kapazitäten der Streitkräfte, die im Rahmen der LV/BV logistisch unterstützt werden müssen.

Darüber hinaus werden die durch die „Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft“ gesetzten Rahmenbedingungen und Vorgaben planungsleitend berücksichtigt.

Im Hinblick auf die erforderlichen Anpassungen – vor dem Hintergrund der deutlich gestiegenen Anforderungen und Bandbreite sowie aufgrund begrenzter Ressourcen – hat sich sehr frühzeitig herauskristallisiert, dass die für die logistische Unterstützung notwendigen Kapazitäten und Fähigkeiten nicht nur durch organische (militärische als auch zivile) Kräfte und Mittel der Bundeswehr bereitgestellt werden können.

Vielmehr ist es notwendig, das LogSysBw und insbesondere die Basislogistik in ausgewählten Bereichen durch Leistungen Dritter – multinationaler Partner, Kooperationen mit der Wirtschaft sowie sonstiger gewerblicher Leistungen – integrativ zu ergänzen.

Das häufig verwendete Bild eines „Haus der Logistik“ in Abbildung 1 verdeutlicht diesen integrativen Ansatz.

Abbildung 1: Der integrativen Ansatz im LogSysBw dargestellt im „Haus der Logistik“ Blauer Bund
Abbildung 1: Der integrativen Ansatz im LogSysBw dargestellt im „Haus der Logistik“

Quelle: Eigene Darstellung

Zur gleichrangigen und gleichzeitigen Erfüllung der logistischen Anforderungen der LV/BV und des IKM in Deutschland, aus Deutschland heraus zur Stärkung der Drehscheibe Deutschland, ins Einsatzgebiet und im Einsatzgebiet und damit in allen Phasen der Operationsführung („Bereitstellung“, „Aufmarsch“, „Verlegung“, „RSOM“ und „Versorgung“) wurde und wird das LogSysBw und insbesondere das LogKdoBw mit seinen Kräften und Mitteln schrittweise weiterentwickelt. Zielsetzung ist dabei eine unterbrechungsfreie, durchhaltefähige und robuste logistische Versorgung durch das LogSysBw, wie in Abbildung 2.1 schematisch dargestellt.

 

Abbildung 2.1: Unterbrechungsfreie, durchhaltefähige und robuste logistische Versorgung durch das LogSysBw zur Logistische Unterstützung von Streitkräften Blauer Bund
Abbildung 2.1: Unterbrechungsfreie, durchhaltefähige und robuste logistische Versorgung durch das LogSysBw zur Logistische Unterstützung von Streitkräften

Quelle: Eigene Darstellung

Bereitstellung

In der Phase Bereitstellung ist es entscheidend, einsatzbereite Kräfte und damit auch voll ausgebildete Kräfte bereitzustellen. Dazu tragen die Logistikschule der Bundeswehr, unter anderem mit dem Logistischen Übungszentrum, dem JLSG Coordination and Training Center sowie dem Spezialpionierausbildungs- und übungszentrum als auch das Zentrum für Kraftfahrwesen der Bundeswehr mit der Kraftfahrgrundausbildung wesentlich bei. Entscheidend ist in dieser Phase aber auch, dass die Leistungen in der logistischen Basis Inland aus dem „Netzwerk ortsfeste logistische Einrichtungen der Basislogistik“ unter Einbindung zivil-gewerblicher und multinationaler Partner sowie der Ressourcenämter zeitgerecht, in den erforderlichen Mengen (aufgefüllte Bestände vorausgesetzt) und Qualität zur Verfügung gestellt werden. Nur so können die gegenüber der NATO und unseren Bündnispartnern eingegangenen Verpflichtungen verlässlich erfüllt werden. Anhand der definierten Reaktionszeiten (Notice To Move (NTM)) der ersten Kräfte der VJTF von 2 bis 7 Tagen sowie einer Durchhaltefähigkeit von bis zu 30 Tagen (30-Tage-Vorrat) werden die veränderten Anforderungen an das LogSysBw und insbesondere an das LogKdoBw und die Basislogistik besonders deutlich.

Abbildung 2.2 – Der Logistische Wirkverbund der Basislogistik im Inland Blauer Bund
Abbildung 2.2 – Der Logistische Wirkverbund der Basislogistik im Inland

Quelle: Eigene Darstellung

Die Abkehr einer rein auf Effizienz ausgerichteten Gestaltung des Gesamtsystems wurde erfolgreich eingeleitet und in ersten Schritten umgesetzt. Primäres Ziel ist wieder die Gewährleistung einer effektiven logistischen Leistungserbringung durch eine Steigerung der Robustheit. Steigerung der Robustheit mittels des Aufbaus von organischen Kapazitäten, der Erhöhung der Flexibilität, der Reaktionsfähigkeit, des Schutzes und der Durchhaltefähigkeit des Netzwerks ortsfeste Logistische Einrichtungen der Basislogistik. Die bereits vollzogene Umgliederung des Stabs des Logistikzentrums der Bundeswehr (LogZBw) sowie die stufenweise Wiederinbetriebnahme von Material- und Munitionslagern als auch die bedarfsgerechte Integration zivil-gewerblicher Leistungen sowie die eingeleitete Aufstellung eines aufbauorganisatorischen Kerns eines National Movement Coordination Centre (NMCC) im Stab LogZBw sind sichtbare Zeichen und erste wesentliche Erfolge.

Aber auch ablauforganisatorische Maßnahmen wie die Einrichtung von 24/7 Rufbereitschaften und Ausgabebereitschaften für den Alarmierungsfall als auch die Bereitstellung vorkommissionierter Vorräte zur unverzüglichen Bereitstellung der Erst- und Folgeversorgung können entscheidend dazu beitragen.

Neben den ortsfesten logistischen Einrichtungen bedarf es zur Gewährleistung einer durchhaltefähigen und robusten logistischen Unterstützung aber auch reaktionsschneller mobLogTr der Basislogistik (BasisLog) in der Verantwortung des LogKdoBw. MobLogTr BasisLog können in der Phase Bereitstellung zur Erhöhung der Einsatzbereitschaft und zur Gewährleistung der „schnellstmöglich Einsatzfähigkeit“ von Kräftedispositiven beitragen. Der Schwerpunkt ihres Auftrags ist und bleibt, frühestmöglich in ein Einsatzgebiet zu verlegen, um dort eine Aufnahme der Masse der nachfolgenden Streitkräfte zu gewährleisten sowie die Erst- und Folgeversorgung und damit die „Coupling Bridge“ zur Basis Inland sicherzustellen.

Die organischen Kapazitäten der Bundeswehr werden trotz der exemplarisch angesprochenen Maßnahmen nicht ausreichen, um den Anforderungen der LV/BV und des IKM im vollen Umfang gerecht werden zu können.

Daher wurden mögliche Kooperationen mit der Wirtschaft durch das LogKdoBw im Rahmen des Projekts „Zukunftsorientierung Kooperationen in der Logistik“ in verschiedenen Fachpanels in enger Zusammenarbeit mit Vertretern aus der Wirtschaft erörtert. Vor allem im Fachpanel 2 „Materialbewirtschaftung und Lagerung“ und im Panel 3 „Logistische Unterstützung bei der Verlegung von Kräften“ sind die Arbeiten sehr weit fortgeschritten und die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Umsetzung geschaffen.

Abbildung 3: – Einblick in das Materiallager Zeithain Blauer Bund
Abbildung 3: – Einblick in das Materiallager Zeithain

Quelle: PIZ SKB

Die sehr positiven Erfahrungen aus dem Gesamtprojekt haben den Kommandeur LogKdoBw und General Bundeswehrlogistik darin bestärkt, diesen Weg konsequent und zielgerichtet gemeinsam mit der Wirtschaft weiter zu beschreiten. Ziel ist es, weitere tragfähige und zielorientierte Kooperationen gemeinsam mit der Wirtschaft zu entwickeln, um die erhöhten Bedarfe in den Bereichen Lagerhaltung, Instandhaltung, bei der Verlegung von Kräften aber auch Ausbildung gesichert decken zu können.

Im Bereich der multinationalen (MN) Logistik ist die Fortsetzung der begonnenen Arbeiten mit der Herausgabe der Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft explizit angewiesen. Als eins der erfolgreichsten jüngeren Beispiele für die MN Zusammenarbeit in der Logistik ist das Projekt „Network of Logistic Hubs in Europe and Support to Operations (NW of LogHubs in EUR)“ als Teil der Ständigen Strukturierten Zusammenarbeit (Permanent Structured Cooperation; PESCO) der Europäischen Union zu nennen. Das Projekt NW of LogHubs ist das zweitgrößte PESCO-Projekt der EU und hat das Ziel, in Zusammenarbeit mit einer Vielzahl europäischer Staaten ein europaweites Netzwerk an logistischen Knoten – sogenannter logistischer Hubs (LogHubs) – zu etablieren. Mit Hilfe des Netzwerks soll die Sicherstellung von zugewiesenen logistischen Leistungen, wie die Unterstützung der Verlegung militärischer Güter und Fahrzeuge, die temporäre Lagerung von Versorgungsgütern von Partnernationen sowie die Erst- und Folgeversorgung von Einsatzkontingenten (EinsKtgt) gewährleistet werden. Deutschland beteiligt sich mit dem Ende 2020 etablierten LogHub in Pfungstadt und stellt Leistungen für das Netzwerk zur Verfügung.

Verlegung (Aufmarsch, Strateg. Verlegung u. RSOM)

An die Phase der Bereitstellung schließt sich die Phase Verlegung an (Aufmarsch, Strategische Verlegung u. Reception, Staging and Onward Movement (RSOM)).

Die Verlegung von Streitkräften verfolgen das übergeordnete Ziel, Personal, Material/Ausrüstung und Versorgungsgüter zeitgerecht, in der richtigen Reihenfolge und in der geforderten Einsatzbereitschaft gemäß operativer Erfordernisse von ihrem Aufkommens-/Stationierungsort an definierte Einsatzorte zu verbringen. Verlegung lässt sich in drei Abschnitte unterteilen.

Der erste Abschnitt (Aufmarsch) bildet die Wegstrecke vom Aufkommens-/Stationierungsort der Truppenteile bis zum jeweiligen Verladeort (Port of Embarkation (POE); zum Beispiel einem Hafen, Bahnhof, etc.) ab. Im zweiten Abschnitt (Strategische Verlegung) folgt der strategische Transport vom Verladeort bis zum Entladepunkt in einem Einsatzgebiet (Port of Debarkation (POD)) wo die „Reception“ (Entladung, Sortierung und Vorbereitung des Weitertransportes) erfolgt. Verladeort und Entladepunkt können dabei für Personal, material/Ausrüstung und Versorgungsgüter voneinander abweichen. Im dritten Abschnitt erfolgt dann beim „Staging“ die Zusammenführung von Truppe mit ihrem Material, das Herstellen der Einsatzbereitschaft und anschließend die Verlegung („Onward Movement“) von einsatzbereiten Kräfte an den jeweiligen Zielort im Einsatzgebiet.

In diesen Teilphasen sind sowohl für den ersten als auch für den dritten Abschnitt mil. Kräfte oder zivil-gewerbliche Partner zur Unterstützung der Einsatzverbände zwingend notwendig. Kräfte, die den Transport von Personal, Material/Ausrüstung und Versorgungsgütern zu definierten POEs und von PODs in die Sammelräume gewährleisten sowie bei Eigenmärschen über große Entfernungen die Unterstützung von technischen Halten und Rasten sicherstellen.

In Deutschland, besonders für die Ertüchtigung der „Drehscheibe Deutschland“ schafft das LogKdoBw dazu beispielsweise mit der Aufstellung eines NMCC im LogZBw sowie mittels des Abrufs von Leistungen aus Rahmenverträgen für Transport und Umschlag sowie mit der Vorbereitung eines neuen Rahmenvertrags für Rast- und Sammelräume wesentliche Voraussetzungen.

In Ergänzung dazu zählen die mobLogTr BasisLog im Falle eines Einsatzes im Rahmen der LV/BV immer zu den Kräften der „ersten Stunde“. MobLogTr BasisLog sind grundsätzlich für die Unterstützung im Einsatzgebiet konzipiert und im Umfang für diese Aufgabe bemessen. Sie unterstützen vor der Erfüllung ihres eigentlichen Kernauftrags in einem Einsatzgebiet aber auch im Rahmen freier Kapazitäten und in Abhängigkeit der Operationsplanung in den Phasen Aufmarsch, Verlegung und RSOM. Mit der Aufstellung des Logistikbataillons 163 werden die mobLogTr BasisLog insbesondere für die Unterstützung von RSOM Operationen einen signifikanten Fähigkeitsaufwuchs erfahren.

Abbildung 4: Entladung eines RoRo-Schiffes im Rahmen einer Übung Blauer Bund
Abbildung 4: Entladung eines RoRo-Schiffes im Rahmen einer Übung

Quelle: PIZ SKB

Deutschland wird mit diesem RSOM-Bataillon über einen derzeit im Rahmen der NATO einzigartigen Verband verfügen und der NATO für die Stand-by Phase der VJTF 2023 bereits diese Kräfte verbindlich zur Verfügung stellen. Dieser neue Verband ist dann befähigt – unter MN Beteiligung – die Aufnahme von Kräften, eine logistische Erstversorgung sowie die Zusammenführung von Personal und Material unter Führung eines JLSG – Joint Logistic Support Group – Kommandeurs im Einsatzgebiet als logistische Leistung bereitzustellen.

Entscheidende Grundlage für eine erfolgreiche Verlegung im Rahmen von Operationen zur Bündnisverteidigung ist eine auf der Ebene der NATO abgestimmte und harmonisierte multinationale Verlegeplanung. Hierzu tragen die Nationen durch Vorlage ihrer nationalen Verlegeplanung (National Detailed Deployment Plan (NDDP)) entscheidend bei. Auf Basis nationaler operativer Vorgaben (Nationale Aufmarschplanung) des Aufmarschführenden Kommandos (bisher KdoSKB, künftig Territoriales Führungskommando der Bundeswehr) leistet der Stab LogKdoBw für den Aufmarsch deutscher Truppenteile mit der Erstellung des NDDP einen wesentlichen Beitrag für diesen Anteil des Planungsprozesses. Im deutschen NDDP wird letztendlich für die eigenen Kräfte festgelegt, welches Personal, Material und welche Vorräte (wer/was), von wo, wann, wohin und womit bewegt werden sollen, um in ein designiertes Einsatzgebiet verlegt werden zu können. Dieses die nationale Aufmarschplanung koordinierende Dokument wird in die multinationale Gesamtplanung auf Ebene der NATO eingebracht und durch das Allied Movement and Coordination Centre (AMCC) im Rahmen der Zusammenfassung aller nationalen Pläne in den Multinational Detailed Deployment Plan (MNDDP) umgesetzt. Dieser harmonisierte MNDDP bildet dann den „Abholpunkt“ für das LogZBw, um eine mit allen Beteiligten (Nationen, Truppensteller, Behörden, etc.) abgestimmte, nationale Transport- und Marschplanung zu erstellen. Darüber hinaus ist er Grundlage für das entsprechende Joint Force Command (JFC) im Rahmen der Erstellung eines multinationalen RSOM-Planes.

Der zweite, mittlere Abschnitt der Phase Verlegung (aus nationaler Perspektive die sogenannte strategische Verlegung) umfasst den „Weg“ zwischen den jeweiligen POEs in Deutschland und PODs im Einsatzgebiet. Das Aufmarschführende Kommando trägt – eingebettet in die Verlegeoperation der NATO – die nationale Gesamtverantwortung. Für diesen Abschnitt sind grundsätzlich alle Verkehrsarten (Land, Luft, See) zu betrachten. Dabei ist zu beachten, dass nicht sämtliche Verkehrsträger für die strategische Verlegung von Personal, Material/Ausrüstung und Versorgungsgütern für jedes Einsatzgebiet gleichermaßen geeignet sind bzw. im Extremfall überhaupt nicht geeignet sein oder auch unterbrochen bzw. signifikant gestört werden können. Daher steht im Rahmen der Planung dieses Abschnitts grundsätzlich und in Abhängigkeit der operativen Vorgaben die Bereitstellung eines maßgeschneiderten und resilienten Mixes bestehend aus allen Verkehrsträgern im Fokus. Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass für die strategische Verlegung von Personal, Material/Ausrüstung und Versorgungsgütern in der Regel unterschiedliche Verkehrsträger und Routen genutzt werden. Einheiten und Verbände werden grundsätzlich nicht als ein „geschlossenes Paket“ in ein Einsatzgebiet verlegt. Auf Grund der begrenzten eigenen militärischen Kapazitäten wird zudem für die strategische Verlegung auf Rahmenverträge mit Dienstleistern wie beispielsweise SALIS1, ARK2, etc. zurückgegriffen. Dazu ruft das Logistikzentrum der Bundeswehr (LogZBw) auf Basis des abgestimmten Verlegeplans (NDDP) die Leistungen aus den jeweiligen Rahmenverträgen ab, überwacht die Durchführung und trifft bei Bedarf Abstimmungen mit Nachbarländern. Es ist damit mit dem NMCC „Dreh- und Angelpunkt“ zur Sicherstellung strategischer Verlegung deutscher Streitkräfte.

Der RSOM Prozess zum Abschluss der Verlegung ist dadurch gekennzeichnet, dass er durch die NATO geführt und koordiniert wird. Nach Erreichen der PODs sind die nationalen Kräfte auf Unterstützung für die Zusammenführung von Personal, Material und Vorräten angewiesen. Diese wird durch den durch die NATO festgelegten RSOM-Commander und seinen Stab geführt und koordiniert sowie durch auf Zusammenarbeit angewiesene und/oder unterstellte Kräfte unterstützt. In einer frühen Phase des Aufmarsches geschieht dies durch die Host Nation in enger Abstimmung mit der Standing Joint Logistic Support Group (SJLSG). Mit Erreichen der vollen Einsatzbereitschaft der Joint Logistic Support Group (JLSG) des zuständigen Joint Force Commands im Einsatzgebiet wird diese die Führung des RSOM Prozesses übernehmen und mit den beteiligten Nationen koordinieren. Zur Alimentierung einer JLSG, das heißt der Unterstellung von Truppenteilen unter ein JLSG HQ, leistet Deutschland, wie oben bereits ausgeführt, mit der Aufstellung der LogBtl 163 als RSOM-Btl einen wesentlichen Beitrag. In diesem Zusammenhang ist das bereits erwähnte, aus dem Framework Nations Concept Cluster Logistics (FNC CL) hervorgegangene JLSG Coordination and Training Centre (JCTC) an der Logistikschule der Bundeswehr besonders hervorzuheben. Mit der Schaffung des JCTC wurde eine in der NATO einmalige Ausbildungs- und Übungsmöglichkeit für Experten eines JLSG HQ geschaffen, dort ein mn besetzter Expertenpool aufgebaut/ausgebildet und eine bis dahin bestehende Fähigkeitslücke geschlossen.

Für Deutschland gibt es neben der Verlegung von Verbänden in ein Einsatzgebiet jedoch noch einen weiteren Aspekt, der bei der Verlegung von NATO-Streitkräften zu betrachten. Auf Grund der zentralen geographischen Lage in Europa ist Deutschland neben seiner Rolle als Truppensteller auch Transitland für andere NATO-Partner. Als „Drehscheibe“ für den Aufmarsch verbündeter Streitkräfte ist Deutschland im Rahmen von Military Enablement/ Host Nation Support (HNS) für die Bündnispartner auch Bedarfsdecker und stellt unter anderem logistische Leistungen bereit. Dabei gilt es zu beachten, dass HNS nicht ausschließlich Leistungen seitens der Streitkräfte beinhaltet, sondern vielmehr immer als eine gesamtstaatliche Aufgabe verstanden werden muss.

Die Koordinierung aller Unterstützungsleistungen im Rahmen des HNS einschließlich der Verlegung durch Deutschland liegt in der Gesamtverantwortung des nationalen Territorialen Befehlshabers (NatTerrBefh), welcher zukünftig im neu geschaffenen Territorialen Führungskommando verortet sein wird. Die Ausplanung der Marsch- und Transportrouten auf der Basis des MNDDP, der entsprechenden Marschanträge und logistische Anteile des HNS erfolgen durch das NMCC im LogZBw. Die klare Zuordnung von Verantwortlichkeiten ist wesentlicher Erfolgsfaktor, da die im Rahmen „Drehscheibe Deutschland“ wahrgenommenen Aufgaben eine Vielzahl von Unterstützungsleistungen beinhalten, welche unter Federführung des TerrFüKdoBw zu koordinieren sind.

Entlang von Marschstraßen müssen beispielsweise Convoy Support Center (CSC) oder Technische Halte (Parkplätze) eingerichtet und betrieben werden, um die Kampfkraft marschierender Truppenteile während eines Landmarsches aufrechterhalten zu können. In diesen CSC werden beispielsweise Schlafmöglichkeiten, Sanitäreinrichtungen und Betreuungsmöglichkeiten bereitgestellt sowie die Versorgung der Soldaten/Soldatinnen mit Verpflegung und Marketenderwaren sichergestellt. Darüber hinaus werden in diesen Rasträumen grundsätzlich Fähigkeiten zur Bergung und zum Abschub von Großgerät, zur Unterstützung kleinerer Reparaturmaßnahmen, zum Umschlag, zur Betankung und zur sanitätsdienstlichen Unterstützung vorgehalten.

Ein weiterer Beitrag innerhalb der logistischen Leistungen ist die Unterstützung beim Transport mittels unterschiedlicher Verkehrsträger. Bei den hierbei zu erbringenden Leistungen handelt es sich um die Vorbereitung, Koordination und Durchführung von Straßen-/Schienen-/Lufttransporten, Binnenschifffahrt und Seetransport sowie von Spezialtransporten (Groß- und Schwerlasttransporten) und den damit im Zusammenhang stehenden typischen Nebenleistungen bei der Transportdurchführung wie zum Beispiel Transportberatung, Fahrplanwesen, Trassenbestellungen, Bereitstellung von Bedien- und Fachpersonal sowie sicherheitstechnische Abnahmen und die Erteilung von Marschkrediten. Auch Aufgaben im Rahmen des Betriebs von Häfen, Flughäfen und/oder Bahnhöfen an POD/ POE sind Teil logistischer Unterstützungspakete. Hierbei werden beispielsweise Kapazitäten und/ oder Fähigkeiten zur Sicherstellung des Umschlags, zur Abfertigung von Personal und Material in Deutschland zur Verfügung gestellt. Auch dazugehörige Peripherieleistungen und notwendige administrative Arbeiten sind grundsätzlich mit inbegriffen. Dazu zählen unter anderem das Erstellen notwendiger Ladepapiere und Dokumente, das Abwickeln von Zollformalitäten oder das Erwirken von Genehmigungen und Überprüfungen. Absicht LogKdoBw ist es, unter Nutzung bereits bestehender Rahmenverträge und durch den Abschluss von weiteren Verträgen, möglichst viele, wenn nicht sämtliche Leistungen zivil-gewerblich zu vergeben, um die eigenen organischen Kapazitäten für die Logistische Versorgung in den Einsatzgebieten zur Wirkung bringen zu können.

Logistische Versorgung im Einsatzgebiet

Mit Abschluss der (strategischen) Verlegung und nach einer erfolgreichen RSOM-Operation stehen die Kräfte dem designierten NATO-Kommandeur zur Verfügung und spätestens mit Erreichen der Zielorte (final destination) erfolgt der Unterstellungswechsel (Transfer of Authority (TOA)). Damit können die Kräfte eingesetzt werden und müssen fortan für die Erhaltung der Durchhaltefähigkeit logistisch versorgt werden. Auch wenn immer multinationale Lösungen angestrebt werden, ist und bleibt Logistik in der NATO unverändert eine nationale Aufgabe und in nationaler Verantwortung.

