Ein Luftlanderettungszentrum mit davor stehendem Klimagerät 15/10 auf der Informations- und Lehrübung des Sanitätsdienstes in Feldkirchen, am 03.05.2019.

Erstes leichtes Luftlanderettungszentrum an die Truppe übergeben

Acht „Luftlanderettungszentren, leicht (LLRZ, le)“ hatte das Beschaffungsamt der Bundeswehr im Februar dieses Jahres aus dem Sondervermögen beauftragt und bereits gestern konnte das erste System inklusive der medizinischen Geräteausstattung, deutlich früher als geplant, an die Truppe übergeben werden.

Diese mobilen, zeltbasierten Sanitätseinrichtungen ermöglichen auch im Einsatz eine notfallchirurgische Erstversorgung nach deutschem Standard. Dazu verfügt das LLRZ, le unter anderem über eine Ambulanz, einen Notfalleingriffsraum, ähnlich einem OP, und intensivmedizinische Pflegekapazitäten, untergebracht in insgesamt neun Zelten. Das System kann per Hubschrauber oder Transportflugzeug in ein Einsatzgebiet gebracht werden und ist in nur wenigen Stunden einsatzbereit.

Die Innenaufnahme eines OP-Moduls im Luftlanderettungszentrum (leicht) bei der Übergabe an die Sanität in Leer. Blauer Bund
Die Innenaufnahme eines OP-Moduls im Luftlanderettungszentrum (leicht) bei der Übergabe an die Sanität in Leer. – ©Bundeswehr/KdoSES

Die Schnellen Einsatzkräfte des Sanitätsdienstes aus Leer wurden nun als erster Truppenteil mit dem LLRZ, le ausgestattet. „Mit der heutigen Übergabe können wir einen wesentlichen Schritt zur Sicherstellung einer hochwertigen und zeitgemäßen sanitätsdienstlichen Versorgung von verwundeten Kameradinnen und Kameraden gehen“, stellte der stellvertretende Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr. Norbert Weller, anlässlich der Übergabe Ende Dezember 2023 fest.

Der Abteilungsleiter „Land-Unterstützung“ im BAAINBw, Jan Gesau (Mitte), übergibt den symbolischen Schlüssel an den stellvertretenden Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr. Norbert Weller (links) im Beisein des Abteilungsleiters „Ausrüstung“ im BMVg, Vizeadmiral Carsten Stawitzki (rechts). Blauer Bund
Der Abteilungsleiter „Land-Unterstützung“ im BAAINBw, Jan Gesau (Mitte), übergibt den symbolischen Schlüssel an den stellvertretenden Inspekteur des Sanitätsdienstes, Generalstabsarzt Dr. Norbert Weller (links) im Beisein des Abteilungsleiters „Ausrüstung“ im BMVg, Vizeadmiral Carsten Stawitzki (rechts). – ©Bundeswehr/KdoSES

Mit den neuen leichten Luftlanderettungszentren werden die seit 2003 in der Nutzung befindlichen Systeme regeneriert, also erneuert. Die neue Sanitätsausstattung sorgt für verbesserte Behandlungsmöglichkeiten der Soldatinnen und Soldaten.

Ein Luftlanderettungszentrum mit davor stehendem Klimagerät 15/10 auf der Informations- und Lehrübung des Sanitätsdienstes in Feldkirchen, am 03.05.2019.
Das LLRZ, le besteht aus aufblasbaren Zelten und dient zur ersten notfall-chirurgischen Versorgung von Verwundeten. Es kann schnell & platzsparend aufgebaut werden und ist damit für weltweite Hilfseinsätze als auch für ein hochdynamisches Gefecht geeignet. – ©Bundeswehr/Grüterich

„Wir sind glücklich und zufrieden noch in 2023 das erste von acht Systemen der 25 Millionen Euro Vorlage an die Truppe ausliefern zu können“, betonte der zuständige Projektleiter im Beschaffungsamt, Oberfeldapotheker René S., gestern in Leer. „Gerade in der aktuellen weltpolitischen Lage ist es wichtig, dass die Truppe schnell das Material erhält, was sie für die Aufträge und Einsätze braucht.“
Das zweite System wird voraussichtlich schon im Januar 2024 an den Sanitätsdienst der Bundeswehr geliefert, die übrigen sechs LLRZ, le sollen bis zum Jahresende 2024 folgen.

