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Die Ausrichtung der TSH im Kontext der Befähigung zur Landes- u. Bündnisverteidigung

Der Prozess der Refokussierung der Bundeswehr auf die Landes- und Bündnisverteidigung wurde nach dem Russischen Angriff auf die Ukraine im Februar 2022 deutlich beschleunigt. Diese Zeitenwende hat natürlich auch signifikanten Einfluss auf die TSH als eine zentrale Ausbildungseinrichtung des Heeres.

Soldaten der Streitkräfte (SK) der UKR wurden und werden an der TSH an den von Deutschland gelieferten Waffensystemen ausgebildet.

Die gesamte Ausbildung an der TSH, d.h. Inhalte, Organisation, Verfahren und Strukturen – einschließlich der Abläufe zu deren Bedarfsdeckung, ist im Lichte der aktuellen Herausforderungen unter den Schlagworten Flexibilisierung, Digitalisierung und Optimierung auf den Prüfstand zu stellen. Es gilt, sämtliche Ressourcen bestmöglich zu nutzen, Handlungsbedarfe zu identifizieren und notwendige Anpassungen in den Prozess der Weiterentwicklung der TSH zielgerichtet einzubringen. Dies bedeutet u.a., neben der verstärkten Integration von Leistungen Dritter, gerade auch die Implementierung moderner Ausbildungstechnologien stringent weiter voranzutreiben und innovatives Potential im Rüstungsprozess zu identifizieren.

Ausbildungsunterstützung UKR SK durch die TSH

An der TSH wurden UKR IHKr an der PzH 2000 ausgebildet - Im Bild: IHKr der enhanced Forward Presence Battle Group in Rukla/Litauen. Blauer Bund
An der TSH wurden UKR IHKr an der PzH 2000 ausgebildet – Im Bild: IHKr der enhanced Forward Presence Battle Group in Rukla/Litauen. ©2022 Bundeswehr/Florian Sorge

Die TSH führt seit Mai 2022 die Ausbildungsunterstützung (AusbUstg) UKR Instandhaltungskräfte (IHKr) an der PzH 2000 durch. Die AusbUstg wurde entlang weiterer Waffenlieferungen an die UKR Mitte des Jahres auf den Raketenwerfer MARS II und das geschützte Führungs- und Funktionsfahrzeug DINGO 2 ausgeweitet.

Auch am Raketenwerfer Mars wurden UKR IHKran der TSHausbebildet; Im Bild: Raketenwerfer Mars II feuert eine Rakete aus der Stellung heraus beim Mars II Schießen vom Artilleriebataillon 345 auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr. Blauer Bund
Auch am Raketenwerfer Mars wurden UKR IHKran der TSHausbebildet; Im Bild: Raketenwerfer Mars II feuert eine Rakete aus der Stellung heraus beim Mars II Schießen vom Artilleriebataillon 345 auf dem Truppenübungsplatz Grafenwöhr. ©2022 Bundeswehr/Mario Bähr

Vorbereitung und Durchführung der Sondertrainings erfolgten unter hohem zeitlichem Druck und mit großer sicherheits- und außenpolitischer Wirkung.

Auch an den von DEU bereitgestellten DINGO 2 wurden UKR IHKr an der TSH ausgebildet. Im Bild: Ausbildung am Fahrzeug Dingo 2 an der TSH in Aachen. Blauer Bund
Auch an den von DEU bereitgestellten DINGO 2 wurden UKR IHKr an der TSH ausgebildet. Im Bild: Ausbildung am Fahrzeug Dingo 2 an der TSH in Aachen. Bundeswehr/Roberto Pfeil

Auch wenn der Auftrag – mit nachhaltiger Unterstützung durch externe Dienststellen – erfolgreich durch die TSH ausgeführt wurde und wird, so zeigt die AusbUstg UKR IHKr auch die Grenzen der TSH im Rahmen der Bereitstellung zusätzlicher, über die eigentliche Trainingsplanung des Ausbildungsjahres hinausgehender Ausbildungskapazitäten auf. Die Belastung für Ausbildungs- sowie Unterstützungspersonal, Dolmetscher und Sprachmittler ist erheblich, Verdrängungseffekte auf nationale Trainingsbedarfe sind signifikant.

Einbindung von Leistungen Dritter in die technische Ausbildung der TSH

Die heutige Soll-Organisation der TSH leitet sich im Kern aus dem Ergebnis der in 2015 durchgeführten Lehrer- u. Hörsaalbedarfsrechnung ab. Diese entspricht nicht mehr den aktuellen Ausbildungsbedarfen. Einmal entstandene Defizite in der Bedarfsdeckung können kaum kompensiert werden, da die Soll-Organisation der TSH keine flexiblen Trainingskapazitäten vorsieht. Vielmehr ist externe Unterstützung, z.B. durch die Beistellung von – auch in der Truppe nur sehr begrenzt dafür verfügbarem – Ausbildungspersonal, erforderlich.

Zudem bieten sich Ausbildungskooperationen mit der Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) GmbH oder mit multinationalen Partnern sowie die Einbindung von Industrieausbilderkapazitäten an. Vertreter der TSH führen dazu derzeit eine Vielzahl von Abstimmungsgesprächen. Absicht ist es, bereits im kommenden Jahr in diesem Handlungsfeld signifikante Fortschritte zu erzielen.

Ausbildungskooperation mit der HIL GmbH

Die HIL GmbH ist integraler Bestandteil des Logistischen Systems der Bundeswehr und maßgeblicher Instandhaltungsdienstleister für Landsysteme der SK. Die Umsetzung der ministeriell gebilligten Unternehmensstrategie der HIL GmbH bis 2031 führt zu einem erheblichen personellen Regenerations- und Ergänzungsbedarf. Bereits jetzt gibt es einen hohen Bedarf an Erst- und Zweitausbildungen für Instandsetzungspersonal, der sich in den folgenden Jahren durch beabsichtigte Neueinstellungen weiter steigern wird.

Die TSH beabsichtigt auch bei der Ausbildung von IHKr eine Partnerschaft mit der HIL GmbH; Logo: HIL GmbH Blauer Bund
Die TSH beabsichtigt auch bei der Ausbildung von IHKr eine Partnerschaft mit der HIL GmbH; Logo: HIL GmbH

Die HIL GmbH verfügt über qualifiziertes und erfahrenes Instandsetzungsfachpersonal, das bei individueller Eignung („Können und Wollen“) als Ausbildungspersonal für die TSH gewonnen und qualifiziert werden kann. Seit 2021 wird daher die Einbindung von Ausbildern der HIL GmbH zur kooperativen Ausbildung von militärischen IHKr und HIL-Mitarbeitern an der TSH erfolgreich erprobt. In der nun fast zweijährigen Pilotphase konnten deutliche Synergieeffekte („win-win“) im Rahmen der Ausbildungsbedarfsdeckung der SK und der HIL GmbH identifiziert werden. Ziel ist die Erarbeitung einer auf Dauer angelegten Kooperationsvereinbarung mit einer gesicherten und planbaren paritätischen Ressourcen- u. Lehrgangsplatzteilung für SK und HIL GmbH, um so die Ausbildungsbedarfe von SK und HIL GmbH flexibel zu decken.

Kooperative Ausbildung mit multinationalen Partnern

Ähnlich geartete Synergieeffekte bestehen im Rahmen der gemeinsamen Ausbildung mit internationalen Partnern.

Der Wechsel bei gemeinsam genutzten Landsystemen von einer national ausgerichteten Ausbildungsorganisation hin zu einem multinationalen Ausbildungsverbund generiert deutliche Vorteile für alle Beteiligten und ist mit Blick auf die grundsätzliche Relevanz von Multinationalität im militärischen Kontext in vielerlei Hinsicht folgerichtig. Neben dem optimierten Ressourceneinsatz werden zusätzlich interoperable Instandsetzungsfähigkeiten aufgebaut, die auch bei multinationalen Übungen und in Einsätzen dazu beitragen können, den logistischen Footprint beherrschbar zu halten. Zu erwartende beiderseitige Vorteile lohnen den Aufwand, insbesondere die Überwindung der nicht zu unterschätzenden Sprachbarriere sowie die Beantwortung noch offener rechtlicher Fragestellungen.

Mit den NLD SK werden entsprechende Kooperationen bereits im Rahmen der Ausbildung an der PzH 2000 und am FENNEK sehr erfolgreich praktiziert. Dabei werden Ausbildungsmittel und Infrastruktur gemeinsam genutzt. In 2023 wird die Ausbildungserweiterung auf den TPz FUCHS angestrebt. Diese Ausbildung wird in englischer Sprache erfolgen.

Neben weiteren Systemen bietet gerade auch der GTK BOXER vielfältige Möglichkeiten zur Multinationalisierung der technischen Ausbildung. Erste Gespräche mit der GBR Seite sind dazu für Januar 2023 geplant.