Die Folgeversorgung für Einsätze der Bundeswehr wird im Schwerpunkt aus dem LogSysBw heraus und durch dieses sichergestellt. Dabei bedarf es eines leistungsorientierten, bundeswehrgemeinsamen Wirkverbundes. Das Zusammenwirken im logistischen Wirkverbund wird durch das LogKdoBw grundsätzlich dimensionsübergreifend koordiniert und einsatzbezogen im Zusammenwirken mit allen Beteiligten unter Integration multinationaler Lösungen geplant. Entscheidend ist dabei der Aufbau und die Aufrechterhaltung einer kontinuierlichen Folgeversorgung aus der Basisinland. Die Versorgungs- und Leistungswege im Inland und im Einsatzgebiet werden dabei nach dem Prinzip einer belastbaren und durchgängigen Kette verknüpft, die unter Einbeziehung militärischer und ziviler Einrichtungen sowie Leistungserbringern und durch Nutzung verfügbarer, zweckmäßiger Verkehrsinfrastruktur die logistische Basis Inland und das logistische Netzwerk im Einsatzgebiet (LogNw i.E.) funktional verbinden.

Die mobLogTr BasisLog betreiben dabei das LogNw i.E. und stellen den Anschluss an die Einsatzlogistik mit einem Verbund aus verlegefähigen, redundanten, modularen und adaptiven logistischen Knoten im Sinne von Übergabepunkten logistischer Leistungen sicher.

Abbildung 5 – Logistische Netzwerk mobLogTr BasisLog im Einsatzgebiet Blauer Bund
Abbildung 5 – Logistische Netzwerk mobLogTr BasisLog im Einsatzgebiet

Quelle: Eigene Darstellung

Entlang der verteidigungspolitischen Grundlagen und den begrenzten Umfängen von Streitkräften erhält die multinationale Einbindung auch in der Logistik eine stetig wachsende Bedeutung. Die MN Abstimmung der logistischen Leistungen ist unabdingbar, um Synergien zu erschließen und die Nutzung bzw. Auslastung der Versorgungswege zu koordinieren.

Ein greifbares und bereits in naher Zukunft wirksam werdendes Beispiel stellt diesbezüglich die VJTF (L) 2023 dar. Mit den truppenstellenden Rahmennationen Deutschland, Niederlande und Norwegen sowie weiteren Nationen ergibt sich auch für die VJTF (L) 2023 eine starke multinationale Durchmischung. Dies hat eine Multinationalisierung bis auf Einheitsebene zur Folge. Bereits die Ausplanung der logistischen Versorgung der Heeresbrigade VJTF (L) 2019 hat gezeigt, dass eine umfassende Multinationalisierung einerseits viele Chancen eröffnet, andererseits zu einem deutlichen Anstieg an Koordinierungsaufwand und Komplexität führt. Diese Komplexität kommt besonders durch die multiple nationale logistische Befehlsgebung zur Unterstützung der MN Einheiten der Heeresbrigade im Rahmen der Folgeversorgung zum Ausdruck. Die Auswirkungen und Anforderungen an den Leiter der Generalstabsabteilung Logistik (G4) der Heeresbrigade zur Erstellung eines transparenten logistischen Lagebilds für den Brigadekommandeur in Abstimmung mit einer Vielzahl von nationalen Unterstützungselementen (National Support Elements (NSE)) sind enorm und mit rein nationalen Mitteln nicht zu gewährleisten. Zur Realisierung eines gesamtheitlichen Lagebilds in der Einsatzlogistik der Heeresbrigade mit dem Ziel, die logistischen Bedarfe der multinationalen Einsatzkräfte unter den bestehenden, gegebenenfalls auch wechselnden operativen und taktischen Rahmenbedingungen wirksam zu decken, wurde für 2019 auf Ebene der Heeresbrigade VJTF durch das Heer ein multinationales logistisches Steuerungselement in Form des multinationalen Logistic Operations Centre (MN LogOC) etabliert. Dieses Element untersteht der fachlichen Führung des deutschen G4 der Brigade. Die Versorgung der zu unterstützenden MN Verbände und Einheiten der VJTF(L) Brig soll durch das MN LogOC unter Berücksichtigung der Vorgaben des G4 der Brigade und aller an der VJTF(L) beteiligten Nationen koordiniert werden. Somit stellt sie das Bindeglied zwischen MN Truppenteilen, der Einsatzlogistik sowie den jeweiligen NSE dar, ohne die jeweiligen nationalen logistischen Verfahren zu ersetzen.

In Vorbereitung auf den NRF Zyklus 2022-2024 wurde der Bedarf für ein weiteres multinationales logistisches Steuerungselement oberhalb der Ebene Einsatzlogistik erkannt, um die Versorgungs- und Leistungswege sowie Informations- und Kommunikationsbeziehungen multinational so frühzeitig wie möglich, d.h. bereits auf der Ebene der NSE, zu harmonisieren und Ressourcen zu bündeln und wo immer möglich effektiver einzusetzen. Im Verständnis der Funktion Deutschlands als Rahmennation (Framework Nation(FN)) hat das LogKdoBw die Idee einer multinationalen Logistic Fusion Cell (MN LogFusionCell) entwickelt. Dieses Element dient der Harmonisierung der einzelnen, in jeweiliger nationaler Verantwortung liegenden, Versorgungs- und Leistungswege, der Folgeversorgung sowie der Informations- und Kommunikationsbeziehungen, um deren Visibilität zwischen den NSE und der Heeresbrigaden zu erhöhen.

In der Verantwortung als Rahmennation ist die MN LogFusionCell unter deutscher Führung ein logistisches Koordinierungselement, um ausgewählte logistische Fähigkeiten der multiplen NSE in die logistische Leistungserbringung im Rahmen der Folgeversorgung schnell, transparent und zielgerichtet zu koordinieren und zu harmonisieren.

Die Gesamtverantwortung, mit der multinationalen operativen Führungsebene im Einsatzgebiet Verbindung zu halten, verbleibt davon unberührt bei der jeweiligen nationalen logistischen Führung. Für Deutschland trägt diese Rolle der J4 des DEU EinsKtgt. In dessen Verantwortung bleibt die Berücksichtigung nationaler logistischer Belange im multinationalen Führungs- und Entscheidungsprozess im Einsatz. Damit übernimmt die MN LogFusionCell Koordinierungsaufgaben und kann nach Erreichen der vollen Einsatzbereitschaft des JLSG HQ in diesem Bereich unterstützen. Im weiteren Planungsverlauf zur Etablierung der MN LogFusionCell ist diese mit der NATO, insbesondere mit dem zuständigen JLSG Hauptquartier (HQ) eng abzustimmen, um Redundanzen in den Aufgabenbereichen und den Personalbedarfen zu vermeiden.

Das Beispiel „Etablierung einer MN LogFusionCell“ zeigt jedoch nur einen kleinen Ausschnitt der Arbeiten des LogKdoBw zur Intensivierung der Einbindung MN Kapazitäten und Fähigkeiten. Einen weiterführenden Einblick in die Aktivitäten LogKdoBw zur Weiterentwicklung der MN Zusammenarbeit in der Logistik können Sie an anderer Stelle dieses Sonderheftes erhalten.

Fazit und Ausblick

Mit der konsequenten Ausrichtung der deutschen Streitkräfte am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr und entlang der vorgegebenen Rahmenbedingungen der „Eckpunkte für die Bundeswehr der Zukunft“ begegnet das LogKdoBw den aufgezeigten Herausforderungen in allen Phasen von dimensionsübergreifenden Operationen der Streitkräfte der Bundeswehr.

Im Verantwortungsbereich LogKdoBw, einschließlich des LogZBw, der Logistikschule der Bundeswehr, des Zentrums für Kraftfahrwesen der Bundeswehr und den mobLogTr BasisLog arbeiten wir gemeinsam mit unseren multinationalen Partnern mit Nachdruck daran, das Logistische System der Bundeswehr robust, agil, flexibel, multinational und zukunftsorientiert auszugestalten, um jederzeit einen wesentlichen Beitrag für eine hohe Einsatzbereitschaft der Bundeswehr im gesamten Aufgabenspektrum leisten zu können.

Das LogKdoBw ist als das Fähigkeitskommando oder im Verständnis der NATO als Functional Command der Bundeswehr für Logistik in seiner jetzigen Form und Zusammensetzung

  • das Ergebnis einer nachvollziehbaren Leistungsanalyse bei gemeinsam definierten und akzeptierten Schnittstellen;
  • garantiert Synergieeffekte für alle Dimensionen;
  • hält den Erbringungsdimensionen „den Rücken frei“ für ihren Kernauftrag;
  • erlaubt das Ausschöpfen von Synergien in der Versorgungskette im Inland, aus dem Inland heraus, ins Einsatzgebiet und im Einsatzgebiet;
  • erlaubt eine kurzfristige Reaktionsfähigkeit und lageangepasste Schwerpunktsetzung bzgl. LV/BV, IKM, Unterstützung Alliierter beim Transfer aber auch subsidiärer Unterstützung;
  • ermöglicht mit einer mehrstufig ausgebrachten Logistik eine dezentrale Leistungserbringung, wo immer möglich und zentral nur wo notwendig;
  • gewährleistet ein durchgängiges logistisches System mit einer durchgängigen Versorgungskette;
  • bündelt Aufgaben – Kompetenz – Verantwortung mit Kräften und Mitteln, hat klare Zuständigkeiten;
  • verhindert so Dysfunktionalitäten und Verantwortungsdiffusion
  • und ist aufgrund der Begrenztheit der Ressourcen ein strategisches Asset und ein strategischer Enabler der Bundeswehr.

Autor: Autorenteam LogKdoBw Abt Eins/ Abt Plg

Truppenfahren Logistikbataillon 163 RSOM im Rahmen Aufstellungsappell am 28. September 2020 Blauer Bund

Logistikregiment 1 und Logistikbataillon 163

Logistikregiment 1 und Logistikbataillon 163 – Neue und einzigartige logistische Fähigkeiten der Bundeswehr mit entscheidender Bedeutung für die NATO

Mit dem Logistikregiment 1 wurde am 24. September 2020 das erste Mal seit Langem in den mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis am Standort Burg ein neuer Verband aufgestellt. Es wird die zukünftig unterstellten Logistikbataillone truppendienstlich führen und mit ihnen im Rahmen von Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen die Erst- und Folgeversorgung der eingesetzten Bundeswehrkräfte und bei Bedarf auch multinationaler Partner sicherstellen. Hierzu richtet das Logistikregiment 1 im Einsatzgebiet (LogBasis i.E.) ein logistisches Netzwerk ein, aus dem heraus logistische Leistungen flexibel den jeweiligen Bedarfsträgern der Dimensionen lageangepasst bereit gestellt werden. Neben der Führung der eigenen Kräfte ist es entscheident, eine enge Koordination mit multinationalen Anteilen – sofern eingesetzt insbesondere dem Joint Logistic Support HQ der NATO – sicherzustellen, sowie logistische Dienstleistungen des Gastgeberlandes (Host Nation), und der gewerblichen Wirtschaft zu koordinieren und in die logistische Leistungserbringung einzubinden.

Aufstellungsappell Logistikregiment 1 am 24.09.2020 Blauer Bund
Aufstellungsappell Logistikregiment 1 am 24.09.2020

Nur vier Tage nach der Aufstellung des LogRgt 1 erfolgte am 28. September 2020 die Aufstellung des Logistikbataillons 163 in Delmenhorst. Mit dieser Aufstellung erweitert die Bundeswehr nicht nur ihr eigenes Fähigkeitsprofil, sondern stellt der NATO erstmalig einen Verband zur Verfügung, dessen spezielle Fähigkeiten für den Prozess der Aufnahme, Bereitstellung und des Weitertransports von Personal und Material – das sog. Reception, Staging & Onward Movement (RSOM) – derzeit einzigartig in der NATO und in Europa sind.

Truppenfahren Logistikbataillon 163 RSOM im Rahmen Aufstellungsappell am 28. September 2020 Blauer Bund
Truppenfahren Logistikbataillon 163 RSOM im Rahmen Aufstellungsappell am 28. September 2020

Dieses Logistikbataillon ist ein weiterer Baustein, um Operationen der NATO oder der EU reaktionsfähig logistisch unterstützen zu können. Nach erfolgter Aufbau-, Ausbildungs- und Zertifizierungsphase wird der Verband im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) als wesentlicher Bestandteil bei der Verlegung von Kräften eingesetzt werden.

Das Logistikbataillon 163 ist, wie alle anderen Logistikbataillone auch, nicht nur ein Teil der mobilen Logistiktruppen, sondern gleichsam ein Bestandteil der logistischen Unterstützung von nationalen und multinationalen Einsatzkräften durch die Basislogistik, als Force Enabler eines Multinational Headquarters, bzw. eines Joint Logistics Support Group Headquarters (JLSG HQ).

Das Logistikregiment 1

Rahmenbedingungen und Rational der Aufstellung von Logistikregimentern

Die seit 2014 veränderte sicherheitspolitische Rahmenlage, die hieraus resultierenden NATO-Gipfelbeschlüsse sowie die Vorgaben des Weißbuches und der Konzeption der Bundeswehr, haben eine Neuausrichtung und Anpassung der Kräfte und Mittel erforderlich gemacht. Um in unterschiedlichen Einsatzräumen gleichzeitig die Erst- und Folgeversorgung durchhaltefähig für alle Dimensionen (Land/Luft und Weltraum/See/Cyber- und Informationsraum) bereitstellen und ein Führungselement für die nationalen Unterstützungskräfte (Stab NUK) aus vorhandenen Strukturen abbilden zu können, sind zwei Logistikregimenter mit der Befähigung, bis zu je fünf Logistikbataillone zu führen, auszuplanen und aufzustellen.

Die Entscheidung zur hiervon abweichenden, vorgezogenen Aufstellung des ersten Logistikregimentes (Logistikregiment 1) im Jahr 2020 war ein konsequenter Schritt auf Grundlage der Auswertung der Erfahrungen aus der Verpflichtung NATO Response Force (NRF) 2018-2020. Im Rahmen der damaligen Rotation wurde zur Koordinierung sämtlicher nationaler Aufgaben ein komplett ablauforganisatorischer Stab gebildet. Unter diesem Stab wurden alle nationalen Kräfte zusammengefasst, die zur Unterstützung des der NATO angezeigten deutschen Kräftebeitrages NRF 2018-2020 erforderlich waren. Neben der Steuerung der Erst- und Folgeversorgung und der Koordination der nationalen Aufgaben im Einsatzgebiet kam dem Stab auch die Rolle eines taktischen Führungselementes für nahezu 2.000 Soldatinnen und Soldaten zu. Dabei führten die nicht vorhandenen Grundstrukturen zu deutlichen Herausforderungen

In Konsequenz wurde beschlossen, den Zeitpunkt der Aufstellung und den Auftrag der Logistikregimenter dahingehend anzupassen, dass bei künftigen NRF-Verpflichtungen auf deren bestehende Strukturen zurückgegriffen werden kann. Bereits in der anstehenden NRF-Verpflichtung 2022-2024 werden Stab und Stabskompanie Logistikregiment 1 als Nukleus von Stab und Stabs‑/ Versorgungskompanie „Unterstützungsverband NRF 2022-2024“ diesem Rational folgend eingesetzt.

Aufgaben und Struktur

Die zwei künftigen Logistikregimenter sind jeweils mit dem Stab und der Stabskompanie grundsätzlich für die Führung und Versorgung von unterstellten Kräften aufgestellt und umfassen jeweils circa 180 aktive und nicht aktive militärische und zivile Dienstposten. Das Kräftedispositiv der Logistikregimenter bildet gleichzeitig den Nukleus für den Stab eines Unterstützungsverbandes im Rahmen der LV/BV, der hierzu bedarfsgerecht personell verstärkt werden kann. Durch die Aufnahme von weiterem Stabspersonal kann der Stab Logistikregiment 1 grundsätzlich zu einem Stab Kontingentführer (KtgFhr) bzw. Nationaler Befehlshaber im Einsatz (NatBefH i.E.) mit Joint-Stabsabteilungen aufwachsen und als stehende Struktur jederzeit als Führungselement für den Einsatz herangezogen werden.

Für die militärische Leistungserbringung werden den Logistikregimentern Logistikbataillone unterstellt. Sie stellen aus dem logistischen Netzwerk heraus zu den Einsatzlogistiken der militärischen Organisationsbereiche die Erst- und Folgeversorgung an definierten Übergabepunkten agil, flexibel und robust sicher.

In der gesamten logistischen Kette sind die Logistikregimenter somit wesentliche und unverzichtbare Player für eine durchgängige logistische Kette vom Aufkommensort in Deutschland bis zum Verbraucher im Einsatzgebiet und bei Bedarf auch wieder zurück.

Während die allgemeinen Aufgaben zur Führung und Unterstützung der unterstellten Truppe in den klassischen Stabsabteilungen nach den Führungsgrundgebieten 1 bis 4 und 6 verortet sind, bildet die Einsatzzentrale Logistik (EZLog) mit den verfügbaren logistischen Leistungserbringern jeweils das logistische Rückgrat für die Versorgung. Sie arbeiten sowohl eng mit dem JLSG HQ, als dem multinational verantwortlichen logistischen Führungselement, als auch den Divisionen des Heeres und den Führungselementen der anderen militärischen Organisationsbereiche im Einsatzgebiet zusammen. Dabei koordiniert und steuert die EZLog alle erforderliche Prozesse zur Versorgung der eingesetzten deutschen Kräfte. Sie verknüpft militärische Leistungserbringungen aus den „Logistischen Knoten“ mit bereitgestellten Leistungen multinationaler Partner, des Host Nation Support (HNS) und Leistungen gewerblicher Anbieter zu einem tragfähigen und effektiven logistischen Netzwerk. Zu den Aufgaben der EZLog zählen:

  • Beratung der Führung Logistikregiment in der Funktion „Führung einer LogBasis i.E.“,
  • Erstellen des logistischen Lagebildes auf nationaler Ebene und von Beiträgen für die multinationale Ebene,
  • Koordinierung der Erstversorgung nach Eintreffen im Einsatzgebiet und weiter der Folgeversorgung aus Deutschland heraus in Zusammenarbeit mit dem Logistikzentrum der Bundeswehr (LogZBw),
  • Steuerung der logistischen Leistungserbringung in den logistischen Geschäftsprozessen und der entsprechenden Versorgungsketten im gesamten Einsatzgebiet, einschl. Engpassmanagement,
  • Abstimmung und Koordinierung der Elemente des logistischen Netzwerkes für zukünftige Aufträge sowie mit den multinationalen Partnern im Einsatzgebiet,
  • Einbindung logistischer Leistungen Dritter, z.B. HNS und ziviler gewerblicher Anbieter.

Die EZLog der Logistikregimenter sind bereits in der Grundaufstellung organisatorisch am Einsatzauftrag ausgerichtet und verfügen somit über eine hohe Reaktionsfähigkeit. Sie werden im Fall er LV/BV oder einsatzgleichen Verpflichtungen geschlossen zum Einsatz gebracht.

Aufgaben und Beziehungsgeflecht EZLog Blauer Bund
Aufgaben und Beziehungsgeflecht EZLog

Sie besteht dabei im Wesentlichen aus einer logistischen Führung (LogFü), sowie den weiteren logistischen Geschäftsprozesse Instandhaltung (IH), Transport (Trsp) und Materialbewirtschaftung (MatBew), einem Element für Verbindung zu einer Gastnation und einem Element für den Betrieb der logistischen Fach- und Informationssysteme. Anlass- und/oder auftragsbezogen können weitere Elemente zur Steuerung und Koordination von logistischen Sonderaufgaben hinzugefügt werden.

In der LogFü wird nach laufenden oder zu planenden logistischen Aufgaben unterschieden und die jeweilige Verantwortung in der Bearbeitung festgelegt. Das für die Koordination der weiteren drei Geschäftsprozesse verantwortliche Element ist die Zelle Logistische Operationen (LogOps). Zu ihren Aufgaben zählt auch das „logistische Troubleshooting“, um die täglichen taktisch-logistischen Herausforderungen zu meistern. Sie sammelt und konsolidiert darüber hinaus alle erforderlichen logistischen Informationen und Daten und erzeugt das logistische Lagebild für die Regimentsführung und weitere Bedarfsträger. Dafür werden neben SASPF die NATO-Tools der LogFAS- Produktfamilie verwendet.

Für zukünftige logistische Operationen ist die Zelle Logistische Planung (LogPlans) verantwortlich, die im engen Schulterschluss mit den Geschäftsprozessen und der Zelle Planung der Stabsabteilung 3 beim Erarbeiten von logistischen Möglichkeiten des Handelns zusammenarbeitet.

Hinzu kommen ein Verbindungselement Host Nation Support / Multinationale Logistik (HNS/MNLog) für die Verbindung in logistischen Fragestellungen zur Gastnation/verbündeten Streitkräften und die Zelle Nutzerbetreuung für logistische IT-Anwendungen (NuBe IT-Log AnwMngt).

Gliederung EZLog Logistikregiment Blauer Bund
Gliederung EZLog Logistikregiment

In sämtlichen Einsatzoptionen findet ohne die EZLog keine Folgeversorgung statt. Sie ist die „Spinne im Netz“, die durch Einbinden aller logistischen Leistungs-erbringer für die Durchhaltefähigkeit der deutschen Einsatzkräfte sorgt und somit zum Erfolg der Mission einen unverzichtbaren Beitrag leistet.

Vielfältige Arbeitsbeziehungen auf unterschiedlichen Führungsebenen im multinationalen Umfeld mit militärischen und zivilen Leitungsbringern sowie einzigartigen Fähigkeiten prägen die Besonderheit dieser Abteilung.

Blick in die Zukunft

Das Logistikregiment 1 wird als erstes der beiden Logistikregimenter ab dem 1. Januar 2022 eine tragende Rolle für die logistische Erst- und Folgeversorgung bei der Wahrnehmung der einsatzgleichen Verpflichtung NRF 2022-2024 (einschließlich Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) 2023) übernehmen. Hierzu muss es auch innerhalb einer Zeit von weniger als sieben Tagen den Nukleus von Stab und Stabs-/Versorgungskompanie Unterstützungsverband NRF 2022-2024 bilden. Unter der Führung Logistikregiment 1 werden dann neben den Logistikkräften weitere Einheiten zur Unterstützung zusammengefasst. Hierzu gehören der Sanitätseinsatzverband, die Feldjägerkompanie, die Sicherungskompanie sowie die Informationstechnikkompanie. Diese Kräfte bilden gemeinsam das National Support Element (NSE).

Wegen des kurzen Abstandes zwischen der Aufstellungs- und Bereitschaftsphase des Logistikregiment 1 erfolgt die Ausbildung für den NRF-Auftrag mit wesentlicher Unterstützung durch das Logistische Übungszentrum an der Logistikschule der Bundeswehr gemeinsam mit den im Einsatzfall unterstellten und zu versorgenden Verbänden und Einheiten.

Neben der Vermittlung des logistischen Handwerkszeuges, Verfahren und Abläufe, wird der Fokus in der Ausbildung auf dem Erwerb von Kenntnissen über Einsatzgrundsätze sowie ‑möglichkeiten der nichtlogistischen Verbände und Einheiten des Unterstützungsverbandes NRF 2022‑2024 liegen. Hierbei kommt es darauf an, sämtliche Fähigkeiten, insbesondere im gemeinsamen taktischen Einsatz, zielführend zur Wirkung zu bringen.

Im Zeitraum 2022-2024 wird das Logistikregiment 1 als Unterstützungsverband NRF an den jeweiligen Übungsreihen teilnehmen und die erlernten Fähigkeiten auch im multinationalen Umfeld unter Beweis stellen.

Ab 2023 wird das Logistikregiment 1 vollumfängliche Führungsverantwortung im Grundbetrieb für bis zu fünf Logistikverbände übernehmen.

Mit dem ebenfalls ab 2023 geplanten zweiten Logistikregiment wird ein weiterer wesentlicher Beitrag für die Unterstützung von landbasierten Operationen im Rahmen von LV/BV jenseits des Einsatzraumes der Division für alle Dimensionen geleistet werden können.