 

Text: PIZ AIN

Auswirkungen der aktuellen Weltlage auf die zivile Logistik

Am 03. November 2023 hat Prof. Dr. Frank Giesa im Rahmen einer Informationsveranstaltung des bB, Blauer Bund e.V. in der Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt einen Vortrag gehalten, in dem er nicht nur die aktuelle Weltlage und ihre Auswirkungen auf die zivile Logistik betrachtet, sondern seine Ausführungen um Trends erweitert hat, die den Wirtschaftsbereich bewegen. Im Fokus standen dabei nicht die „modischen“ (kurzfristigen), sondern die langfristigen, die hartnäckigen Trends. Diese wirken auf die zivile, aber auch auf die militärische Logistik.

 

Erst kürzlich durfte die BVL Herrn Generalmajor Gerald Funke zum 40. Deutschen Logistik-Kongress in Berlin willkommen heißen, einem Kongress der Wirtschaft, in dem 2.016 Teilnehmer/innen aus Industrie, Handel, Dienstleistung, Wissenschaft und Gesellschaft zusammenkamen. General Funke hat dort im Plenum einen Live-Podcast absolviert, ein modernes, nach-hörbares Format, das schon bei der Aufzeichnung auf großes Interesse des Auditoriums gestoßen ist. Viele zivile Top-Manager wissen einfach zu wenig über die besonderen Aufgaben, die von der Bundeswehr immer wieder mit Bravour gelöst werden.

Die BVL ist eine Brücke, nicht nur zwischen Wissenschaft und Wirtschaft, sondern auch zwischen der militärischen und der zivilen Logistik. Als Plattform, als Netzwerk, als Gemeinschaft – als Vordenker und Ausbilder auf beiden Seiten mit über 10.000 Mitgliedern, hohem ehrenamtlichen Engagement und ausgewiesener Expertise – ohne unsere Blicke durch Partikularinteressen oder gar Ideologie zu verstellen.

Als größte unabhängige Supply Chain Management und Logistik-Community stehen für die BVL fundierte Fachthemen und Impulse im Vordergrund, die in über 200 verschiedenen Logistik-Berufen einen Nutzwert haben. Denn wenn die Weltwirtschaft nur mit knapp über 2% wächst (statt 4-6% in guten Zeiten) und Deutschland sich (wieder einmal) gefallen lassen muss, eine rote Laterne durch Europa zu tragen, dann hilft es besonders, sich auszutauschen, wie die deutsche und die europäische Wirtschaft trotzdem erfolgreich sein können. Die BVL ist dazu im permanenten Dialog mit ihren Mitgliedern.

Der Early-Bird-Index der Commerzbank zeigte im Oktober erste Anzeichen der konjunkturellen Aufhellung, resultierend aus dem verarbeitenden Gewerbe. Die Deutsche Industrie hat im August Aufträge eingesammelt: Neugeschäft +3,9%  zum Vormonat (doppelt stark wie erwartet). Im Dreimonatsvergleich lag der Auftragseingang von Juni bis August nun um 4,9 Prozent höher als in den drei Monaten zuvor.

Steigende Zinsen und hohe Energiepreise dämpfen die Nachfrage der heimischen Wirtschaft. Bestellungen aus dem Inland stiegen im August dennoch um 4,0% zum Vormonat und auch die Auslandsnachfrage erhöhte sich genauso stark wie die aus der Euro-Zone und die von außerhalb der Währungsunion, während wir für 2023 und 2024 eine Abkühlung der Inflation erwarten. Für das kommende Jahr prognostiziert der IWF eine Inflationsrate von im Schnitt „nur“ 4,4 Prozent – also immer noch deutlich höher als bisher vorhergesagt. Es ist also kein Trost, wenn die aktuellen 4,5 % der niedrigste Stand seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine im Februar des vergangenen Jahres sind – da waren es 4,3 % – und irgendetwas um 2% wurde (und wird?) angestrebt.

Welchen weltwirtschaftlichen Einfluss der furchtbare  Krieg im Nahen Osten haben wird, kann heute niemand seriös prognostizieren.

Insgesamt „grummelt“ der Logistikindikator, den das ifo Institut und die BVL regelmäßig erheben, ein wenig – obwohl erste Verbesserungen in den Geschäftserwartungen für die nächsten sechs Monate zu erkennen sind.