Auch NDL und GBR gehören zu den Nuternationen des BOXER. Mit diesen Ländern möchte die TSH bei der Ausbildung kooperieren. Im Bild: Reinigung eines NDL BOXER der (VJTF) nach der Übung Wettiner Heide. Blauer Bund
Auch NDL und GBR gehören zu den Nuternationen des BOXER. Mit diesen Ländern möchte die TSH bei der Ausbildung kooperieren. Im Bild: Reinigung eines NDL BOXER der (VJTF) nach der Übung Wettiner Heide. Bundeswehr/Marco Dorow

 

Einbindung von Industrieleistungen in die technische Ausbildung

Die großen Systemhäuser der Rüstungsindustrie verfügen über umfangreiche Ausbildungskapazitäten. Diese Kapazitäten wurden bereits in der Vergangenheit durch die Bundeswehr und andere Armeen genutzt. Die Einbindung von Ausbildungskapazitäten der Industrie – z.B. durch Abruf aus Rahmenverträgen – bietet eine zweckmäßige zusätzliche Möglichkeit, um Trainingskapazitäten der TSH flexibel zu nutzen bzw. bedarfsgerecht anzupassen. Daher wird derzeit im engen Zusammenwirken mit der Industrie und zuständigen Stellen (AusbKdo, BAAINBw) geprüft, wie eine derartige Kooperation realisiert werden kann.

Implementierung moderner Ausbildungstechnologien

Zusätzlich zur ressourcenoptimierten, flexibilisierten Auslastung der TSH ist die Ausbildung auch an die stetig steigenden technischen Anforderungen anzupassen. Dies ist eine Daueraufgabe.

Den Herausforderungen einer großen Variantenvielfalt an komplexen Landsystemen bei zum Teil kleinen Stückzahlen ist auch mit der zielgerichteten Anwendung moderner Ausbildungstechnologien zu begegnen. Mit digitalisierter Ausbildung und darauf angepasster Didaktik und Methodik lassen sich Ausbildungsinhalte in Kombination von Fernausbildung und Präsenzzeiten effizient und effektiv vermitteln.

Durch die Nutzung moderner Technologien von 3D-Animationen über Mixed Reality (MR) bis hin zum Einsatz von Fehlersimulatoren bei komplexen Systemen stellt die TSH eine qualitativ hochwertige, zukunftsfähige Ausbildung sicher.

Auch an der TSH im Einsatz: AR/VR-Brillen für die Ausbildung der IHKr am LEGUAN; Im Bild: Die Ausbildungseinrichtung der Heeresflieger verfügen über moderne Ausbildungstechnologie, wie hier VR(Virtuelle Realität)-Brillen. Blauer Bund
Auch an der TSH im Einsatz: AR/VR-Brillen für die Ausbildung der IHKr am LEGUAN;
Im Bild: Die Ausbildungseinrichtung der Heeresflieger verfügen über moderne Ausbildungstechnologie, wie hier VR(Virtuelle Realität)-Brillen. Bundeswehr/Alexander Bozic

Das an der TSH etablierte MAT-Autorenteam (MAT: Moderne Ausbildungstechnologie) besitzt die Kompetenz, technische Ausbildungsinhalte mittels 3D-Software so zu visualisieren und zu animieren, dass diese anschließend digital in der Ausbildung nutzbar sind. So werden durch das Autorenteam moderne Ausbildungshilfsmittel – vom Tablet bis zur Augmented-/Virtual-Reality (AR/VR)-Brille – erprobt und deren Nutzen für die technische Ausbildung bewertet. Beim Brückenlegepanzer LEGUAN werden z.B. durch den Rückgriff auf Anwendungen der erweiterten virtuellen Realität (MR) komplexe technische Vorgänge für die Ausbildung aufbereitet und digital animiert. Das Innovationspotenzial einer simulationsbasierten und Netzwerk-gestützten Ausbildung, insbesondere bei komplexen Landsystemen, ist groß. Simulatoren werden niemals die praktische Ausbildung am Gerät vollends ersetzen können, gleichwohl wird an der TSH der Weg der Implementierung moderner Ausbildungstechnologien konzeptionell, organisatorisch, strukturell, materiell sowie inhaltlich konsequent und mit Nachdruck fortgesetzt. Zur weiteren Ausplanung, Steuerung und Überwachung sämtlicher Maßnahmen wird ablauforganisatorisch ein Koordinationselement eingerichtet.

Weiteres Vorgehen

Neben den bereits beschriebenen Handlungsfeldern erzeugt auch die Qualität der Ausbildungs- u. Unterbringungsinfrastruktur an der TSH erheblichen Handlungsdruck. Die umfänglichen Bedarfe sind identifiziert und der Infrastrukturprozess ist in allen Bereichen nachhaltig angestoßen; von einer Realisierungszeit bis weit in die 2030er Jahre ist auszugehen.

Ausbildungsorganisation, Trainingsmanagement und Ausbildungsinhalte werden derzeit bis Ende des Jahres TSH-intern untersucht; die entsprechenden Erkenntnisse werden in einem „Gedankenpapier“ zusammengefasst und auf dem Dienstweg gemeldet. Ziel ist es, auf Basis dieser Überlegungen Prozesse zur Neuausrichtung der TSH anzustoßen bzw. umzusetzen.

Verkleinerung des logistischen Fußabdrucks der IHKr des Heeres

An der TSH gehen das Streben nach Optimierung der Ausbildung sowie Identifizieren von Innovationspotential im Rüstungsprozess Hand-in-Hand. Dazu abschließend ein Beispiel:

Die Vielfalt genutzter Waffensysteme und deren stetig steigende technische Komplexität sowie der Einsatz von BwFPS-Fahrzeugen sind wesentliche Ursachen für eine – aus logistischer Sicht – überbordende und unkoordinierte Ausstattung der IHKr mit Werkzeugen, Sonderwerkzeugen sowie Werkzeug-/Werkstattausstattungen.

Der Bereich Technik/Logistik an der TSH verfügt vor allem mit dem „Fachbereich querschnittliche Werkzeuge“ über umfassende Kompetenz zu Werkzeugen für sämtliche Landsysteme. Aus dem Fachbereich wird jetzt in einem ersten Schritt der Versuch gestartet, die Ausstattung mit querschnittlichem Werkzeug zielgerichtet zu strukturieren und minimieren.

Ein kleiner Teil des querschnittlich verfügbaren Werkzeugs (hier: Werkzeugausstattung, Mechaniker, allgemein). Fallmöglich soll nur querschnittliches Werkzeug zur Instandhaltung genutzt werden. Blauer Bund
Ein kleiner Teil des querschnittlich verfügbaren Werkzeugs (hier: Werkzeugausstattung, Mechaniker, allgemein). Falls möglich, soll nur querschnittliches Werkzeug zur Instandhaltung genutzt werden. Bundeswehr/TSH, Ber T/L

Dazu soll künftigen Auftragnehmern von Rüstungsprojekten eine neu generierte Auflistung der bei den IHKr bereits verfügbaren querschnittlichen Ausstattung übergeben werden. Damit ist die Auflage verbunden, möglichst sämtliche IH-Arbeiten mit diesem Werkzeug zu ermöglichen und auf den Einsatz von Sonderwerkzeug weitestgehend zu verzichten. So sollen die Fähigkeit zum mobilen Einsatz der IHKr erhöht, der Gesamtumfang an Werkzeugen minimiert und die verfügbaren Haushaltsmittel noch wirtschaftlicher verwendet werden. Erste Besprechungen zum Vorhaben zunächst mit den Verantwortlichen im Amt für Heeresentwicklung sind für November 2022 vorgesehen.

Zusammenfassung

Instandsetzungspersonal aller Ebenen muss und wird mit qualitativ hochwertiger Ausbildung auch zukünftig bestmöglich befähigt werden, Landsysteme unter allen Bedingungen, in Frieden, Krise und Krieg, instand zu halten. Für die TSH ist dieses Rational handlungsleitend!

BrigGen Dirk Kipper, Kommandeur der Technischen Schule des Heeres, informierte über Aktuelles aus der TSH. Blauer Bund
BrigGen Dirk Kipper, Kommandeur der Technischen Schule des Heeres, informierte über Aktuelles aus der TSH.

Text: Brigadegeneral Dirk Kipper, Kommandeur der Technischen Schule des Heeres
Anm. Red.: Dieser Artikel steht im Zusammenhang mit dem Vortrag des Autors bei der Informationsveranstaltung des Blauer Bund e.V. im November 2022

Termine in den Kameradschaften

 

An dieser Stelle möchten wir wieder regelmäßig auf die Veranstaltungen der Kameradschaften im Blauen Bund hinweisen.
Erfreulicher Weise sind die Hürden nicht mehr so hoch.