Kurzum:

  • Durch die Führung sämtlicher nationaler Unterstützungskräfte NRF aus einer Hand unter Heranziehung der Logistikregimenter wird eine entscheidende Fähigkeitslücke bei den einsatzgleichen Verpflichtungen NRF/VJTF geschlossen.
  • Mit zwei Logistikregimentern wird die Erst- und Folgeversorgung gem. des zielstrukturellen Level of Ambition Deutschlands und den dazu geforderten Kräften der übrigen Erbringungsdimensionen gewährleistet.
  • Durch die Aufstellung von zwei Logistikregimentern im Verantwortungsbereich des Logistikkommandos der Bundeswehr wird im strukturbestimmenden Szenar LV/BV ein durchgängiges logistisches System mit einer verlässlichen, durchgängigen Versorgungskette sowie kurzfristiger Reaktionsfähigkeit und lageangepasster, dimensionsübergreifender Schwerpunktsetzung gewährleistet.

Auch bei der angestrebten Verbesserung der Kohäsion zwischen Verbänden der Basis- und Einsatzlogistik  – insbesondere der zukünftigen Dimension Land – kommt den Logistikregimentern eine herausgehobene Bedeutung zu.

 

Das Logistikbataillon 163

Rahmenbedingungen und Rational der Aufstellung

Mit der Aufstellung eines Kerns des ersten RSOM-Battaillons wurde ein wesentlicher Beitrag zur Schließung der identifizierten Fähigkeitslücke der NATO im Bereich RSOM gemäß den sogenannten Capability Targets  getan.

Diese Capability Targets waren Grundlage und somit strukturbestimmende Elemente der Ausplanung des neuen Verbandes. Für die umfängliche Abbildung der benötigten Fähigkeiten wären für das RSOM-Bataillon ein Gesamtumfang von ca. 1.400 Dienstposten (DP) erforderlich.

Von diesen 1.400 DP wurden für das Logistikbataillon 163 zunächst knapp 600 aktive Dienstposten und ca. 300 Reservisten-Dienstposten als nationaler Anteil ausgeplant, wovon 273 DP für eine Anfangsbefähigung bereit gestellt wurden. Die weiteren DP sind auch für multinationale Beiträge vorgesehen.

Dabei kann das LogBtl 163 als Anlehnungsverband dienen, wodurch es Partnernationen ermöglicht wird, auch kleinere Kräftebeiträge in das RSOM-Battalion einzubringen.

In der langfristigen Personalplanung sollen bis 2027 in erster Priorität weitere Züge in den Bereichen Staging Area Support (SAS) und Convoy Support Centre (CSC) aktiviert werden. SAS-Züge sind für den Betrieb der Sammelräume verantwortlich, in denen Personal und Material im Einsatzland zusammengebracht wird. Convoy Support Centre, dienen als Zwischenstopp auf dem Weg zum Einsatzort und bieten den Konvois die Möglichkeit zur Versorgung, Verpflegung und der notwendigen Regeneration. In zweiter Priorität ist es geplant, den Verband mit einer Transportkompanie zu verstärken.

Aktuell besteht das Logistikbataillon 163 aus einem Stab sowie aus der 1. Kompanie, dem sogenannten Headquarter Support. Zum 1. Oktober 2021 wurde, wie bereits erwähnt, das Bataillon durch eine Umschlagkompanie Land/See des Logistikbataillons 161, zukünftig die 2. Kompanie Logistikbataillon 163 RSOM (Port-/Railpoint Operation Unit) verstärkt.

Zeitgleich wird die Umschlagkompanie Luft des Logistikbataillons 171 als zukünftige 3. Kompanie Logistikbataillon 163 RSOM (Air Terminal Operation Unit), unterstellt.

Gliederung Logistikbataillon 163 (RSOM) Blauer Bund
Gliederung Logistikbataillon 163 (RSOM)

Derzeit sind die Sammelraumunterstützungskompanie (Staging Area Support – SAS) sowie die Servicepunktkompanie (Convoy Support Centre – CSC) jeweils mit einem Zug aufgestellt. Diese beiden Züge werden zunächst im Betrieb Inland zur truppendienstlichen Führung der 1. Kompanie Logistikbataillon 163 in einer Art Keimzelle unterstellt. Erst nach Aufwuchs der beiden Kompanien werden diese Züge organisatorisch unter die jeweilige Kompanieführung verlagert.

In der Zielstruktur werden dem Verband sechs Kompanien unterstehen. Fünf dieser Kompanien bestehen zunächst in der Grundbefähigung aus einem nationalen Kräftedispositiv. Bis zur vollständigen Aktivierung aller Dienstposten müssen bei einem Einsatz des Bataillons die 1. bis 5. Kompanie durch multinationale Kräfte verstärkt werden. Die Transportkompanie ist als multinationaler Truppenteil vorgesehen.

Phasen strategische Verlegung Blauer Bund
Phasen strategische Verlegung

Mit den aufzubauenden Fähigkeiten des Logistikbataillon 163 kann eine RSOM-Operation über alle Phasen unterstützt werden. Dies ist in der NATO und der Europäischen Union einzigartig.

Die Aufgaben des Logistikbataillons 163 in einer RSOM Operation

Der Stab des Logistikbataillons 163 unterscheidet sich vor allem durch den Bereich der Einsatzzentrale RSOM (EinsZ RSOM) von den anderen Logistikbataillonen der Bundeswehr. Die EinsZ RSOM stellt, im Auftrag des JLSG HQ, die Durchführung und Überwachung der gesamten RSOM Operation im Verantwortungsbereich sicher. Hier werden alle logistischen Schritte geplant, erfasst, ausgewertet und der übergeordneten Führung bereitgestellt. Mit ihrem logistischen Blick „in das Gelände“ bildet die EinsZ RSOM den verlängerten Arm der JLSG im Einsatzgebiet und trägt zum sogenannten Recognised Logistics Picture (RLP) bei. Das RLP ist das logistische Lagebild für den Joint Force Commander über den gesamten Einsatzraum.

Die 1. Kompanie Logistikbataillon 163 (HQ SPT) ist für den Aufbau und Betrieb des Bataillonsgefechtsstandes zuständig. Sie gewährleistet die Eigenversorgung des Bataillons, welche ebenfalls die Instandhaltung bis zur Instandhaltungsstufe 1 umfasst.

Fahrzeuge verlassen im Konvoi den Verladehafen in Bremerhaven im Rahmen der multinationalen Verlege-Übung Joint Derby am 16.04.2016. Blauer Bund
Auffahren von Fahrzeugen im SPOE(D)

Im Rahmen der Phase Reception ist die Umschlagkompanie Land/See für die Planung, Einrichtung und den Betrieb von bis zu zwei Entladebahnhöfen Schiene (RPOD’s) sowie bis zu zwei Entladehäfen See (SPOD’s) verantwortlich. Dort können pro Verkehrsträger bis zu 2.500 Tonnen Güter oder 500 Fahrzeuge pro Tag umgeschlagen werden. Hier ist eine enge Zusammenarbeit mit anderen militärischen und zivilen Behörden beziehungsweise Dienststellen, beispielsweise dem Zoll, notwendig.

Die Umschlagkompanie Luft betreibt an bis zu vier Entladeflughäfen zeitgleich Umschlagsstellen. Hier können bis zu 1.000 Soldatinnen und Soldaten sowie bis zu 500 Tonnen Fracht täglich umgeschlagen werden. In enger Zusammenarbeit mit anderen militärischen und zivilen Behörden vor Ort wird zusätzlich die Luftfracht entladen und abgefertigt.

In der Phase Staging ist die Sammelraumunterstützungskompanie für den Aufbau und Betrieb von Staging Areas zuständig. Der SAS Zug stellt Instandsetzungsbereiche, Betriebsstofflager und Munitionslagereinrichtungen bereit. Während für die Fahrzeuge und das Material sowohl Park- als auch Abstellflächen eingerichtet werden, wird den jeweiligen Truppen ein Unterkunfts-/ und Verpflegungsbereich zugewiesen.

In der Phase Onward Movement ist der Auftrag der Servicepunktkompanie die Einrichtung sowie der Betrieb der Convoi Support Center (CSC). Ein CSC umfasst eine temporäre Unterbringung, die Bereitstellung von Verpflegung, Betriebsstoffen sowie sanitätsdienstlicher Unterstützung. Zusätzlich befinden sich Kapazitäten vor Ort, um u.a. beschädigte Fahrzeuge wieder in einen rollfähigen Zustand zu versetzen.

Blick in die Zukunft

Obwohl der Prozess RSOM bereits seit Längerem in der Bundeswehr bekannt ist, hat bisher nur ein geringer Teil der Soldatinnen und Soldaten tiefgehende Erfahrungen dazu sammeln können. Dementsprechend war es die Absicht des Kommandeurs des Logistikbataillon 163 mit Hilfe des JLSG Coordination and Training Centre (JCTC) in einem zweiwöchigen Workshop in Garlstedt einen gemeinsamen Abholpunkt zu schaffen.

Ausbildung am JCTC Blauer Bund
Ausbildung am JCTC

Dieser Workshop wurde im April und Juni 2021 beim JCTC durchgeführt und umfasste die Themengebiete von der NATO-Struktur bis zur Vertragsgestaltung im Rahmen des HNS. Die Teilnehmenden wurden dazu aufgerufen durch aktives Einbringen zukünftige Arbeitsstrukturen mitzugestalten und sich selbst intensiv mit ihrem Auftrag zu beschäftigen. Dazu wurde untereinander, als auch mit Vertretern des Joint Force Commands in Neapel und des multinationalen Kommandos Operative Führung in Ulm, rege diskutiert und sich ausgetauscht. Da in vielen Bereichen kaum Erfahrungswerte oder Vorschriften existieren, muss das Bataillon seine Einsatzgrundsätze und -verfahren erarbeiten. Innerhalb des Workshops stand daher der Austausch von Erfahrungen und Fachwissen im Vordergrund.

Mit dem Workshop und den geplanten sowie bereits durchgeführten LOGFAS-Ausbildungen wird die Grundlage zum Bestehen der Übung BLUE FACULTY geschaffen. Hier soll die Führungs- und Einsatzbereitschaft des Stabes und der EinsZ RSOM auf die Probe gestellt und national zertifiziert werden.

Im Jahr 2022 finden zwei Feldeinsatzübungen des Bataillons statt. Während der Übungen STARKER PEGASUS I+II werden, unter Beteiligung einer in Kooperation mit Ungarn einzusetzenden deutsch-ungarischen Transportkompanie, Teilen des Logistikbataillons 472 aus Kümmersbruck und 172 aus Beelitz sowie Anteile des Logistikbataillons 171 aus Burg die erlernten Fähigkeiten vertiefen. Ziel für 2023 ist, die uneingeschränkte und reibungsfreie Eingliederung des Logistikbataillon 163 als multinationales RSOM-Battalion in die NATO Response Force (NRF).

Fazit

Mit den neuen Fähigkeiten des Logistikregiments 1 und dem in der NATO und Europa einmaligen Verband Logistikbataillon 163 folgt die Bundeswehr konsequent ihrer eigenen Zielsetzung und den eingegangenen Verpflichtungen zur Stärkung des Bündnisses. Dadurch stehen der NATO auf der einen Seite RSOM-Kräfte verlässlich abrufbar zur Verfügung. Auf der anderen Seite wird die Durchhaltefähigkeit der dem Bündnis angezeigten deutschen Kräftebeiträge signifikant erhöht. Die neu geschaffenen logistischen Fähigkeiten Deutschlands steigern somit den Einsatzwert und leisten einen wichtigen Beitrag zur schnellen Reaktionsfähigkeit der NATO und der EU.

Autor und Bilder/Graphiken: Autorenteam des Logistikkommando der Bundeswehr

oldaten der Instandsetzungskompanie des Logistikbataillon 131 reparieren die Kette und das Fahrwerk eines SchŸtzenpanzers Marder 1A3 im Brigadeinstandsetzungspunkt auf dem TruppenŸbungsplatz wŠhrend der VorfŸhrung "Brigadeinstandsetzngspunkt ROMINTEN". Die Informations- und LehrŸbung in Munster stellt die FŠhigkeiten der einzelnen Truppenteile des Heeres und deren Koordinierung dar. © Bundeswehr / Selsemeier

Steigerung der materiellen Einsatzbereitschaft

Ersterscheinung Juni 2021 im Mittler Report Verlag, Wehrtechnischer Report „Mobilität für Landstreitkräfte“

Mit den 2017 eingeleiteten Trendwenden Personal, Finanzen und Material wird die Neuausrichtung und Refokussierung der Streitkräfte sowie ihrer Organisation und Ausstattung auf die Landes- und Bündnisverteidigung und die Nationale Risiko- und Krisenvorsorge (NatRKV) begleitend unterstützt.

In ganz besonderem Maß stehen die Herausforderungen zur Umsetzung der im Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) beschriebenen nationalen Ambition im Fokus der Betrachtungen.

Zur Situation

Aufgrund der seit geraumer Zeit festgestellten Defizite in der materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme der Bundeswehr, wird das  Parlament durch das BMVg halbjährlich in Form des Rüstungsberichtes und des Berichtes zur materiellen Einsatzbereitschaft der Hauptwaffensysteme über den jeweiligen Sachstand im Bereich Material und Ausrüstung informiert. Die Agendas Rüstung und Nutzung begleiten gleichfalls die Anstrengungen hinsichtlich der Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft. Bereits im Jahresbericht der Wehrbeauftragten des Deutschen Bundestages 2020 nahm die materielle Einsatzbereitschaft und die materielle Ausstattung ebenfalls einen prominenten Platz ein. Alle Militärischen Organisationsbereiche haben im Zuge der Initiative Einsatzbereitschaft der ehemaligen  Bundesministerin Kramp-Karrenbauer vom Januar 2020 in ihren jeweiligen Verantwortungsbereichen diesbezügliche Handlungsfelder identifiziert und arbeiten konzentriert an deren Umsetzung. Mit dem Weg zur Vollausstattung aller Truppenteile, einschließlich der Truppenreserve, mit ihrem zur Auftragserfüllung notwendigen Material (=aufgabenorientierte Ausstattung) stehen der Bundeswehr große Anstrengungen bevor. Insgesamt stellt die materielle Einsatzbereitschaft hohe Anforderungen an das Logistische System der Bundeswehr, bestehend aus der Verknüpfung von logistischen Leistungserbringern der militärischen Logistik im Grundbetrieb und im Einsatz, den Anteilen bundeseigener Unternehmen, sowie den Anteilen ziviler logistischer Leistungserbringer. Im Logistikkommando der Bundeswehr wird die Aufgabe des Hauptprozessmanagers Logistik wahrgenommen.

Einsatzreife

Zum Verständnis der jeweiligen Analysen und Maßnahmen in allen Planungskategorien, sollen hier die Grundlagen zur Erreichung einer hohen materiellen Einsatzbereitschaft, fokussiert auf den Bereich der Land-(Waffen)-Systeme, dargestellt werden. Die Bundeswehr verfügt über eine Vielzahl an Systemen, die sich in verschiedenen Produktlebenszyklen befinden. In Bezug auf die materielle Einsatzbereitschaft ergeben sich hier durchaus sehr unterschiedliche Handlungsfelder. Grundlage jeglichen Handelns ist der Begriff der Einsatzreife, die nach der Vorgabe des novellierten Customer Product Management (CPM (nov.)), unter dem Begriff: Materialverantwortung für die Einsatzreife, in der Verantwortung des zuständigen Projektleiters liegt. Ist sie gegeben, dann erfüllt ein System oder Produkt alle Anforderungen an eine sichere Verwendbarkeit unter den geforderten (realistischen) Einsatzbedingungen auch unter Berücksichtigung rechtlicher Auflagen. Sie schließt insbesondere auch alle logistischen und sonstigen Maßnahmen mit ein, die für den Erhalt und den Einsatz des Systems in der Nutzung erforderlich sind. Mit der Einsatzreife ist die Grundlage für den Erhalt und die Wiederherstellung der materiellen Einsatzbereitschaft und der Einsatzfähigkeit der zur Nutzung übergeben Produkte, hier per Definition des CPM (nov.) durch den Betriebs- und Versorgungsverantwortlichen Inspekteur, gelegt.

Der Produktlebenszyklus: von der Wiege bis zur Bahre

Die Hauptwaffensysteme der Bundeswehr bestehen oft aus einem Mix an Systemen. Diese wiederum befinden sich jeweils in unterschiedlichen Phasen ihres Produktlebenszyklus. Für den Erhalt der materiellen Einsatzbereitschaft ergeben sich deshalb jeweils eine Vielzahl verschiedenster Herausforderungen im Hinblick auf die Schnittstellen zur Industrie, sowie zu den internen Prozessen der Planung und Logistik.

Phase 1: Systeme in der Einführungs- und Wachstumsphase

Aktuelle Beispiele sind der SPz Puma und die geschützten Transportfahrzeuge ZLK 15 t und die ungeschützten Transportfahrzeuge.

Vor dem Hintergrund der Refokussierung auf Aufgaben in der Landes- und Bündnisverteidigung ist der frühen und uneingeschränkten Herstellung der Einsatzreife, insbesondere in den logistischen Aspekten, eine hohe Priorität einzuräumen. In Phase 1 ist es zur Erreichung der Einsatzreife daher wichtig, die Grundlagen für eine erfolgreiche Logistik in die Forderungsdokumente im CPM als Projektbezogenes Logistisches Konzept einzubringen und im Zuge der Beschaffung mit hoher Priorität durchzusetzen. Verfügbarkeit von Ersatzteilen und Sonderwerkzeugen und speziellen Meß- und Prüfmitteln in nach den Organisationsgrundlagen ausreichender Anzahl, ausgebildetes Personal und entsprechende Lehrgänge sowie Verfügbarkeit der Materialgrundlagen, wie z.B. Instandhaltungsvorschriften und Ersatzteilkataloge (heute in Form der Interaktiven Elektronischen Technischen Dokumentation – IETD), ist sicherzustellen. Der Auswertung von Nutzungsdaten und der flexiblen Umsetzung von Erkenntnissen ist hohe Priorität einzuräumen. Auch die stark zunehmende Komplexität der Systeme stellt vor die Herausforderung, dass diese in allen Bereichen, nicht nur der Logistik, erst einmal beherrscht werden müssen. Mit der internationalen Kooperation im Rahmen der Beschaffung können hier Erfahrungen anderer Nutzernationen mit einfließen. Für den SPz Puma konnten innerhalb der Phase 1 zuletzt bereits Erfolge erzielt werden und durch den Zulauf neuer ungeschützter Transportfahrzeuge in größerer Stückzahl konnte die materielle Einsatzbereitschaft im Bereich der Lkw gesteigert und Altsysteme aus der Nutzung genommen werden.

Phase 2: Systeme in der Wachstums- bis Sättigungsphase

Beispiele hierfür sind das GTK Boxer und das GFF Dingo

Grundsätzlich ist die materielle Einsatzbereitschaft von Systemen in dieser Kategorie hoch. Erfahrungen aus der Nutzung konnten umgesetzt werden, Prozesse sind eingespielt, Nutzungsgrenzen sind ausgelotet und die Defizite der Phase 1 konnten zumindest in die weitere Planung eingebracht werden, wie beispielsweise noch fehlende Dokumentation oder hinreichende Anzahl von Sonderwerkzeugsätzen. Die Erkenntnisse müssen und werden in die Produktpflege und Produktweiterentwicklung eingebracht und stellen, die Verfügbarkeit der Mittel vorausgesetzt, eine hohe materielle Einsatzbereitschaft und Verfügbarkeit sicher. In dieser Phase bringt, mit einem gesicherten Zulauf auf das materielle Soll hin, auch die Entscheidungen zur Ablösung der Vorgängersysteme eine wesentliche Entlastung in die Truppe. Reduzierung von Ausbildungsbedarfen, Entlastung von nicht mehr erforderlichem Material (Werkzeuge, Vorräte) ermöglichen es den Verantwortlichen Kräfte und Ressourcen frei zu machen, zum Erhalt der Einsatzfähigkeit des aktuellen Systems.

Phase 3: Systeme in der Sättigungs- bis Degenerationsphase

Beispiel hierfür: SPz Marder

In dieser Phase wird die materielle Einsatzbereitschaft durch den zunehmenden Verschleiß und die wachsende Alterung der in den Systemen genutzten Komponenten bestimmt. Der Erhalt der Einsatzreife ist hier in besonderem Maße herausfordernd. Obsoleszenzen und durch zunehmende Systemerweiterungen erreichte Grenzen der Belastbarkeit bestimmen die Anstrengungen des Erhalts der Einsatzreife. Mitunter kann nur durch Ausbau von Ersatzteilen aus anderen Systemen die Einsatzfähigkeit erhalten werden. Hinzu kommen auch Überlegungen zur Wirtschaftlichkeit, die nur mit einer verlässlichen Aussage zur Rest-Nutzungsdauer auch höhere Investitionen für eine Nutzungsdauerverlängerung rechtfertigen. Auch aufgrund der noch klassischen (bewährten) Technik sind aber auch hier im Vergleich zu Systemen der Phase 1 noch hohe Einsatzbereitschaftswerte zu erzielen. Verbunden mit der erforderlichen Vollausstattung für alle Truppenteile einschl. der Reserve kommt diesen Produkten zukünftig eine besondere Bedeutung zu. Der Umgang mit neuen, hochkomplexen Systemen stellt Reservisten und die hierfür verantwortliche Ausbildungsorganisation vor große Herausforderungen. Die Weiternutzung von bewährten und noch einsatzreifen Systemen kann sich hier positiv auswirken. Kommt eine Ablösung für einen absehbaren Zeitraum nicht in Frage, ist mit einer Reduzierung der Typenvielfalt durch Anpassung an den aktuellen Bauzustand der gesamten Flotte zumindest eine Entlastung zu erreichen (Ausbildung, Vorschriften, Ersatzteile und Werkzeuge).

Logistische Aspekte zur Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft

Grundsätzliche Voraussetzung für eine hohe Einsatzbereitschaft ist insgesamt betrachtet einsatzreifes Gerät, in ausreichender Menge unter Berücksichtigung von Reserven.  Ergänzend zu den Aspekten der Einsatzreife und materiellen Einsatzbereitschaft der Systeme in ihren Lebensphasen wird durch weitere Maßnahmen der Bereitschaftsstand auf hohem Niveau gehalten. Ein Beispiel hierfür ist die Nutzung von ungeschützten Mobilitätsträgern, in einem Einsatzumfeld unter geringerer Bedrohung, aus der Bereitstellung durch die BwFuhrparkService (BwFPS) GmbH. Modernität, Flexibilität und Nutzbarkeit auch für die spezifischen Bedingungen der militärischen Einsatzumgebung (Tarnbeleuchtung, Vorrüstung für Kommunikationsmittel und Handwaffen, Standardschnittstellen für Container und Wechselpritschen…) halten, in Verbindung mit einer im Grundbetrieb und auf Basis handelsüblicher Fahrzeuge funktionierenden Logistik durch die gewerbliche Wirtschaft, die materielle Einsatzbereitschaft auf hohem Niveau. Um diese positiven Aspekte auch im Einsatzgebiet und im Rahmen der NatRKV zu erhalten, ist jedoch sowohl die Ausbildung des Personals der Militärischen Logistik sowie die Verfügbarkeit von Dokumentation, Ersatzteilen und Sonderwerkzeugen sicherzustellen. Hierzu stellt die BwFPS beispielsweise die „Werkstattausstattung mobile Instandhaltung Bedarfsfall BwFPS“ bereit. In diesem Zuge ist auch die Nutzung der Logistischen Informationssysteme sicherzustellen, um mit dem Übergang vom Grundbetrieb in den Einsatz medienbruchfrei alle produktbezogenen logistischen Informationen verfügbar zu haben und zu nutzen.

oldaten der Instandsetzungskompanie des Logistikbataillon 131 reparieren die Kette und das Fahrwerk eines SchŸtzenpanzers Marder 1A3 im Brigadeinstandsetzungspunkt auf dem TruppenŸbungsplatz wŠhrend der VorfŸhrung "Brigadeinstandsetzngspunkt ROMINTEN". Die Informations- und LehrŸbung in Munster stellt die FŠhigkeiten der einzelnen Truppenteile des Heeres und deren Koordinierung dar. © Bundeswehr / Selsemeier
Klassische Militärische Feldinstandsetzung SPz Marder © Bundeswehr / Selsemeier

Ein weiteres Handlungsfeld des Erhalts und der Wiederherstellung der materiellen Einsatzbereitschaft sind die konzeptionellen und organisatorischen Aspekte einer in der Vergangenheit konsequent auf den Auslandseinsatz ausgerichteten Militärischen Logistik. Planungsleitend war die Sicherstellung der durchhaltefähigen logistischen Unterstützung von Stabilisierungsoperationen in bis zu zwei Einsatzgebieten. In den Einsatzgebieten stellte sie die logistische Basis zur Versorgung der Einsatzkräfte sowie den Anschluss an die Logistische Basis Inland und die Integration der logistischen Leistungen Dritter als „Logistikzentrum im Einsatz“ bereit. Die mobilen Logistikkräfte des Heeres und der SKB sind in derzeitiger Struktur bei weitem nicht ausreichend, der veränderten nationalen Ambition in der Landes- und Bündnisverteidigung und NatRKV gerecht zu werden. Beide Militärischen Organisationsbereiche haben ihre jeweiligen strukturellen Untersuchungen vorgelegt und erwarten für eine Umsetzbarkeit auf der Zeitachse die notwendigen Entscheidungen, insbesondere in der Trendwende Personal, jedoch in Verbindung mit Material und Infrastruktur. Eine Wiedererstarkung der logistischen Ebene eins sowie ein Ausbau der Ebene zwei gehören dazu. In allen logistischen Ebenen wurde die dringende Modernisierung der querschnittlichen Werkstattausstattungen, z.B. der Mobilen Instandhaltung, auf den Weg gebracht, um die Materialerhaltungsaufgaben sachgerecht und effizient in allen Einsatzoptionen mit militärischen Kräften erfüllen zu können.

