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Deutschland debattiert über einen Pflichtdienst

Aus dem „Ich“ ein „Wir“ werden lassen

Sie ist derzeit in aller Munde. Für Gegner ist sie ein Zwangsdienst oder die Wehrpflicht durch die Hintertür. Befürworter sprechen von der Dienstpflicht oder dem allgemeinen Gesellschaftsdienst. Seit 2015 sein führender Verfechter: der Reservistenverband.

Aus dem politischen Winterschlaf geholt hat das Thema CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer. Um sich ein Bild davon zu machen, was die Parteibasis bewegt, hat sie auf ihrer „Zuhörtour“ in diesem Sommer an 40 Stationen zahlreiche Mitglieder getroffen. Und dort sind Wehr- oder Dienstpflicht tatsächlich Thema. Mit einem Videobeitrag auf der Webseite ihrer Partei brachte sie das Thema vor einigen Wochen schließlich auf das Tableau der Bundespolitik. Verstärkt durch die Personalnot der Bundeswehr, den vielfältigen Stellenbedarf gemeinnütziger und sozialer Einrichtungen und die zunehmende Spaltung der Gesellschaft, bestimmt es seitdem den politischen Sommerdiskurs. Die Bild am Sonntag vom 12. August beschäftigt sich mit dem Thema auf vier Seiten. Die Nummer 33 des Magazins „Woche“ der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hat es als Aufmacher. Alle Tageszeitungen berichten.

Im Gegensatz zur CDU-Parteibasis lehnt die Regierung einen verpflichtenden Gesellschaftsdienst ab, wie Vize-Regierungssprecherin Ulrike Demmer Anfang August mitteilte. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen begrüßt zwar die Diskussion an sich, bezieht in der Sache jedoch keine klare Position. Viele Journalistinnen und Journalisten haben die Debatte um die Sinnhaftigkeit einer Dienstpflicht zunächst als Sommerloch-Thema abgetan. Es ist ein großes Sommerloch, denn mittlerweile haben sich zahlreiche Bürger, Journalisten, Interessenverbände und viele der Parlamentarier darin vertieft. Und laut Politbarometer der Forschungsgruppe Wahlen sprechen sich immerhin 68 Prozent von 1294 Befragten für die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht aus.
Gesellschaftsdienst statt Wehrpflicht.

„Die Wiedereinführung der (alten) Wehrpflicht ist weder hilfreich noch sinnvoll“, sagt der Präsident des Reservistenverbandes und Oberst d.R. Oswin Veith MdB. Vielmehr sei es an der Zeit, über die Einführung eines allgemeinen Gesellschaftsdienstes nachzudenken. Der Unterschied: Die Wehrpflicht bestand nur für Männer. Wer verweigerte, musste den Zivildienst ersatzweise leisten. Das galt zumindest so lange, wie die Wehrgerechtigkeit noch gegeben war und konsequent alle Männer eines Jahrganges gemustert wurden. Beim allgemeinen Gesellschaftsdienst geht es nicht mehr darum, junge Männer an der Waffe auszubilden. Stattdessen sollen nun alle jungen Menschen nach ihrem Schulabschluss einen Dienst an der Allgemeinheit leisten – auch dies verpflichtend, wohlgemerkt.

„Wir stellen uns vor, dass sich junge Männer und Frauen ab 18 Jahren ein Jahr lang verpflichten, sich zu engagieren. Unterhalb dieser Pflicht wollen wir die Möglichkeit einer breiten Wahl lassen; beispielsweise Dienst in den Streitkräften, der Reserve, in den Blaulichtorganisationen und Hilfsdiensten, der Pflege, im Gesundheitsbereich ebenso wie in sozialen und karitativen Verbänden etc. Da ist vieles denkbar und möglich. In Teilen könnte dieser Pflichtdienst sogar unabhängig von der Staatsbürgerschaft angeboten werden“, beschreibt Veith. Dass ein „Zwangsdienst“ eben nicht „nichts bringt“ – wie zum Beispiel Ulrich Schneider, Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes, in einem Interview mit der Wirtschaftswoche vom 6. August argumentiert – zeigt die jüngste deutsche Vergangenheit – der Zivildienst bis 2011 hat funktioniert.

Zwang oder Freiheit?

„Zwang“ ist ein starker Begriff der mit zahlreichen negativen Assoziationen verknüpft ist. Nicht umsonst wird er gern von den Gegnern des Gesellschaftsdienstes verwendet. Zu Recht? Ein Beispiel: Programme wie das Freiwillige Soziale Jahr seien ein Zuschussgeschäft für die Teilnehmenden und würden deshalb vornehmlich von Sprösslingen gut situierter Akademikerfamilien in Anspruch genommen, schreibt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung am 12. August. Junge Menschen haben also durchaus ein Interesse am Dienst an der Gesellschaft. Menschen aus einkommensschwachen Familien dieses Interesse pauschal abzusprechen, wäre diskriminierend. Für sie könnte der Gesellschaftsdienst bei gerechter Entlohnung also eine Befreiung bedeuten. Nämlich eine Befreiung von ökonomischen Zwängen, die verhindern, dass sie sich auf gleichberechtigte Art und Weise ausprobieren dürfen, Neigungen nachgehen und Fähigkeiten entwickeln.

Für Josa Mania-Schlegel bedeutet ein Gesellschaftsdienst genau das: Freiheit. Der Journalist hat Zivildienst geleistet und hält in einem Kommentar vom 10. August im Online-Magazin Krautreporter ein entsprechendes Plädoyer. Für ihn ist der Gesellschaftsdienst eine einzigartige Möglichkeit, den Pflichten des Lebens – Schule, Ausbildung, Universität oder Beruf – für eine gewisse Zeit eine Absage zu erteilen. Auch Heribert Prantl, Mitglied der Chefredaktion der Süddeutschen Zeitung, setzt sich in einem Videokommentar vom 7. August mit Nachdruck für einen Gesellschaftsdienst ein. Er wirbt für ein „soziales Erfahrungsjahr“, ein „Jahr der Begegnung“ und „ein Jahr der Erkenntnis für die Nöte der Gesellschaft.“

Aus dem „Ich“ ein „Wir“ werden lassen Die breite Debatte dreht sich um junge Menschen als „Zielgruppe“ für den Gesellschaftsdienst. Es geht darum, ihnen in unserer Ich-bezogenen Gesellschaft ein Gefühl von Gemeinschaft und die Bedeutung wechselseitiger Verantwortung zu vermitteln. Der Gesellschaftsdienst bietet die Möglichkeit, Menschen aus unterschiedlichsten Lebenswelten zusammenzuführen, ihnen Vorurteile und vielleicht auch Ängste zu nehmen. „Die Einbindung aller jungen Menschen in einen solchen Dienst an der Gesellschaft könnte Zusammenhalt und Widerstandsfähigkeit stärken und die Identifikation mit dem eigenen Land wieder fördern“, sagt Veith dazu. Und das ist unbezahlbar.

Trotzdem unternimmt die Frankfurter Allgemeine Zeitung in einem Artikel vom 14. August den Versuch, mögliche Kosten der Einführung des Gesellschaftsdienstes zu schätzen. 13 Milliarden Euro sollen dadurch jährlich anfallen, wenn man einen Mindestlohn von 9,35 Euro (ab 2020 gültig), eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden und 700.000 Dienende pro Jahrgang zu Grunde legt. Wer sich aber auf dieses Argument stützt, macht es sich bequem. Denn die immateriellen Werte auf Seiten des Gesellschaftsdienstes lassen sich nicht mit einer Geldsumme ausdrücken.

