Dieser Beitrag ist der Dritte einer 6-teiligen Artikelserie. Teil 1 & 2 wurden im Newsletter Januar veröffentlicht, Teil 3 & 4 finden sie in diesem Newsletter, die Fortsetzung folgt im Juli. [Red.]
Handlungsrahmen
Die Ansätze zum zukünftigen Umfang der mobilen Logistiktruppen (mobLogTr) der Streitkräftebasis (SKB) für eine vollumfängliche logistische Unterstützung im Rahmen von Operationen zur LV/BV sowie im Rahmen der Internationalen Krisenvorsorge, haben sich seit dem Anfang der Ausplanung des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr (FPBw) nicht verändert.
Die Determinanten wurden seit Beginn der umfangreichen Arbeiten stringent mit der Leistungsanalyse Logistisches System Bundeswehr (LogSysBw) aus den logistischen Bedarfen der Systemverbünde abgeleitet. Die Auftragslast im Grundbetrieb, Innovationsgewinne und Wirtschaftlichkeitsaspekte werden dabei auch in Form einer zielführenden Kaderung berücksichtigt.
Flexible, schnell verfügbare und durchsetzungsfähige deutsche Kräfte in größerer Anzahl und sämtlicher Couleur wollen heute und morgen rasch verlegt und logistisch robust unterstützt und folgeversorgt werden. Darüber hinaus ist die „Logistische Drehscheibe“ Deutschland weiter auszugestalten und unsere europäischen und atlantischen Partner mit Host Nation Support (HNS) u.a. im Transit durch Deutschland wirksam zu unterstützen. Die Übung DEFENDER 20 hat hierzu mit den u.a. durch die mobLogTr SKB bereitgestellten logistischen Unterstützungsleistungen einen intensiven Vorgeschmack gegeben. Dieser sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die mobLogTr als Kräfte der „ersten Stunde“ ggf. bereits umfänglich in den Einsatzgebieten bzw. auf dem Weg in diese gebunden sind. Sie stehen lageabhängig für HNS Leistungen in Deutschland nicht zur Verfügung und werden folglich den entsprechenden Bedarf nicht erfüllen können. Dieser Gemengelage wird mit zweckmäßigen bundeswehrgemeinsamen Möglichkeiten des Handels und letztendlich mit Unterstützungsleistungen der Wirtschaft zu begegnen sein.
Erwägungen und erste Ergebnisse einer strukturellen Weiterentwicklung
Wie gestalten sich unter diesem holzschnittartig dargestellten Handlungsrahmen die Ableitung und Achsen der strukturellen Weiterentwicklung der mobLogTr SKB? Für die logistische Unterstützung unter anderem der Divisionen des Heeres, der Deployed Operating Bases (DOB) der Luftwaffe und von Forward Logistic Sites (FLS) der Marine, ist eine zweckmäßige Umsetzung der Wirkungsforderungen abzubilden. Die mobLogTr SKB müssen hierzu eine hohe Einsatzbereitschaft aufweisen und gemäß den geforderten Bereitstellungszeiten verlegefähig sein. Die Auftragslast im Grundbetrieb, die Erfüllung von NATO-Planungszielen oder die Sicherstellung von RSOM (Reception, Staging, Onward Movement) treten hinzu. Darüber hinaus sind Handlungsoptionen zur Wahrnehmung der Aufgaben sogenannter Nationale Unterstützungskräfte (NUK) zu entwickeln. Letztendlich müssen auch greifbare Innovationsgewinne und Wirtschaftlichkeitsaspekte berücksichtigt werden.
Vor diesem Hintergrund gilt insbesondere im Rahmen von LV/BV:
- die schnelle Verlegbarkeit und Aufnahme der Versorgung durch schlanke und taktisch bewegliche LogBtl sicherzustellen,
- die Erst- und Folgeversorgung im geforderten Umfang zu gewährleisten,
- die Befähigung zur stationären Unterbringung im Einsatz und zum Bau/Betrieb von Tanklagern bereitzustellen,
- gleichzeitig mehrere LogBtl in einer LogBasis innerhalb eines logistischen Netzwerks einzusetzen und zu führen,
- die Integration multinationaler Partner und zivil-gewerblicher Leistungserbringen sicherzustellen
- im Inland im Rahmen von HNS,
- für die strategische Verlegung von Kräften,
- in den logistischen Netzwerken in den Joint Operation Areas (JOA),
- bei Bedarf, LogUstg in bis zu zwei Einsatzgebieten zu gewährleisten und die Führung der Logistischen Netzwerke im Rahmen LV/BV entsprechend durch Logistikregimenter sicherzustellen,
- in bis zu zwei Einsatzgebieten den Nukleus für den Stab NUK zu stellen und Folgekräfte zu unterstützen.