Eine neuen mobilen Werkstattausstattung, die in nur zwei Container passt, für effizientere Reparaturen; Blauer Bund
Eine neuen mobilen Werkstattausstattung, die in nur zwei Container passt, für effizientere Reparaturen; © Bundeswehr/Bienert

Nicht nur der Zwischenschritt 1, die VJTF 2023, erfordert eine Bevorratung von Ersatzteilen für 30 Tage, sondern auch die weiteren Schritte. Mit der in 2019 beschlossenen Wiederinbetriebnahme von Material- und Munitionslagern, beginnend zum 1. April 2021 mit dem Materiallager in Königswinter, wird die ortsfeste Logistik wieder robuster aufgestellt werden, um ihren notwendigen logistischen Beitrag für die Einsatzbereitschaft der Streitkräfte zu leisten.

Mit der Task Force Beschaffungsorganisation (BeschO) widmet sich der Organisationsbereich Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung (AIN) der Unterstützung einer seiner Hauptaufgaben: der Herstellung und Erhaltung der Einsatzreife. Hier kommen die Personalumfänge zur Erfüllung aller Managementaufgaben für die Aufrechterhaltung des Betriebs und für die neuen Projekte zum Abbau des Modernisierungsstaus schnell an ihre Grenzen. Es werden aber auch Aspekte der Vertragsgestaltung über Rahmen- und Lieferverträge sowie Kooperationen mit anderen Nutzernationen bzgl. gemeinsamer Beschaffungen oder Ersatzteillogistik ins Auge gefasst. Und Prozesse stehen auf dem Prüfstand, um mit pragmatischen Lösungen eine Verbesserung zu erzielen.

Fazit

Zusammengefasst verlangen die einzelnen Bemühungen und Projekte zur Erhöhung der materiellen Einsatzbereitschaft der Systeme der Bundeswehr Maßnahmen im materiellen, personellen, organisatorischen, prozessualen und infrastrukturellen Bereich. Die materiellen Anstrengungen gehen in Richtung der Beschaffung von mehr Gerät einschließlich Reserven und der Bevorratung von Ersatzteilen. Die personellen Herausforderungen manifestieren sich in der Umsetzung der Trendwende Personal, der Mittelfristigen Personalplanung und den diesbezüglichen politischen Vorgaben und Grenzen zum Personalumfang der Bundeswehr. Die personellen Verstärkungen im Bereich der Unterstützungsaufgaben stehen dabei in Konkurrenz zu den Personaldefiziten in anderen Bereichen wie z.B. im Bereich der IT. Organisatorische Aspekte zielen auf die Sicherstellung der Versorgung z.B. durch Aufwuchs der Mobilen Logistikkräfte der Landstreitkräfte in den zugeordneten Zwischenschritten im Fähigkeitsprofil. Nahezu alle Maßnahmen erfordern, oft langdauernde, infrastrukturelle Anstrengungen, gut sichtbar an der Wiederinbetriebnahme der Lagereinrichtungen verbunden mit einer modernen Ausstattung. Und nicht zuletzt prozessuale Veränderungen zur schnellen und bürokratiearmen Umsetzung von Materialforderungen der Streitkräfte. Mit der „Bundeswehr der Zukunft“ wird es sicherlich weitere Antworten und Lösungen zur Verbesserung der materiellen Einsatzbereitschaft geben.

Autor: Oberstleutnant a.D. Dipl.-Ing. MSc Wolfgang Gelpke

SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern Blauer Bund

Erfordernisse an die Instandsetzung von Landsystemen unter dem Gesichtspunkt von Landes- und Bündnisverteidigung

Vorbemerkung

„Die Welt im Jahr 2016 ist eine Welt in Unruhe. Auch in Deutschland und Europa spüren wir die Folgen von Unfreiheit, Krisen und Konflikten in der unmittelbaren Nachbarschaft unseres Kontinents. Wir erleben zudem, dass selbst in Europa Frieden und Stabilität keine Selbstverständlichkeit sind“ (Die Bundesregierung, Weißbuch 2016, S. 6).

Mit diesen Worten leitet die ehemalige Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, das Weißbuch 2016 ein. Mit seiner Veröffentlichung waren seit dem letzten Weißbuch nicht nur mittlerweile 10 Jahre vergangen, es hatte auch deutliche Veränderungen in der Sicherheitslage gegeben. Neben den neuen Herausforderungen im Cyberraum und der Digitalisierung waren hier vor allem die Annexion der Krim und technologische, z.T. disruptive Entwicklungen als maßgebliche Einflussfaktoren zu nennen. Dies musste zu einer neuen Betrachtung der Rolle der Bundeswehr in diesem Sicherheitsumfeld führen, welches zu einer Refokussierung hin zur Landes-/Bündnisverteidigung (LV/BV) führte.

Taktikausbildung im Gelände Blauer Bund
Taktikausbildung im Gelände

Für Landoperationen bedeutet dies die Bereitstellung von einsatzbereiten, militärischen Kräften bis hin zur Korpsebene sowie die Führungsfähigkeit multinationaler Großverbände. Diese Verbände benötigen eine auf das Szenar LV/BV ausgerichtete logistische Unterstützung, welche im Zusammenwirken der Einsatzlogistik des Heeres sowie der Basislogistik der Streitkräftebasis sichergestellt werden muss und dem operativen Ziel der ausreichenden Durchhaltefähigkeit dient. Planungsleitend ist, wie im „Eckpunktepapier“ vom 18.05.2021 erneut herausgestellt, die Fähigkeit der Bundeswehr zum Gefecht der verbundenen Dimensionen (im ganzen Spektrum bis hin zum hochintensiven Gefecht) gegen einen gleichwertigen Gegner. Daher kommt der Nutzung von Hochtechnologie eine zentrale Bedeutung zu, um auf dem Gefechtsfeld zu bestehen. Im Zuge des Ausrüstungs-/Nutzungsprozesses kommt es allerdings darauf an, trotz modernster Technologien die dafür notwendige Logistik durch Innovation und Ingenieurskunst beherrschbar zu halten.

Moderne Technologie – ein Risiko für die Logistik?

Die Ausstattung der Landstreitkräfte hat sich seit der Wiedervereinigung maßgeblich geändert. Neue Aufträge führten zu einer Erweiterung des Fähigkeitsportfolios, die Reduzierung der Streitkräfte folgte dem Gebot von „Fähigkeitsbreite vor Fähigkeitstiefe“. Dadurch war die Ausgestaltung von Varianten eines Produktes erforderlich, um diverse einsatzrelevante Primärfunktionalitäten in unterschiedlichsten Konfektionen zu realisieren. Resultat ist heute eine Ausstattungsvielfalt an Landsystemen mit beträchtlicher Heterogenität.

Variante eines GTK BOXER Blauer Bund
Variante eines GTK BOXER

Die Veränderungen bei der Beschaffung von Produkten führt zu Losen mit unterschiedlichen Bauzuständen und Konstruktionsabweichungen. Eine Diversität erforderlicher technischer Dokumentationen, vor allem aber erforderlicher Ersatzteile ist die logische logistische Folge und Herausforderung. Da sich die o.g. Parameter, wie ein erweitertes Fähigkeitsprofil sowie begrenzt verfügbare Haushaltsmittel, absehbar nicht wesentlich ändern werden, ist es illusorisch anzunehmen, dass sich die Ausstattungs-Heterogenität der Landstreitkräfte zukünftig für die Logistik günstiger gestalten wird. Die wiederholt vorgebrachte und aus logistischer Sicht berechtigte Forderung nach Ausstattungsstandards und Absenkung der Produkt- und Variantenvielfalt wird auch zukünftig nur geringe Beachtung finden. Dies mag man als gut oder schlecht, als richtig oder falsch bewerten; Tatsache ist, dass sich nicht nur die Heereslogistik mit dieser Herausforderung auseinandersetzen muss.

Der zeitliche Aufwand zur Durchführung von planmäßigen Materialerhaltungsmaßnahmen einerseits und von schadensbezogenen Instandhaltungsmaßnahmen andererseits hat bei komplexen Landsystemen gravierend zugenommen. Beides beeinflusst die Arbeitsplatzbelegungszeiten und erhöht damit die Mindestverweildauer von mobilen Instandhaltungseinrichtungen. Dies setzt natürlich auch die unverzügliche Deckung des nach Art und Anzahl durch Zunahme an Produkten, Varianten, Konstruktions- und Bauzuständen explodierten Ersatzteilbedarfs voraus. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Ersatzteile und Baugruppen Software-Anteile in sich tragen, deren Version zum Produkt passen muss. Dies erfordert ein aufwändiges, dezidiertes und präzises Bauzustandsmanagement.

Die zur Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen erforderlichen Arbeitsmittel (Werkzeug- und Werkstattausstattungen, das erforderliche Sonderwerkzeug sowie die Mess- und Prüfausstattungen) haben bei modernen, einsatzrelevanten Waffensystemen des Heeres im Umfang deutlich zugenommen. Damit einher geht ein erhöhter Transportbedarf sowie der steigende, dispositive Aufwand zum Einrichten von Arbeitsplätzen und zur Herstellung der Verlegebereitschaft. Hohe Arbeitsplatzbelegungszeiten, riesige Ersatzteillager incl. Umschlag und Transport sowie große Umfänge an mitzuführenden Arbeitsmitteln lähmen die Beweglichkeit und erhöhen den logistischen Fußabdruck. Dies ist aber in den entscheidenden Phasen des Einsatzes von Verbänden im Gefecht unumgänglich, um die Systeme durchhaltfähig zu halten.

SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern Blauer Bund
SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern

Gegen einen gleichwertigen Gegner auf einem „Gläsernen Gefechtsfeld“ muss die Logistik „vorne“ leicht und beweglich bleiben, um zu bestehen. Aufwändige Instandhaltungsmaßnahmen sind und waren dort nicht sinnvoll durchführbar. Der Aufwand für Bergung und Abschub nach „hinten“ wird sich dadurch beträchtlich steigern. Zum Auffangen der sinkenden Einsatzbereitschaftsgrade sind Gerätereserven in Betracht zu ziehen. Bei neu einzuführenden, einsatzrelevanten Waffensystemen sollte in der Entwicklung auf eine möglichst einfache Instandsetzbarkeit zumindest einiger entscheidender Grundfunktionalitäten ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Dies könnten Vorgaben für Wartung und Pflege, Fristen mit deren Zeiten bis hin zu Vorgaben zur Nutzung von vorhandene Werkzeug- und Werkstattausstattungen in der Realisierung von Produkten sein. Das ist sicher nicht immer leicht, wird sich aber letztendlich positiv auf die Einsatzbereitschaft und damit auf das operative Ziel der erforderlichen Durchhaltefähigkeit auswirken.

Moderne Technologie – eine Chance für die Logistik!

Ausbildung in der Bundeswehr ist die entscheidende Voraussetzung für die Bereitstellung von einsatzbereiten Kräften. Die in der technischen Ausbildung zu erbringende wesentliche Leistung ist, jene Qualifikationen und Kompetenzen zu vermitteln und sich entwickeln zu lassen, die zur bestmöglichen Erfüllung auch von komplexen Instandhaltungsaufträgen – auch unter Belastung – befähigen. Digitale, ortsunabhängige Lernumgebungen sind, nicht zuletzt vorangetrieben durch die Pandemie, im Alltag angekommen. Als moderner Arbeitgeber, der in harter Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern steht, kann sich auch die Bundeswehr dieser Erwartungshaltung nicht verschließen. Der Einsatz von leistungsfähigen Kommunikationskanälen für Audio, Video und Daten bietet aber nicht nur für die Ausbildung Vorteile. Mit der Nutzung von „Augmented Reality“ – Komponenten können nicht nur der Umgang mit interaktiven elektronischen, technischen Dokumentationen im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen vereinfacht werden, sondern durch die Möglichkeit der virtuellen Einbindung von Experten (Fernunterstützung) lässt sich Fachwissen gezielt in Echtzeit an den Einsatzort transferieren.

Fernunterstützung durch HelpDesk Blauer Bund
Fernunterstützung durch HelpDesk

Neben dem Fachwissen des Personals wird die Instandsetzung von Landsystemen auch maßgeblich durch die benötigten Arbeitsmittel und der Verfügbarkeit von Ersatzteilen beeinflusst. Produktvielfalt, Varianten sowie Konstruktions- und Bauzustände bis hin zu den Unterbaugruppen und verschiedenste Softwareversionen gilt es, logistisch zu beherrschen. Umfänge an Sonderwerkzeugen lassen sich nur durch frühzeitige Einflussnahme auf die Konstruktion zumindest anteilig reduzieren, besser noch querschnittlich standardisieren. Für Mess- und Prüfausstattungen kann die Nutzung von Prognosemodellen (z.B. der Logistics Support Analysis) im Zusammenspiel mit Eigendiagnosefähigkeiten und Ausfallankündigungen ein gangbarer Weg sein, um den explodierenden Aufwand der Softwarepflege und Softwareänderung der vielen Prüf- und Diagnosegeräte zu senken.

Konsequenterweise koppelt man diesen Ansatz der prädiktiven Instandhaltung mit KI-gesteuerten Lagerhaltungs- und autonomen, bodengebundenen Transportsystemen, um die Verfügbarkeit der Ersatzteile sicherzustellen. Mit Einführung SAP S/4 HANA und Umstellung auf eine neue Datenbanktechnologie werden hier wichtige Grundlagen auf dem Weg zu einer KI-gesteuerten Versorgungskette gelegt. Konzeptionelle Grundlagen und Strukturen in der Logistik müssen regelmäßig der sich ändernden Realität auf dem Gefechtsfeld angepasst werden. Die konzeptionelle Berücksichtigung der „klassischen“ analogen Fakten wie Raum und Zeit ist nicht mehr alleinig ausreichend. Um modernste technologiegetriebene Lösungen zu berücksichtigen, ist die Einbeziehung von Wahrscheinlichkeiten und künstlicher Intelligenz unumgänglich. Dies ist gut vereinbar mit den Vorteilen der vorwärts gerichteten Versorgung (Zuführungsprinzip), hat aber auch das Potential, die derzeitigen logistische Ebenen in Teilen aufzulösen.

Aufgrund der räumlichen Dislozierung logistischer Einrichtungen wird das Fachpersonal in der Regel schichtweise eingesetzt (Ruhe, Sicherung, Fachaufgabe). Durch die Nutzung von Überwachungstechniken (Sensoren, Effektoren) kann das Personal von Sicherungsaufgaben zugunsten der Fachaufgabe entlastet werden und somit den Einsatzwert der logistischen Einrichtung erhöhen. Im Bereich der Mengenverbrauchsgüter (Kraftstoff, Wasser, Munition) besteht allerdings auf dem gläsernen Gefechtsfeld besonderer Handlungsbedarf, da sich trotz räumlicher Auflockerung Fahrzeugbewegungen auf bestimmte Bereiche konzentrieren. Eine mobile Bereithaltung dieser Versorgungsgüter setzt nicht nur die entsprechende Anzahl an Trägerplattformen voraus. Die Koordination der Bewegung im Raum sowie das „Rendezvous“ mit den verbrauchenden Truppenteilen bedingen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (SAP S/4 HANA) sowie die Nutzung eines resilienten, unabhängigen Navigationssatellitensystems.

Fazit

Ein künftiges Szenar LV/BV ist geprägt durch eine hochmobile Gefechtsführung mit einem sehr hohen Operationstempo. Das „gläserne Gefechtsfeld“ sowie eine hybride Kriegsführung sind ebenfalls Rahmenbedingungen, denen sich die Logistik stellen muss. Die bereits jetzt absehbaren Auswirkungen auf das Logistische System der Bundeswehr im Rahmen LV/BV sind tiefgreifend. Sie können aber zumindest vermindert werden, wenn die Logistik im Rahmen künftiger Rüstungsprojekte von Waffensystemen bessere Berücksichtigung findet. Flankierend muss aber auch die Logistik mit eigenen Projekten Teilhabe an der Digitalisierung des Gefechtsfeldes haben und Innovationen für sich nutzbar machen, um ihren Auftrag zu erfüllen, die Durchhaltefähigkeit einsatzbereiter Kräfte sicherstellen zu können.

Text und Bilder: Oberstleutnant Tobias Kirchner, Technische Schule des Heeres

Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit Blauer Bund

Deutsch-ungarische Kooperation – Strukturierte Partnerschaft in der Logistik (SPiL)

Die sich stetig ändernde sicherheitspolitische Lage zwingt Deutschland und die NATO Partner, neue Wege zu beschreiten, um personelle, materielle und zeitliche Ressourcen wirtschaftlicher und effektiver einzusetzen. Die Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) als anspruchsvollste Aufgabe ist die Richtschnur für die Ausgestaltung der Fähigkeiten der Bundeswehr, auch wenn die gleichrangige Wahrnehmung von Einsätzen im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements (IKM) wahrscheinlicher ist. Nach Ende des Kalten Krieges sind durch Verkleinerung der Streitkräfte aller europäischen Staaten, Verteidigungsbudgets, Personal- sowie Ausrüstungsumfänge geschrumpft und somit auch Fähigkeiten in der Breite und Tiefe eingebüßt worden. Die multinationale Zusammenarbeit hat in diesem Zusammenhang, insbesondere im Rahmen des IKM stark zugenommen. Die Integration der Beiträge einer Vielzahl von truppenstellenden Nationen bis hinab auf die kleinsten organisatorischen Funktionseinheiten (MN Zellen in Stäben, oder MN Kompanien) war und ist Wesensmerkmal vieler Einsätze. Die Integration MN Partner erfolgt hierbei unter Abstützung auf bewährte Führungs- und Einsatzgrundsätze, einsatzvorbereitende Ausbildung und Übung sowie zielgerichtete Maßnahmen zur „Force Integration“ im Einsatzgebiet, um einsatzbereite Kräfte bereitzustellen.

Während der Münchener Sicherheitskonferenz 2015 hat die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die für Landes- und Bündnisverteidigung erforderliche „Führung aus der Mitte“ wie folgt umrissen:

„Der eigene Anspruch, aber auch die berechtigte Erwartungshaltung unserer Partner ist, dass Ressourcen und Fähigkeiten in Bündnisse und Partnerschaften eingebracht und in diesen weiterentwickelt werden. Dies beinhaltet gleichermaßen, dass Partner mit weniger Ressourcen ihre unverzichtbaren Beiträge auf Augenhöhe einbringen können.“

Im aktuellen Positionspapier „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“ haben die Bundesministerin der Verteidigung und der Generalinspekteur der Bundeswehr u.a. die Rolle Deutschlands als Partner und Anlehnungsnation für die Fähigkeiten und Strukturen unserer Verbündeten deutlich hervorgehoben und so das konzeptionelle Leitprinzip „Multinationalität und Integration“ unterstrichen. Eine breit aufgestellte und andockfähige Bundeswehr ist unverändert notwendig für ein sicherheitspolitisch handlungsfähiges Europa.

Einbindung von Partnern durch bilaterale Kooperationen

Wie bereits in voranstehenden Beiträgen dargestellt, bedarf es eines modernen logistischen Systems der Bundeswehr, das interoperabel mit alliierten Partnern agieren und multinationale Leistungserbringer integrieren kann. Die Intensivierung der internationalen logistischen Zusammenarbeit ist unverändert ein zentraler Pfeiler, um die Durchhaltefähigkeit des logistischen Systems zu steigern und das Maß an Flexibilität für den Einsatz von Kräften im Bündnis zu vergrößern. Mit den etablierten Projekten/Initiativen innerhalb des Framework Nation Concept (FNC) sowie der ständig strukturierten Zusammenarbeit der EU (PESCO) gibt es bereits erfolgreiche multinationale Beispiele, die mehrere Partnernationen einbinden und einen operativen Mehrwert für alle erzielen. Bilaterale Kooperationen sind neben diesen multinationalen Projekten und Initiativen ein weiteres, erfolgversprechendes Handlungsfeld der internationalen Zusammenarbeit der Bundeswehr.

Bilaterale logistische Kooperationen werden durch das LogKdoBw komplementär zu den multinationalen Formaten verstanden. Die Schaffung von gegenseitigem Vertrauen und eines gemeinsamen Verständnisses zwischen der Bundeswehr und ihren Partnern sind stets der erste Schritt. Auf dieser Grundlage stehen mittel- und langfristig der beidseitige Fähigkeitsausbau und Fähigkeitsgewinn durch Erzielen von Synergien im Fokus. Konkrete bilaterale Projekte tragen zur Weiterentwicklung bestehender Bündnisse bei und fördern so die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands sowie unserer Partner und Verbündeten. Die Spannbreite umfasst hierbei neben der Koordination und Kooperation mit strategischen Partnern (siehe Weißbuch: Frankreich – USA – Großbritannien – Niederlande) auch den Informationsaustausch und die Ausbildungshilfe für Staaten, die nicht der NATO und der EU angehören, im Rahmen von bilateralen Jahresprogrammen. Das Instrument „bilaterale Kooperation“ reicht somit vom Informationsaustausch zu aktuellen Entwicklungen in der Logistik, über Koordination zu logistisch-fachlichen Zukunftsthemen bis hin zur strukturierten Kooperation, die gemeinsame Fähigkeitsentwicklung zum Ziel hat. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat während der Bundeswehrtagung 2021 das Intensitätsspektrum bi- und multilateraler Zusammenarbeit mit den Begriffen Koordination – Kooperation – Affiliation –  Integration klar benannt.

Zu berücksichtigen ist, dass mit zunehmender Integration der Umfang der gegenseitigen Abhängigkeiten steigen. Die politischen Rahmenbedingungen bestimmen dabei maßgeblich den Handlungsspielraum der Kooperation und bedürfen eines stabilen Rahmens um langfristig angelegte Kooperation, u.a. zur gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung mit Erfolg zum Ziel zu führen.

Eine maßgebliche Zielsetzung von Kooperation besteht in der Entwicklung der Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken und/oder Organisationen – kurzum in der Schaffung von Interoperabilität (z.B. durch Standardisierungen). Dies dient einerseits der Erfüllung von Fähigkeitsforderungen der Bundeswehr und schafft darüber hinaus die Voraussetzung zum Zusammenwirken mit Partnern im Einsatz. Ausgehend von einer prinzipiellen Befähigung zur Interoperabilität beider Partner, bestimmt der logistische Auftrag hierbei die erforderliche Befähigung zur Integration und somit das herzustellende Maß an Interoperabilität. In der Verfolgung eines ganzheitlichen Ansatzes sind dabei operationelle, administrative sowie materielle Aspekte der Standardisierung zu berücksichtigen.