Heute für die Zukunft Deutschlands eintreten

Das Strohfeuer hat sich mittlerweile zu einem Waldbrand entwickelt – um im thematischen Sommer-Kontext zu bleiben. Geht es nach Kramp-Karrenbauer, wird die Frage nach dem Gesellschaftsdienst Thema auf dem CDU-Parteitag Ende des Jahres. Auf diesem werden auch Leitfragen für die Erstellung eines neuen Grundsatzprogrammes diskutiert. „Gesetzlich sind zahlreiche Hürden zu nehmen, vieles wird neu gedacht und überarbeitet werden müssen. Das braucht seine Zeit und muss breit diskutiert werden. Daher müssen wir die Debatte darüber heute führen, um auch in Zukunft in einer sicheren, wehrhaften Gesellschaft leben, die Sicherungssysteme aufrechterhalten und die Herausforderungen für unser Land angemessen bewältigen zu können“, sagt Veith. Die Hürden bleiben damit hoch, aber ein Anfang ist gemacht.

Quelle:

Mit freudlicher Genehmigung Reservistenverband, Postfach 20 14 64, 53144 Bonn
Ein Beitrag aus Loyal- Das Magazin für Sicherheitspolitik, September-Ausgabe „Das Zerwürfnis“
Autor: Julian Hückelheim

Domführung der besonderen Art in Aachen

Auch der Geschäftsführer des Domkapitels, Günter Schulte, der die Führung gestaltete war ein ausgesprochener Glücksfall. Da er quasi dienstlich stets mit der Bauerhaltung dieses wunderbaren Bauwerks betraut ist, konnte er uns viel von der Bauzeit bis in die Gegenwart erzählen. Dies machte er sehr unterhaltsam und kurzweilig und garnierte die architektonischen und handwerklichen Aspekte mit kulturellen, geschichtlichen und religiösen, Anekdoten und Kurioses eingeschlossen.

Zunächst einmal mussten allerdings die Teilnehmer die Erfahrung machen, dass vertikal bedeutet, viele Treppen und Stufen zu steigen, da dieses ehrwürdige Gemäuer über keinen Aufzug verfügt.

Auf dem Weg nach oben konnten wir die wunderbaren Glasfenster bestaunen (Bild 4) und entdecken, wie die vielen unterschiedlichen Gipskopien von Fassadenteilen erfinderisch im Glockenturm „verstaut“ werden. ( Bild 5 und 6 )

Hinter einer Glaswand sahen wir, dass hinter der „neuen“ Innenmauerung aus Ziegelstein ( Ende 19. Jhd ) noch die Ursprungsmauer ( vor 800 ) für Stabilität sorgt.

Etwa in halber Höhe kamen wir in einer der vielen angebauten herrlichen mit Kostbarkeiten ausgestatteten Kapellen. Hier erfuhren wir, wie früher die vier im Marienschrein aufbewahrten Textilreliquien, die Windeln und das Lendentuch Jesu, das Kleid Mariens und das Enthauptungstuch Johannes des Täufers, den Pilgern präsentiert wurden.

Die Reliquien wurden über die Fensterbrüstung der geöffneten Fenster gehangen und konnten von der großen Pilgerschar vom Katschhof aus verehrt werden. Die erste Heiligtumsfahrt zur Verehrung dieser Reliquien fand übrigens 1349 statt. Die Nächste wird 2021 sein. Mittlerweile muss man sich auch nicht mehr so den Kopf verrenken; die Reliquien werden heutzutage auf dem Katschhof bzw. im Dom gezeigt.

Wieder ein paar Stufen weiter sind wir im Dachbereich über dem Oktogon. ( Bild 9 ) Hier zeigt sich, wie in der neueren Zeit die Kooperation mit der RWTH mit ihrem Innovationspotenzial sich segensreich für die Erhaltung des Domes auswirkt. Baufehler wie die Durchtrennung des Ringankers um größere Fenster in der Chorhalle zu ermöglichen, verursachten einen größeren Spalt zwischen Oktogon und Chorhalle. Dies wurde durch eine Stabilisierungskonstruktion aus Teflon entwickelt durch ein Team von Wissenschaftlern der RWTH wieder korrigiert. Auf dem weiteren Weg über die Brücke zum Dachgeschoss der Chorhalle konnten wir schon einen ersten sagenhaften Blick über die Innenstadt Aachen und darüber hinaus genießen. Der Blick in die Dachkonstruktion über der Chorhalle war dann verwirrend und faszinierend zugleich. ( Bild 10 ) Im Rahmen der Dachsanierung waren die wahrscheinlich hunderte von Balken nummeriert worden, um an der richtigen Stelle wieder eingebaut zu werden. Von Parasiten befallene Hölzer wurden entweder ersetzt oder entsprechend präpariert. Auch das Thema Brandschutz zeigte, an was man alles denken muss: wie viel Liter Wasser müssen in einem Brandfall pro Zeiteinheit gepumpt werden – übrigens die Wasserpumpe stammt aus dem Jahre 1937 -, wie wird verhindert, dass das Löschwasser in das Dachgewölbe aus Mergelstein dringt, und wie müssen die Abwasserrohre dimensioniert sein uvm.

Der absolute Höhepunkt vor unserem Abstieg war dann der Blick von der Dachbalustrade über Aachen und darüber hinaus.

Blick vom Domdach Richtung Osten

Der interessante, lehrreiche, informative, erlebnis- und abwechslungsreiche Nachmittag wird uns lange in Erinnerung bleiben. Der Ausklang im „Restaurant Elisenbrunnen“ schloss das Programm angemessen ab. Und die Teilnehmer hatten alle das gute Gefühl, mit unserem Obolus von 10,- € pro Teilnehmer etwas wertvolles für den Erhalt dieses einmaligen UNESCO-Welterbes, unserem Aachener Dom, beigetragen zu haben.

Quelle:

Kameradschaft Aachen/Eschweiler
Text: Oberstleutnant a.D. Werner
Bilder: R. Pawlowsky

Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen der Bundeswehr

Im August 2018 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam:

SKB

Generalleutnant Horst-Heinrich BRAUß, Assistant Secretary General for Defence Policy and Planning, Defence Policy and Planning Division, Deutsche militärische Vertretung MC/NATO und EU, Brüssel/BEL, tritt in den Ruhestand.

Brigadegeneral Wolf-Jürgen STAHL, zuletzt COM Headquarter TAAC-N Resolute Support, Afghanistan, wird Chief of Staff DtA MNC NE, Stettin. Sein Nachfolger wird Oberst Gerhard Ernst-Peter KLAFFUS, Verbindungsoffizier Bundespräsidialamt, Berlin.

II. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Bereits im Juli 2018 wurden folgende Personalmaßnahmen wirksam:

Personal

Ministerialrat Thomas UHLE, bisher Referatsleiter II 6 in der Abteilung Personal im Bundesministerium der Verteidigung in Bonn, übernimmt zum 16. Juli 2018 die Leitung der Abteilung V (Personalführung Zivilpersonal) im Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in Sankt Augustin.

Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen

Der Geschäftsführende Beamte und Abteilungsleiter ZA des Bundesamtes für Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen der Bundeswehr (BAIUDBw) in Bonn, Erster Direktor beim BAIUDBw Rolf GEMMER, wurde mit Ablauf des 30. Juni 2018 in den Ruhestand versetzt. Ihm folgte zum 16. Juli 2018 Ministerialrätin Marion FELSKE, zuletzt Referatsleiterin III 1 in der Abteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin.

Im August 2018 werden keine Personalveränderungen wirksam.