Bonn
Mitgliederversammlung
11.01.2023
Bonn;

Bad Neuenahr/Ahrweiler
Vortrag der BWI – IT-Systemhaus der Bundeswehr
26.01.2023
Meckenheim;

Ulm/Dornstadt
Stammtisch
18.01.2023
Dornstadt;

Aachen/Eschweiler
Besuch Fernmeldemuseum Aachen
31.01.2023
Aachen;

Zentrum für Verifikation der Bw
16.03.2023
Geilenkirchen;

Containerbahnhof Köln-Eifeltor, ggf. mit Motorworld Köln
April 2023
Köln

Die Operative Leitlinie (OpLL) der FRA LaSK – Concept d’emploi des forces terrestres (CEFT) 2020-2035

Das FRA H befindet sich seit der Wahl Emmanuel Macrons (M.) zum frz. Staatspräsidenten im April 2017 in einem stetigen Modernisierungsprozess. Ministerin der Streitkräfte Florence Parly resümierte, M. habe dabei sehr stark unterstützt und „die Streitkräfte ins Zentrum der Nation gestellt“[1]. Ausgehend vom Anspruch FRA den Status einer „relevanten Macht“ („Puissance“) zu bewahren[2], jederzeit weltweit seine Interessen auch mit militärischen Mitteln durchsetzen zu können und dabei weitgehend unabhängig von den USA – unter Rückgriff auf Koalitionen der Willigen („nation cadré“ – dt.: Rahmennation) – in gaullistischer Tradition zu agieren, wurde unter M. die Finanzierung der Streitkräfte erheblich verbessert und die Modernisierung entschieden vorangetrieben.

Im Rahmen der Operation Serval hatte FRA noch im Jahr 2013 in beeindruckender Weise, jedoch unter Inkaufnahme hoher Risiken eine schnelle Anfangsoperation durchgeführt. Ziel war es, die von einer militärische Niederlage bedrohte malische Regierung zu stützen und das Land zu stabilisieren[3]. Gegnerische Kräfte waren vor allem die verschiedenen terroristischen Gruppierungen, wie sie auch heute noch (oder wieder) die Region dominieren.

Seither hat sich aus FRA Sicht die geopolitische Lage erheblich und damit die Anforderungen an die frz. LaSK verändert. Unter Staatspräsident M. läuft daher der Umbau des FRA H mit Nachdruck um neuen Bedrohungen gewachsen zu sein.

Verändertes sicherheitspolitisches Umfeld aus FRA Perspektive

Die Erfahrungen der Einsätze, in denen das FRA H weltweit ständig gebunden ist, spiegeln ein verändertes sicherheitspolitisches Umfeld, in dem die Gleichzeitigkeit von Bedrohungen verschiedener Natur (z.B. Terrorismus, Grenzkonflikte, Cyber-Angriffe, Propaganda) und eine stark angestiegene Geschwindigkeit, mit denen Krisen entstehen, einer Anpassung des bisherigen Konfliktmodells (Frieden – Krise – Krieg) hin zu einer Abfolge von Rivalität – Konkurrenz – Kampf bedurften.

Konfliktmodell FRA SK Blauer Bund
Konfliktmodell FRA SK

Sich grundsätzlich ständig in der Phase des Wettbewerbs von Staaten, Gesellschaftsmodellen und politischen Systemen befindend, wird die Konkurrenz mit friedlichen Mitteln in den Dimensionen Politik, Wirtschaft, Kultur und Militär, materiell sowie immateriell ausgetragen. In der Anfechtung wird ein Konkurrent zum de-facto Gegner, der danach trachtet ein strategisches Ziel zu erreichen, indem er Mittel verwendet, die noch akzeptiert und nicht unmittelbar als offener Konflikt wahrgenommen werden. Im Konflikt werden Streitigkeiten mit militärischen und anderen Mitteln offen ausgetragen, bis zum Konflikt hoher Intensität („engagement de haute intensité“).

Dabei betonte général d’armée Thierry Burkhard (56), FRA Generalstabschef – CEMA – (Chef d’État-major des Armées) im Herbst 2021, dass es dabei vor allem gelte den „Krieg vor dem Krieg“ zu gewinnen. D.h. mit den Fähigkeiten der Streitkräfte in allen Phasen in der Lage zu sein, einen entsprechenden Beitrag leisten zu können, um zu verhindern, dass es überhaupt zu einer bewaffneten Konfrontation komme. Diese bleibe die seltenere Form der Auseinandersetzung, auf die man sich aber als die schwerste Herausforderung vorbereiten müsse.[4]

Aus Sicht des général d’armée Pierre Schill (55), seit 14. Juli 2021 neuer Chef des FRA H – CEMAT – (Chef d’État-major de l’Armée de Terre), zeichnet sich nach diesem Verständnis die Dimension Land (le milieu aéroterrestre) durch eine hohe Fragmentierung, eine hohe Sättigung an materiellen und immateriellen Einflussfaktoren sowie eine hohe Komplexität, die durch Technologiesprünge noch verschärft wird, aus. Um diesen Herausforderungen gerecht zu werden, müssen die Landstreitkräfte (LaSK) die moralische und mentale Resilienz steigern, die Digitalisierung beherrschen und die Integration autonomer Robotersysteme vorantreiben. Diese sollen die Einheiten der LaSK verstärken und ihre Leistungsfähigkeit multiplizieren. In diesem Zusammenhang sind die Programme SCORPION (neue digitalisierte und vernetzte geschützte Plattformen, seit 2020 in der Einführung), VULCAIN (Robotisierung) und das darüberhinausgehende langfristige Fähigkeitsprogramm TITAN 2040 zu sehen, welches SCORPION, MGCS (Main Ground Combat System) und andere Systeme zu einem Verbund zusammenführen soll.

Neben den konventionellen Streitkräften bildet die „force de frappe“, die Nuklearstreitkräfte FRAs (luft- und seegestützt), den Kern der Nationalen Verteidigung und Basis der Unabhängigkeit als eine von fünf (offiziell erklärten) Nuklearmächten. Dies ist bei der Bewertung der französischen konventionellen LaSK zu bedenken, da man sich immer auf die letzte Option des Einsatzes von Nuklearwaffen zum Schutze FRAs berufen kann.

Beitrag des FRA H zu den strategischen Aufgaben der SK

Der Französische Kampfpanzer Leclerc; Blauer Bund
Der Französische Kampfpanzer Leclerc; Foto FRA SK/ Armée de Terre

Im Weißbuch der Verteidigung (Livre blanc) 2008 wurden erstmals fünf strategische Funktionen definiert, die in den Aktualisierungen 2013 und der ergänzenden strategischen Vorausschau (Revue stratégique de défense et de sécurité nationale) 2017 Erwähnung finden („connaissance et anticipation, prévention, intervention, protection-résilience et dissuasion“, zu dt. Aufklärung und Vorausschau, Prävention, Intervention, Schutz-Resilienz und Abschreckung). Schill sieht „das große Fähigkeitsspektrum und (die) Gefechtserfahrung“ der frz. LaSK als „einzigartig in Europa“ und die LaSK damit in der Lage, auf jede Art von Krise zu reagieren und eine Palette von Handlungsmöglichkeiten anzubieten.

Der Beitrag zu den strategischen Funktionen wird u.a. durch permanenten Einsatz in Auslandsmissionen, Vorausstationierung in den Überseeterritorien und Partnernationen (forces prepositionnées), hartes Training und Ausbildung, Spezialkräfte, operative Partner (z.B. Koalitionen der Willigen) sowie den Brigaden (Brig) des FRA H erbracht.[5]

Diese Mittel und Kräfte sollen gleichsam als Sensoren zur Einschätzung des strategischen Umfeldes beitragen, den politischen Willen untermauern, einen Gegner frühzeitig zum Einlenken zwingen und, falls nötig, das Gefecht in einer größeren Auseinandersetzung führen.

Mit den einzigartigen Fähigkeiten von LaSK (lange Stehzeit im Einsatz, Fähigkeit zum Nehmen und Halten von Gelände, Glaubwürdigkeit und Umkehrbarkeit, skalierbarer Einsatz im Heimatland („l’Hexagone“) und im Einsatzland, Beitrag zu schnell verlegbarem Kräftedispositiv / nat. Krisenreaktionskräfte (System GUÉPARD), Teilnahme an Informationsoperationen, Bereitstellung von Kräftedispositiven mit vielen verschiedenen Fähigkeiten) leistet das FRA H damit einen entscheidenden Beitrag, müsse aber stets „Plug-In“-fähig sein, um mit anderen Kräften oder Fähigkeitsträgern zivil wie militärisch zusammen wirken zu können.