Unter operationeller Standardisierung wird hierbei die Harmonisierung und Anpassung von Planungs- und Führungsverfahren sowie der dazugehörigen logistischen Führungs- und Informationssysteme verstanden. Grundsätzlich erfolgt die Zusammenarbeit hierzu in MN Gremienarbeit, um eine größtmögliche Interoperabilität durch Standardisierung im Bündnis zu erzielen. Unbenommen davon kann in bilateralen Kooperationen durch gegenseitige Ausbildungsunterstützung oder Harmonisierung von Schnittstellen ein Nutzen für beide Partner erzielt werden. Die Einführung von SAP S4/HANA wird hierbei durch seinen Standardisierungsgrad sehr gute Voraussetzungen hin zu einer prozessorientierten logistischen Kooperation im MN Umfeld bieten. In diesem Kontext begleitet das LogKdoBw durch Beratung u.a. die Einführung von SAP S4/HANA Logistik in den ungarischen Streitkräften in enger Abstimmung mit dem KdoH und BAAINBw als Voraussetzung für das enge Zusammenwirken in Einsatz und einsatzgleichen Verpflichtungen auf der Grundlage harmonisierter Führungs- und Informationssysteme.

Die Harmonisierung von Ausbildungsinhalten und Strukturen ist der administrativen Standardisierung zuzuordnen. Die Standardisierung von Strukturen zielt im Kern auf die Möglichkeit zur Einbindung oder Anlehnung von Kräftedispositiven. Die Orientierung und Strukturierung an den NATO Fähigkeitskatalogen als ein wesentlicher Aspekt des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr ist hierfür eine gute Voraussetzung. Trotzdem lässt sich feststellen, dass allein die Orientierung an den NATO Fähigkeitskatalogen noch keine interoperablen Streitkräfte schafft. So nehmen Führungs- und Einsatzgrundsätze sowie Tradition nicht nur einen erheblichen Einfluss auf die Struktur der jeweiligen Streitkräfte, sondern auch auf das grundsätzliche Verständnis, wie durch Ausbildung und Übung die Einsatzbereitschaft herzustellen ist. Darüber hinaus bilden nationale Ausbildungseinrichtungen grundsätzlich unter der Nutzung der jeweiligen Landessprache aus. Die Fähigkeit, mit einem gemeinsamen Zeichenvorrat zu kommunizieren, stellt eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Kooperation dar. In der Kooperation mit Ungarn wird hierbei grundsätzlich auf die englische Sprache zurückgegriffen.

Gute Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit multinationalen Partnern bietet die Nutzung von gleicher Technik, Prozessen und Verfahren sowie Material und Ausrüstung. Diese Aspekte werden unter dem Begriff der materiellen Standardisierung zusammengefasst. Diese ist eine wesentliche Voraussetzung, um Interoperabilität in den Feldern Ausbildung, Strukturen oder Führungsverfahren zu unterstützen. Die Nutzung von gleichem Material, z.B. Nutzung DINGO durch Niederlande bzw. FENNEK durch Belgien im Einsatz Resolute Support, die Nutzung TORNADO und EUROFIGHTER durch Deutschland, Großbritannien und Italien oder Beschaffung/Nutzung des Leopard 2 sowie der PzH 2000 durch Ungarn eröffnet weitere Kooperationsmöglichkeiten im Grundbetrieb zur Bereitstellung einsatzbereiter Kräfte für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen.

Mit der derzeitigen Reorganisation und Modernisierung der ungarischen Streitkräfte unter dem Name ZRYINI 2026 ist neben der Beschaffung von deutschem Wehrmaterial (u.a. Leopard 2 A7, PzH 2000, SPz LYNX) auch die Modernisierung von Strukturen, Verfahren und Prozessen initiiert. Dieser Prozess wird durch Beratung und Unterstützung u.a. von Seiten KdoH, KdoLw und LogKdoBw eng begleitet. Im Ergebnis kann durch Nutzung deutscher Hauptwaffensysteme, die Ausgestaltung der Einsatz- und Basislogistik nach vergleichbaren Kriterien sowie die parallele Einführung von SAP S4/HANA die Interoperabilität der ungarischen und deutschen Streitkräfte aus der Grundaufstellung heraus wesentlich gesteigert werden.

Entwicklung zur Strukturierten Partnerschaft in der Logistik

Die „Strukturierte Partnerschaft in Logistik“ des Logistikkommandos der Bundeswehr mit ungarischen Verteidigungskräften ist aus einem Projekt zur multinationalen gemeinsamen Logistik („Joint Logistics Multinational“) entstanden. In den zugehörigen Übungs- und Untersuchungsvorhaben wurden u.a. die Möglichkeiten und Grenzen multinationaler Logistik im Einsatz mit dem Ziel untersucht, Synergien durch multinationale Zusammenarbeit zu erschließen und diese für zukünftige Einsätze nutzbar zu machen. In Ausgestaltung der Handlungslinien der internationalen Zusammenarbeit der Streitkräftebasis wurde die logistische Kooperation sukzessive zu einer Strukturierten Partnerschaft ausgebaut. Im Rahmen einer Strukturierten Partnerschaft können sich Partner im Sinne von Fähigkeitskooperationen mit ihren Fähigkeiten und Teilfähigkeiten an die SKB „andocken“. Strukturierte Partnerschaften ermöglichen unseren Partnern, ihre logistischen Ressourcen und Fähigkeiten als unverzichtbaren Beitrag im Bündnis gemeinsam und Schulter an Schulter einzubringen.

In diesen langfristig angelegten Kooperationen werden vorhandene Fähigkeiten durch kontinuierlichen Wissens- und Erfahrungsaustausch, die Schaffung gemeinsamer (bilateraler) Standards sowie gemeinsame Ausbildungs- und Übungsvorhaben, also insbesondere Maßnahmen der operationellen und administrativen Standardisierung zu interoperablen Kräftedispositiven mit gegenseitigem Nutzen weiterentwickelt. Langfristig wird somit durch plan- und abrufbare binationale Fähigkeiten die Durchhaltefähigkeit für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen und die Interoperabilität im gesamten Aufgabenspektrum des Bündnisses gestärkt.

Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft umfasst derzeit drei Teilprojekte: Die Entwicklung eines binationalen Feldtanklagerzuges (SAFETY FUEL), die Entwicklung einer binationalen mittleren Transportkompanie (SAFETY TRANSPORT) sowie die Entwicklung der binationalen Doktrin und Rahmendokumente (SAFETY DOCTRINE). Im Folgenden werden die Historie, der aktuelle Sachstand sowie die zukünftigen Entwicklungen in diesen Projekten dargestellt.

Die formelle Grundlage für die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik (SPiL) wurde im März 2016 im Rahmen von High-Level Talks [unter dem Vorsitz von Brigadegeneral BARÁTH, zu diesem Zeitpunkt Kommandeur des ungarischen Logistics Center und Brigadegeneral FUNKE, zu diesem Zeitpunkt Stellvertretender Kommandeur LogKdoBw in Erfurt] durch Unterzeichnung einer Zielvereinbarung („mid-term-goals“) gelegt. Zur Vertiefung der Zusammenarbeit wurde u.a. die Durchführung von regelmäßigen Ausbildungs- und Übungsvorhaben in Verbindung mit Expertengesprächen und Treffen auf Generalsebene vereinbart. Darüber hinaus die Prüfung zur Etablierung von Patenschaften der beteiligten Verbände eingeleitet.

Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft in der Logistik (SPiL) Blauer Bund
Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft in der Logistik (SPiL)

 

SAFETY FUEL – Projekt zur Entwicklung eines deutsch-ungarischen Feldtanklagers

Anfänglich gestartet mit logistischen Fachgesprächen auf Expertenebene mit mehreren europäischen Nationen, fanden 2011 erste Ausbildungsgänge ungarischer Soldaten am Feldtanklager – einem Kraftstofflager für den Einsatz – im Ausbildungs- und Trainingszentrum der Spezialpioniere in Putlos statt. Durch Transfer von mobilem Pipelineinstandhaltungsmaterial und Spezialgrundausbildung von HUN Personal an Feldtanklangermaterial durch das „Specialized Engineer Training and Exercise Centre (SETEC)” in Putlos wurden bis 2012 weitere wesentlich Schritte erfolgreich absolviert.

Die ungarische Entscheidung zur Übernahme und Nutzung des deutschen Feldtanklagermaterials, ein Aspekt der materiellen Standardisierung, ist die wesentliche Grundlage innerhalb dieses Projektes.

Mit dem Einsatz von „Mobile Education Training Teams“ (METT) zur Unterstützung der Ausbildung in Ungarn sowie der in 2012 etablierten Übungsserie „SAFETY FUEL“ des Spezialpionierregiments 164 und der ungarischen Material Storage Supply Base wurde die gemeinsame Fähigkeitsentwicklung zum schicht- und durchhaltefähigen Aufbau, Betrieb und Abbau eines binationalen Feldtanklagers, orientiert an NATO-Standards, etabliert. Bereits in 2013 konnte durch Teilnahme an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN“ ein erster logistischer Leistungstest absolviert werden. Die Einbindung in MN Übungen mit dem Ziel der Bereitstellung von Kraftstoff ermöglicht das Beüben von logistischen Kräften „unter Last“ im multinationalen Umfeld. Nach Ausbildung von ungarischen Offizieren und Unteroffizieren in NATO-zertifizierten Lehrgängen an der LogSBw folgte im Rahmen der Übung SAFETY FUEL 2014 die Zertifizierung des ungarischen Personals zum selbständigen Aufbau und Betrieb eines mobilen Feldtanklagers.

Mit weiteren Ausbildungs- und Übungsvorhaben, eingebunden in die MN NATO Übungen „CAPABLE LOGISTICIAN 2015“, „TRIDENT JUNCTURE 2018“ sowie „CAPABLE LOGISTICAN 2019“ wurden wesentliche Leistungsnachweise erbracht und die Interoperabilität auf Teileinheitsebene weiterentwickelt. Die COVID-19 Pandemie hatte zur Folge, dass die für 2020 geplanten Ausbildungs- und Übungsvorhaben nicht durchgeführt werden konnten. Dennoch wurde der Informationsaustausch auf Expertenebene unter Nutzung videounterstützter Konferenzsoftware fortgeführt, wichtige Meilensteine wurden erreicht. So stellten beide Co-Präsidenten im November 2020 im Rahmen der erstmals digital durchgeführten High-Level Talks die „Initial Operational Capability“ (IOC) des binationalen Feldtanklagers fest.

Das Übungsvorhaben SAFETY FUEL wurde in 2021 in Ungarn, wiederum mit kroatischer Beteiligung, durchgeführt. Die Vorbereitung der Übung unter den Bedingungen der COVID-19 Pandemie erforderte von den Übungsexperten des LogKdoBw und des Hungarian Defence Forces Command umfangreiche planerische Vorarbeit und Flexibilität. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf die Etablierung von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der eingesetzten Soldaten gelegt.

In der Übungsvorbereitung stand neben Fragen der Realversorgung, der Verlegung von Material und Personal im grenzüberschreitenden Verkehr auch die Schaffung eines realitätsnahen Übungsszenars im Lastenheft des Planungsteams. Um die logistischen Fähigkeiten der Übungstruppe unter Last zu setzen, wurde das Übungsvorhaben in diesem Jahr an die US Übungsserie DEFENDER EUROPE 21 angebunden. Damit war das Ziel verbunden, logistische Bedarfsträger zu identifizieren und diese mit der eigenen Übungstruppe mit logistischen Leistungen zu unterstützen. Anhand der ersten Übungsauswertung lässt sich feststellen, dass wichtige Übungsziele erreicht wurden. Erforderliche Maßnahmen für die weitere Projektentwicklung sind bereits abgeleitet. Sie werden wesentlich dazu beitragen, die Vollbefähigung („Full Operational Capability“) in 2022 zu erreichen.

Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit Blauer Bund
Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit

Die Integration von Kräften auf der Zug-Ebene stellt hohe Anforderungen an die Harmonisierung und Standardisierung von Arbeitsabläufen und Tätigkeitsbeschreibungen. Die Langfristigkeit des Projektes begründet sich insbesondere durch das erforderliche hohe Maß an operationeller Standardisierung für den erfolgreichen binationalen Betrieb eines Feldtanklagers im Wechselschichtprinzip.

Das Projekt gestaltet sich so erfolgreich, dass eine Zusammenarbeit mit weiteren Nationen angestrebt werden kann. Neben dem Erhalt der Fähigkeit soll daher parallel dazu die Aufnahme und Integration der kroatischen Feldtanklagerkräfte in das Projekt erfolgen. Derzeit nimmt Kroatien im Status eines Beobachters an der Strukturierten Partnerschaft teil. Erste Interoperabilitätstests wurden bereits 2016 in Ungarn absolviert und führten 2017 zu einer ersten kroatischen Übungsteilnahme im Rahmen der Übung „SAFETY FUEL“. Im Gegensatz zu den ungarischen Feldtanklagerkräften greifen die kroatischen Kräfte hierbei allerdings nicht auf deutsches Material zurück. Die Zielsetzung besteht somit nicht in einem nationenübergreifenden Schichtbetrieb eines Feldtanklagers, sondern im interoperablen Einsatz des deutsch-ungarischen Feldtanklagers in Verbindung mit den kroatischen Fähigkeiten. Durch die Einbindung kroatischer Logistikkräfte können die Fähigkeiten zur Bevorratung und Bereithaltung von Kraftstoffen um eine mobile Komponente erweitert werden. Dies ermöglicht zum Beispiel in der Phase der Verlegung des deutsch-ungarischen Feldtanklagers die Erstbevorratung durch kroatische Kräfte oder in der Phase des Betriebes die Möglichkeit zur Erweiterung durch Bevorratung anderer Kraftstoffarten.

Mittelfristig wird das deutsche Feldtanklagermaterial das Ende seines Nutzungszyklus erreichen. Die gemeinsame Abstimmung von Beschaffungsvorhaben – also der Erhalt der materiellen Standardisierung – ist zwingend, um die Fähigkeit auch langfristig für Einsatz und einsatzgleiche Verpflichtungen bereitzuhalten und einsetzen zu können.

SAFETY TRANPSORT – Projekt zur Entwicklung einer deutsch-ungarischen Transportkompanie

Im Februar 2014 wurde eine Erweiterung der Strukturierten Partnerschaft um das Projekt „Transport Cooperation“ in Kooperationsgesprächen erstmalig diskutiert. Nach umfangreichem Informationsaustausch zur nationalen Ausbildungssystematik der Transportkräfte standen hierbei die verschiedenen Möglichkeiten zur Bildung einer multinationalen Transportkompanie im Fokus. Dies mündete 2015 in der erstmaligen Durchführung der Übung SAFETY TRANSPORT im April 2015 in Ungarn. Mit dieser Übung wurde die Teilnahme der deutschen und ungarischen Transportkräfte an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN“ im Juni 2015 in Ungarn zielgerichtet vorbereitet. Seither ist das Ziel dieser Zusammenarbeit eine, an NATO-Standards orientierte, deutsch-ungarische mittlere Transportkompanie, die unter Nutzung des Wechselladesystems MULTI, Container- und sonstige militärische Güter transportieren kann (Flachbetttransport). Die Übung SAFETY TRANSPORT 2016 (Mai/Juni) in Deutschland erfolgte auf Grundlage der Erfahrungen im Bereich der Feldtanklagerkräfte in einer gemischten Zugstruktur.

Eine Kollone von mehreren schweren Transport-LKW der deutsch-ungarischen Transportkompanie übt im Rahmen der Übung SAFETY TRANSPORT 2020 Blauer Bund
Die deutsch-ungarische Transportkompanie übt im Rahmen der Übung SAFETY TRANSPORT 2020

Wie im Vorfeld dargestellt, bedingt dies ein sehr hohes Maß an operationeller und administrativer Standardisierung bereits für den „quasi-stationären“ Einsatz von logistischen Kräften. Für Transportkräfte ist durch den Auftrag – Transport von militärischen Gütern – das Anforderungsprofil für den „mobilen Einsatz logistischer Kräfte“ zu berücksichtigen. In der Auswertung von gemeinsamen Ausbildungsabschnitten, wie „Verhalten bei Beschuss“ oder „komplexen Hinterhalten“ wurde deutlich, dass der erforderliche Ausbildungsstand, insbesondere bei Nutzung einer Fremdsprache in Extremsituation nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu erreichen war. Auf dieser Grundlage wurde für die Fähigkeitsentwicklung die Integration auf der Ebene Kompanie mit jeweils nationalen Transportzügen und einer gemischten Kompanieführung, einschließlich Gefechtsstand, entschieden. Hier wird deutlich, dass es bei der Entwicklung von interoperablen Kräften keine Blaupause gibt. Die durchsetzungsfähige Wahrnehmung des logistischen Auftrags und die zu berücksichtigenden Einflussfaktoren des Einsatzumfeldes sind maßgeblich für die Fähigkeitsforderungen an logistische Kräfte. Das zu erreichende Maß an Integration und Interoperabilität leitet sich folgerichtig daraus ab.

Um das Führungspersonal auf die Anforderungen in einem gemeinsam betriebenen Gefechtsstand vorzubereiten, führte das LogBtl 472 ein Key-Leader Training zur Vorbereitung der Übung SAFETY TRANSPORT 2017 durch. Hierbei wurden auch kroatische Kräfte mit eingebunden, die analog zum Projekt „SAFETY FUEL“ auch im Bereich Transport die zukünftige Teilnahme mit eigenen Kräften zum Ziel haben. Mit der Etablierung einer Patenschaft zwischen Logistikbataillon 472 und dem ungarischen Logistikregiment 64 in 2018 wurde die vertrauensvolle Zusammenarbeit sichtbar dokumentiert. Mit der Teilnahme an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN 2019“ konnten auch für diese Kooperation wichtige Erkenntnisse zur logistischen Leistungserbringung im MN Umfeld gesammelt werden.

Trotz umfangreicher Einschränkungen der binationalen Projektarbeit im Rahmen der COVID-19 Pandemie seit Beginn des Jahres 2020 haben beide Verbände auf Grundlage einer etablierten Zusammenarbeit mit hohem Engagement auf das Erreichen des nächsten Zwischenziels „Initial Operational Capability 2021“ hingearbeitet. Mit viel Engagement und Herzblut konnten die Übungen „SAFETY TRANSPORT 2020“ in Deutschland sowie „SAFETY TRANSPORT 2021“ in Ungarn unter Einhaltung von Hygieneauflagen mit anspruchsvollen Ausbildungs- und Übungsinhalten ausgeplant und umgesetzt werden. Im Rahmen eines Besuchertages gratulierte Generalmajor Zsolt Sándor, Kommandeur des Territorial- und Unterstützungskommando und zukünftiger Stellvertretender Kommandeur der ungarischen Streitkräfte den Soldaten zur erfolgreichen Auftragserfüllung mit den Worten „Die Zusammenarbeit mit den verbündeten Partnern läuft wie geschmiert“.

Diese Ausbildungs- und Übungserfolge bilden die Grundlage, um nachfolgend im Schulterschluss mit dem Projekt SAFETY FUEL das „Angriffsziel“ „Full Operational Capability“ in 2022 zu nehmen.

Wie ein Räderwerk – Die Projektorganisation

Damit die Projektentwicklung im Bereich Transport und Feldtanklager alle Aspekte der Interoperabilität berücksichtigt, bedarf es neben den Ausbildungs- und Übungsvorhaben einer Projektorganisation, die administrative, materielle und operationelle Interoperabilitätsaspekte verzahnt und aufeinander abstimmt. Es sind Organisationsstrukturen zu entwickeln und abzustimmen, die Entwicklung gemeinsamer Vorschriften und Regelungen voranzutreiben, und gemeinsame Übungsvorhaben langfristig mit nationaler und multinationaler Übungsplanung zu harmonisieren. Als gemeinsame Grundlage wurde hierzu ein „Conceptual Framework Paper“ erstellt. Die Fragen, WER trägt zur gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung bei? WELCHE nationalen und multinationalen Vorschriften und Regelungen sind zu berücksichtigen? oder WIE sind gemeinsame logistische Verfahrensregelungen festzuhalten? wurden damit beantwortet und als weitere Arbeitsgrundlage im April 2021 verabschiedet. Dies ist ein wichtiger Meilenstein, der dazu beiträgt, den weiteren Ausbau bilateraler logistischer Fähigkeiten in den Fähigkeitsbereichen Transport – „SAFETY TRANSPORT“ – und Tanklagerbetrieb – „SAFETY FUEL“ zielgerichtet zu unterstützen.

Zur Unterstützung dieser Projektarbeit sind von deutscher und ungarischer Seite Austauschoffiziere etabliert, die in die Stabsarbeit der Stäbe im jeweiligen Gastland eingebunden sind. Im Gegensatz zu Verbindungsoffizieren beraten und unterstützen die Austauschoffiziere in erster Linie die Vorgesetzten und Projektverantwortlichen des Gastlandes. Der ungarische Austauschoffizier nimmt auf dieser Grundlage seit 2018 seine Aufgaben im LogKdoBw im Bereich MN logistische Kooperation der Abteilung Planung wahr. Im Jahr 2019 wurde im Gegenzug der Dienstposten des Austauschoffizier LogKdoBw beim Hungarian Defence Force Command Logistics Inspectorate in Ungarn etabliert.

Ausblick und Fazit

Im letzten Jahr wurde die Zielvereinbarung für den Zeitraum 2020-2025 fortgeschrieben und das Herstellen der interoperablen Vollbefähigung der beiden Fähigkeitsprojekte für das Jahr 2022 avisiert. Darüber hinaus sind u.a. gegenseitige Ausbildungsunterstützung im Bereich LOGFAS, gemeinsame RSOM Übungen, die Zusammenarbeit im Bereich der Reorganisation/Modernisierung der ungarischen Logistikkräfte als auch die intensive Prüfung zur Erweiterung der Kooperation wesentliche Bestandteile der erneuerten Zielvereinbarung. Das derzeitig durch Ungarn verfolgte Programm „ZRYÍNI 2026“ verfolgt das Ziel, die Streitkräfte zu modernisieren und die Interoperabilität im Bündnis zu steigern. Das Logistikkommando unterstützt hierbei in enger Abstimmung mit den Organisationsbereichen in allen logistischen Fragestellungen mit dem Ziel, die Interoperabilität der logistischen Kräfte aus der Grundaufstellung heraus im Sinne eines „Plug-In“ Profils beständig zu verbessern. Für den binationalen Feldtanklagerzug sowie die mittlere Transportkompanie wird es nach Herstellen der Vollbefähigung in 2022 darauf ankommen, in gemeinsamen Übungen, vorzugsweise im multinationalen Umfeld, die Fähigkeiten zu erhalten, um gemeinsam logistische Kräfte für Einsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen, z.B. NRF oder EUBG bereitstellen zu können.

Die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik kann auch für andere Nationen geöffnet werden, um die bisherigen Kapazitäten mit weiteren Kräften, Mitteln und Optionen zu erweitern. Das dargestellte Interesse und Engagement Kroatiens hierzu im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsvorhaben belegt dies nachdrücklich. Unter Berücksichtigung des „NATO Long Term Commitment Plan 2021-2032“ hat Kroatien angekündigt, zeitnah in den Status des Teilnehmers wechseln zu wollen. In den Projekten „SAFETY FUEL“ und „SAFETY TRANSPORT“ kommt es in der Folge darauf an, die Vollbefähigung zu erhalten und die Beiträge von Partnern nahtlos auf Grundlage der etablierten Interoperabilitätsstandards zu integrieren.

Die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik ist eine Erfolgsgeschichte und ein sehr gutes Beispiel für binationale Kooperation und gemeinsame Fähigkeitsentwicklung. Sie zeigt exemplarisch, dass die gemeinsame Vereinbarung von Zielen sowie deren glaubhafte Erfüllung der kontinuierlichen sowie partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe bedürfen. Die verlässliche und nachhaltige Begleitung des Projektes sowie die Bereitstellung von Ressourcen, auch als Vorleistung, ist zwingende Voraussetzung, um dieses gemeinsam mit Ungarn schrittweise zum Erfolg zu führen. Die Kooperation mit Ungarn in den Bereichen Framework Nations Concept, PESCO und Strukturierte Partnerschaft ergänzen und befördern sich hierbei gegenseitig und bringen einen echten Mehrwert im und für das Bündnis und somit auch für Deutschland. Im Summenzug ist dies ein substantieller Beitrag des LogKdoBw, um der gestiegenen Erwartungshaltung Deutschlands als europäischer Partner innerhalb der NATO/EU gerecht zu werden.