Quelle:
Bundesministerium der Verteidigung
Autor: BMVg Presse- und Informationsstab

Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen der Bundeswehr

I. Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen

Im Juli 2018 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam

BMVg

Brigadegeneral Jörg Wilhelm LEBERT, Unterabteilungsleiter Haushalt und Controlling II im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn), wird Commander NATO Airborne Early Warning and Control Force (Geilenkirchen). Sein Nachfolger wird Flottillenadmiral Christoph Joachim MÜLLER-MEINHARD, zuletzt Kommandeur Einsatzflottille 2 (Wilhelmshaven). Ihm folgt Kapitän zur See Ralf KUCHLER, Chef des Stabes Einsatzflottille 2.

GenInsp

Generalmajor Christian Nikolaus BADIA, Amtschef Luftfahrtamt der Bundeswehr (Köln), wird im Kommando Streitkräftebasis verwendet. Sein Nachfolger wird Generalmajor Günter Gustav KATZ, zuletzt Kommandeur Fliegende Verbände Luftwaffentruppenkommando (Köln). Ihm folgt Brigadegeneral Dr. Jan KUEBART, Abteilungsleiter I Kommando Luftwaffe (Berlin).

Luftwaffe

Brigadegeneral Karsten STOYE, Commander E-3A NATO Airborne Early Warning and Control Force (Geilenkirchen), wird Chief of Staff Operations Headquarter AIRCOM (Ramstein).

Brigadegeneral (TR) Stefan Karl SCHEIBL, Leiter Bereich Luft Luftwaffentruppenkommando (Köln), wird Deputy Director European Air Group (High Wycombe/GBR). Sein Nachfolger wird Oberst Andreas Leonhard HOPPE, zuletzt Referatsleiter Führung Streitkräfte I 5 im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

SKB

Brigadegeneral Kay BRINKMANN, zuletzt Stellvertreter des Amtschef und Leiter Fachabteilungen Streitkräfteamt (Bonn), wird Chief of Staff Deutscher Anteil Multinational Corps North East (Stettin/POL).Sein Nachfolger wird Oberst Frank SCHMITZ, Referatsleiter Planung II 1 im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

Brigadegeneral (TR) Michael SCHOY Leiter Deutsches Verbindungskommando USCENTCOM (Tampa, Florida/USA), wird im I. DEU/NLD Korps, Münster, eingesetzt. Sein Nachfolger wird Brigadegeneral Andreas DELP, zuletzt im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr (Berlin) eingesetzt.

II. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Im Juli 2018 werden keine Personalmaßnahmen wirksam.

Quelle:
Bundesministerium der Verteidigung
Autor: BMVg Presse- und Informationsstab

Rede der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Zunächst einmal möchte ich für die konstruktive und professionelle Zusammenarbeit mit unseren Berichterstattern danken. Ich danke Ihnen, Herr Brandl, als Hauptberichterstatter und gratuliere zum ersten Haushalt, den Sie als Hauptberichterstatter hier heute durchbringen. Und mein Dank schließt natürlich alle anderen Berichterstatter auch mit ein: Herrn Leutert, den ich dort sehe, Herrn Rohde, Herrn Lindner, Herrn Klein und Herrn Hohmann. Vielen Dank für eine wirklich konstruktive und professionelle Zusammenarbeit, und ich spreche diesen Dank vor allem auch für das Verteidigungsministerium und für die gesamte Bundeswehr aus.

Wir haben zusammen viel erreicht. Und wenn man hier den Rednerinnen und Rednern zuhört, dann merkt man auch, wie stark uns inzwischen ein gemeinsamer Geist prägt. Das zeigt sich auch in diesem Haushalt; das ist ein guter Haushalt.

Herr Leutert, ich habe Ihre Rechnung über die vielen Milliarden nicht ganz verstanden, ich fand aber, die Rechnung hörte sich gut an. Die nehmen wir gerne so an; das war eine vernünftige Rechnung.

Wir haben bei diesem Haushalt einen Anstieg um vier Prozent – das ist ein Anstieg zum vierten Mal in Folge –, und alle Vorredner haben ja auch betont, dass wir diesen brauchen. Ich brauche nicht wieder darauf einzugehen, woher wir kommen, wie lange die Durststrecken waren und dass wir wegen der völlig veränderten Sicherheitslage vor vier Jahren – Annexion der Krim; hybrider Krieg in der Ostukraine; der IS, der Irak und Syrien in Flammen gesetzt hat; die Destabilisierung Afrikas – ganz andere Missionen und Aufträge für unsere Bundeswehr haben. Daneben ist der Bedarf gestiegen, deutlich besser und mehr zu investieren, um damit die eingeleiteten Trendwenden mit Leben zu füllen.

Ich danke für das, was in den vergangenen vier Jahren geschafft worden ist. Wir alle wissen aber – und das hörte man auch durch die unterschiedlichen Akzente aus den Reden raus –: Wir sind noch lange nicht am Ziel. Wir müssen beharrlich weitermachen. Das ist noch richtig harte Arbeit, die vor uns liegt; denn 25 Jahre Kürzen schüttelt man eben nicht in zwei, drei Jahren aus den Kleidern.

Mir ist wichtig, dass wir – und das atmet dieser Haushalt – vor allen Dingen für unsere Soldatinnen und Soldaten verlässlich bleiben. Angeklungen sind die Investitionen, die wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben. Es dauert, bis das auf dem Hof steht. Gemeinsam besprochen worden ist auch, wo die Schwerpunkte in dieser Legislatur liegen: persönliche Ausrüstung, Digitalisierung, vor allen Dingen das ganze Cyberthema, der Materialerhalt und die Einrichtung multinationaler Fähigkeiten, die für uns wichtig sind.

Der Haushalt atmet aber auch wieder die Verlässlichkeit im Bündnis. Schutz und Sicherheit im Bündnis kosten Geld, und ich will hier deutlich sagen: Wir stehen ganz klar zum Zwei-Prozent-Ziel in der Nato. Wir haben dieses Zwei-Prozent-Ziel im Jahr 2014 gemeinsam verabredet. Damals hatte Amerika einen Präsidenten mit dem Namen Obama, und wir haben dies als Große Koalition mit damals 27 anderen Ländern gemeinsam auf den Weg gebracht.

Wir sind auf der Strecke. Wir werden im Jahr 2024 1,5 Prozent erreichen. Das ist eine politische Verabredung. Es geht also in die richtige Richtung.

Ich will hier allen nur noch mal vor Augen halten: Dieses Zwei-Prozent-Ziel verfolgen wir alle, 29 Länder. Das heißt, auch die anderen Länder strengen sich an. Da können wir als großes, politisch und wirtschaftlich starkes Land nicht sagen: Die anderen sollen sich anstrengen, aber wir brauchen uns da nicht anzustrengen, wir stehlen uns aus der Verantwortung. Das kann es nicht sein. Deshalb bin ich froh, dass es eine klare Linie ist, bis zum Jahr 2024 die 1,5 Prozent zu erreichen. Und wir stehen weiterhin zum Zwei-Prozent-Ziel – mit absoluter Sicherheit.

Ich möchte ein Zweites aber auch noch mal erwähnen: Es geht nicht nur um die Frage der zwei Prozent. Sie sind ein wichtiges Maß, um vergleichen zu können und damit sich auch alle anstrengen. Nur, ehrlich gesagt: Zwei Prozent Verteidigungsinvestitionen besagen noch lange nicht, was dann bei der Nato ankommt, sondern es stellen sich auch die Fragen: Welche Fähigkeiten werden der Nato zur Verfügung gestellt, und welche Beiträge leistet das jeweilige Land zur Nato? Hier – das will ich sehr deutlich sagen – muss Deutschland sein Licht nicht unter den Scheffel stellen. Vielmehr können wir unseren Partnern und Verbündeten sehr selbstbewusst deutlich machen, dass wir Verantwortung übernehmen.