Gestützt wird diese Erkenntnis durch die 20 CEOs der Top-Unternehmensberatungen (jeweils zwischen 500 und 5.000 Mitarbeiter). Sie sprechen davon, dass 2024 ein „frühzyklisches“ Jahr sein wird: Konsumgüter und Handel funktionieren, im B2B gab/gibt es Dämpfer für die Industrie, bei Automotive wird es wegen der e-Mobility wohl eher einen Sidestep geben. Und auch der Unternehmer und VDMA-Präsident Karl Haeusgen hält die momentan öffentlich gepflegte und von den Medien beförderte Untergangsstimmung in Deutschland und in der Deutschen Wirtschaft für kontraproduktiv.

Der Wirtschaftsbereich Logistik ist nach Automobilindustrie und Handel die drittgrößte Branche der Deutschen Wirtschaft. Sie erzielt auch in Krisenjahren Rekordumsätze, kann aber aufgrund des all-gegenwärtigen Fachkräftemangels keinen Personalzuwachs verzeichnen. Logistik ist eine junge, eine jugendliche, eine innovative Branche, die keine kulturellen oder sprachlichen Hürden kennt und eine hohe Technikaffinität aufweist.

2020/21 haben im Supply Chain Management Pandemiefolgen im Vordergrund gestanden wie Versorgungsengpässe, Grenzschließungen. Kriegsfolgen kamen hinzu wie Energieknappheit, gestörte Welthandelsströme. Denen haben sich die Logistiker vorrangig und erfolgreich gewidmet. Aber alle langjährigen Trends hatten und haben noch Bestand:

  • Geopolitische Einflüsse und wachsender Protektionismus, Diskussionen um De- oder Re-Globalisierung oder gar Regionalisierung.
  • Digitalisierung im weiten Feld von unternehmensübergreifendem Datenaustausch über Artificial Intelligence bis hin zur Cyber-Security.
  • Resilienz der Wertschöpfungsketten, bei gleichzeitiger Agilität, begleitet von stürmischer Technologieentwicklung.
  • Nachhaltigkeit durch Effizienzverbesserung, Dekarbonisierung von Industrieproduktion und Logistikprozessen, einhergehend mit dem (Fach-) Kräftemangel, der u.a. aus dem demografischen Wandel resultiert.
  • Last not least der Kostendruck einer global agierenden Wirtschaft und der permanente Kampf um die eigene Wettbewerbsfähigkeit.

Diese relevanten Themen stehen bei den BVL-Mitgliedern im Vordergrund. Seit mehr als 35 Jahren gibt es die BVL-Studie „Trends und Strategien in SCM und Logistik“. In den letzten drei Erhebungen ist zu erkennen, dass der Kostendruck zurzeit an Bedeutung verloren hat. In der Pandemie stand Verfügbarkeit im Vordergrund – „koste es was es wolle“. Die Digitalisierung bleibt in all ihrem Ausprägungen oben auf der Agenda. Der Personalmangel ist in der Bedeutung stark angestiegen und das Thema Nachhaltigkeit schaffte es erstmalig in die „Top 7“. Aber quasi „von Null auf 100“ rückte die Cybersicherheit an die Spitze der Charts. Und so haben die BVL und die zivile Wirtschaft dieses Thema in besonderer Weise in den Fokus genommen, übrigens auch in Zusammenarbeit mit Generalleutnant Michael Vetter und seinen Cyber-Abwehr-Spezialisten in Berlin.

Das Top-Management muss die Aufgabe „Cyber-Sicherheit“ als ureigenste Aufgabe begreifen. Es ist gut, wenn Cybersicherheits-Fachwissen im eigenen Unternehmen zur Verfügung steht, aber die Menschen in den Unternehmen müssen mental „mitgenommen“ werden, speziell zu diesem Thema. Und auch wenn Vertrauen das Beste ist, was man Mitarbeitern entgegenbringen kann, zeigt die Erfahrung, dass Supply Chains in Deutschland noch nicht ausreichend abgesichert sind. Denn Cyberkriminelle sind nicht fair – und sie kämpfen als Verbrecher mit harten Bandagen.