Text und Bilder: Autorenteam LogKdoBw Abt Planung I (2) MN Logistik

Soldaten bei der Ausbildung mit einem Rohrtrenngerät

Einzigartig in Europa – Die Spezialpioniere aus Putlos

In Putlos befindet sich nicht nur der einzige Truppenübungsplatz, kurz: TrÜbPl, der Bundeswehr mit „Seeblick“, sondern auch das dislozierte Spezialpionierausbildungs- und Übungszentrum Putlos (SpezPiAusb/ÜbZ Putlos) der Logistikschule der Bundeswehr für Spezialpionierkräfte der Bundeswehr.

Wappen SpezPiAusbÜbZ Putlos - Grundfarben Schwarz und Blau, mit der Brücke für die Pioniere und dem Symbol für die LogSBw Blauer Bund
Wappen SpezPiAusbÜbZ Putlos

Das Spezialpionierausbildungs- und Übungszentrum ist aus der Pipelinepionierausbildungsanlage in Putlos (Oldenburg in Holstein) hervorgegangen und wurde der Logistikschule der Bundeswehr am 1. Oktober 2006 als eigenständige Dienststelle unterstellt.

Die Spezialpioniere der Bundeswehr gehören zu den ersten Soldaten, die in einen bevorstehenden Einsatz gehen. Sie sind mit ihren unterschiedlichen technischen und handwerklichen Fähigkeiten nicht nur in der Lage, Erd- und Wassermassen zu bewegen, sondern tragen ganz wesentlich zur Unterstützung von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz bei indem sie die Voraussetzungen für eine längere Stationierung und Versorgung von Soldaten im Einsatz schaffen. Dazu bereiten sie zunächst mit ihrem Spezialgerät das Gelände vor, um dort später ein Feldlager oder Tanklager aufbauen und betreiben zu können. Auch der Aufbau selbst mit allen Schutzein-richtungen nebst der gesamten dazugehörigen Infrastruktur wie Wasser-, Strom- oder Treibstoffversorgung und der erste Betrieb von Feldlagern für die Unterbringung von Soldaten und Material sowie Beiträge zur Wasserversorgung gehören zum Auftrag der Spezialpioniere. Weiterhin errichten sie Tanklager aus Pumpen, Tankbehältern und Rohren mit einer funktionierenden Infrastruktur. Bei den Pipeline-Systemen von NATO und Bundeswehr unterstützen die Spezialpioniere darüber hinaus bei der Schadensbeseitigung zur Sicherstellung der europäischen Kraftstoffversorgung.

Aufbauarbeiten von großen Zelten bei Dunkelheit Blauer Bund
Life Support Area anlässlich DEFENDER EUROPE 20 in Garlstedt

Auf Antrag unterstützen sie mit ihrer besonderen Kompetenz und ihrer speziellen Ausrüstung auch zivile Behörden bei Hilfs- und Katastropheneinsätzen im Inland. So können Sie zum Beispiel, wie auch beim aktuellen Hochwassereinsatz, wertvolle und wichtige Hilfe leisten.

Ein Traktor überquert die Faltfestbrücke nach der Hochwasserkatastrophe in Insul im Ahrtal, am 22.07.2021 Blauer Bund
Ein Traktor überquert die Faltfestbrücke nach der Hochwasserkatastrophe in Insul im Ahrtal, am 22.07.2021

Dieses Aufgabenportfolio setzt Ausbildung und Inübunghaltung voraus denn Ausbildung ist und bleibt eine Investition in die Zukunft! Was nützt das beste Material oder Gerät, wenn die Bundeswehr nicht in der Lage ist es zu betreiben, zu warten und instand zu setzen – und zwar am Heimatort ebenso wie im Einsatzgebiet!

Zwei Spezialpioniere in einer Ausbildungshalle Blauer Bund
Im Rahmen der Ausbildung wird in eine Flammendurchschlagsicherung eingewiesen

Spätestens hier kommt das SpezPiAusb/ÜbZ mit seinen Männern und Frauen ins Spiel. Das Zentrum führt an den Standorten Garlstedt und Putlos sowohl die lehrgangsgebundene Fachausbildung für Offiziere, Feldwebel, Unteroffiziere und Mannschaften der Spezialpionierkräfte der Bundeswehr sowie die Dienstpostenausbildung der Spezialpionierkräfte und Anteile der Truppenausbildung mit verstärkten Feldlagerbau-/Betriebszügen und Pipelinebau-/Betriebszügen durch. Darüber hinaus stellt es die Inübunghaltung der Kräfte, die im Einsatz den Bau und/oder den reibungslosen Betriebsablauf in Feld- und Feldtanklagern gewährleisten, sicher.

Die Ausbildung im Übungszentrum erfolgt am gleichen pionier-technischen Großgerät, welches sich auch in den Feldlagern im Einsatz befindet. Den übenden Truppenteilen wird die Möglichkeit geboten, ganzheitlich zu üben bzw. Fachpersonal der Bereiche Klimatechnik, Stromerzeuger-aggregate, Elektrik, Mechanik und Betriebsstoffe weiterzubilden und mit neuem Material vertraut zu machen.

Spezialpioniere erweitern die Grenze von Camp Castor mit einem Bagger im Rahmen der Mission MINUSMA in Gao/Mali, am 30.03.2018. Blauer Bund
Auch bei der Erweiterung eines Feldlagers im Einsatz kommen erst die großen Geräte zum Einsatz

Darüber hinaus stellt das Zentrum Ausbildungsanlagen und Sonder-infrastruktur für fachspezifische Ausbildung der Pipelinepioniere sowie für Ausbildungsanteile der Umschlag- und Transportkräfte (Kraftstoffversorgung) im Rahmen der Truppen- und lehrgangs-gebundenen Ausbildung bereit.

Feldlagerausbildungsanlage Ostseeblick Blauer Bund
Feldlagerausbildungsanlage Ostseeblick

Eine Besonderheit ist die europaweit einzige mit Kraftstoff befüllte Übungsanlage für Pipelinesysteme, die sogenannte Sonderinfrastruktur Pipeline oder auch „Georgenhof“ genannt. Dieser Umstand ermöglicht es, Erlerntes im „scharfen Betrieb“ anzuwenden und zu üben, denn für die Errichtung von Tanklagern ist der Aufbau von Pipeline- und entsprechenden Verteilsystemen erforderlich. Die Spezialpioniere werden hier in Betrieb und Instandsetzung von Pipelinesystemen ausgebildet.

Sonderinfrastruktur Pipeline „Georgenhof" Blauer Bund
Sonderinfrastruktur Pipeline „Georgenhof“

Dafür sind besondere Kenntnisse im Schneiden und Schweißen der Pipelinerohre erforderlich. Vor allem bei den Schweißübungen werden sie von der Brandschutzstaffel in Putlos unterstützt. Die Ausbildung erfolgt an in modulbauweise erstellten Feldtanklagern mit 150 m³ bis 1200 m³ Fassungsvermögen und an Teilen stationärer Pipelineanlagen sowie deren mobilen Ersatzanlagen. Ihr Wissen können die Pioniere aber auch bei der Betreuung der militärischen Kraftstoffpipeline, die sich über ganz Europa erstreckt, davon allein in Deutschland ca. 1.700km, einsetzen.

Soldaten bei der Ausbildung mit einem Rohrtrenngerät
Der Umgang mit dem manuellen Rohrtrenngerät will gelernt und geübt sein

Eine weitere Besonderheit in Putlos ist die Ausbildung an und in einer mobilen Trinkwasserabfüllanlage. Von der Bediener-ausbildung bis zum Instandsetzungs-lehrgang für Feldwebel werden die Soldaten im Umgang mit dieser besonderen Anlage ausgebildet. Sie dient der vollautomatischen Flaschenherstellung aus sogenannten Kunststoff-Preforms mit anschließender Abfüllung von chlorfreiem Trinkwasser samt Etikett.

Trinkwasser aus eigener Produktion Blauer Bund
Trinkwasser aus eigener Produktion

Neben dem Ostseeblick hat der TrÜbPl Putlos noch eine weitere Besonderheit, als europaweit besonders hervorgehobener Naturwert mit eigener Biotopkartierung, die natürlich bei den Übungen zur Erstellung der Feldlager mitberücksichtigt wird.

Auch in Putlos stellt sich der Lehrgangsbetrieb den coronabedingten Herausforderungen: Reduzierte Teil-nehmerzahlen in den Lehrgängen und das digitale Lernen im Grundlagenunterricht sind hier Ausbildungsalltag geworden. „Um der Pandemie etwas Positives abzugewinnen, lässt sich auf die veränderte Ausbildungswirklichkeit verweisen.

Mechatronikerausbildung Motorenkunde blauer Bund
Mechatronikerausbildung Motorenkunde

Anfangs durch die surreale Lage-entwicklung völlig vor den Kopf gestoßen, bewegte es die Ausbilder, Hörsaalleiter und Einrichtungen dazu, „Altes“ neu zu denken und die Faktoren Kräfte-Mittel-Zeit auch in Hinblick auf mögliche Distanzausbildung anzupassen.

 

Dies wird die Ausbildungsrealität der Bundeswehr auch nach Überwinden der Pandemie nachhaltig positiv und zukunftsorientiert verändern.“, erklärte Hauptmann Johannes Schwien, Leiter Planung/Ausbildung/Übung. „Ich habe großen Respekt vor den Leistungen unserer Hörsaalleiter und Ausbilder, die in erster Reihe stehen und trotz immer neuer Rahmenbedingungen und Auflagen, motiviert Ihrem Ausbildungsauftrag nachgehen und unserem Spezialpioniernachwuchs hochprofessionell ihr Wissen weitergeben“, so Schwien.

 

Text: Wilfried Heckmann, Brian Melzer

Fotos: © Bundeswehr/ Björn Kapfer (Abb. 5), Brian Melzer (Restl. Abb.), Petra Reiter (Abb. 2), Kevin Schrief (Abb. 3)

Schützenpanzer Puma vom Panzergrenadierbataillon 112 bewegen sich auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz durch das Gelände, am 28.04.2020.

Zulassungsrechtliche Herausforderungen zukünftiger Systeme

Zulassungsrechtliche Herausforderungen im Genehmigungsprozess von automatisierten bzw. autonomen Fahrzeugen und Systemen der Bundeswehr

In der Konzeption der Bundeswehr wird die herausgehobene Bedeutung unbemannter Systeme hinsichtlich des Potentials für Einsatzperspektiven und die Fähigkeitsentwicklung festgestellt. Sowohl das Heer als auch die Streitkräftebasis planen automatisierte Landsysteme für die unterschiedlichsten Fähigkeiten. Das Potential ist vielfältig. Wenn ursprünglich ein ggf. möglicher geringerer Personaleinsatz für bestimmte Aufgaben im Fokus stand, lässt die Nutzung solcher Systeme dem Stand der Technik folgend insbesondere im „Teaming“ zwischen Mensch und Maschine deutliche Vorteile erwarten, die den militärischen Nutzen erheblich erweitern können.

Schützenpanzer Puma vom Panzergrenadierbataillon 112 bewegen sich auf dem Truppenübungsplatz Oberlausitz durch das Gelände, am 28.04.2020.
SPz PUMA, Maximilian Schulz/Bundeswehr

Der technologische Fortschritt auf dem Weg zum automatisierten Fahren ist rasant und Forschungsprojekte zeigen immer wieder was zukünftig möglich sein kann. Der Fokus der Forschungsprojekte liegt hierbei auf der grundsätzlichen Demonstration einer Fähigkeit. Im Rahmen dieser Projekte wird die Fähigkeit in einem oft eng definierten Umfeld demonstriert. Eine zuverlässige Funktion und ein sicherer Betrieb sind damit im Regelfall noch nicht gegeben. Die Absperrung des Demonstrationsbereiches, Not-Aus-Einrichtungen und ähnliche Maßnahmen dokumentieren dies. Ist eine Fähigkeit technologisch umsetzbar, muss eine Weiterentwicklung erfolgen, um einen robusten und sicheren Einsatz außerhalb des „Labors“ zu ermöglichen.

Für die Nutzung dieser technologischen Innovationen müssen die äußeren Sicherheitsmaßnahmen soweit reduziert werden können, dass ein Einsatz in der Truppe für den jeweils vorgesehenen Zweck verantwortbar wird – oder anders ausgedrückt: Es ist der Nachweis für ein Dienstfahrzeug (DFzg) zu erbringen, dass dieses sicher im Kraftfahrbetrieb im gesamten vorgesehenen Einsatzspektrum eingesetzt werden kann.

 Genehmigungsprozess zur Erlangung einer militärischen Betriebserlaubnis

Dazu ist im Beschaffungsprozess die Feststellung der sicheren Inbetriebnahme (FSI) als eine Grundlage für die durch die Projektleitung zu erteilende Genehmigung zur Nutzung (GeNu) vorgesehen. Eine unumgängliche Voraussetzung für eine GeNu von Landsystemen ist eine vorhandene militärische Betriebserlaubnis.

Die Zulassung zum Straßenverkehr ist dann nur der auf der Betriebserlaubnis basierende, formale Akt der Zuteilung von Kennzeichen und der Ausstellung einer Zulassungsbescheinigung.

Die Rechtsgrundlage für den gesamten Zulassungsprozess ist das Straßenverkehrsgesetz mit seinen nachgeordneten Verordnungen in Verbindung mit den internationalen Verordnungen, Richtlinien und Regelungen. Diese Rechtsgrundlagen billigen Dienstfahrzeugen der Bundeswehr wegen deren besonderen Einsatzzweckes unter bestimmten Voraussetzungen Ausnahmen zu. Zuständig für die Erteilung der militärischen Betriebserlaubnis für den Straßenverkehr und für den sicheren Kraftfahrbetrieb auch abseits öffentlicher Straßen ist der Leiter Kraftfahrwesen der Bundeswehr (Ltr KfWBw). Er genehmigt Ausnahmen und erteilt ggf. notwendigen Auflagen.

Voraussetzung für die Nutzung dieser Ausnahmemöglichkeiten sind die dringende Notwendigkeit zur Erfüllung des hoheitlichen Auftrages und die gebührende Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung.

In der Straßenverkehrszulassungsordnung (StVZO), als wichtigste Grundlage zur Erteilung der Betriebserlaubnis, sind die Bauvorschriften zum sichern Betrieb des Gesamtsystems festgelegt.

Hierdurch ergibt sich auch die Schnittstelle zur Kraftfahrerin bzw. zum Kraftfahrer der Bundeswehr (KfBw).  Damit diese mit ihren Fähigkeiten (Wahrnehmung, Bewertung des Umfeldes, Fahrentscheidung und Umsetzung) auf Basis der Regeln der Straßenverkehrsordnung (StVO) und im taktischen Einsatz sicher handeln können. Klassischerweise wird hier eine klare Trennung zwischen den Aufgaben des Menschen (KfBw) und der Maschine (DFzg) vorgenommen. Die Kraftfahrer erfüllen ihren Auftrag, das Fahren von A nach B, planen dafür ihre Route und stellen auf dem Weg dorthin das richtige Verhalten nach den Verkehrsregeln bzw. taktischen Regeln und die richtige Bedienung sicher. Ihnen obliegt die Verhaltenssicherheit.

Das Fahrzeug stellt das technische System zur Umsetzung des Fahrerwunsches dar, es muss also technisch sicher sein. Zudem muss es sicher bedienbar sein und erwartungskonform funktionieren.

Durch den Einsatz von Sichtsystemen und Automatisierung bis hin zum unbemannten System verschiebt sich die Schnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug. Im Falle des Einsatzes von Sichtsystemen zum Fahren (z. B. Kamera-Monitorsysteme (KMS) oder Nachtsichtsysteme) können die Kraftfahrer ihre vorhandenen Fähigkeiten nicht mehr voll zur Erlangung des Situationsbewusstseins einsetzen. Im Falle der Automatisierung übernimmt Dienstfahrzeug einzelne oder alle Handlungsentscheidungen vom Kraftfahrer der Bundeswehr. Die Einfachsten sind dabei das Abstandhalten – also Beschleunigen oder Bremsen oder das Spurhalten – also die Lenkimpulse. Wenn über automatisiertes oder unbemanntes automatisiertes Fahren im eigentlichen Sinne gesprochen wird, muss sich das Fahrzeug sicher entsprechend der Verkehrsregeln verhalten und die Entscheidungen ebenso gut treffen, wie es gute Fahrerinnen und Fahrer könnten.

Der künftige Genehmigungsprozess muss daher die technische Sicherheit und die vormals dem Kraftfahrer der Bundeswehr zugeordnete Verhaltenssicherheit des Gesamtsystems beinhalten. Dieses Gesamtsystem besteht, je nach Automatisierungsgrad, aus dem Dienstfahrzeug und dem Kraftfahrer, ggf. mit Unterstützung der Besatzung oder dem Fahrzeug allein. Bei vernetzten Systemen kann dies auch das Zusammenspiel mehrerer Fahrzeuge beinhalten.

Eine Übersicht erklärt Gesamtsystemsicherheit = technische Sicherheit + Verhaltenssicherheit
Gesamtsystemsicherheit = technische Sicherheit + Verhaltenssicherheit

Die technische Sicherheit des Dienstfahrzeuges

Die technische Sicherheit wird deutlich komplexer, denn die sicherheitsrelevanten mechanischen Bestandteile nehmen nur minimal ab. Der Einsatz von Elektronik und Software steigt hingegen exponentiell. Daher wird die technische Sicherheit zunehmend in eine risikobasierte Bewertung übergehen, die ein strukturiertes Vorgehen und eine Qualitätssicherung aller Maßnahmen schon in der Entwicklung erfordert. Hierzu werden aktuell entsprechende in folgender Abbildung dargestellte zivile Normen (weiter-) entwickelt, um ein ausreichendes Maß an Sicherheit zu erreichen.

neue Herausforderungen im Rahmen der Bewertung der technischen Sicherheit
Neue Herausforderungen im Rahmen der Bewertung der technischen Sicherheit

Jeder Risikobewertung liegt ein vorgesehener Verwendungszweck und Daten aus dem Nutzungsprofil zu Grunde – daran fehlt es bei neuen Technologien sehr häufig. Der Verwendungszweck und die Daten aus der Nutzung können ganz erhebliche Auswirkungen auf den Entwicklungsprozess haben. Ein Fehler in einer Automatisierungsfunktion, der in einer bestimmten Situation zu schweren Verletzungen führen kann, wird hinsichtlich des Risikos und der daraus abzuleitenden Maßnahmen komplett anders bewertet, wenn diese Situation ständig vorkommt oder nur sehr selten. Hier müssen neue Bewertungsfähigkeiten geschaffen werden, die zu einem teilweise organisationsbereichsübergreifenden Genehmigungsprozess, z.B. Feststellung der Automotive IT-Safety (IT-Sicherheit und Cybersecurity in (vernetzten) Fahrzeugen) durch den Organisationsbereich Cyber- und Informationsraum (CIR), führen.

Die funktionale Sicherheit wird heute bereits hinsichtlich der Waffenanlage betrachtet. Eine Bewertung der funktionalen Sicherheit des Fahrgestells war mangels sicherheitskritischer Elektronik bisher nicht notwendig. Dies ist mit neuen Technologien allerdings unumgänglich. Im Rahmen der funktionalen Sicherheit wird die Auswirkung eines möglichen Funktionsausfalls bewertet und Maßnahmen zur Vermeidung von systematischen Fehlern oder zufälligen Systemausfällen umgesetzt. Dafür ist für Fahrzeuge die Anwendung der Verfahren und Prozesse der ISO 26262 durch Hersteller und den öffentlichen Auftraggeber (öAG) im jeweiligen Zuständigkeitsbereich unumgänglich.

Teilsysteme eines Dienstfahrzeuges und Dienstfahrzeuge untereinander tauschen künftig mehr Daten aus und werden vernetzt sein. Daher wird eine Gesamtsystembetrachtung notwendig. Dafür werden bisher nicht ausreichend vorhandenen Fähigkeiten zur Aufstellung der Anforderungen und zur Bewertung von Sicherheitskonzepte im Bereich des öAG und des Zentrums für Kraftfahrwesen der Bundeswehr erforderlich. Die Vernetzung der elektronischen Teilsysteme in einem Dienstfahrzeug und mit anderen Dienstfahrzeug, möglicherweise auch Luftfahrzeugen, erhöhen die Schnittstellen über die Cyberangriffe möglich werden. Diese werden zum Sicherheitsproblem für den Kraftfahrbetrieb und den taktischen Auftrag. Das Auffinden und Schließen von Sicherheitslücken gehört dabei ebenso zur Cybersecurity, wie der qualifizierte Entwicklungsprozess, um Sicherheitslücken erst gar nicht entstehen zu lassen.

Die Grundlage des heutigen Genehmigungsprozesses ist das „Einfrieren“ des Konstruktionsstandes, inklusive der zugehörigen Softwareversionen, als Basis für die Erteilung einer Betriebserlaubnis. Eine erteilte Betriebserlaubnis hat nur Gültigkeit für genau diesen Konstruktionsstand mit genau dieser Software. Eine zusätzliche Herausforderung ist daher in der künftigen, zwingenden Notwendigkeit zu sehen, aus Sicherheitsgründen notwendige Software – Updates unverzüglich vorzunehmen (over the air (OTA)). Gleichzeitig muss für jedes Update sichergestellt sein, dass das Gesamtsystem weiterhin den Vorschriften entspricht und somit seine Betriebserlaubnis erhalten bleibt.

Die Safety Of The Intended Functionality (SOTIF) rundet die Sicherheitsbetrachtung ab, indem systematisch die Gebrauchssicherheit bewertet wird, damit es bei dem sogenannten „bestimmungsgemäßen Gebrauch“ oder zu erwartenden Fehlgebrauch „nur noch“ zu tolerierbaren Restrisiken kommt. Ziel ist es die Wahrscheinlichkeit von bekannten und unbekannten unsicheren Systemzuständen ausreichend zu reduzieren.

Die beschriebenen Tätigkeitsfelder sind im Genehmigungsprozess neu benötigte Fähigkeiten. Da die bisherigen konventionellen Begutachtungsbestandteile bleiben, ist die zusätzlich benötigte Bewertungsfähigkeit mit den derzeit ausgeplanten personellen und materiellen Ressourcen nicht abdeckbar.

 Die Verhaltenssicherheit des Gesamtsystems

Die Verhaltenssicherheit lässt sich nach dem heutigen Stand der Forschung nur durch den Vergleich mit den Entscheidungen und Handlungen von menschlichen Fahrern in der gleichen Situation nachweisen. Dabei ist ein hochautomatisiertes unbemanntes Dienstfahrzeug als ausreichend sicher einzustufen, wenn es alle Situationen mindestens genauso sicher absolviert, wie dies ein erfahrener Kraftfahrer der Bundeswehr leisten würde. Daraus resultiert, dass das Gesamtsystem (KfBw + DFzg oder nur DFzg) alle Situationen mehrfach reproduzierbar durchfahren muss und die Fahrten vergleichend mit dem konventionellen System mit menschlichem Fahrer und unveränderter Schnittstelle zum Fahrzeug bewertet werden. Hierbei sind alle Umgebungsvarianten (Beispiel: einfache bis komplexe Kreuzung, wenig Verkehr bis komplexe Verkehrssituation, einfaches Gelände bis zum Gebirge, usw.), sowie alle Witterungs- und Betriebsbedingungen zu berücksichtigen. Das daraus resultierende Fahrsituationskollektiv ist so groß, dass es nicht alleine durch reale Fahrten abdeckbar ist. Dies gilt insbesondere im Bereich der Bundeswehr, da die im Rahmen des Rüstungsprozesses zur Verfügung stehende Anzahl an Nachweisfahrzeugen im Regelfall sehr gering ist.