Klar sind bei all den Themen, wo wir uns messen, die USA immer an erster Stelle und auch die Stärksten; gar keine Frage. Das hat auch etwas mit der Größe des Landes, dem Volumen, das sie einsetzen können, und einer ganz klaren Vormachtstellung zu tun. Wenn man aber die Frage stellt: „Wer ist der zweitgrößte Truppensteller in der Nato?“, dann ist die Antwort: Deutschland.

Wer ist der zweitgrößte Truppensteller in Afghanistan – das war das einzige Mal, dass wir Artikel 5 des Nato-Vertrages gezogen haben –, und das seit 17 Jahren verlässlich? Deutschland. Wer ist das einzige kontinentaleuropäische Land, das die wichtige Aufgabe der Bündnisverteidigung Enhanced Forward Presence als Rahmennation verantwortlich trägt? Deutschland in Litauen. In Estland sind die Briten, in Lettland sind die Kanadier und in Polen sind die Amerikaner. Deutschland ist die verantwortliche Rahmennation in Litauen. Wer ist der zweitgrößte Nettozahler in der Nato? Deutschland.

Das heißt, Deutschland hat in den vergangenen Jahren bewiesen, dass wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen, dass man sich auf uns verlassen kann und dass wir auch aktuell Verantwortung im Bündnis nach unseren Möglichkeiten tragen.

Es ist mir vor allen Dingen wichtig, dass wir bei all den Tweets, die wir lesen, und bei all den Briefen, die geschrieben werden, sagen: Ja, wir stehen zu dem Ziel, das wir im Bündnis gemeinsam verabredet haben. Aber wir müssen unser Licht auch nicht unter den Scheffel stellen. Wir können uns selbstbewusst hinstellen und sagen: Deutschland trägt Verantwortung.

Das lenkt meinen Blick auf ein zweites Thema, das hier angesprochen worden ist. Wir wollen transatlantisch bleiben. Aber wir müssen auch europäischer werden. Bei der Frage nach Eins-zu-eins-Etatsteigerungen darf ich alle Rednerinnen und Redner, die vor mir gesprochen und das angezweifelt haben, auf Folgendes hinweisen: Ausgangspunkt ist der Entwurf des 51. Finanzplans. Es ist nun einmal so, dass das Bundesfinanzministerium traditionell die Kosten der Personalverstärkungsmittel übernimmt.

Nun, Sie können die Soldatinnen und Soldaten nicht dafür bluten lassen, dass wir eine Tariferhöhung haben, die alle Beschäftigten in Deutschland und selbstverständlich auch die Beamtinnen und Beamten bekommen. Das gilt für unsere Soldatinnen und Soldaten gleichermaßen. Also, ich muss schon bitten.

Wenn wir, abgesehen davon, vergleichen, dann gibt es einen Eins-zu-eins-Aufwuchs für Bundesentwicklungsministerium, das Auswärtige Amt und für das Verteidigungsministerium, ausgehend vom 51. Finanzplan, wie er verabschiedet worden ist.

Das ist auch der Grund – Stichwort „vernetzte Sicherheit“ –, warum wir Wert darauf legen, zu sagen: Es ist für uns wichtig, transatlantisch zu bleiben, aber europäischer zu werden. Es ist erfreulicherweise schon gesagt worden: Wir haben die Europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben. Wir haben jetzt endlich den Europäischen Verteidigungsfonds auf den Weg gebracht. Zum ersten Mal wird europäisches Geld für Ausrüstung ausgegeben. Wir machen uns auf diesem Feld ehrlich. Wir haben die Planungsprozesse auf den Weg gebracht. Das, was zehn Jahre lang an Möglichkeiten im Lissabon-Vertrag geschlummert hat, wird jetzt mit Leben erfüllt.

Diesen Geist atmet der Haushalt. Wir wollen hier deutlich sagen: Wir arbeiten daran, dass wir ein Europa haben, das schützt.

Im übergeordneten Sinne, bei all den Themen, die heute besprochen worden sind, kann man mit Fug und Recht auch in der Verteidigung sagen: Europa ist dann am stärksten, wenn es gemeinsam handelt. Dieser Haushalt ist ein Beleg dafür.

Quelle:
Autorin: Dr. Ursula von der Leyen
Presse- und Informationsamt der Bundesregierung

Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen der Bundeswehr (06/2018)

I. Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen

Im Juni 2018 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam

Luftwaffe

Generalleutnant Karl MÜLLNER, Inspekteur der Luftwaffe (Berlin), tritt in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Generalmajor Ingo GERHARTZ, zuletzt Stellvertreter des Abteilungsleiters Strategie und Einsatz im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin). Ihm folgt Flottillenadmiral Kay-Achim SCHÖNBACH, Kommandeur Marineschule Mürwik. Sein Nachfolger wird Kapitän zur See Louis Hermann Wilhelm Tobias ABRY, Referatsleiter Büro Generalinspekteur der Bundeswehr Zentrale Aufgaben im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin).

AIN

Generalmajor Klaus Ferdinand VEIT, Vizepräsident Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (Koblenz), tritt in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Brigadegeneral Gert Friedrich NULTSCH, zuletzt Kommandeur Logistikzentrum der Bundeswehr (Wilhelmshaven). Ihm Folgt Oberst Klaus FRAUENHOFF, Referatsleiter Planung I 5 im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

II. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Zum 1. Juni 2018 wurde folgende Personalveränderung wirksam:

Bundesministerium der Verteidigung

Frau Ministerialdirektorin Alice GREYER-WIENINGER, Leiterin der Abteilung Infrastruktur, Umweltschutz und Dienstleistungen im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin), wurde in den einstweiligen Ruhestand versetzt. Ihr folgt Frau Ministerialrätin Barbara WIEßALLA, bisher Referatsleiterin III 3 in der Abteilung Personal im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

Bereits im Mai wurde folgende Personalveränderung wirksam:

Rechtspflege

Frau Ministerialrätin Martina ROSENBERG, bisher Leiterin des Parlament- und Kabinettreferats im Leitungsstab des Bundesministeriums der Verteidigung (Berlin), wurde Leiterin der Behörde des Bundeswehrdisziplinaranwalts beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Quelle:
Bundesministerium der Verteidigung
Autor: BMVg Presse- und Informationsstab

 

Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen der Bundeswehr (05/2018)

I. Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen

Im Mai 2018 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam:

BMVg

General Volker WIEKER, Generalinspekteur der Bundeswehr im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin) tritt in den Ruhestand. Sein Nachfolger wird Generalleutnant Eberhard ZORN, zuletzt Abteilungsleiter Personal im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin). Ihm folgt Generalleutnant Klaus Georg Walther von HEIMENDAHL, zuvor Abteilungsleiter Führung Streitkräfte im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin). Dessen Nachfolger wird Generalmajor Markus LAUBENTHAL, Kommandeur 1. Panzerdivision (Oldenburg). Sein Nachfolger wiederum wird Brigadegeneral Jürgen-Joachim Fritz von SANDRART, zuletzt Büroleiter des Generalinspekteurs der Bundeswehr im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin). Ihm folgt Brigadegeneral Heico HÜBNER, Kommandeur Panzerbrigade 21 (Augustdorf). Sein Nachfolger wird Oberst Ansgar MEYER, Referatsleiter Personal II 2 im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

Brigadegeneral Andreas DELP, Gruppenleiter 22 im Bundeskanzleramt (Berlin) wird zur Vorbereitung auf seine zukünftige Verwendung als Leiter Deutsches Verbindungskommando USCENTCOM, im Bundessprachenamt (Hürth) eingesetzt. Sein Nachfolger wird Flottillenadmiral Axel DEERTZ, Unterabteilungsleiter Operation Marinekommando (Rostock). Ihm folgt Kapitän zur See Henning FALTIN, Referatsleiter Planung II 2 im Bundesministerium der Verteidigung (Bonn).