Der Fachkräftemangel macht allen Wirtschaftsunternehmen zu schaffen und hat eine hohe Relevanz für die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. In den ersten sechs Monaten dieses Jahres schrieben Arbeitgeber deutschlandweit fast 7,3 Millionen Stellen aus. Das entspricht einem Plus von mehr als 11 Prozent im Vergleich zur ersten Jahreshälfte 2022 – ein neuer Höchstwert.

Die Studie „Trends & Strategien in SCM und Logistik“ ist weiterhin den Themen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Resilienz und natürlich den neuen Technologien gewidmet, insbesondere welche Auswirkungen diese auf Wertschöpfungsketten haben werden. Die aktuellen Schlagworte lauten: Logistics Software Ecosystems, Advanced Analytics in Supply Networks, Artificial Intelligence and ChatGP, Quantencomputing. Bei Supply-Chain-Management-Software gibt es ein wahrliches „Rise of the Machines” als wesentliche Innovation im Wirtschaftsbereich Logistik. Hier entsteht eine neue betriebliche Realität.

Aber natürlich darf es nicht die Software allein sein, sondern es gilt immer noch der Grundsatz, erst die Prozesse in bester Weise zu organisieren und sie dann zu digitalisieren und so das Fulfilment zu verbessern. Und damit den Ressourcenverbrauch zu senken. Nachhaltigkeit durch Effizienz im konstruktives Miteinander.

Das gilt übrigens auch in der Militärlogistik: Oberstleutnant Christian Pingel und seine rd. 1.200 Spezialisten des Versorgungsbataillons 142 schafften es mit ihrem Projekt „Eine Zeitenwende – auch für die Heereslogistik der Bundeswehr“ unter die Top 10 des Deutschen Logistik-Preises 2023 – eines Wettbewerbs der Wirtschaft. Chapeau!

Es gibt vieles, das die militärische und die zivile Wirtschaft verbindet. Wenn die Vernetzung beider Bereiche gewünscht wird – jetzt im aktiven Dienst oder später, wenn ein Wechsel in die zivile Wirtschaft ansteht – steht das das gemeinnützige Netzwerk der Bundevereinigung Logistik zur Weiterbildung und zur Kontaktaufnahme zur Verfügung. Ihr Purpose lautet: „Wir verbinden Menschen in einem einzigartigen Netzwerk. Gemeinsam gestalten wir die Logistik der Zukunft.“ Denn eins ist sicher: Die zivile und die militärische Logistik können gemeinsam mehr bewegen.

Autoren

Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V., Vorsitzender des Vorstands Blauer Bund

Prof. Dr.-Ing. Thomas Wimmer, Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.,
Vorsitzender des Vorstands

Prof. Dr. Frank Giesa, Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V., Sprecher der Regionalgruppe Weser-Ems Lehrstuhlinhaber für ABWL, insb. Logistik und Controlling, Hochschule Bremen Blauer Bund

Prof. Dr. Frank Giesa, Bundesvereinigung Logistik (BVL) e.V.,
Sprecher der Regionalgruppe Weser-Ems

Lehrstuhlinhaber für ABWL, insb. Logistik und Controlling,
Hochschule Bremen


Links

Die im Beitrag genannten Studien können unter www.bvl.de heruntergeladen werden.

Der Podcast von General Funke kann auf https://www.bvl.de/podcast abgerufen werden.

Das Wappen des BAAINBw. Blauer Bund

Bedarfsdeckung vor dem Hintergrund der Zeitenwende

Dieser Bericht steht im Zusammenhang mit dem Vortrag des Autors anlässlich der Informationsveranstaltung Blauer Bund e.V. im November 2023.

Die Hauptaufgabe des BAAINBw ist es, die Bundeswehr mit modernem und sicherem Gerät sowie zeitgemäßer Ausstattung einsatzfähig zu halten und das angestrebte Fähigkeitsprofil in materieller Hinsicht schnell zu erreichen. Die aus dem russischen Angriffskrieg resultierende Zeitenwende erfordert insbesondere, dass im Hinblick auf die Prozesse und Verfahren für die Beschaffung alle Beschleunigungspotenziale genutzt werden. In der Umsetzung verlangt dies ein effizienteres und gleichzeitig rechtssicheres Handeln, um schnell sichtbare Ergebnisse im Hinblick auf Qualität und Quantität der Ausrüstung zu erreichen. Dabei gibt das Vergaberecht den Rahmen vor.