Dennoch sind alle Einzelszenare inklusive der änderbaren Parameter zu erstellen, Bewertungskriterien zu entwickeln, in einer Datenbank zu erfassen und im Rahmen der Nachweisführung anzuwenden. Dabei ist im ersten Schritt das regelkonforme Verhalten der Beteiligten zu Grunde zu legen. In einem zweiten Schritt ist die Verhaltenssicherheit auch bei Fehlverhalten des Umfeldes sicherzustellen und notwendiges „eigenes“ Fehlverhalten abzusichern. Ein einfaches Beispiel hierfür ist ein ausgefallenes Fahrzeug in der eigenen Fahrspur und Fahrbahnbegrenzungen, die einen Spurwechsel grundsätzlich verbieten. Die Erstellung dieses umfassenden Fahrsituationskollektivs ist eine drängende, aufwändige und nicht zu unterschätzende Aufgabe, bei der insbesondere die militärischen Besonderheiten zu berücksichtigen sind.

Der künftige Genehmigungsprozess im Bereich der Verhaltenssicherheit muss ein hohes Maß an virtuellen Methoden enthalten, die durch reale Fahrten in einer dynamischen Testumgebung und Fahrten im öffentlichen Straßenverkehr sowie im Gelände, ggf. mit Sicherheitsfahrer, validiert und ergänzt werden. Zwingende Voraussetzung für die Nutzbarkeit der Ergebnisse aus der Simulation im Genehmigungsverfahren ist der ausreichende Nachweis, dass die Simulation hinreichend der Realität entspricht. Es wird daher ein digitaler Zwilling für das Dienstfahrzeug, die Sensorik, die Automatisierungssysteme und die Umgebung benötigt. Auch nach Erteilung der Betriebserlaubnis ist eine Überwachung in der Nutzung zu etablieren, die zusätzlich dem Prozess der (langfristigen) Nachweisführung zuzuordnen ist. Dies wird auf dem zivilen Markt ebenso umgesetzt und die Daten voraussichtlich im Wesentlichen durch den Hersteller gesammelt und ausgewertet – ein Aspekt, der unter militärischen Gesichtspunkten ggf. anders gehandhabt werden muss.

Aufbau des Genehmigungsprozesses zum Nachweis der Verhaltenssicherheit
Aufbau des Genehmigungsprozesses zum Nachweis der Verhaltenssicherheit

Zur Umfelderkennung und zur Bewertung des potentiellen Verhaltens anderer Verkehrsteilnehmer ist absehbar, dass künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz kommen wird. Die KI errechnet mit den Daten der Umgebung, basierend auf den implementierten Algorithmen auf Grundlage der „Lerndaten“[1], ein Ergebnis, welches dann in eine Handlungsentscheidung für das Fahrzeug umgesetzt wird. Dabei wächst die Ergebnisgüte idealerweise mit der Erhöhung der Lerndaten. Im Gegensatz zu konventioneller Software kann dabei nicht jeder einzelne Schritt geprüft werden. Es ist mit einer Blackbox zu vergleichen, bei der das Ergebnis, nicht aber der Entscheidungsweg bewertet werden kann. Insofern gibt es durchaus Parallelen zum menschlichen Fahrer. Auch dieser trifft eine Entscheidung auf Basis der Umgebungswahrnehmung und seines Fahrziels bzw. Auftrages. Neben der konkreten Umgebungserfassung sind die Lerndaten dabei üblicherweise langjährige Erfahrungen im Straßenverkehr als Fußgänger und Radfahrer, vom Kleinkind bis zum Erwachsenen. Darüber hinaus bilden die Kenntnis und das Erlernen der Anwendung der Regeln im Straßenverkehr, sowie ein ausreichendes Training mit einer Fahrzeugart und einem konkreten Fahrzeug mit abschließender Fahrprüfung die Grundlage des sicheren Führens eines Dienstfahrzeuges.

Basis für eine für den Kraftfahrbetrieb nutzbare künstliche Intelligenz muss ein vergleichbarer „Erfahrungsschatz“ sein. Die unverzichtbare Grundlage für den Einsatz künstlicher Intelligenz sind umfangreiche Daten. Diese müssen gewonnen und ggf. aufbereitet, gespeichert und für den richtigen Einsatz- oder Lernzweck bereitgestellt werden können. Dies erfordert ein systematisches Datenmanagement und eine Dateninfrastruktur in der Bundeswehr, welche noch geschaffen werden muss.

Notwendige Voraussetzungen

Basierend auf dem oben genannten Fahrsituationskollektiv müssen Software, Hardware, das Gesamtsystem, bestehend aus Dienstfahrzeug und Kraftfahrer alle relevanten Fahrsituationen in der Simulation absolvieren. Die dafür notwendigen personellen, materiellen und infrastrukturellen Voraussetzungen sind erst noch durch die Bundeswehr zeitnah zu schaffen. Die dynamische Testumgebung (urban und Gelände) muss die Möglichkeit der Darstellung der Fahrsituation inklusive bewegter Objekte, Verkehrsteilnehmer oder taktischer Komponenten ermöglichen und zudem besondere militärische Rahmenbedingungen ermöglichen. Beispiele hierfür sind das Zu- und Abschalten von Kommunikationsnetzen, Cyberangriffe und Maßnahmen des elektronischen Kampfes. Zur Dokumentation und Auswertung ist eine Ausstattung zur Positions- und Messdatenerfassung und zum Handling großer Datenmengen erforderlich. Die Infrastruktur muss die Darstellung des Fahrsituationskollektivs und darüber hinaus die Funktionsprüfung des zu untersuchenden Systems ermöglichen, zumindest soweit dies für die Durchführung der dynamischen Tests notwendig ist. Eine Kombination mit Simulationsanteilen ist dabei anstrebenswert.

Abschätzung des zeitlichen Vorlaufs für das Erreichen der Prüffähigkeit der sicheren Führbarkeit bzw. des sicheren Betriebes
Abschätzung des zeitlichen Vorlaufs für das Erreichen der Prüffähigkeit der sicheren Führbarkeit bzw. des sicheren Betriebes

Wie aus vorstehender Abbildung ersichtlich, werden bereits in der vorangestellten Untersuchungsphase umfangreiche Ressourcen im Hinblick auf Personal und Haushaltsmittel für Forschung und Testentwicklung notwendig. Zudem ist die Zusammenführung der in unterschiedlichen Dienststellen vorhandene Fachexpertise notwendig sowie diese zu bündeln und zu koordinieren. Da schon begonnene Projekte die genannten neuen Technologien nutzen werden, ist es erforderlich die benötigte Bewertungsfähigkeit so schnell wie möglich aufzubauen.

Fazit:

Die Automatisierung von Fahrfunktionen bis hin zu autonomen Fahrzeugen erfordert einen neuen Genehmigungsprozess zur Erlangung einer militärischen Betriebserlaubnis. Bereits bei der Risikobewertung muss das Zentrum für Kraftfahrwesen der Bundeswehr als Genehmigungsbehörde in die Projektarbeit einbezogen werden. Die Entwicklung und der Nachweis einer hinreichenden Systemsicherheit umfassen die Bewertungen in einer Kombination aus Simulationen und Fahrversuchen. Hierbei muss das Fahrzeug, sowie die Sensorik als digitaler Zwilling in der Simulation abgebildet werden. Die Fahrversuche müssen mit Sicherheitsfahrer in einer dynamischen Testumgebung, im Straßenverkehr und im taktischen Einsatz erfolgen.

Die zur Nachweisführung zwingend benötigten Fähigkeiten wurden durch das ZKfWBw bereits angezeigt. Um die Aspekte einer Genehmigung schon in der Projektierung zu berücksichtigen, muss mit dem Aufbau der Bewertungsfähigkeit umgehend begonnen werden, damit die fachlich zuständigen Stellen, die Bedarfsträger, forschende Institutionen in einem übergreifenden Ansatz hierzu befähigt werden. Insbesondere das Nachweisfeld der Verhaltenssicherheit erfordert eine szenariobasierte Herangehensweise, die eine stufenweise Freigabe von Funktionen und die stufenweise Erweiterung der Nutzungsgrenzen ermöglicht.

Die besondere Herausforderung besteht in der zeitlichen Abstimmung aller erforderlichen Planungskategorien Personal, Material, Infrastruktur und Organisation. Nur wenn die Fähigkeit zeitgerecht aufgebaut wird, kann das große Potential der neuen Fahrzeugtechnologien militärisch zum Betrieb genehmigt und genutzt werden.

Text und Grafiken: Autorenteam LogKdoBw ZKfWBw

 

[1] Lerndaten sind Daten, mit denen ein KI-Algorithmus trainiert wird, aus denen er „lernt“.

Die Einflussfaktoren im Kraftfahrwesen der Bundeswehr

Entwicklungslinien Zentrum Kraftfahrwesen der Bundeswehr (ZKfWBw)

Elemente der Weiterentwicklung

Das Zentrum Kraftfahrwesen der Bundeswehr (ZKfWBw) ist zentraler Dienstleister der Bundeswehr und trägt entscheidend zum sicheren Kraftfahrbetrieb im Grundbetrieb, in Übungen und den Einsätzen bei. Die Regelung des Kraftfahrbetriebes, gut ausgebildete Kraftfahrerinnen bzw. Kraftfahrer (KfBw) und betriebssichere militärische Fahrzeuge sind hierfür wesentliche Voraussetzungen. Für den Erhalt dieser verantwortungsreichen Rolle, im Kern die Sicherstellung erforderlicher Leistungen und Beiträge zur Bereitstellung einsatzbereiter Kräfte im gesamten Aufgabenspektrum der Bundeswehr, ist eine wirksame Weiterentwicklung unabdingbar. Das Kraftfahrwesen wird dabei zukünftig besonders beeinflusst sein durch:

  • die Realisierung und Fortschreibung des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr,
  • eine zunehmende Automatisierung der Fahrzeugtechnik, die auf absehbare Zeit gleichwohl weiterhin den militärisch qualifizierten KfBw erfordert,
  • zusätzliche Kompetenzen, wie die Bedienung/Führung von Fahrzeugdrohnen und neue automatisierte Fahrfunktionen,
  • Kompetenzerhalt und -verbreiterung bezüglich unterschiedlicher technischer Rüstzustände,
  • zunehmende Digitalisierung des Behörden- sowie des Ausbildungs- und Organisationsbetriebes, gepaart mit tendenziell steigender ressortübergreifender Zusammenarbeit der Bundesbehörden,
  • internationale Rüstungskooperationen, multinationale Verbände und vertiefte Integration.

Abb. 1: Einflussfaktoren

 Qualifizierung der Kraftfahrerinnen bzw. Kraftfahrer

Das ZKfWBw ist für die Kraftfahrgrundausbildung (KfGA) aller Bedarfsträger der Bundeswehr verantwortlich. Die lehrgangsgebundene Individualausbildung erfolgt heute in 20 Kraftfahrausbildungszentren, die über das gesamte Bundesgebiet verteilt sind. Sie bilden bis zu 2.000 Fahrschülerinnen und Fahrschüler zeitgleich aus. Damit ist das ZKfWBw die größte Ausbildungseinrichtung der Bundeswehr für lehrgangsgebundene Individualausbildung.

Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr zeigt für das Kraftfahrwesen einen signifikanten quantitativen Anstieg der Ausbildungsbedarfe auf, resultierend aus zusätzlichem Personal (Trendwende Personal) und der stufenweisen Erhöhung der materiellen Ausstattung der Truppe (Trendwende Material), besonders signifikant bei geschützten Radfahrzeugen sowie Kettenfahrzeugen. Mit der Einführung neuer Fahrzeugtypen treten qualitative Komponenten hinzu. In Summe erfordern diese Entwicklungen eine tragfähige Anpassung der Kraftfahrausbildungsorganisation (KfAusbOrg). Aufgrund der weiterhin begrenzten personellen Ressourcen der militärischen Fahrschulorganisation, ist eine Schwerpunktverlagerung unabdingbar. Diese erzwingt die Konzentration auf die bundeswehrspezifischen Ausbildungsklassen (geschützte/gepanzerte Fahrzeuge, Kettenfahrzeuge), unter gleichzeitiger verlässlicher Abstützung auf externe Leistungserbringung bei den vorwiegend zivil vergleichbaren Ausbildungsklassen. Das Vorhalten eigener Kompetenzen als Rückfalloption, zur Grundbefähigung und Erhalt der Beurteilungsfähigkeit, ist davon unbenommen und entsprechend vorzusehen.

Die kompetenzorientierte Aus-, Weiter- und Fortbildung von KfBw wird aufgrund der notwendigen Einbindung zukünftiger technischer Neuerungen darüber hinaus neue Herausforderungen aber genauso auch Möglichkeiten bieten. Der bewährte, ressourcenschonende, unterstützende Einsatz von Simulatoren ist durch zukunftsweisende Komponenten, wie z.B. Augmented Reality (AR) und Virtual Reality (VR) weiter zu ergänzen. Die zu vermittelnden Lerninhalte werden sich an den steigenden technischen Fähigkeiten der Fahrzeuge und den damit einhergehenden neuen Herausforderungen für die KfBw ausrichten, um einen uneingeschränkten Einsatz der KfBw im Grundbetrieb und im gesamten Aufgabenspektrum und somit allen Einsatzszenaren auch zukünftig zu ermöglichen. Wesentliche Voraussetzungen für die zielgerichtete Anpassung der KfAusbOrg und die Umsetzung von Handlungsmöglichkeiten alternativer Bedarfsdeckung im Zeitfenster ab 2024, sind Ermittlung und Anerkennung eines, stets am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr orientierten, Ausbildungsbedarfs und der zur Verfügung stehenden Jahresarbeitszeit von Militärkraftfahrlehrern. Die entsprechenden Vorarbeiten sind weit fortgeschritten, so dass, nach den erforderlichen Billigungsgängen, die Möglichkeiten der Bedarfsdeckung, unter Berücksichtigung der Initiativen zur Teilvergabe KfGA A (Motorrad) und KfGA B (Pkw), eingeleitet werden können. Hierzu notwendige Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU) werden entsprechend zu veranlassen sein. Flankierend dazu werden bereits einzelne Maßnahmenpakete für die Produkte EAGLE, BOXER, PUMA und LEOPARD 2 fortentwickelt, um die akuten Ausbildungsbedarfe zu decken. Diese Maßnahmen umfassen u.a. die Beschaffung zusätzlicher Fahrschulfahrzeuge und Ausbildungsmittel und werden durch notwendige Variantenanpassungen zu ergänzen sein. Ertüchtigung und Neubau von Infrastruktur für Simulatoren runden dieses Vorgehen ab. Alle Handlungsstränge verlangen planerische Präzision, nachhaltige Ressourcenbereitstellung und eine engmaschige Überwachung der Realisierungsfortschritte.

Multinationale Verbände und gemeinsame, wechselseitige Nutzung von militärischen Fahrzeugen unterschiedlicher Nationen setzen zudem eine internationale Harmonisierung der Kompetenzen der Kraftfahrer voraus, die bisher so noch nicht festgelegt ist. Hier wird angestrebt, zweckmäßige Handlungsmöglichkeiten zu implementieren, die – insbesondere im Hinblick auf die Partner Niederlande und Frankreich – bereits heute unmittelbare Relevanz im jeweiligen Truppenalltag der Teilstreitkräfte haben. Das ZKfWBw strebt dazu über die ECRAF (European Commission for the Road Safety in the Armed Forces) und ggf. bilateral eine Harmonisierung der Kompetenzen der Kraftfahrer auf EU bzw. NATO-Ebene an, die eine interoperable und auftragsangemessene Verwendung von Kraftfahrern und Militärfahrzeugen zukünftig erleichtern kann. Auch die in Kooperation zu entwickelnden bzw. zu beschaffenden Produkte, wird die erforderliche Ausbildung des Bedienungspersonals angemessen zu berücksichtigen haben. Nur so kann eine zeit- und auftragsbezogene Ausbildung mit Beginn der jeweiligen Nutzungsphasen sichergestellt werden.

Abb. 2: Wesentliche Determinanten

 Bewertungsfähigkeit System-und Verhaltenssicherheit

Die Zulassungen moderner Plattformen, Fahrzeuggenerationen und Kampfwertsteigerungen erfordern eine neue Qualität der Begutachtung zur Feststellung der System- und Verhaltenssicherheit. Militärische Fahrzeuge können auch dann eine Betriebserlaubnis erlangen, wenn zivile Vorschriften zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit beim Betrieb der Fahrzeuge noch nicht verfügbar sind oder im Bedarfsfall von Vorschriften abgewichen werden muss. Dies ist jedoch an hohe gesetzliche Hürden geknüpft. Zwingende Voraussetzung hierfür ist eine positive zulassungsrechtliche Bewertung. Insbesondere die mit der Trendwende Material einhergehende Planung und Realisierung von neuen Systemen mit automatisierten Fahrfunktionen und von Sichtsystemen zum Führen von Fahrzeugen, führt zur Notwendigkeit einer neuen, bisher nicht vorhandenen Fähigkeit bezüglich der Bewertung von System- und Verhaltenssicherheit. Wurde bisher vor allem Funktionssicherheit bewertet (Hinreichende Bremswirkung, Lenkkräfte, Kippstabilität usw.), müssen dann zusätzliche Fragestellungen beantwortet werden, die in erster Linie der Verhaltenssicherheit zuzuordnen sind. Reagiert beispielsweise die automatisierte Fahrfunktion wie erwartet oder sind Fahrer mit dem gewählten Sichtsystem in der Lage das Fahrzeug sicher zu führen? Erste Teilfähigkeiten zu diesem ergänzenden Ansatz der Bewertung von System- und Verhaltenssicherheit werden allerdings schon jetzt benötigt, z.B. beim SPz PUMA VJTF, Main Ground Combat System oder Untersuchungen zum teilautomatisierten Fahren. Sie sind jedoch derzeit nicht aufbauorganisatorisch hinterlegt. Zusätzlich sind in der Regel nicht in die Bundeswehr eingeführte Mess- und Prüfmittel zur Begutachtung erforderlich. Diese müssen über das jeweilige Projekt bereitgestellt werden oder sind dezentral zu beschaffen. Weitere Elemente, wie beispielsweise die Eignung neuer Nachtsichtbrillen als Kraftfahrerbrillen, die Untersuchung von Kamera-Monitor-Systemen im SPz PUMA VJTF und GTK BOXER oder das System InterRoK (Interoperabler Robotik Konvoi oder „elektronische Deichsel“), setzen bereits heute dies neuartigen Bewertungsfähigkeiten voraus. Die Feststellung, ob die Systeme eine verkehrssichere Nutzung ermöglichen, ist eine unverzichtbare Grundvoraussetzung der Zulassung und so ggf. ein Ausschlusskriterium für die Übernahme in die Nutzung. Ist eine Bewertung der System-und Verhaltenssicherheit für neue bzw. modernisierte Produkte und Fahrzeuge nicht möglich, kann eine Betriebserlaubnis nicht erteilt werden und es sogar zum Projektabbruch kommen. Vor dem Hintergrund der Zulassungsfähigkeit von Projekten ist daher die Entscheidung des ZKfWBw bereits zu Projektbeginn zwingend erforderlich.

Abb. 3: Systemsicherheit im Wandel

Die beschriebene, aber gleichwohl noch nicht strukturell abgebildete Fähigkeit, hat damit durchaus strategische Relevanz. Zur Gewährleistung der schon heute durchzuführenden Bewertungen, hat das ZKfWBw – zu Lasten anderer Fähigkeiten und zeitlich begrenzt – eine Projektgliederung eingenommen, um zumindest ablauforganisatorisch eine rudimentäre Anfangsbefähigung zu erreichen.  Zur nachhaltigen Aufgabenwahrnehmung und um am Puls des technischen Fortschritts zu bleiben, sind die Aufstellung und personelle Alimentierung eines Technologiezentrums KfW mehr als deutlich geboten. Damit erhält die Bundeswehr eine aufbauorganisatorische Befähigung und einen Exzellenzort zur Bewertung der System- und Verhaltenssicherheit von neuen Fahrzeugtechnologien.  Parallel ist eine angemessene und zukunftsorientierte Testinfrastruktur vorzusehen. Nur bei kurzfristiger Schließung dieses Fähigkeitsdefizits, kann die Bewertung der System- und Verhaltenssicherheit, als unverzichtbare Grundlage für die Erteilung einer Betriebserlaubnis für Fahrzeuge mit automatisierten Fahrfunktionen und Sichtsystemen, für Kraftfahrer sichergestellt bzw. früher in das Projektdesign eingebracht werden. Das zur Etablierung einer Grundbefähigung benötigte Personal (rund 35 militärische sowie 7 zivile Dienstposten) dieses, auch im Lichte von Attraktivität, wegbereitenden „Technologiezentrums KfW“, wird durch das LogKdoBw in die Fortschreibung des Fähigkeitsprofils eingebracht und ebenso ein entsprechender Stationierungsort zur Entscheidung vorgeschlagen werden. Es werden zunehmend auch Fähigkeiten und Zuständigkeiten anderer Bereiche der Bundeswehr zu berücksichtigen und integrieren sein. Hierzu zählt prominent die Zusammenarbeit mit den Universitäten der Bundeswehr im Rahmen der Nutzung von Simulation zur Bewertung von Systemen. Aber auch die Fähigkeiten des Kommandos CIR zur Sicherstellung einer „automotive cybersecurity“ sind entsprechend einzubringen. Die Fähigkeit zur Bewertung solcher Systeme muss stets parallel zu den entsprechenden Rüstungsprojekten gedacht, aufgebaut und sichergestellt werden. Zu bewertende militärische Fahrzeuge mit sehr hohem Automatisierungsgrad sind ab 2031 zu erwarten, bis dahin muss ein leistungsfähiges „Technologiezentrum KfW“ seinen Wirkbetrieb über einen Zwischenschritt in 2027 aufgenommen haben.

Perspektiven Behördenbetrieb

Das Kraftfahrwesen der Bundeswehr ist und bleibt an Recht und Gesetz gebunden. Die Anteile der behördlichen Aufgaben des Zentrums sind in der Zentralen Militärkraftfahrstelle in Mönchengladbach zentralisiert. Für die zweckmäßige Begutachtung von Fahrzeugen und die Durchführung von Fahrerlaubnisprüfungen werden hierzu derzeit acht Außenstellen unterhalten. Die gesamtstaatlichen behördlichen Prozesse sind bisher noch nicht durchgehend digitalisiert, wodurch sich Vorgänge häufig personal- und zeitintensiv gestalten und durch die vorhandenen Medienbrüche fehleranfällig sind. Die in den letzten Jahren erfolgte datentechnische eigene Anbindung an das Kraftfahrtbundesamt war eine große, gleichwohl alternativlose Kraftanstrengung aller Beteiligten, in deren Folge auch eine Neubewertung im Handlungsfeld Datensicherheit zu erfolgen hatte. In dieser Neubewertung sind behördliche Vorgänge zu einem hohen Anteil datenschutzrechtlich eingestuft worden, so dass hier die fortlaufende Ausfächerung der Digitalisierung eine Entlastung bei der Bearbeitung bringen muss. Sukzessive werden zentrumsinterne Vorgänge und bereits bestehende – absehbar nicht zukunftssichere – Lösungen im Hinblick auf erfolgversprechendes Veränderungspotential betrachtet. In Verbindung mit dem Zentrum für Softwareentwicklung der Bundeswehr und der BWI werden konkret Ansätze identifiziert, um Prozesse zu digitalisieren und „Drehstuhlschnittstellen“ zu minimieren. Vielversprechende Optionen hinsichtlich einer fortschreitenden und entlastenden Digitalisierung bieten ebenfalls die Bereiche Unfalldatenbank und Fahrauftragsverwaltung sowie die zukünftige Fahrschülerverwaltung. Ergänzend wird der Wandel der klassischen Dokumente, wie Fahrerlaubnis, Fahrtennachweisheft und Fahrauftrag in Papierform, zu vollziehen sein. Auch hier ist der Einsatz neuer Technologien zu erwarten, aber stets mit Augenmaß und unter Berücksichtigung von Aufwand, Nutzen sowie datenschutzrechtlicher und besonders operativer Belange. Erfordernisse sind erkannt und Lösungsmöglichkeiten identifiziert, um eine zukunftsträchtige und bedarfsgerechte Aufstellung des Kraftfahrwesens zu vollziehen. Die erforderliche Fachkompetenz, Leistungsfähigkeit und Tatkraft ist vorhanden und soll zeitnah mit angemessener Ressourcenzuordnung verklammert werden.