Heer

Generalmajor Alfons Heribert August MAIS, Chef des Stabes Kommando Heer (Strausberg) wird zur Vorbereitung auf seine zukünftige Einsatzverwendung in Afghanistan, im Zentrum Innere Führung (Koblenz) eingesetzt. Ihm folgt Brigadegeneral Alexander SOLLFRANK, zuletzt Kommandeur Kommando Spezialkräfte (Calw). Sein Nachfolger wird Oberst Markus Thomas KREITMAYR, Referatsleiter Stab Organisation und Revision Managemententwicklung im Bundesministerium der Verteidigung (Berlin).

SKB

Brigadegeneral Oliver Martin KOHL, zuletzt im Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr (Berlin) eingesetzt, wird Kommandeur Führungsakademie der Bundeswehr (Hamburg).

II. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Im Mai 2018 werden keine Personalmaßnahmen wirksam.

Quelle:
Bundesministerium der Verteidigung
Autor: BMVg Presse- und Informationsstab

Rede der Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen, zum Jahresbericht 2017 des Wehrbeauftragten vor dem Deutschen Bundestag.

Frau Präsidentin!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Ich möchte mich dem Dank, lieber Herr Bartels, anschließen, vor allen Dingen dem Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Ihrem Amt. Wir wollen über zwei Berichte zugleich diskutieren. Ich finde, die Zeit reicht nicht, um sie ausführlich und angemessen zu würdigen. Deshalb möchte ich mich auf einige wenige Punkte konzentrieren.

Lieber Herr Bartels, Sie haben kürzlich in einem Interview gesagt: „Seit 2014 gibt es […] beide Aufgaben parallel.“ Gemeint sind die Landes- und Bündnisverteidigung und das Krisenmanagement. „Und das mit der kleinsten Bundeswehr aller Zeiten.“

Das stimmt. Nie war das Aufgabenspektrum der Bundeswehr breiter und heterogener, und nie war die Bundeswehr so klein.

Aber wir sollten auch nicht vergessen, woher wir gekommen sind. Seit der Wiedervereinigung hat die Bundeswehr 25 Jahre lang Schrumpfung, Kürzung, Reduzierung und Reformen erlebt. Sie alle haben es miterlebt: Personal wurde abgebaut, Material wurde aussortiert, Ersatzteillager wurden abgeschafft. Das heißt, man hat Gerät, das zu viel da war, kannibalisiert, also Ersatzteile entnommen, um sie in anderes Gerät, damit dieses noch funktioniert, einzubauen. Aber die Modernisierung ist damit natürlich vertagt worden, denn irgendwann hat man keine Geräte mehr, um diese zu kannibalisieren.

Das war nach dem Ende des Kalten Krieges nachvollziehbar und sicherheitspolitisch absolut notwendig. Die Zusammenführung von zwei großen und unterschiedlichen Armeen brauchte das. Aber wir alle wissen, dass spätestens seit der Finanzkrise 2008 aus den Kürzungen bei der Bundeswehr ein Leben von der Substanz folgte. Der Tiefpunkt war in der Tat, dass es hohle Strukturen und eine Verwaltung des Mangels gab und dass an allen Ecken und Enden Personal fehlte.

Dann kam es zu der dramatischen Veränderung der Sicherheitslage, die wir ab 2014 erlebt haben: zur Annexion der Krim, zum Beginn des hybriden Krieges in der Ostukraine, zum veränderten Verhalten Russlands. Ein Vierteljahr später folgten der Aufmarsch des IS über Mosul bis zehn Kilometer vor Bagdad, das Abschlachten der Jesiden bis hin zur Destabilisierung Afrikas durch Migrationsbewegungen, wie wir sie seit dem Zweiten Weltkrieg nicht mehr gesehen haben.

Wir haben gemeinsam umgesteuert und Trendwenden bei Personal, Material und Finanzen eingeleitet. Die Bundeswehr wächst wieder. Aber das Wachsen ist nicht einfach ein Umdrehen des Trends. Vielmehr macht es etwas mit einer Organisation, dass man neu, ins Offene und in die Modernisierung hinein planen und sich neu aufstellen muss. Wir stellen mehr Berufssoldatinnen und -soldaten und mehr Soldaten auf Zeit ein. Die Bewerberlage ist übrigens trotz aller Unkenrufe gut.

Wir haben die starren Obergrenzen, die sich seit 2011 nicht verändert hatten, abgeschafft. Da geht mein Dank für das Vertrauen, das Sie uns gegeben haben, an das Parlament. Jetzt müssen wir nicht mehr die Wirklichkeit an die Obergrenzen anpassen. Wir legen dem Parlament die Planungsprozesse jedes Jahr transparent vor, sodass wir mit Blick nach vorne darlegen können, was wir, um die Auftragserfüllung der Bundeswehr zu gewährleisten, tatsächlich brauchen. Wir haben Transparenz geschaffen, etwa durch Rüstungsberichte, wie es sie nie zuvor gegeben hat. Wir sind schneller und besser geworden.

Wir haben es geschafft, das Volumen der Beschaffungsaufträge zu verfünffachen. Herr Wehrbeauftragter, ich nenne die Zahlen für die letzte Legislaturperiode: Uns sind 51 Boxer, 1.800 Geländewagen und Lkw, 181 Puma, 28 NH90, 16 A400M, 15 Hubschrauber für die Spezialkräfte und 31 Tiger zugegangen. Das reicht noch nicht, aber das ist der Weg in die richtige Richtung. Wir dürfen jetzt aber nicht nachlassen. Die Trendwenden müssen verstetigt werden.

Wir haben im letzten Dezember in der Tat auch die Europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben.

Herr Wehrbeauftragter, ich bin beim Thema Ausbildung bei Ihnen. Deshalb haben wir die Agenda Ausbildung ganz oben auf die Prioritätenlisten für diese Legislaturperiode gesetzt, und wir werden sie gemeinsam auch breit diskutieren.

Ja, das Bestandspersonal, wie Sie es nannten, Herr Wehrbeauftragter, muss sich gerade auch in der Gesetzgebung wiederfinden. Deshalb planen wir ein Artikelgesetz, das genau darauf zielt. Ich will nur einige Punkte nennen: Der von Ihnen eben beschriebene notwendige Zugang der Familien von an posttraumatischen Belastungsstörung Erkrankten zu therapeutischen Angeboten steht in diesem Artikelgesetz.

Die Gehaltsstruktur wird überprüft und muss verbessert werden. Die soziale Absicherung unserer Soldatinnen und Soldaten nach der aktiven Zeit – insbesondere, wenn es um die Krankenversicherung der Rentner geht – muss ermöglicht werden. All das sind Bausteine, die wir dann in der Breite auch gemeinsam diskutieren werden. Herr Wehrbeauftragter, Sie laufen bei uns also gewissermaßen offene Türen ein.