Das Zusammenwirken der unterschiedlichen Fähigkeiten des Heeres in seinen vielfältigen Rollen haben unmittelbarer Wirkungi n andere Dimensionen hinein, wie die Spezialkräfte des Heeres, Aufklärung, Kampfunterstützung (Flugabwehr/Luftverteidigung und Pioniertruppen), Koordination des Kampfes in der Tiefe, Logistik, Überwachen des rückwärtigen Raumes, End-to-End-Verbindungen der digitalen Kräfte, Teilnahme an Informationsoperationen sowie an amphibischen oder luftgestützten Operationen, müssen koordiniert und „de-conflicted“ werden um aus den Beiträgen der Multiplikatoren einen echten Mehrwert zu generieren.

Grundsätze beim Einsatzes von LaSK

Einsatz Tigre von Landungsschiff Blauer Bund
Einsatz Tigre von Landungsschiff, Foto: A. ROINÉ/ECPAD

Das FRA H stellt in seiner derzeitigen Struktur („Au contact“) mit einem Korpshauptquartier („corps de réaction rapide“; Rapid Reaction Corps / RRC-FR in Lille) als taktisches Hauptquartier unterhalb des Führungskommandos der Landstreitkräfte (commandement de forces terrestres – CFT, ebenfalls in Lille) den Nukleus der FRA LaSK. Das CEFT definiert innerhalb eines Kapitels Grundsätze für den Einsatz des Korps und das Zusammenwirken mit unterstellten Verbänden sowie Nachbarn. Gem. CEFT wird dem Korps eine frz. Division mit zwei Brigaden und ggf. mehrere Divisionen von Partnernationen unterstellt. In den Grundsätzen ist damit auch die Basis für die Rolle der LaSK als Rahmen für eine ad-hoc Koalition gelegt, so wie M. dies seit einiger Zeit regelmäßig postuliert (und dabei TF TAKUBA als Beispiel anführt). Aus Erfahrungen in Einsätzen, aber vor allem auch aus der Teilnahme der US-Übungsserie WARFIGHTER, werden Funktionen des Korps und der Führung der ihm unterstellten Truppenteile definiert.

So befasst sich der erste Abschnitt mit der Raumordnung. In einem Operationsumfeld, das durch große, z.T. voneinander getrennte Räume und Gleichzeitigkeit geprägt ist (Anlehnung an Multi-Domain-Warfare) komme es entscheidend auf die Raumordnung und eine angepasste Führungsorganisation an. Die Raumordnung wird in kurzen Beispielen für Boden- und Luftraumordnung sowie Aspekte des Cyberspace, dargestellt um ein Verständnis für die Herausforderung zu entwickeln.

Die Führungsorganisation solle in einer „Kaskade“ von Gefechtsständen disloziert die Führungsfähigkeit in jeder Lage sicherstellen. Die in den LaSK dabei vorherrschende vertikale Organisation wird als Widerspruch zur allg. vorherrschenden Matrixorganisation gesehen, deren Vorteil aber nicht nur in der schnellen und verzugslosen Weitergabe der Absicht der übergeordneten Führung liegt, sondern vor allem in der Elastizität und der Befähigung der Führer auf allen Ebenen unabhängig Entscheidungen zu treffen. Insbesondere im sog. „mode dégradé“ oder „alternatif“ (dt. etwa „Zustand eingeschränkter Führungsfähigkeit“) kommen demnach die Stärken einer dislozierten Führung und größerer Freiheitsgrade zum Tragen. Man sei also grundsätzlich zukunftsfest und müsse in der Führerausbildung noch mehr Wert auf eigenständiges Denken und Handeln legen.

In einem weiteren Abschnitt des Kapitels über das Korps werden Aufgaben von Division und Brigaden beschrieben. Im Rahmen der Operationsführung kann demnach eine Division unter dem Befehl eines Korps stehen oder selbst die Funktion eines Land Component Command (für kleinere Operationen) wahrnehmen und übernimmt in dieser Funktion die Synthese von operativem Plan und taktischer Befehlsgebung. Die Division ist die erste Führungsebene die zum autonomen Gefecht befähigt ist und verfügt dafür in einem groupment de soutien divisionnair (GSD; dt. Logistischer Unterstützungsverband Division) über alle notwendigen nationalen Unterstützungsleistungen sowie die der integrierten Verbündeten. Organisch als Divisionstruppen unterstellte Aufklärungs- und OpKom/Cyber-Komponenten runden das Fähigkeitsportfolio der Division ab.

Die der Division unterstellten Brigaden sind je nach ihrer Spezialisierung mit bestimmten Waffensystemen ausgestattet die sie für den konkreten Einsatz besonders befähigen. Trotz der Spezialisierung findet die streitkräftegemeinsame Auftragserfüllung auch auf der Brigadeebene vollständig Anwendung. Führung und Unterstützung sind auf dieser Ebene hochmobil und ggf. geschützt bzw. gehärtet geplant. Insbesondere für den Einsatz einer mechanisierten (schweren) Brigade ist davon auszugehen, dass sie aufgrund des Operationstempos, der Störfähigkeiten des Gegners und der Herausforderungen der Topographie ggf. nicht mehr unmittelbar durch die übergeordnete Ebene geführt werden können und somit autark und zu selbstständigem Handeln zu befähigen sind.

Zusammenfassung und Bewertung

Robotik im Programm VULCAIN Blauer Bund
Robotik im Programm VULCAIN; Bild: FRA SK,/1er régiment de tirailleurs

Das CEFT ist ein gut verständnliches Grundlagendokument zum Schaffen eines gemeinsamen Verständnisses des Einsatzes von LaSK für Führer aller Ebenen aus dem Heer und anderer Kommandobereiche sowie von Partnernationen. Es bildet gleichsam den Ausgangspunkt für weitere doktrinäre Dokumente, die sich derzeit in der Erarbeitung befinden. Das Dokument entspricht den spezifischen nationalen Anforderungen FRAs und knüpft zugleich an die NATO-Doktrinlandschaft an.

 Trotz Parallelen in der Analyse und dem Verständnis des sicherheitspolitischen Umfeldes ergeben sich aus FRA Sicht andere Anforderungen an LaSK, als beispielsweise für DEU oder POL. Der selbstgestellte Anspruch an die SK insgesamt weltweit in Konflikten aller Intensitätsstufen einsetzbar zu sein und dabei den Kampf gegen hochgerüstete Gegner, vor allem in der südlichen Peripherie Europas mit seinen weiten Räumen in Nord- und Zentralafrika und zum Schutz der eigenen Territorien in Übersee führen zu können, erfordert andere Fähigkeiten als die zentraleuropäischer SK, die in erster Linie eine Abschreckung RUS vorsehen.

In diesen unterschiedlichen Sichtweisen bestehen möglicherweise Sollbruchstellen für eine Zusammenarbeit (Was muss ein zukünftiges Hauptwaffensystem der LaSK können? Verlegbarkeit vs. Schutz vs. Wirkung), die frühzeitig mitgedacht werden müssen um nicht im Verlauf der kommenden Jahre ein Scheitern dieser, auch für die europäische Verteidigung wichtigen Projekte zu gefährden. Eine reine politische Kooperationsabsicht könnte langfristig nicht ausreichen um unterschiedliche Anforderungen zu überbrücken. Gleichzeitig bieten diese Unterschiede gerade für Ausbildung und Übung sowie gemeinsam geführte Einsätze potentiell Synergien, die das Fähigkeitsspektrum europäischer Verteidigung erweitern können.

Der Schlüssel zur Erfüllung des Anspruchs an die strategische Autonomie Frankreichs findet sich schlussendlich in der nuklearen Abschreckungsfähigkeit. Mittel und Methoden hybride Kriegsführung bedrohen die eigene nationale Sicherheit jedoch jederzeit, auch unterhalb der Schwelle eines Krieges, und erfordern ggf. den Einsatz der konventionellen Streitkräfte. In deren Lastenheft steht zwar die Landes- und Bündnisverteidigung, die jedoch mit höherer Wahrscheinlichkeit zum Heimatschutz (Cyberabwehr, Weltraum, Objektschutz) und weltweit gegen Regionalmächte oder Terrorgruppen zum Einsatz kommen werden. Daraus ergibt sich die Notwendigkeit, sich nicht nur doktrinär und strukturell, sondern auch mit entsprechender Ausrüstung darauf einzustellen. FRA LaSK müssen vor allem schnell verlegbar, durchsetzungsstark und im gesamten Fähigkeitsspektrum autark sein, um nach kurzer Entscheidung durch den Staatspräsidenten weltweit FRA Interessen und Überseeterritorien schützen zu können.