Abb. 4: Handlungsfeld Behördenbetrieb

Autor und Bilder: LogKdo Bw

Dieser Beitrag ist der Sechste einer 6-teiligen Artikelserie. Teil 1 & 2 wurden im Newsletter Januar veröffentlicht, Teil 3 & 4 finden sie im Newsletter April, 5 & 6 in diesem Newsletter [Red.]

Ausrüstung und Ausstattung der Logistik am Beispiel der SKB

Die Beseitigung von Ausstattungs- und Fähigkeitslücken hat im Logistikkommando der Bundeswehr oberste Priorität. Seit 2020 werden u.a. ungeschützte Transportfahrzeuge in spürbarem Umfang ausgeliefert. Nachfolgend werden anhand ausgewählter „Hauptwaffensysteme der Logistik“ aktuelle Entwicklungen dargestellt.

Handlungsrahmen

Die Refokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) strukturiert die Entwicklungslinien des Logistischen Systems der Bundeswehr (LogSysBw) in besonderem Maße. Sie erfordert, neben den Zielmarken in den Bereichen Personal, Ausbildung und Infrastruktur, eine hinreichende materielle Ausstattung und Führungsfähigkeit im Aufgabenbereich Logistik. Die Fähigkeit Operationen im Rahmen LV/BV logistisch unterstützen zu können, stellt eine Zäsur im Bereich der materiellen Ausstattung der mobilen Logistiktruppen der SKB (mobLogTr SKB) dar. Waren in der Vergangenheit die mobLogTrp SKB durchschnittlich etwa nur zu einem Drittel materiell ausgestattet, so war dies mindestens mit Blick auf Ausbildung schwierig und unbefriedigend, die Einsätze im Rahmen von IKM konnten jedoch unterstützt werden, da Personal quasi durch das im Einsatzland verfügbare Material „durchrotiert“ wurde. Die Unterstützung von Operationen im Rahmen von LV/BV wird jedoch sämtliche Logistikkräfte zeitgleich binden, was eine entsprechende materielle Vollausstattung der mobLogTr SKB inklusive der entsprechenden Führungsfähigkeit für einen beweglichen Einsatz unabdingbar macht. Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) spiegelt mit seinen Zwischenschritten und Vorgaben diesen Ansatz grundsätzlich wider und setzt Eckpfeiler für die planerische Umsetzung in den Teilstreitkräften und Organisationsbereichen. Es bildet die schrittweise Modernisierung der Bundeswehr insgesamt ab und ist damit auch für die der Logistikkräfte der Bundeswehr, die wesentlicher Bestandteil der im FPBw beschriebenen Systemverbünde sind, die grundlegende Referenz.

Die Vollbefähigung zur LV/BV ist Maßstab für die zukünftige Ausstattung eigener Kräfte. Parallel zu dieser Befähigung gilt es, aktuelle und zukünftige Einsätze, einsatzgleiche Verpflichtungen sowie innerstaatliche subsidiäre Leistungen weiterhin verlässlich zu unterstützen bzw. zu erbringen. Mit den durch das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) bereitzustellenden Fähigkeiten wirkt sich die quantitative und qualitative materielle Ausstattung unmittelbar und letztendlich durchschlagend auf die Auftragserfüllung der gesamten Streitkräfte aus.

In diesem Beitrag kann und wird keine grundsätzliche Diskussion oder gar Bewertung hinsichtlich von Erfordernissen und Ressourcenallokation innerhalb der Streitkräfte im Allgemeinen oder der Streitkräftebasis im Speziellen vorgenommen.
Klar dürfte sein, dass den Anforderungen und Bedingungen eines domänenübergreifenden, hybriden und komplexen zukünftigen Gefechtsfeldes mit hochpräzisen Waffensystemen globaler Reichweite nicht linear zu begegnen ist. Ein Ansatz in der Diktion „vorne hart und viel sowie hinten weich und wenig“ wird dem Auftrag und der Bedrohung keinesfalls gerecht. Es braucht die Zuweisung von Ressourcen, zweckmäßige Priorisierung und ein breites Verständnis für die Belange der Unterstützung.

Die finanzielle Ausstattung der Bundeswehr wird zudem vor dem Hintergrund der anhaltenden COVID 19 Pandemie ggf. zeitnah zu überprüfen sein. Auswirkungen auf den eigenen Verantwortungsbereich sind dann festzustellen, zu bewerten und entsprechend Möglichkeiten des Handelns und Anpassungen vorzunehmen. Im Sinne eines bundeswehrgemeinsamen „Mindsets“ und im vollen Bewusstsein, dass Logistik nie Selbstzweck immer aber notwendige Voraussetzung ist, wird dies im Verantwortungsbereich des LogKdoBw immer entlang zweckmäßiger Möglichkeiten des Handelns erfolgen.

Geplante Materialzuläufe ausgewählter Systeme

Anhand ausgewählter Systeme wird nachfolgend dargestellt, wo im Bereich von Ausrüstung und Ausstattung der Logistik schon erfreuliche aber genauso erforderliche Entwicklungen eingetreten sind und sich die „Trendwende Material“ positiv bemerkbar macht.

Abb. 1: Geplante Materialzuläufe ausgewählter „Hauptwaffensysteme“ (1)

Der Blick auf die VJTF23 und die Wegmarke 2027 des FPBw unterstreichen die Notwendigkeit des Zulaufs von Großgerät im Bereich Umschlag und Transport. Dem Projekt Wechsellader kommt hierbei herausgehobene Bedeutung zu, da diese Systeme dringend benötigt werden, um in Ergänzung zu der vorhandenen und mittlerweile in die Jahre gekommene „MULTI-Flotte“ unterschiedlichste Versorgungsgüter ohne zusätzliche Umschlagmittel schnell von der Basislogistik bis zum verbrauchenden Truppenteil transportieren zu können. Weiterhin ist der Aufwuchs der Kampfpanzerflotte Leopard mit den Varianten 2A6M und 2A7 ganzheitlich zu vollziehen, was u.a. einen Ausbau der dargestellten Fähigkeit Schwerlasttransport bis 70t, aber genauso die Ausstattung der Ausbildungsstätten mit Ausbildungsgerät (z.B. Kraftfahrausbildungszentren, Logistikschule der Bundeswehr) erforderlich macht.

Abb. 2: Geplante Materialzuläufe ausgewählter „Hauptwaffensysteme“ (2)

Zur Erfüllung einsatzgleicher Verpflichtungen wird auch weiterhin ein Mix aus neuen Zielsystemen, älteren Alternativsystemen und Fahrzeugen der BwFPS erforderlich sein. Hierbei ist immer auch Innovation gefragt. So konnte speziell für Ausbildung und Inübunghaltung der mobilen Logistiktruppen der SKB (mobLogTr SKB) im Inland eine Erweiterung des Produktportfolios der BwFPS um die Systeme Sattelzug große Last, LKW Abrollersystem und Feldumschlaggerät erreicht werden.
Der Containerstapler sowie das Feldumschlaggerät sind die Zahnräder an den Umschlagstellen der Logistik, was sie unverzichtbar macht und eine hohe Beschaffungspriorität bedingt. Gleiches gilt für die hier nicht abgebildete Verfügbarkeit von Sonderwerkzeugsätzen. Die Befähigung zur militärischen Instandhaltung von Fahrzeugen, auch der BwFPS, muss in die Ausbildung und Ausstattung der Instandsetzungskräfte integriert sein und weiter ausgebaut werden.

Abb. 3: Geplante Materialzuläufe ausgewählter „Hauptwaffensysteme“ (3)

Der Ausrüstungsstand bei Transportfahrzeugen, Kränen und Bergemitteln wird sich mittelfristig verbessern. Es besteht allerdings nach wie vor tiefgreifender Nachholbedarf. Aus der Zuweisung finanzieller Mittel und bei den Produktzuläufen lässt sich ein Fortschritt ableiten, den es jedoch zwingend zu verstetigen gilt. Ein signifikanter Aufwuchs sämtlicher fähigkeitsstiftender Großgeräte ist im Hinblick auf die weiteren Zwischenschritte des FPBw unverändert erforderlich.

Die materielle Alimentierung von Einsätzen und einsatzgleichen Verpflichtungen, wie beispielsweise VJTF 2023, wird nur unter folgenden Voraussetzungen gelingen:

  • Zeitgerechter Zulauf der Rüstungsprojekte,
  • Heranziehung des Gesamtbestandes der mobLogTr SKB,
  • Nutzung Bedarfsfall BwFPS,
  • Rückgriff auf alle „Substitute“ (z.B. BwFPS auch für Ausbildung/ Inübunghaltung/Einsatz)
  • Erhöhung der Einsatzbereitschaft der Fahrzeuge

Schlaglicht Führungsfähigkeit

Beim Fähigkeitsaufwuchs kommt es im Hinblick auf NRF und LV/BV entscheidend auf den Auf- und Ausbau der Führungsfähigkeit eigener Kräfte an. Die wahrzunehmenden Koordinierungs- und Führungsaufgaben bedürfen einer tragfähigen IT-Ausstattung und Ertüchtigung der Stäbe und Einheiten aller Ebenen. Zu ergänzen ist darüber hinaus die Fähigkeit einerseits die entsprechenden Bandbreiten zur Verfügung zu haben, anderseits aber auch zeitlich befristet autark arbeiten zu können.  Führungsfähigkeit und IT-Ausstattung bedeutet hierbei immer sowohl logistische als auch taktische Führungsfähigkeit. Letzteres muss zwingend mit den zu unterstützenden Kräften integriert sein, um eine Versorgung in jeder Lage punktgenau und ggf. durchsetzungsstark durchführen zu können. Dieses Bewusstsein gilt es offenbar noch deutlich zu schärfen.

Abb. 4: Schlaglicht Führungsfähigkeit

Der Systemverbund Unterstützung darf nicht vernachlässigt und die Interoperabilität zwischen den Systemverbünden und multinationalen Partnern z.B. (RSOM-Btl, JLSG, NRF, EU BG) muss in allen Verschlussgraden weiterentwickelt werden.  Dies ist sowohl für den taktischen Bereich (D-LBO/TEN[1]) als auch zur logistischen Führung/Leistungserbringung via IT-Services dringlich. Der Anschluss an den Systemverbund Land und die Einführung des Battle Management Systems (BMS) wird so im Hinblick auf die VJTF 23 und im engen Schulterschluss aller Beteiligter weiter implementiert. D-LBO/TEN verfügbar zu machen und Funktionscontainer sowie Kabinen als Gefechtsstandhüllen bereitzustellen, stellt einen notwendigen Schritt beim Ausbau zukünftiger Führungsfähigkeit dar. Die Beteiligung der Logistik am Projekt des Heeres (D-LBO/TEN) ist deutlich zielführend und bildet, neben der anstehenden Einführung von S4/HANA, einen Schwerpunkt der Digitalisierungsaktivitäten des LogKdoBw.

Fazit

Bestmögliche Ausrüstung zur Auftragserfüllung zur Verfügung zu stellen ist und bleibt der Anspruch! Dies betrifft den Einsatzwert und die Attraktivität. Dabei stellt die Beseitigung der vorhandenen materiellen Defizite eine komplexe Aufgabe dar, welche Entschlossenheit und Geduld erfordern, um im Ergebnis die Balance der Fähigkeitsdomänen zu erzielen. Grundlage aller Erwägungen stellt eine kontinuierliche Deltaanalyse im Bereich des materiellen Fähigkeitsmanagements dar. Neben den aktuellen und zukünftigen Einsatzerfordernissen sind hierbei zunächst die VJTF 2023 und das FPBw mit Zwischenschritten der Refokussierung zur LV/BV maßgebend. Die Weichen sind dahingehend gestellt. Es liegt ein fundierter, anerkannter und realisierbarer Fahrplan für die Logistik der SKB vor, den es Zug um Zug umzusetzen und entsprechend mit Ressourcen zu unterstützen gilt.

Die positiven und ausgewählt dargestellten Auswirkungen der Trendwende Material sowie des Konjunkturprogramms sind durchaus spürbar, gleichwohl steht noch ein anspruchsvoller Weg zur Erreichung einer auskömmlichen Ausstattung der Logistik bevor. Dieser bedarf eines langen Atems und ganz besonders des bundeswehrgemeinsamen Denkens und Handelns, ganz im Sinne des postulierten „Mindsets LV/BV“.

Autor und Bilder: LogKdo Bw

Dieser Beitrag ist der Fünfte einer 6-teiligen Artikelserie. Teil 1 & 2 wurden im Newsletter Januar veröffentlicht, Teil 3 & 4 finden sie im Newsletter April, 5 & 6 in diesem Newsletter [Red.]

[1] D-LBO Digitalisierung Landbasierter Operationen, TEN Tactical Edge Network

Freud und Leid der NATO – Eingreiftruppe

Bereits im kommenden Jahr stellt die Panzergrenadierbrigade 37 den Hauptteil der Schnellen Eingreiftruppe der NATO (North Atlantic Treaty Organization), der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF). Eigentlich sollte das Material von der Brigade selbst kommen. Doch dieses Ziel wird nicht erreicht – eine Bestandsaufnahme.

Bild 1 : Ein kleiner Ausschnitt des VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) – Fuhrparks während der NATO-Übung Trident Juncture 2019 in Norwegen. Insgesamt gehören mehr als 2.200 Fahrzeuge zur VJTF-Brigade. Bundeswehr/Rainer Stolze

Im Bereich der Panzergrenadierbrigade 37 ist der Materialzulauf für den VJTF-Auftrag seit dem Sommer 2020 angelaufen. Die Brigade bereitet sich in diesem Jahr national auf die Führung der schnell verlegbaren, multinationalen Landstreitkräfte innerhalb der VJTF 2023 vor. Im kommenden Jahr befindet sie sich dann bereits in der Stand-Up-Phase für die VJTFund damit in einer Alarmierungszeit von 45 Tagen.

Bild 2: Der Brückenlegepanzer Leguan kann Geländeeinschnitte und Schluchten von bis zu 24 Meter Breite überwinden. Bis zu 72,6 Tonnen schwere Panzer können die Brücke passieren und sogar bis zu 83,5 Tonnen schwere Radfahrzeuge. Bundeswehr/Sven Fischer

Zufriedene Gesichter beim Panzerpionierbataillon 701 in Gera: Dort ist der neue Brückenlegepanzer Leguan bereits eingeführt worden. Mit seinen zwei unterschiedlich langen Brücken kann er die Voraussetzungen für das Überwinden von Gewässern und Geländeeinschnitten mit einer Breite von bis zu 24 Metern schaffen. „Aufgrund seiner Flexibilität und Robustheit, bringt das Waffensystem erhebliche Vorteile für das Zusammenwirken von Pionieren und Kampftruppe“, sagt Major Felix Oss, Chef der 2. Kompanie. In Gera sind bereits alle drei für die VJTF geplanten Leguane angekommen. Damit ist diese Fähigkeit in der Brigade bereits jetzt zu 100 Prozent vorhanden.

Fast monatlich neue Fahrzeuge

Auch in anderen Bereichen der Panzergrenadierbrigade 37 ist der Materialzulauf bereits jetzt besonders deutlich. So konnte die Nachtsichtbefähigung durch zusätzliche Nachtsichtgeräte deutlich verbessert werden. „Wichtig ist, dass auch beim militärischen Großgerät signifikante Zuwächse zu verzeichnen sind. Insbesondere bei dem Gepanzerten Transportkraftfahrzeug Boxer, dem Transportpanzer Fuchs, dem Führungs- und Funktionsfahrzeug Eagle IV und dem Allschutz-Transportfahrzeug Dingo sind deutlich mehr Fahrzeuge verfügbar. Diese Kapazitäten kommen direkt in der Truppe an. Zehn Boxer in einer speziellen Konfiguration als Führungsfahrzeug, die dann als bewegliche Befehlsstelle eingesetzt werden, sind bereits im Bereich der Brigade und weitere werden folgen“, sagt Major Karsten Gaebel, Abteilungsleiter Logistik im Stab der Brigade 37.

Ab September werden zudem 30 neue Kampfpanzer des Typs Leopard 2 A7 V den Kampfwert des Panzerbataillons 393 aus Bad Frankenhausen steigern. Auch die Auslieferungen von über 200 neuen Ungeschützten Transportfahrzeugen (UTF) seit Mitte vergangenen Jahres sorgen für eine erhebliche Verbesserung der logistischen Transportkapazitäten.

Es gibt aber noch einige Felder mit Handlungsbedarf – wie zum Beispiel bei den Tankcontainerfahrzeugen. „Sie sind für die Kraftstoffversorgung essenziell“, so Gaebel.

Brigade wird digital führungsfähig

Bild 3: Das neue Battle Management System (BMS) ermöglicht dem Fahrzeugkommandanten unkompliziertes Arbeiten. Für das Umrüsten müssen Com-Server, Rocky-Rechner und Module ausgetauscht werden, damit das BMS auf dem Fahrzeug genutzt werden kann. Bundeswehr/André Klimke

Nicht nur neues Großgerät kommt in der Brigade an, auch bereits vorhandene Fahrzeuge werden modernisiert. Für die Nutzung des neu in die Bundeswehr eingeführten Battle Management Systems (BMS), des Führungsinformationssystems, bedarf es einer Umrüstung der Bestandsfahrzeuge. Während der Kabelbausatz gleich bleibt, müssen einige Baugruppen, wie Rechner und Eingabemodule, ausgetauscht werden, damit das BMS auf den Fahrzeugen genutzt werden kann. Aktuell wird diese Hardware-Einrüstung für den Großteil der für die VJTF vorgesehenen Fahrzeuge vorgenommen. Bei 15 Prozent ist die Einrüstung bereits gänzlich abgeschlossen. Mit dem BMS können die Fahrzeuge dann führungswichtige Informationen und Lageentwicklungen untereinander sowie mit den Gefechtsständen digital austauschen. Darüber hinaus ermöglicht das System auch eine Datenübertragung mit den NATO-Partnern.

Ursprünglich war es das erklärte Ziel der Bundeswehrführung, dass die Brigade ausschließlich das bereits vorhandene eigene Material nutzt. Doch davon kann keine Rede sein. Wie bereits bei der Panzerlehrbrigade 9, die für die VJTF 2019 verantwortlich war, muss auch die Panzergrenadierbrigade 37 mit Material aus der ganzen Bundeswehr versorgt werden. Die Verschiebungen haben allerdings einen erheblich geringeren Umfang als noch im Jahr 2019.

Logistisch eine Herkulesaufgabe

Bild 4: Auch per Eisenbahntransport werden Gefechtsfahrzeuge aus vielen Standorten Deutschlands zu den Verbänden der Panzergrenadierbrigade 37 nach Sachsen und Thüringen gebracht. Bundeswehr/Alexander Klebba

In der Panzerlehrbrigade im niedersächsischen Munster wissen sie, was auf die Kameradinnen und Kameraden der Brigade 37 in den nächsten Monaten zukommt – es sei ein „logistischer Drahtseilakt“, heißt es aus Munster. Wie einst die Panzerlehrbrigade 9 wird sich auch der Großverband aus Sachsen der herausfordernden Frage stellen müssen, wo das benötigte Material für den Auftrag herkommt. Denn: Die Materiallage im Heer ist nach wie vor angespannt. Noch immer sind Ausrüstung und Ausstattung nicht so aufgefüllt, dass die Brigade den Auftrag aus eigener Kraft erfüllen könnte. Die Panzergrenadierbrigade 37 wird, wie zuvor die Panzerlehrbrigade 9, auf andere Verbände im gesamten Bundesgebiet zurückgreifen müssen, um das erforderliche Material für ihren ab 2022 beginnenden Auftrag zusammenzuziehen: „Viele Verbände des Heeres mussten und müssen auch in naher Zukunft unterstützen und auf Ausrüstung verzichten, die sie zur Ausbildung und Übung eigentlich dringend selbst benötigen“, so der Kommandeur der Panzerlehrbrigade 9, Brigadegeneral Christian Freuding. Zwar seien Verbesserungen in der materiellen Ausstattung durch die im Jahre 2014 eingeleitete Trendwende Material bereits in der Truppe spürbar, jedoch könne man die vorangegangenen „25 Jahre des Schrumpfens und Sparens“ nicht innerhalb von sieben Jahren wieder aufholen; zumal viel Gerät auch am Ende seiner Nutzungsdauer angekommen sei.

Über 1.000 Fahrzeuge aus fast 50 Verbänden

Bild 5: Die Ungeschützten Transportfahrzeuge (UTF) werden in der gesamten Panzergrenadierbrigade 37 für unterschiedliche Transportaufgaben eingesetzt. Sie haben eine tragende Rolle für die zeitgerechte Verlegefähigkeit der Brigade. Bundeswehr/Sven Fischer

Als erfahrener Logistiker weiß Hauptmann Lars Hagenstein von dem Berg an Arbeit, der vor der künftigen VJTF-Brigade liegt. Er selbst hat das alles bereits erlebt. Er ist in der Logistikabteilung der Panzerlehrbrigade 9 eingesetzt und war mitverantwortlich für die erforderlichen Materialverschiebungen in Vorbereitung auf den VJTF-Auftrag im Jahr 2019. Insgesamt waren für die VJTF damals rund 2.240 Fahrzeuge gefordert. Die Brigade selbst hatte aber nur etwas mehr als 1.200 in ihrem Bestand und bei denen ihr unterstellten Verbänden verfügbar. „Die restlichen etwas mehr als 1.000 Fahrzeuge mussten aus fast 50 anderen Verbänden zusammengezogen werden“, so Hagenstein. Allein die Vorbereitung zur Übergabe der Fahrzeuge bedarf großer Sorgfalt. Die Überprüfung der Materialvollzähligkeit nur eines Kampfpanzers Leopard 2 umfasst beispielsweise mehr als 300 Einzelteile, hinzukommen die Vorbereitung des Marsches und die dafür nötige Buchführung. In einem zweiten Schritt folgt dann die Verlegung der Fahrzeuge vom abgebenden Truppenteil zum Standort des VJTF-Verbandes per Straßenmarsch, Eisenbahn oder Schwerlasttransport.

32 Jahre und 5 Monate

Im aufnehmenden Truppenteil angekommen, erfolgt dann schlussendlich die Übernahme des Fahrzeuges: „Für die Verschiebung der mehr als 1.000 Fahrzeuge haben wir einen Gesamtzeitansatz von 73.440 Stunden beziehungsweise 8.160 Arbeitstagen oder 32 Jahren und 5 Monaten berechnet. Das ist eine gewaltige Zahl, aber absolut realistisch“, unterstreicht Hagenstein. Dabei handele es sich hierbei nur um die Übergabe von Fahrzeugen. Andere Ausrüstungsgegenstände wie beispielsweise Nachtsichtmittel, Handwaffen oder Spezialwerkzeuge, die ebenfalls quer durch die Republik verschoben werden mussten, seien laut Hagenstein in dieser Auflistung gar nicht enthalten und müssten noch zusätzlich „in Rechnung gestellt“ werden.

Am eingeschlagenen Weg festhalten

Bild 6: 300 Einzelteile müssen bei einem Kampfpanzer Leopard vor der Übergabe an einen anderen Verband überprüft werden. Bundeswehr/Geoffrey Thiel

Genau dieser logistische Drahtseilakt wird in diesem Jahr nun auch der Panzergrenadierbrigade 37 bevorstehen, wenn es heißt, die VJTF-Brigade in den Jahren 2022 bis 2024 materiell einsatzbereit zu machen. Im Vergleich zu 2019 gebe es nach Angaben der Heeresführung bereits signifikante Fortschritte beim Material, die auch in der Truppe zu spüren sind, wie zum Beispiel die Einrichtung des Battle Management Systems. Aber das ursprüngliche Ziel, die Brigade autark mit Material auszustatten, sei nicht erreichbar.

Gerade diese Erfahrungen machen deutlich, warum das Heer darauf angewiesen ist, die Trendwende Material auch über die nächsten Jahre fortzusetzen. Hier geht es um die Einsatzbereitschaft der Truppe und damit um die strategische Handlungsfähigkeit Europas sowie die Glaubwürdigkeit Deutschlands als Partner in der Transatlantischen Allianz.

Autoren: Timo Radke und Renzo Di Leo (Dieser Artikel wurde erstmals auf der Seite www.bundeswehr.de veröffentlicht)