Das BAAINBw ist allerdings nur ein Rad im Getriebe. Die Beschaffung in der Bundeswehr ist ein komplexer Prozess und alle in der Bundeswehr beteiligten Bereiche wirken an der Beschleunigung mit. Darüber hinaus spielt auch die leistungsfähige wehrtechnische Industrie eine zentrale Rolle, die mit hochwertiger, zuverlässiger sowie zeitgerechter Lieferung einen wesentlichen Beitrag leistet.

Das BAAINBw hat alleine im vergangenen Jahr rund 12.000 Beschaffungsverträge geschlossen. Die Anzahl der laufenden Projekte, inkl. der Nutzung, steigt jährlich um rund fünf Prozent und bis Ende 2023 auf knapp 1.700. Auch die Anzahl der 25 Millionen-Euro-Vorlagen an das Parlament zu unseren Großverträgen wächst kontinuierlich und wird im Jahr 2023 mit rund 50 einen Höchststand erreichen.  Im kommenden Jahr könnten es sogar doppelt so viele werden.

Die Mittel, die in den Ausgabenbereichen Rüstungsinvestitionen, Materialerhaltung und Betrieb kassenwirksam umgesetzt werden konnten, sind von rund neun Milliarden im Jahr 2015 bis auf rund 20 Milliarden Euro im Jahr 2022 angestiegen. Dies entspricht bereits einer Steigerung um rund 120 Prozent.

Aufgrund des Sondervermögens wachsen diese Werte weiter an. In diesem Jahr um etwa 40 Prozent und im Folgejahr um rund 30 Prozent. Dies entspricht für 2024 einer Ausgabenerwartung in Höhe von rund 35 Milliarden Euro.

Die eingeleiteten Maßnahmen wirken im Wesentlichen in den Bereichen, Beschleunigung der Prozesse, Beschleunigung der Projektarbeit und der Ausnutzung des rechtlichen Rahmens.

Ein wichtiger Baustein ist die Straffung der Arbeits- und Abstimmungsschritte im Prozess. Hier fassen wir Projektphasen und zu erstellende bedarfs- und haushaltsbegründe Dokumenten mit einem Lösungsvorschlag zusammen. Wir arbeiten dabei mit knappen Zeitvorgaben: Das zentrale Dokument innerhalb von maximal sechs Monaten zu erstellen. Dabei werden im Regelverfahren grundsätzlich marktverfügbare Lösungen vorgesehen. Ein weiteres Handlungsfeld ist die konsequente Deregulierung. Mit der Außerkraftsetzung von über der Hälfte der im BAAINBw genutzten rund 160 Regelungen werden den Mitarbeitenden bewusst Handlungsspielräume geschaffen. So kann im konkreten Einzelfall dem Faktor Zeit höchstmögliche Priorität eingeräumt werden. Dazu zählt auch, dass Ausnahmen von Gesetzen und Abweichungen von Regelungen konsequent genutzt werden.

Ein weiterer Optimierungsaspekt ist die Dezentralisierung. Durch Verlagerung der Zuständigkeiten für die Beschaffung nicht-komplexer Materialsegmente ohne Waffensystembezug zum BAIUDBw oder durch das „Handgeld Kommandeure“ zur Truppe wird das BAAINBw entlastet. Durch das Handgeld kann die Truppe beispielsweise in begrenztem Umfang Sachgüter unmittelbar vor Ort schnell und selbständig beschaffen. Durch diese Maßnahme kann sich das BAAINBw auf die Realisierung komplexer Projekte fokussieren.

Parallel dazu haben wir bei der Vertragsgestaltung Handlungsspielräume geschaffen. Durch das konsequente schließen von Rahmenvereinbarungen mit der Industrie entfällt bei später identifizierten weiteren Bedarfen ein neuerlicher Vergabeprozess. Ein plakatives Beispiel sind hier die Verträge zur Munitionsbeschaffung. Falls finale Finanzierungszusagen noch nicht vorliegen, zeigen wir Risikobereitschaft und nutzen die Möglichkeit, trotzdem zum Angebot aufzufordern. Abgesichert wird das durch entsprechenden Ausschreibungsklauseln.