Für das Deutsche Heer bedeutet dies Anknüpfpunkte zu suchen, wo FRA LaSK die eigenen, zunehmend auf Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) zu konzentrierenden Fähigkeiten ergänzen können. Dies ist zum Beispiel bei Einsatzgrundsätzen, Ausstattung und Gliederung mittlerer Kräfte sowie dem Einsatz in unterschiedlichen Klimazonen und amphibischen Operationen der Fall. Wer LV/BV kann, kann auch Kampf gegen irreguläre Kräfte und Stabilisierung, jedoch sind die Mittel und Wege durchaus unterschiedlich. FRA LaSK bieten hier Erfahrung und Anknüpfpunkte, um das Fähigkeitsportfolio des DEU H zu ergänzen und auch zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit deutscher Außen- und Sicherheitspolitik gehören. Gleichzeitig kann das FRA H von den deutschen Erfahrungen beim Führen mit Auftrag und schweren Kräften profitieren.

Der Angriff RUS auf die UKR und dem seit einem dreiviertel Jahr andauernden Krieg hat die Führung der frz. LaSK grundsätzlich in ihren Überlegungen zum Kriegsbild und der OpLL (insb. quantitativer Aspekte / Bedarf an größerer materieller und personeller Durchhaltefähigkeit) bestätigt. Ggf. wird es in Zukunft jedoch leichte Anpassungen geben.

Hinweis für den Leser: aufgrund der sprachlichen und doktrinären Unterschiede werden ggf. frz. Begriffe den deutschen ggü. aus Authentitätsgründen bevorzugt.

[1] Ministère des Armées, Discours de Florence Parly, voeux aux armées, Balard, Paris, 21. Januar

2022

https://www.defense.gouv.fr/salle-de-presse/discours/discours-de-florence-parly/discours-de-florence-parly-ministre-des-armees-voeux-aux-armees-le-jeudi-21-janvier-2021-a-balard

[2] CEFT, Seite 5

[3] Shurkin, Michael; „France’s War in Mali – Lessons for an Expeditionary Army“, Santa Monica, CA, RAND Corporation 2014.

https://www.rand.org/pubs/research_reports/RR770.html

[4] Ministère des Armées, Vision Stratégique du CEMA 2021

https://www.defense.gouv.fr/content/download/628900/10435817/file/211022_EMACOM_VisionStrategiqueCEMA_FR_Vdef_HQ.pdf

[5] brigades différencées (dt. „spezialisierte Brigaden; z.B. brigades blindées de décisions (PzBrig / sKr), brigades medianes (MotInfBrig / mKr), brigades amphibie (amphBrig), brigades d’urgences parachutiste (LLBrig), brigade de montagne (GebJgBrig), brigade d’aérocombat (LuftMechBrig) und die bigade franco-allemande (D/F-Brig).

Text: Oberstleutnant i.G. Sascha Nötzel, stellvertretender Heeresattaché, MilAttStab Paris

Zuverlässigkeit und Materialerhaltbarkeit von Landsystemen - Treiber der Lebenswegkosten (LCC) und Leitthema des Symposiums. Bild: BiZBw Biemann Blauer Bund

Symposium „Zuverlässigkeit und Materialerhaltbarkeit von Landsystemen“ – ein Resümee

Nach der Auftaktveranstaltung im Jahr 2019 konnte nun nach zwei Jahren lagebedingter Pause eine Fortsetzung des Symposiums „Zuverlässigkeit und Materialerhaltbarkeit von Landsystemen“ stattfinden. Über 100 Teilnehmer waren geladen.

Die Teilnehmer des Symposiums 2022 Blauer Bund
Die Teilnehmer des Symposiums 2022; Foto: Bundeswehr/Susanne Braun

Die Schirmherrschaft des Symposiums hatten der Abteilungsleiter Kampf des Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, Generalmajor Schmidt, und der Leiter der Wehrtechnischen Dienststelle für landgebundene Fahrzeugsysteme, Pionier- und Truppentechnik, Direktor WTD Simon, inne.

Da das Thema des Symposiums nicht nur innerhalb der Bundeswehr brisant ist, sondern auch aufgrund der Medienberichterstattung und nicht erst seit dem Zitat des Generalinspekteurs („Die Bundeswehr steht mehr oder weniger Blank da.“[1]) auch außerhalb der Bundeswehr viel Interesse hervorruft, fand die Veranstaltung dieses Mal auch unter Einbezug Bundeswehr-Externer aus der Industrie und von Instituten statt.

Die Gespräche im Anschluss an die Vorträge waren fruchtbar und intensiv.

Direktor WTD Simon konstatierte, dass wir in Zeiten exponentiellen technischem Wachstums leben und dass sich diese Tatsache insbesondere bei wehrtechnischen Produkten bemerkbar.

Nicht nur die Variantenvielfalt wächst, auch werden die Systeme selbst immer komplexer und somit zunehmend schwieriger beherrschbar.

Beispielsweise darf modernes Fahrzeug, ausgestattet mit einem schadstoffarmen Dieselmotor, im Einsatz nicht aufgrund minderwertigen Kraftstoffes liegenbleiben.

Schadstoffarme Dieselmotoren sind heute vielfach in Bundeswehrfahrzeugen verbaut - hier: im Materiallager in Karlsruhe Blauer Bund
Schadstoffarme Dieselmotoren sind heute vielfach in Bundeswehrfahrzeugen verbaut – hier: Ein Wechselladersystem Lkw 15t mil gl Multi 2 im Materiallager in Karlsruhe ©2022 Bundeswehr/Roland Alpers

Wann immer sogenannte „Tech-of-the-Art“-Produkte zum Einsatz kommen, ist das Risiko hoch. Die Ausfallwahrscheinlichkeit eines neuartigen Produktes kann erst nach einem längeren Beobachtungszeitraum, also Erprobung, reell erfasst werden. Am Beispiel eines Schweizer Uhrwerks, das seine Präzision und Zuverlässigkeit seit vielen Jahrzehnten unter Beweis stellt, ohne dass das grundlegende Konzept geändert wurde, wird dies deutlich.

Der Einsatz handelsüblicher Produkte mag an dieser Stelle zunächst sinnvoll erscheinen. Doch diese sind oft nicht für den harten militärischen Einsatz konzipiert. Daraus erwächst die strikte Forderung, dass diese deswegen ebenfalls und unbedingt auf ihre Einsatztauglichkeit hin ausgiebig erprobt werden müssen.

Der Projektleiter Leopoard 2 stellte in seinem Vortrag fest, dass es Zuverlässigkeit nicht zum Nulltarif gibt.

Am Beispiel der Baugruppeninstandsetzung zeigte er, dass eine gute Versorgung mit Ersatzteilen im ZKA[2] durch falsche Anreize leidet. Ökonomische Entscheidungen wirken sich zu allzu oft nachteilig auf die Zuverlässigkeit aus.

Man wisse, wer billig kauft, kauft zweimal. Dem Soldaten im Einsatz nützt ein Gewährleistungsanspruch wenig, wenn sein System gerade dann ausfällt, wenn er es dringend benötigt.

Der Referatsleiter PlgABw II 3 (5), zuständig für Fähigkeitsmanegement, zeigte auf, dass Bundeswehr-Inhousegesellschaften u. a. Dienstleister (wie z. B. HIL, Bw-Fuhrpark, BWI, BwBM[3]) aktuell nicht vollumfänglich die notwendigen Erfordernisse an die Kaltstartfähigkeit und Kriegstauglichkeit der deutschen Streitkräfte für die Landes- & Bündnisverteidigung erfüllen.

Mögliche Ursachen und Hebel, an denen man ansetzen könnte, wurden genannt aber auch genannt.

In dem für die Bundeswehr festgeschriebenen Verfahren für die Bedarfsermittlung und -deckung von Produkten und Dienstleistungen CPM gibt es bzgl. Zuverlässigkeit keine stringente Aussage über alle Phasen.

In diesem könnte das Projektelement Logistik[4] sowie die Projektbezogenen Logistischen Konzepte[5] optimiert werden.

Auch scheint es im Forderungsmanagement in dieser Hinsicht nur unzureichende Vorgaben zu geben.

Entsprechende techn.-logistischen Forderungen müssten möglichst frühzeitig Bestandteil des Vertrages werden.

Weitere, auch konkrete Lösungsmöglichkeiten wurden aufgezeigt:

Der Vertreter des Wehrwissenschaftlichen Instituts für Werk- und Betriebsstoffe der Bundeswehr (WIWeB) hat gezeigt, dass es Möglichkeiten, schadstoffarme Fahrzeuge im Notbetrieb auch bei unzureichender Kraftstoffqualität nutzen zu können ohne dass sie zwangsläufig ausfallen.

Neue Technologien müssen nicht nur Fluch, sondern können auch Segen sein:

Die Fa. Hutchinson zeigte an Beispielen, wie mit Hilfe neuartiger Werkstoffe Schutzmechanismen für Kraftstofftanks, Reifen, aber auch der Fahrerkabine das Ausfallrisiko landgebundener Fahrzeuge bei Treffereinwirkung reduziert werden kann.