Wir sind in der vergangenen Legislaturperiode verbindliche europäische Verpflichtungen eingegangen, die wir umsetzen wollen. Ich nenne die Kooperation mit Frankreich beim Transportflugzeug C-130J und die Entwicklung der nächsten europäischen Generation eines gemeinsamen Kampfpanzers sowie eines gemeinsamen Luftkampfsystems. Das haben wir im letzten Jahr in der Feuille de route festgelegt. Niederländische Einheiten von Heer und Marine sollen tief in unsere militärischen Strukturen integriert werden, und wir planen, den Digitalfunk – die sogenannte Mobile Taktische Kommunikation – gemeinsam auf den Weg zu bringen. Mit Norwegen haben wir eine U-Boot-Kooperation; mit Frankreich, Spanien und Italien entwickeln wir die Eurodrohne.

Jetzt müssen diese Vereinbarungen mit Leben gefüllt werden, denn darauf verlassen sich unsere Verbündeten und unsere Soldatinnen und Soldaten. Das ist kein Sprint. Jetzt zeigt sich, ob wir diesen Dauerlauf schaffen, den langen Atem haben und tatsächlich das umsetzen, was wir in der letzten Legislaturperiode auf den Weg gebracht haben.

Unsere Soldatinnen und Soldaten warten auch auf neue Nachtsichtgeräte, erstklassige Schutzkleidung, moderne persönliche Ausrüstung und moderne mobile Kommunikationsmittel. Sie erwarten als Parlamentsarmee dafür auch eine nachhaltige und verlässliche Finanzierung.

Man kann den Rückbau der letzten mehr als 20 Jahre nicht in drei Jahren aufholen oder ungeschehen machen. Deshalb sind uns die Beschlüsse im Koalitionsvertrag so wichtig: die überjährige Finanzierung, die Verbesserung im Vergaberecht, die deutsche Umsetzung des europäischen Vergaberechts.

Ja, wir brauchen neue Beschaffungsregeln, wie Sie, Herr Wehrbeauftragter, das nannten, und wir müssen gemeinsam mit allen Beteiligten die Organisation des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr betrachten. Vor allem ist für uns wichtig, dass im Koalitionsvertrag kein Absinken der Nato-Quote und auch kein Absinken der ODA-Quote, sondern eine Erhöhung dieser beiden Quoten eins zu eins festgehalten ist. Diese nachhaltige Finanzierung ist unverzichtbar für die Ressorts des äußeren Handelns, und unsere Soldatinnen und Soldaten verlassen sich darauf.

Nicht nur unsere Soldatinnen und Soldaten verlassen sich darauf. Auch unsere Verbündeten verlassen sich in diesem Punkt auf uns. Wir wissen, dass wir verlässlich sind. Diese Verantwortung wollen wir auf unsere Schultern nehmen, und wir wollen ihr auch gerecht werden.

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
Autor: Bundesministerin der Verteidigung, Dr. Ursula von der Leyen

REMSCHEID ist nicht nur die Stadt mit dem „Bergischen Löwen“: Führung durch zwei technisch hochinteressante Kleinode

Am 22. März, bei teilweise heftigem Schneegestöber, begaben sich frühmorgens 15 Personen der Kameradschaft AACHEN/ESCHWEILER unter organisatorischer Leitung von Oberstleutnant a. D. Karl-Heinz Laux, Schatzmeister im Vorstand der Kameradschaft, nach REMSCHEID auf den Weg, um unter dem Fokus Technik zwei außergewöhnliche Museen zu entdecken.

Jetzt wird sich mancher fragen, wo liegt REMSCHEID und was ist dort so interessant. Nun, wir wurden eines Besseren belehrt. REMSCHEID ist die drittgrößte Stadt des Bergischen Landes mit dem „Bergischen Löwen“ als Wappentier und wird volkstümlich auch die „Seestadt auf dem Berge“ genannt. Diese Bezeichnung entstand gegen Ende des vorletzten Jahrhunderts, weil die in REMSCHEID ansässige Metall- und Werkzeugindustrie vielfältige Handelsbeziehungen nach Übersee und in die ganze Welt unterhält. Daneben hat aber REMSCHEID noch mehr zu bieten als innovative und weltweit bekannte Unternehmen. Sicherlich gehören dazu das unter technischen Aspekten besonders hervorzuhebende Deutsche Röntgenmuseum und das Deutsche Werkzeugmuseum.

1. Das Deutsche Röntgenmuseum

Das Deutsche Röntgenmuseum in Wilhelm Conrad Röntgens Geburtsstadt REMSCHEID-LENNEP versucht, nicht nur dessen Lebenswerk zu würdigen und verständlich der Nachwelt zu präsentieren. Es zeigt auch Exponate, die die Auswirkungen und Weiterentwicklungen seiner bahnbrechenden Entdeckung bis in die Gegenwart vor Augen führen.

Das Röntgen-Museum in REMSCHEID von Außen, Foto: Oberstleutnant a.D. H. Rüttgers

Wie kaum eine andere Entdeckung haben Röntgens X-Strahlen Einfluss nicht nur auf das Leben der Menschen, sondern auch auf alle Bereiche der Wissenschaft und Technik genommen. Wilhelm Conrad Röntgen wurde am 27.03.1845 in REMSCHEID-LENNEP geboren. Seine Eltern waren der Tuchhändler Friedrich Conrad Röntgen und dessen Ehefrau Charlotte, geb. Frowein. 1849 zog die Familie nach APELDORN (Niederlande); dort und später in UTRECHT besuchte er verschiedene Schulen und begann ein Universitätsstudium.

Von 1865 bis 1868 studierte er an der Eidgenössischen Polytechnischen Schule in ZÜRICH und erhielt das Diplom als Maschinenbauingenieur. Mit seiner Dissertation “Studien über Gase” erwarb er 1868 an der ZÜRICHer Universität den Grad eines Doktors. 1888 nahm er die Berufung als Ordentlicher Professor für Physik und Leiter des Physikalischen Instituts der Julius-Maximilians-Universität WÜRZBURG an. Am 8. November 1895 entdeckte Wilhelm Conrad Röntgen die unsichtbaren Strahlen. Er experimentierte mit einer fast luftleeren Kathodenstrahlröhre aus Glas. Er deckte sie mit Pappe ab, aber die Strahlen konnten diese durchdringen und bildeten ein zufällig auf dem Tisch liegendes Objekt auf einem danebenliegenden Fluoreszenzschirm ab. In einer öffentlichen Demonstration seiner neuen Entdeckung im Januar 1896 schlug ein Teilnehmer der Veranstaltung vor, diese Strahlen künftig “Röntgen´sche Strahlen” zu nennen. 1900 wurde er als Ordentlicher Professor und Vorstand des Physikalischen Instituts der Ludwig-Maximilians-Universität nach MÜNCHEN berufen. Am 10.12.1901 erhielt Wilhelm Conrad Röntgen den ersten Nobelpreis für Physik der Königlichen Schwedischen Akademie der Wissenschaften. Er starb am 10.02.1923 zwar in MÜNCHEN, begraben jedoch ist er in GIESSEN.

Seitdem sind die Röntgenstrahlen in Medizin, Technik und Forschung allgegenwärtig und es gibt kaum jemanden, der nicht schon einmal mit ihrer Hilfe untersucht wurde und sei es nur in einer Röntgenreihenuntersuchung. Röntgen selbst gab ihnen den Namen „X-Strahlen“.