Ein sachgerecht hergeleiteter Strukturansatz der mobLogTr SKB für eine vollumfängliche logistische Unterstützung im Rahmen von LV/BV ist, bei Berücksichtigung der Einbindung signifikanter Anteile ziviler Leistungserbringer und von Host Nation Support (HNS), mit Augenmaß erarbeitet worden. Auch die Reservisten der Bundeswehr werden in dieser Struktur einen wichtigen Beitrag zur Erfüllung der zugewiesenen Aufgaben leisten. Erste strukturelle Umsetzungsmaßnahmen sind bereits erfolgt, weitere sind innerhalb der Zwischenschritte des FPBw avisiert bzw. in der Entscheidungsvorbereitung. Für die Unterstützung und anteilige Wahrnehmung von RSOM wurde in Delmenhorst am 28.09.2020 das Logistikbataillon 163 (RSOM-Bataillon) neu in Dienst und der NATO erstmalig die Fähigkeit RSOM zur Verfügung gestellt. Damit stellt die Bundeswehr innerhalb der mobLogTr SKB zukünftig einen, besonders in Perspektive der Nordatlantischen Allianz und deutscher Verlässlichkeit, wichtigen Fähigkeitsbaustein für die logistische Unterstützung in Einsatzgebieten bereit. Das RSOM-Btl wird unter Einbeziehung multinationaler Fähigkeitsbeiträge einer Anfangsbefähigung zugeführt und soll bereits in 2023 den Nukleus eines multinationalen RSOM-Verbandes bilden.
Nach der Verlegung und Aufnahme (RSOM) von Personal, Ausrüstung und Vorräten in Einsatzgebieten, sind Aufbau und Aufrechterhaltung einer gesicherten Folgeversorgung wesentliche Anforderung an die Logistik. Die Versorgungs- und Leistungswege im Inland und im Einsatzgebiet werden dabei mit einer belastbaren und durchgängigen Kette verknüpft, die unter Einbeziehung militärischer und ziviler Leistungserbringer, die logistische Basis Inland und die Logistische Basis im Einsatz funktional und robust verbindet.
Dazu werden die mobLogTr SKB im Einsatz ein Netzwerk aus „logistischen Knoten“ zur logistischen Unterstützung von Bedarfsträgern in einem multinationalen Umfeld aufbauen und betreiben. Dieses Netzwerk wird flexibel, taktisch beweglich und teils redundant gespannt werden. Zudem werden „Plug-In“-Optionen vorgesehen, um auch verbündete Kräfte sowie gewerbliche Dienstleister effektiv in das Netzwerk einbinden zu können.
Gerade die multinationale (MN) Zusammensetzung von Einsatzstrukturen (NRF/ VJTF; ggf. EUBG) und ihren Truppenkörpern eröffnet zusätzliche Chancen, die Zusammenarbeit bei der Logistik im Rahmen der NATO (FNC) und der EU (PESCO) weiter zu gestalten und zu forcieren, um so Synergien und Resilienz zu fördern.
Diese anspruchsvollen Aufgaben, mit deutlich erweiterter Führungsspanne und Koordinierungssaufgabe, erfordern eine logistische und truppendienstliche Führungsebene, die jüngst wieder aufbauorganisatorisch realisiert worden ist. Mit dem Logistikregiment 1 (LogRgt 1) in Burg ist nun seit dem 24.09.2020 ein erstes Strukturelement aufgestellt und wird sich Zug um Zug und mit nachhaltiger Hilfestellung der Logistikschule der Bundeswehr, auf seine Aufträge vorbereiten. Zunächst temporär für die VJTF 23 und im Verständnis eines Brückenschlages in die Zukunft, wird das LogRgt 1 als Führungsebene der NUK bereitstehen. Die Führungsfähigkeit der Verbände und Einheiten wird in diesem Rahmen durch die Rüstung verlegefähiger, leistungsfähiger, moderner und digitalisierter Gefechtsstände nachhaltig verbessert. Bedeutend ist die Einbindung der logistischen Elemente in die Führungs- und Informationssysteme der militärischen Organisationsbereiche. Dieses manifestiert sich unter anderem in der Beteiligung an den entsprechenden Entwicklungen des Heeres.