Eine defekte Radbaugruppe vom Transportpanzer Fuchs Radbaugruppen waren gleich zweimal Vortragsthema. Blauer Bund
Eine defekte Radbaugruppe vom Transportpanzer Fuchs; Radbaugruppen waren beim Symposium gleich zweimal Vortragsthema. Foto: Bundeswehr/PAO MINUSMA

Neben materiellen gab es auch organisatorische Ideen:

Eine Standardisierung und somit Reduktion der Vielfalt insbesondere der Baugruppe Rad kann einen wesentlichen zur Vereinfachung der Logistik beitragen. Weitere Möglichkeiten im Supply-Chain-Management, der Serialisierung und Predictive Maintenance, also Voraussagungen darüber zu treffen, welche Bauteile ihre Belastungsgrenze als nächstes erreichen, um genau dort bei der Instandsetzung einzugreifen, nannte der Bereichsleiter Logistik der HIL GmbH.

Notwendige Voraussetzungen dafür wurden auch genannt:

So ist z. B. eine ganzheitliche Betrachtung vom Werkstoff bis zum System anzustreben, um Zuverlässigkeit, Sicherheit und Strukturdynamik exakt bewerten zu können.

Der Erhalt und die Verbesserung der Zuverlässigkeit und Materialerhaltbarkeit von Landsystemen erfordert permanente Anstrengungen in der Zusammenarbeit, zwischen allen Dienststellen im Rüstungsbereich, der Truppe , insbesondere dem Bereich Technik/Logistik aber auch der Industrie.

Dieses Symposium sollte einen Beitrag dazu leisten. Damit der rege Austausch nicht abreißt, wird es 2023 eine Fortsetzung[6] geben. Der geplante Termin ist 14.-16. November 2023. Save the Date!

[1] Tagesspiegel, 24.02.2022

[2] Zustandscode „Alpha“, d. h. neuwertig

[3] Bw Bekleidungsmanagement

[4] PE-Log

[5] PLK

[6] Wehrtechnik Land – BAAINBw K1.1 – Informationen – Wiki-Service Bw (bundeswehr.org)

Veranstaltungsort des Symposiums - das Bildungszentrum der Bundeswehr Blauer Bund
Veranstaltungsort des Symposiums – das Bildungszentrum der Bundeswehr

Text: Wissenschaftlicher Direktor Dipl.-Ing. Jörg Biemann, Bildungszentrum der Bundeswehr

Abb. 4: Mit S/4HANA D&S auf die Technologiewelle kommen, Quelle: LogKdoBw Blauer Bund

Die Bedeutung von S/4HANA für die Logistik

Wenn im Jahre 2023 die letzten sogenannten IT-Alt-Systeme der Bundeswehr aus der Nutzung gehen, steht für die Standard-Anwendungssoftware-Produktfamilien (SASPF) der Bundeswehr der nächste fundamentale Weiterentwicklungsschritt an. Das Ziel heißt: Überführung wesentlicher Komponenten nach SAP S/4HANA.

Was ist S/4HANA?

Der Softwarekonzern SAP Societas Europaea (SE) hat im Jahr 2015 unter der Bezeichnung „S/4HANA“ die vierte Generation seines Betriebsführungssystems Enterprise Resources Planning (ERP) auf den Markt gebracht.

Das „S“ steht für „simple“ und somit für die Vereinfachung der gesamten Datenarchitektur durch Nutzung der In-Memory-Datenbanktechnologie HANA („High Performance Analytic Appliance“) sowie die verbesserte Nutzung durch moderne, personalisierte Oberflächen basierend auf der Technologie SAP Fiori.

Abb. 1: Komponenten von S/4HANA, Quelle: BAAINBw G1.5 - Blauer Bund
Abb. 1: Komponenten von S/4HANA, Quelle: BAAINBw G1.5

S/4HANA ist allerdings mehr als nur der Nachfolger des bisherigen Systems und birgt enormes Optimierungspotenzial in technischer, prozessualer und organisatorischer Hinsicht.

  • Das technische Herzstück von S/4HANA, der so genannte Core, besteht aus branchenübergreifenden Funktionalitäten, mit denen die heute in Wirtschaft und Wissenschaft üblichen Leistungsprozesse abgebildet werden. Er bietet einen offenen Standard, der auf individuelle Nutzerbedürfnisse erweitert und durch aufgabenspezifische Applikationen ergänzt werden kann. Auf diese Weise können die mit der Einführung von SASPF für den Kunden Bundeswehr erstellten, spezifischen Programmanteile, die auch künftig von Bedeutung sind, nach erfolgreicher Kompatibilitätsprüfung in S/4HANA integriert werden. Für den Nutzer bleiben bekannte und bewährte Arbeitsroutinen erhalten.
  • S/4HANA umfasst viele neue Funktionen, die die Art und Weise der Leistungserbringung nachhaltig verändern. Prozesse werden verschlankt, einzelne Prozessschritte können überflüssig werden und neue entstehen. Die Einführung von S/4HANA bietet somit die Chance, das bestehende Prozessmodell über alle Hauptprozesse zu optimieren und für die zukünftige Leistungserbringung fit zu machen. Die von der Bundeswehr seit Jahren angestrebte Prozessorientierung erlebt hierdurch einen deutlichen Push, da es zu einer intensiven und regelmäßigen Prüfung und Anpassung der Prozessmodelle kommen wird, die zu einer höheren Transparenz, größeren Realitätsnähe und verbesserten Steuerbarkeit der Prozessketten entlang von Zielen und Kennzahlen führen.
  • Der Einstieg in die integrative IT-Architektur von SASPF umfasste von Anfang an auch die Chance zur Optimierung der Strukturen der Bundeswehr. SASPF war als Organisationsprojekt angelegt und sollte mehr als nur neue IT-Funktionalitäten bringen. Die – gemäß der vom damaligen Staatssekretär Hoofe herausgegebenen „Agenda Prozessorientierung“ – bis zum Jahr 2025 anvisierte Weiterentwicklung des Geschäftsbereichs BMVg zu einer prozessorientierten Organisation wurde allerdings bisher nicht umfassend umgesetzt. So entstanden in Teilen Strukturen, in welchen Vorgesetzten zusätzliche Prozessrollen übertragen wurden, ohne sie mit der erforderlichen Kompetenz auszustatten, mit der sie ihre Prozessaufgaben gegenüber Rollenträgern innerhalb und außerhalb ihres truppendienstlichen Verantwortungsbereichs durchsetzen können.

Der neue Standard für die Bundeswehr heißt „Defence & Security“

Für Nutzer aus dem Verteidigungs- und Sicherheitssegment wird der an die Bedürfnisse von Industriebetrieben angelehnte, branchenübergreifende Standardfunktionsumfang von S/4HANA um die Branchenlösung „Defense & Security (D&S)“ erweitert.

Im Rahmen einer multinationalen SAP-Nutzergruppe, der sogenannten Defence Interest Group (DEIG), identifizieren derzeit 17 Länder (Australien, Österreich, Kanada, Dänemark, Finnland, Frankreich, Deutschland, Israel, Niederlande, Neuseeland, Norwegen, Polen, Singapur, Schweden, Schweiz, Türkei und USA) sowie die NATO Supply and Procurement Agency (NSPA) ihren spezifischen Funktionsbedarf für D&S, stimmen gemeinsame Interessen ab und beauftragen die SAP SE mit der Erstellung eines Lösungsdesigns.

Abb. 2: Struktur, Gremien und Lead Nations der SAP Defence Interest Group (DEIG), Quelle: LogKdoBw Blauer Bund
Abb. 2: Struktur, Gremien und Lead Nations der SAP Defence Interest Group (DEIG), Quelle: LogKdoBw

D&S umfasst derzeit folgende fünf Add-on-Pakete, die automatisch in die technische Weiterentwicklung einbezogen werden:

  • Explosives Management: multinationaler Standard zur Munitionsbewirtschaftung bis auf Ebene Lagerhaus bzw. Teillager Munition;
  • New Force Element: multinationaler Standard zur Abbildung der Organisationsstrukturen für alle Betriebsmodi;
  • Disconnected Operations: multinationaler Standard zur autarkiefähigen Nutzung von SASPF-Funktionalitäten für Verbände, Strukturelemente und einzelne Rollenträger im Offline-Betrieb;
  • Interoperability: multinationaler Standard für den automatisierten, bidirektionalen Transfer von Daten zwischen S/4HANA und IT-Systemen Dritter;
  • Roles & Authorizations: multinationaler Standard zur systemgestützten Zuweisung von Funktionalitäten über Rollen- und Berechtigungen sowie Sicherstellung des Schutzbedürfnisses im Rahmen D&S.