Die Entdeckung der Röntgenstrahlung (Nachbildung), Foto: Oberstleutnant a.D. J. Steibel

Die Sammlungen des Deutschen Röntgen-Museums umfassen ca. 155.000 Objekte. Unter den Sammlungsobjekten ist eine hohe Zahl an wertvollen Originalexponaten und eine in der Welt einmalige Sammlung von Geräten zur Entdeckung, Erforschung und Anwendung der Röntgenstrahlen auf allen wissenschaftlichen Fachgebieten zu finden.

In der Medizin:

In der Medizin dient das Röntgen hauptsächlich zur Feststellung von Anomalien im Körper, die im Zusammenhang mit Symptomen, Zeichen und eventuell anderen Untersuchungen eine Diagnose ermöglichen (Röntgendiagnostik). Die unterschiedlich dichten Gewebe des menschlichen (oder tierischen) Körpers absorbieren die Röntgenstrahlen unterschiedlich stark, so dass man eine Abbildung des Körperinneren erreicht. Dieses Verfahren wird zum Beispiel häufig bei Verdacht auf Knochenbruch angewendet: Zeigt das Röntgenbild eine Unterbrechung der Kontinuität des Knochens, ist der Verdacht bestätigt.

Einsatz als Feldmäßiger Röntgenapparat:

Mehr als neun Millionen tote Soldaten, viele Millionen Verwundete – die Bilanz des Ersten Weltkriegs erschüttert bis heute. Nicht nur die Zahlen sind schockierend, sondern auch die Schwere der Verletzungen. Einfache Schusswunden zählten noch zu den harmloseren Folgen der Kämpfe. Die neuen Kriegstechnologien richteten die Menschen furchtbar zu: Manche Soldaten verloren Arme, Beine oder Teile ihres Gesichts, sie erblindeten oder trugen Lähmungen davon.

Feldmäßiger Röntgenapparat, Foto: Oberstleutnant a.D. J. Steibel

Ärzte versuchten nach Kräften, den Schwerverwundeten zu helfen – und setzten dabei erstmals auf eine besonders von einer weiteren Nobelpreisträgerin, nämlich von Madame Curie, unterstützende neuartige Technik: den Röntgenbildern. Die waren für viele verletzte Soldaten lebensrettend, weil man Geschosssplitter im Körper entdeckte, die man sonst nicht gefunden hätte.

In der Biologie:

In biologischen Fachbereichen, wie beispielsweise der Zoologie, wird versucht, mit Hilfe von Röntgen-basierten Darstellungen verschiedenste Fragestellungen zu beantworten. So kann beispielsweise der Aufbau des Kreislaufsystems bei Wirbellosen und seine Lage im Körper besser und schneller untersucht werden, als es mit konventionellen Methoden wie Präparation unter dem Mikroskop oder histologischen Schnitten möglich wäre.

Zur Strukturanalyse:

Indem man die Beugung von Röntgenstrahlen beim Durchtritt durch eine Substanzprobe misst, lässt sich die Kristallstruktur von Substanzen aufklären. Moleküle können so visualisiert werden. Bei organischen Molekülen wie DNA, RNA und Proteinen lässt die Struktur Schlüsse auf die Funktion zu, daher greifen Molekularbiologen besonders oft auf die Röntgen-Strukturanalyse zurück.

In der Geologie und Mineralogie:

Die chemische Analyse von Gesteinen und Mineralen ist mit Hilfe der Röntgenfluoreszenz-Analyse möglich. Durch Bestrahlung mit Röntgenstrahlen von ca. 50 kV werden die in einer Probe enthaltenen chemischen Elemente zu einer Fluoreszenz-Strahlung angeregt, deren Wellenlänge charakteristisch für das betreffende Element ist. Durch Messung der Wellenlänge dieser Strahlung können die Elemente qualitativ bestimmt werden. Durch Messung der Intensität und Vergleich mit einer Standardprobe bekannter Zusammensetzung kann auch eine quantitative Analyse durchgeführt werden.

In der Archäologie:

In der Archäologie wird die Röntgenaufnahme beispielsweise zum Durchleuchten von Mumien genutzt, wenn deren Einbandagierung nicht zerstört werden soll. Ferner können kompliziert aufgebaute Funde wie Waffen, verzierte Ornamente oder unter Verschluss befindliche Objekte in Truhen ohne Öffnung untersucht werden.

Zur Gemäldeuntersuchung:

Die Röntgentechnik wurde erstmals eingesetzt, um verschiedene Schichten des Bildaufbaus bei Gemälden sichtbar zu machen.

Mobile Durchleuchtungseinheit für LKW und Busse der Bundeszollverwaltung

An manchen Kontrollpunkten wird Röntgentechnik in Scannern angewendet, um zeitsparend, aber wirksam Hohlräume oder Menschen zu durchleuchten. Es gibt Röntgengeräte, die ganze LKW-Ladungen oder Container durchleuchten können. Zudem wird das Röntgen auch bei der Delaborierung von Bomben zur Hilfe genommen.

Materialprüfung

Weitere Anwendungen findet man beim Röntgen in der Werkstoffprüfung. Durch Röntgen kann man im Verlauf der Durchstrahlungsprüfung Objekte auf Risse und Hohlräume im Innern untersuchen. Dies geschieht mit sogenannten Röntgenrefraktionsanlagen, meist mit einem Belastungsmechanismus zum leichten Öffnen der Mikrorisse.

Qualitätskontrolle in der Nahrungsmittelproduktion

Immer häufiger verlangen große Handelsketten von den Nahrungsmittelherstellern eine bessere Detektion von Fremdkörpern zur Erhöhung der Produktqualität. Nachdem der Metalldetektor in den letzten Jahren das Mittel der Wahl war, kommen jetzt immer häufiger Röntgensysteme zum Einsatz. Diese Röntgensysteme bestehen zum einen aus dem bekannten Röntgensystem (Röhre/Kollimator und Empfänger) sowie aus einer weitentwickelten computergestützten Bildverarbeitung mit Aussteuergerät.

Gefahren von Röntgenstrahlen

Röntgenstrahlung durchdringen alle Gewebe des menschlichen Körpers und können zu Schädigungen führen, vor allem infolge Beeinträchtigung der Zellteilung. Hier zu nennen sind besonders:

  • Verbrennungen verschiedenen Grades durch Strahleneinwirkung auf die Haut.
  • Schädigung des Knochenmarks und der Keimzellen, dadurch Entstehung von Missbildungen, Unfruchtbarkeit oder Krebs.
  • Bei schwangeren Frauen: Röntgenstrahlen sind für das ungeborene Kind lebensgefährlich, daher sollten Aufnahmen nur dann durchgeführt werden, wenn sie überlebenswichtig sind. Frauen im gebärfähigen Alter sollten vor einer Röntgenuntersuchung einen Schwangerschaftstest durchführen, wenn sie nicht ausschließen können, dass sie schwanger sind.

Die maximal erlaubte Dosis pro Jahr für beruflich exponierte Personen beträgt 5 Rem. Das entspricht 10 Thorax-Röntgenbildern. Darum ist Strahlenschutz für Patienten und Personal, die mit Röntgenstrahlen zu tun haben, besonders wichtig.

Die für die Führung vorgesehene Zeit verflog rasend schnell. Unser Führer verstand es geschickt, uns die wichtigsten und interessantesten Exponate kurzweilig und durch kleine Anekdoten aufgelockert vorzustellen. Nach einer Kräftigung mit Pasta und Pizza beim Italiener verlegten wir zum zweiten hochinteressanten Museum.

2. Das Deutsche Werkzeugmuseum

Dieses Museum ist in Deutschland einzigartig. Es beherbergt eine umfangreiche technik-, sozial- und kulturgeschichtliche Sammlung von Werkzeugen aus vielen Jahrhunderten, beginnend beim steinernen Faustkeil aus einer Zeit vor 200.000 Jahren und reicht bis in die Gegenwart.