Das durch die Regimentsebene zu orchestrierende logistische Netzwerk, besteht zukünftig aus einem „quasi stationären Anteil“ mit anteilig „schwer“ ausgerichteten Logistikbataillonen (LogBtl) im rückwärtigen Bereich des Einsatzgebietes (Joint Operation Area/JOA) und „leichten“ LogBtl der mobLogTr. Die logistischen Einrichtungen der „schweren“ LogBtl sind für eine längere Verweildauer am Einsatzort sowie Instandsetzungsmaßnahmen schwerer Landsysteme ausgerichtet. Zudem werden durch diese LogBtl die Umschlagpunkte der verschiedenen Verkehrsträger eingerichtet und betrieben. Bei Bedarf sind neben den bereits angesprochenen logistischen Einrichtungen auch Tanklager zu etablieren.
In den Einrichtungen des „quasi stationären“ Bereiches werden Material und Versorgungsgüter zur Folgeversorgung aus der Logistischen Basis Inland (LogBasis Inland) übernommen und den Knoten des logistischen Netzwerks zugeführt. Die logistischen Einrichtungen eines solchen Knotens sind auf kürzere Verweildauer am Einsatzort ausgelegt und können der Operationsführung im Einsatzgebiet folgen. Durch die Kompanien „leichter“ LogBtl erfolgt so die gestaffelte Zuführung von Material und Versorgungsgütern zu den definierten Übergabepunkten der Einsatzlogistik der Teilstreitkräfte.
Ein weiteres Handlungsfeld im Rahmen der Refokussierung LV/BV ist die Ausbildung. In naher Zukunft werden die mobLogTr der SKB und ihre Pendants in den TSK wieder verstärkt in die logistische Leistungserbringung in Deutschland eingebracht werden. Im Kern gilt es der Aussage „Grün können und blau beherrschen“ eine verbesserte Grundlage zu geben und die logistischen Kräfte in ihrem Einsatzwert deutlich zu stärken.
Das Spezialpionierregiment 164 „Nordfriesland“ stellt auch zukünftig die stationäre Unterbringung von Kräften im Einsatz sicher. Hierbei erkundet, plant, baut, richtet ein und betreibt es Feldlager für die Unterbringung und Versorgung von Einsatzkontingenten, wenn die entsprechende Infrastruktur eines Einsatzlandes nicht vorhanden, oder in nicht ausreichender Qualität zur Verfügung steht. Das Regiment betreibt ferner Tanklager und Pipelineanlagen mit Feldpipelinematerial bzw. trägt zu Instandsetzung und Weiterbetrieb des NATO Pipelinesystems (NPS) bei.
Die Spezialpioniere sind bereits heute zweckmäßig aufgestellt, werden aber Möglichkeiten der Weiterentwicklung im Hinblick auf die deutliche Orientierung LV/BV nutzen. Weitere Betrachtungen gelten der Stärkung von Bohr- und Feldlagerbetriebszügen sowie der personellen Durchhaltefähigkeit der Pipelinepionierkompanien.
Schlussbetrachtung
Der dargestellte Ansatz bedingt eine hinreichende Alimentierung, die sich bei den mobLogTr SKB in den Kategorien Personal, Ausbildung, Ausrüstung und Organisation niederschlagen wird. Der Reserve und der Beorderung aktiven Personals, im Fall der Fälle, kommt dabei begleitend eine ganz wesentliche Rolle zu. Des Weiteren gilt es, in bewährter Art und Weise, in den anspruchsvollen Einsatzverpflichtungen zu bestehen und die gewohnt zuverlässige logistische Versorgung sicherzustellen. Umgliederungsmaßnahmen werden daher synchronisiert, um keine Lücken in der Versorgung entstehen zu lassen. Parallel gilt es, immer auch die Belange des Personals und ihrer Familien einzubeziehen und das Veränderungsmanagement lageangepasst vertrauensvoll zu gestalten. Der erste Teil eines anspruchsvollen Weges, entlang der kommunizierten Meilensteine des FPBw, ist mit den Neuaufstellungen und Ableitungen für zwei LogRgt, dem SpezPiRgt, einem RSOM Btl und acht LogBtl beschritten. Gleichwohl liegt noch ein langer und teils steiler Abschnitt bevor. Dabei ist durchgängig ein ungeschminktes Erwartungsmanagement vorzunehmen und Handlungsbedarf sowie Ressourcenforderungen aufzuzeigen. Im Sinne eines bundeswehrgemeinsamen „Mindsets“ und im vollen Bewusstsein, dass Logistik nie Selbstzweck ist, wird dies immer entlang zweckmäßiger Möglichkeiten des Handelns zur Deckung logistischer Bedarfe erfolgen.
Text und Abbildungen: Logistikkommando der Bundeswehr