Die Realisierung dieser Zusatzfunktionen wird sämtlich von der SAP SE finanziert. Darüberhinausgehende Entwicklungen sind unter finanzieller Beteiligung der bedarfstragenden Nationen auch künftig möglich. Für die Teilhabe der Bundeswehr werden die Möglichkeiten, hierfür die entsprechende Vorsorge im Bundeshaushalt zu treffen, derzeit geprüft.

Neue Forderungen an die logistische Leistungserbringung

Form und Inhalt der logistischen Leistungen richten sich konsequent am Fähigkeitsprofil der Bundeswehr (FPBw) aus. Danach wird das Zusammenspiel der unterschiedlichen Akteure auf verschiedenen Erbringungsebenen im sogenannten Logistischen System der Bundeswehr (LogSysBw) komplexer. Dies wird am neuen „Haus der Logistik“ deutlich.

Abb. 3: Das neue „Haus der Logistik“, Quelle: LogKdoBw Blauer Bund
Abb. 3: Das neue „Haus der Logistik“, Quelle: LogKdoBw

Der logistische Beitrag ist teilweise parallel in einem Wirkspektrum aus Komponenten der Dimensionen Land, Luft/Weltraum, See und Cyber/IT in Szenaren des Betriebs Inland, in einsatzgleichen Verpflichtungen, im internationalen Krisenmanagement (IKM) und vermehrt im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) zu erbringen. Dieses weite Betätigungsfeld erfordert neben der Nutzung der bundeswehreigenen, organischen Kräfte eine stärkere Abstützung auf Akteure verbündeter Streitkräfte und der gewerblichen Wirtschaft. Die für die einzelnen Waffensysteme erforderliche logistische Unterstützung wird differenzierter, mehrschichtiger und insgesamt komplexer.

Das LogSysBw ist gefordert, alle Akteure, alle Systeme und alle Verfahren in einem integrativen, funktionalen System zusammenzubringen und damit ein ganzheitliches logistisches Gefüge zu schaffen und zu erhalten, das mit deutlichen Vorgaben, klaren Zuständigkeiten und eindeutigen Schnittstellen redundanzfrei funktioniert.

Das wesentliche Gestaltungsmerkmal für das Funktionieren dieses immer komplexer werdenden LogSysBw sind bestmöglich standardisierte Prozesse, die den Rollenträgern in allen Bereichen und auf allen Ebenen größtmögliches Vertrauen in den Wert des eigenen Beitrags und hohe Handlungssicherheit bei der Leistungserbringung geben.

Prozesse sind der Kernfaktor einer funktionierenden IT-Unterstützung. Sie müssen so modelliert sein, dass sie einen größtmöglichen Standard bieten und zugleich die individuellen Anforderungen der Akteure des LogSysBw in allen Dimensionen und den verschiedenen Einsatzszenarien abdecken.

Eine wesentliche Rolle spielen künftig folgende Fähigkeiten:

  • Strategische, operative und taktische Planung und Simulation
  • Prognose von Kräften und Mitteln
  • Prognose des Ausfallverhaltens von Waffensystemen
  • Bedarfsprognosen für Ersatz- und Austauschteile, Betriebsstoffe und sonstige Versorgungsgüter
  • Analyse vergangener Leistungsdaten
  • Autarke Betriebsführung
  • Ganzheitliche Transparenz und Steuerung der Supply Chain
  • Automatisierter Transfer von Stamm- und Bewegungsdaten zu/von IT-Systemen Dritter

Neue Funktionalitäten unter S/4HANA D&S

Mit S/4HANA D&S werden die funktionalen Forderungen der Logistik an die künftige IT-Unterstützung durch eine verbesserte Bedarfsorientierung, höhere Nutzerzentrierung und Zukunftsfähigkeit erfüllt.

Bedarfsorientierung

Prozesse und Waffensysteme erzeugen große Mengen an Daten, sogenannte Big Data, die für die Überwachung, Steuerung und Optimierung der Leistungserbringung in der Bundeswehr von großer Bedeutung und eine bisher wenig genutzte Ressource sind.

Die Nutzung der In-Memory-Technologie auf der HANA-Datenbank beschleunigt die Datenverarbeitung und damit das Antwort-Zeit-Verhalten deutlich. Mit der SAP Analytics Cloud sind künftig Big-Data-Analysen und Lagebilder für den Einzelfall in Echtzeit abbildbar. Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz (KI) führen zum maschinellen Lernen und liefern Prognosen über künftige Materialverbräuche und die optimale Wartungs- und Instandhaltungsplanung sowie die Simulation logistischer und operativer Prozesse. Die Technologie Internet of Things (IoT) liefert künftig aktuelle Sensordaten aus dem operativen Betrieb von Systemen, die über SAP Leonardo ausgewertet und für das Gefechtsfeldmanagement einer laufenden Operation oder zur Koordination des Aufmarschs von Kräften und Mitteln im Rahmen LV/BV genutzt werden können.

Die Disposition von Transporten einschließlich der Sendungsverfolgung von Frachtgut wird über den SAP Transportation Manager möglich, der die Stammdaten über SAP Global Track and Trace mit Geoinformationsdaten verknüpft und sie über das SAP Logistics Business Network mit Versendern, Spediteuren, Transporteuren und Herstellern teilt; eine Funktionalität, die zivile Transportfirmen bereits heute intensiv nutzen.

SAP Integrated Business Planning unterstützt künftig mit dem Steuerungscockpit SAP Supply Chain Control Tower ein aktives Supply Chain Management über die gesamte Wertschöpfungskette. Darin enthalten sind auch Funktionalitäten zur strategischen Planung von logistischen Bedarfen mittels Prognosealgorithmen auf Basis von historischen Verbräuchen und Bedarfen.

Nach dem bereits begonnenen Einstieg in die reaktive Datenpflege wird mit SAP Master Data Governance die Möglichkeit bestehen, Herstellerdaten vor Übernahme nach S/4HANA auf Konsistenz zu prüfen und auf diese Weise einen entscheidenden Schritt hin zur Verbesserung der Datenqualität in Form eines aktiven Datenmanagements zu machen.

SAP Asset Intelligence Management bietet die Möglichkeit des automatisierten Datentransfers zwischen SASPF und Systemen von Dienstleistern. Auf diese Weise arbeiten alle Player auf demselben Datenstand. Funktionalitäten wie der Digitale Zwilling unterstützen ein effizientes Bauzustandsmanagement am Erbringungsort und verkürzen die Durchlaufzeiten der Instandhaltung durch Automatisierung administrativer Arbeitsvorgänge.

Mit der SAP Digital Manufacturing Cloud wird die in der Bundeswehr schon erfolgreich erprobte Additive Fertigung von Material serienreif. SAP SE bietet verschiedene Skalierungsmöglichkeiten für die Implementierung des 3D-Drucks in der Fläche und hat diese unter Nutzung des Moduls SAP Production Planning und Decentral Manufacturing in S/4HANA integriert.

Nutzerzentrierung

Der logistische Akteur steht im Mittelpunkt von S/4HANA.

Er erhält die zur Erbringung seines Beitrags erforderliche Transparenz über die gesamte Prozesskette. Auf den jeweiligen Nutzer zugeschnittene Applikationen und moderne Nutzeroberflächen ermöglichen die intuitive Bedienung sowie die effektive und effiziente Datenverarbeitung. Individuell anpassbare Einstellungen ermöglichen das auf die Rolle zugeschnittene Priorisieren der Tagesaktivitäten und die exakte Analyse der Wirkung zur Optimierung der eigenen Leistungserbringung.

Zukunftsfähigkeit:

Der Einstieg in die Cloud-Technologie sowie regelmäßige S/4HANA-Programmupdates sichern der Logistik den Sprung auf die Technologiewelle und die dauerhafte Teilhabe am technologischen Fortschritt.

Abb. 4: Mit S/4HANA D&S auf die Technologiewelle kommen, Quelle: LogKdoBw Blauer Bund
Abb. 4: Mit S/4HANA D&S auf die Technologiewelle kommen, Quelle: LogKdoBw

Fazit

Die Bedeutung von SAP S/4HANA für die logistische Leistungserbringung der Bundeswehr ist enorm.

SAP S/4HANA erfüllt die Forderungen an eine moderne IT auf ideale Weise und wird auch den Anforderungen der Streitkräfte an die optimierte Leistungserbringung im gesamten Wirkspektrum gerecht.

Mit der Branchenerweiterung D&S werden neue Technologien und Funktionen verfügbar, die die Leistungserbringung im LogSysBw grundsätzlich verändern, bestmöglich automatisieren und den Verbleib auf der Welle des technologischen Fortschritts sichern.