Daneben ist es gerade für Techniker wieder interessant, zu erfahren, woher solche Bezeichnungen wie „Maulschlüssel“, „Klauen“-, „Gelenk“-, „Steck“- oder „Hakenschlüssel“ stammen Den letztgenannten müssten vor allem VW-Käferfahrer noch kennen, denn der ist zum Aus- und Einbau des Anlassers nötig, da kein gradliniger Zugang zur Verschraubung möglich ist. Oder was ist ein „Innenschruppdrehmeißel“ oder „Schaftschruppfräser“? Dies und andere Fachausdrücke erklärte uns unser Führer, ein erfahrener Werkzeugbauer, beim 90 min Museumsrundgang.

Außen gibt sich der 1967 gegründete und 1995/96 neu konzipierte und neu gestaltete Museumskomplex im REMSCHEIDer Stadtteil HASTEN eher bescheiden. Doch das trügt: Bereits im Eingangsbereich fällt unser Blick auf ein fast vier Meter großes Schwungrad einer Dampfmaschine aus dem Jahre 1907, von der aus über eine Transmission unter der Decke mehrere Werkzeugmaschinen angetrieben werden, und versetzt uns zurück in die Vergangenheit.

Dampfmaschine mit Schwungrad, Foto: Oberstleutnant a.D. H. Rüttgers

Ein anderer Bereich des Museums ist dem schon vor über 200 Jahren vom Bergischen aus weltweit betriebenen Handel mit Werkzeug und anderen Eisenwaren gewidmet. Zu sehen sind originalgetreue Kopien alter Kataloge, Fotos überseeischer Niederlassungen großer Exporthäuser, Musterkoffer und Kisten für Werkzeuge aller Art für den Seetransport. Unlängst hinzu gekommen ist eine Ausstellungseinheit, die zwei Handelsreisen dokumentiert, die der Inhaber einer traditionsreichen Firma in den frühen 1950er Jahren durch den damals noch wenig erschlossenen afrikanischen Kontinent unternahm.

Im Mittelpunkt aber steht Werkzeug, seine Funktion und seine Herstellung: Von den Gerätschaften der Steinzeit, der Bronzezeit, des Mittelalters und der handwerklich geprägten Frühindustrie bis zum computergesteuerten High-Tech-Produkt unserer Tage, von der Eisenerzeugung im Bauernrennfeuer bis zum ersten industriellen Lichtbogen-Schmelzofen für Stahl von 1906 veranschaulicht das Museum diese Themenbereiche auf vielfältige Weise. Die in anderen Museen allgegenwärtigen Schilder „Bitte nicht berühren“ sucht man hier vergeblich. Im Gegenteil: Immer wieder lädt der Hinweis „Bitte ausprobieren“ große und kleine Besucher ein, sich selbst im Umgang mit Werkzeug zu versuchen.

In das Museum integriert ist eine historische Fabrikhalle mit Kontorgebäude. Weiterhin sind zwei originalgetreue Schmieden aus der Zeit um 1900, eine kleine Feilenhaustube, ein kleiner Wasserhammer und ein wasserradgetriebener Schleifkotten zu besichtigen.

Eisenerzvorkommen, Holz für die Holzkohle als reinem Brennstoff und bald auch das Wasser der von reichen Niederschlägen gespeisten Bäche mit starkem Gefälle zum Antrieb leistungsstarker Wasserräder waren Grundlage für die Entstehung der frühindustriellen Werkzeugfertigung im Raume REMSCHEID. So konnte hier – zunächst in kleinen Schmelzöfen, sogenannten „Rennöfen“, später in bis zu 10 Meter hohen „Hochöfen“ – Stahl erzeugt und weiterverkauft oder zu Werkzeug und anderen Kleineisenartikeln weiterverarbeitet werden.

Im Laufe des 17. Jahrhunderts standen bestimmte Rohstoffe für die Metallherstellung nicht mehr zur Verfügung. Daher beschränkte man sich von da an auf die Veredelung von Roheisen. Dieses wurde vor allem aus dem Siegerland bezogen und dann zum sogenannten „Raffinierstahl“, dem frühindustriellen Edelstahl, weiterverarbeitet.

Die Ausstellungseinheit „Werkzeugform – Werkzeugfunktion“ will zeigen, dass die Form eines Werkzeugs zwar durch Funktion und ergonomische Zweckmäßigkeit bestimmt ist, sie aber dennoch im Laufe der Jahrhunderte verschiedene Ausprägungen erfährt. Neben Handwerkzeug wird auch Elektrowerkzeug, hier insbesondere in Bezug auf die Entwicklung der Elektrobohrhämmer, angesprochen.

Perfektes „Feilenhauen“, Foto: Oberstleutnant a.D. J. Steibel

Gleich nebenan die Ausstellungseinheit „Feilenhauerei“, wo exemplarisch verdeutlicht wird, welche – zunächst handwerklichen – Arbeitsschritte zur Feilen-Herstellung erforderlich sind. Am Beispiel der Mechanisierung der Produktion werden auch die sozialen Auswirkungen für die Menschen und deren Arbeit verdeutlicht: Die Feilenhauer verloren ihre Selbstständigkeit, wurden zu Fabrikarbeitern.

Unsere Besuchsgruppe in der Diskussion, Foto: Oberstleutnant a.D. J. Steibel

In engem Zusammenhang mit der Feilenhauerei steht die Ausstellungseinheit „Kleinindustrielle Fertigung“, deren Mittelpunkt Werkzeugmaschinen und Maschinenwerkzeuge des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts bilden. Räumlich gehört dazu auch die schon erwähnte Dampfmaschine von 1907, die ihre Kraft über eine Transmissionsanlage auf Produktionsmaschinen überträgt. Diese, ein Symbol der „Industriellen Revolution“, leitet thematisch über zur Ausstellungseinheit „Industrielle Werkzeugfertigung“. Neben sozialgeschichtlichen Aspekten informiert hier ein weiterer Schwerpunkt über das industrielle Gesenkschmieden, nach wie vor ein wichtiger Produktionsschritt in der Werkzeugindustrie. Angegliedert sind weitere Großobjekte, die zwar mit der Werkzeugproduktion in einem Zusammenhang stehen, thematisch jedoch darüber hinaus weisen. Dies ist zum einen der weltweit erste Produktionsofen zur Herstellung von hochwertigem Elektrostahl (1906 von Richard Lindenberg in REMSCHEID-Hasten in Betrieb genommen). Zum anderen ist es eine Exponatgruppe mit Modellen und Original-Versuchs-Walzanlagen zur Herstellung nahtloser Röhren, entwickelt von Max Mannesmann (1857-1915) und dessen Bruder Reinhard (1856-1922).

Ganz aktuell schließlich die Ausstellungseinheit „Moderne Werkzeuge – Moderne Fertigung“: Neue Organisationsformen, neue Verfahren im Fertigungsfluss, neue Produkte aus innovativen Werkstoffen und hochpräzise Methoden der Qualitätssicherung bestimmen heute den Alltag der Werkzeugindustrie.

Leider verflog die Zeit für unsere sachkundige Besuchsgruppe viel zu schnell. Jedoch hatten wir somit für die Heimfahrt ausreichend Gelegenheit, um die eine oder andere technische Fragestellung weiter zu diskutieren.

Kameradschaft AACHEN/ESCHWEILER
Autor: Oberstleutnant a.D. Steibel