Autor: Oberst i.G. Volker von dem Bach, Gruppenleiter Grundlagen Logistik und Beauftragter des Hauptprozessmanagers Logistik im Logistikkommando der Bundeswehr

 

Newsletter Verteidigung 50/2022

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in dieser Ausgabe finden sie die folgenden Themen:

  • Manfred Opel:Strategie vs. Realität (Teil 2/2)
  • Der Marder – multinational im Gefecht
  • Interview: Krisenkommunikation in der Pandemie
  • Hendrik Pfeiffer – Marathonsoldat mit Adlerschwingen
  • Funktechnologie aus Ulm für die Bundeswehr
  • iMUGS-Demonstration in Lehnin

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Die Beauftragung umfasst die Lieferung von Handfunkgeräten und Fahrzeugfunkgeräten sowie die Möglichkeit der Bestellung weiterer Funkgeräte - Elbit Systems Deutschland Blauer Bund

Bundeswehr erhält moderne Soldatenfunkgeräte

Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) beschafft neue Soldatenfunkgeräte für die Bundeswehr. Nach der parlamentarischen Billigung wurde heute ein Rahmenvertrag mit der Arbeitsgemeinschaft Elbit, vertreten durch die Firma Elbit Systems Deutschland, geschlossen. Die Beauftragung umfasst die Lieferung von Handfunkgeräten und Fahrzeugfunkgeräten sowie die Möglichkeit der Bestellung weiterer Funkgeräte, einschließlich der damit zusammenhängenden Dienstleitungen und des für den Betrieb erforderlichen Zubehörs. Die ersten Geräte sollen bereits im ersten Quartal 2023 an die Bundeswehr ausgeliefert werden. Im Programm D-LBO (Digitalisierung Landbasierter Operationen) werden damit zunächst Integrationsmaßnahmen durchgeführt, bevor die Geräte dann an die Truppenteile ausgegeben werden können.

Diese Beauftragung stellt einen weiteren Schritt zur Realisierung des digitalen Truppenfunks innerhalb des Programms D-LBO dar. Die neuen Soldatenfunkgeräte werden anteilig die Handfunkgeräte der SEM Gerätefamilie und darüber hinaus auch die UHF Funkgeräte im System Infanterist der Zukunft ablösen.

Die D-LBO Soldatenfunkgeräte nutzen zur Übertragung eine Mobile Adhoc Networking Wellenform, mit der Sprache, Positionsinformationen und IP-Daten parallel übertragen werden und mit der der Kommunikationsbedarf eines abgesessenen Infanteriezuges, einschließlich der Gruppenkommunikation, abgedeckt werden kann. Bis Ende 2026 soll die Lieferung der festbeauftragten Geräte abgeschlossen sein.

Die Beauftragung umfasst die Lieferung von Handfunkgeräten und Fahrzeugfunkgeräten sowie die Möglichkeit der Bestellung weiterer Funkgeräte – Foto: Elbit Systems Deutschland

Autor: PIZ Bundesamtes für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr

KMW übernimmt Mehrheit der FWH Stahlguss GmbH

FWH Stahlguss GmbH aus Mülheim an der Ruhr, die 2021 den Geschäftsbetrieb der insolventen Friedrich-Wilhelm-Hütte übernommen hatte, ist ein führender Hersteller von Stahlguss. Die hohe Qualität ihrer Produkte ist ein wesentliches Merkmal ihrer Leistungsfähigkeit. Diese Qualität ist auch beim Bau von Panzersystemen von entscheidender Bedeutung.

Aufgrund der schwierigen finanziellen Situation der FWH nach der Fortführung aus der Insolvenz, insbesondere auch in der aktuellen Situation dramatisch steigender Energiepreise und auch in Hinblick auf die Bedeutung der Fertigung für die kommenden Herausforderungen im Bereich der Rüstung, übernimmt KMW Verantwortung für die FWH um die Fertigung von hochwertigen Stahlguss langfristig in Deutschland zu sichern. Vorbehaltlich der notwendigen amtlichen Genehmigungen haben sich die Eigentümer der FWH und KMW geeinigt, dass KMW 80% der Anteile an der FWH übernimmt.

Beide Parteien haben das gemeinsame Ziel, die Produktion hochwertigen Stahlgusses für den Bedarf nicht nur der KMW, sondern aller interessierten Kunden der FWH fortzuführen. KMW begrüßt daher ausdrücklich, dass das Management der FWH sich hier deutlich engagiert.

Krauss-Maffei Wegmann, ein Unternehmen der deutsch-französischen Wehrtechnikgruppe KNDS, ist Marktführer in Europa für hochgeschützte Rad- und Kettenfahrzeuge. An Standorten in Deutschland, Brasilien, Griechenland, Großbritannien, Singapur, Ungarn und den USA entwickeln, fertigen und betreuen mehr als 4.000 Mitarbeiter ein umfassendes Produktportfolio. Dies reicht von luftverladbaren und hochgeschützten Radfahrzeugen über Aufklärungs-, Flugabwehr- und Artilleriesysteme bis hin zu Kampfpanzern, Schützenpanzern und Brückenlegesystemen. Dazu zählen auch Führungs- und Informationssysteme sowie fernbedienbare Lafetten mit Aufklärungs- und Beobachtungseinrichtungen. Zudem besitzt KMW weitreichende Systemkompetenzen auf den Gebieten ziviler und militärischer Simulation.
Auf die Einsatzsysteme von KMW verlassen sich weltweit die Streitkräfte von über 50 Nationen.

Quelle: Krauss Maffei Wegmann GmbH & Co. KG

Rheinmetall setzt Lieferung von Gefechtshelmen an die Bundeswehr fort

Güteprüfung erfolgreich abgeschlossen

Rheinmetall hat einen weiteren Meilenstein bei der Auslieferung des neuen Gefechtshelms der Bundeswehr erreicht. Am 6. Dezember 2022 überzeugte sich die Bundesministerin der Verteidigung, Christine Lambrecht, im Bundeswehr- Bekleidungszentrum Simmern vom Stand der vorgezogenen Beschaffungen der neuen Bekleidung und persönlichen Ausrüstung. Zu den Komponenten gehört auch der neue Gefechtshelm, der von Rheinmetall geliefert wird. Rechtzeitig zuvor hatte Rheinmetall die formelle Qualifikation des taktischen Kopfschutzes sowie die Güteprüfung der ersten drei Lieferlose der Nachbeschaffungen erfolgreich abgeschlossen.

Im November 2020 war Rheinmetall erstmals von der Bundeswehr mit der Lieferung eines modernen Gefechtshelmes beauftragt worden. Der seinerzeit erteilte Rahmenvertrag sah zunächst die Lieferung von bis zu 20.000 Stück des Modells „Gefechtshelm Spezialkräfte schwer“ vor. Ein erster Abruf von 5.000 Helmen erfolgte bereits im November 2020. Die Helme waren zunächst vor allem für die Spezial- und spezialisierten Kräfte mit Erweiterter Grundbefähigung für Spezialoperationen (EGB-Kräfte) sowie für die Ausstattung der NATO-Speerspitze VJTF 2023 vorgesehen. Im März 2022 – im Zuge der sicherheitspolitischen „Zeitenwende“ – entschloss sich die Bundeswehr dann, den Auftrag deutlich auszuweiten. Das neue Helmmodell wird der neue „Gefechtshelm Streitkräfte“. In Summe wurden rund 300.000 Stück nachbestellt, welche in den Jahren 2022-2025 an die Truppe gehen. Rheinmetall arbeitet bei diesem Vorhaben mit zwei strategischen Partnern zusammen. Das Gesamt-Auftragsvolumen ist größer als 200 MioEUR

Die neuen Gefechtshelme bieten verbesserten Schutz und hohen Tragekomfort – insbesondere mit pegelabhängigem Gehörschutz und Nachtsichtgeräten. Damit steigern sie erheblich die Kampfkraft des infanteristisch kämpfenden Soldaten.

Seit 2020 wurden bereits insgesamt fast 34.000 Exemplare ausgeliefert. Bis Ende 2022 werden noch weitere rund 11.000 Stück geliefert. Den Auftrag gewonnen hat die Rheinmetall Soldier Electronics aus Stockach, die als Spezialfirma für Laser-Licht-Module bestens in der Branche für Soldatenausstattung vernetzt ist.

 

Quelle: Rheimetall AG

Newsletter Verteidigung 49/2022

Sehr geehrtes Mitglied im blauen Bund e.V.,

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  • Manfred Opel: Strategie vs. Realität (Teil 1/2)
  • NATO, Russland und maritime geostrategische Aspekte
  • VJTF-Übung Cougar Sword – über Fjorde und Berge
  • Andreas Hubert: Important Decision
  • Digital-Gipfel für einen starken KI-Standort
  • Instandhaltung der neuseeländischen P-8A Poseidon-Flotte beauftragt

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