Beschleunigung der Prozesse und der Projektarbeit durch ausnutzen der rechtlichen Handlungsspielräume ist eine Aufgabe an der das BAAINBw derzeit arbeitet. Eine Veränderung, die auch eine Anpassung im Mindset der Führung und Zusammenarbeit verlangt. Blauer Bund
Die Beschleunigung der Prozesse und der Projektarbeit durch Ausnutzen der rechtlichen Handlungsspielräume und Forderungscontrolling ist eine Aufgabe an der das BAAINBw derzeit arbeitet. Eine Veränderung, die auch eine Anpassung im Mindset zur Führung und Zusammenarbeit verlangt. ©Bundeswehr/BAAINBw

Ein weiterer wichtiger Baustein der Projektarbeit ist das Forderungscontrolling. Es werden komplexe, kostenintensive Entwicklungen vermieden und sich stattdessen auf rasch marktverfügbare Lösungen fokussiert. Als Beispiel dient das System Weltraumüberwachung, wo sich auf frühere Verfügbarkeit durch bewussten Verzicht auf eine Leistungssteigerung verständigt wurde. Zeit ist der bestimmende Faktor! Sofern der Bedarf es erfordert, führt dies auch zu konkreten Produktvorgaben wie bei der Beschaffung der F-35. Forderungscontrolling ist ein scharfes Schwert und ein zentraler Baustein für schnelle Verfügbarkeit in der Truppe. Selbstverständlich sind Entwicklungen weiterhin möglich und notwendig. Und zwar überall dort, wo eine Wirküberlegenheit gegenüber einem potentiellen Gegner essentiell ist.

Natürlich nutzen wir auch rechtliche Handlungsspielräume. Unter Anwendung des Bundeswehrbeschaffungsbeschleunigungsgesetzes wurde rund ein Viertel der verteidigungs- und sicherheitsspezifischen Aufträge als Gesamtvergaben vorgenommen und so, wo möglich, von losweiser Beauftragung abgesehen. Dies reduziert den Aufwand signifikant und beschleunigt die Vergabe. Eine andere Verbesserung wird durch die Anhebung der Wertgrenzen zur Direktvergabe auf 5.000 Euro erreicht. Sie ermöglicht es der Bundeswehr jährlich rund 60.000 Verträge einfacher und schneller zu schließen. Die rechtlichen Rahmenbedingungen bleiben dabei weiterhin bestehen.

Das BAAINBw hat die Schwerpunkte verstanden und das Material kommt bei der Truppe an. Seien es die kontinuierlichen Zuläufe an Luftfahrzeugen (2021 bis 2024 zwölf A400M) und Schiffen (jährlich eine Fregatte), die mehr als tausend LKW 15to und zehn Brückenlegepanzer oder aber die Ausstattung im Bereich der IT und Bekleidung/ persönliche Ausrüstung.

Text: GenMaj Thorsten Puschmann, Vizepräsident mil. BAAINBw


Das Wappen des BAAINBw. Blauer Bund
Das Wappen des BAAINBw

Das BAAINBw

Der Organisationsbereich Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung besteht aus dem Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr, kurz BAAINBw, mit Hauptsitz in Koblenz und seinen Dienststellen in Deutschland und in den USA.

Das BAAINBw ist der Abteilung Rüstung im Bundesministerium der Verteidigung unterstellt und untergliedert sich in Abteilungen und Stäbe. Es wird durch sechs Wehrtechnische sowie zwei Wehrwissenschaftliche Dienststellen unterstützt. Das Marinearsenal stellt als weitere Dienststelle die Einsatzbereitschaft der Deutschen Flotte sicher. Die Verbindungsstelle in Reston vertritt die wehrtechnischen und rüstungswirtschaftlichen Interessen gegenüber amerikanischen und kanadischen Stellen des Amts- und Industriebereichs.

Deutsche Reservistenmeisterschaft 06. bis 09. Juni 2024

Die Deutsche Reservistenmeisterschaft (DRM) ist ein militärischer Vielseitigkeitswettkampf, der von Bundeswehr und Reservistenverband gemeinsam ausgerichtet wird. Die nächste DRM findet vom 6. bis 9. Juni 2024 in Mittenwald statt. Die DRM ist der Höhepunkt der nationalen Reservistenwettkämpfe, bei dem die Leistungsfähigkeit der Reservistinnen und Reservisten herausgestellt wird. Auch die DRM 2024 im bayerischen Mittenwald verspricht ein spannender und anspruchsvoller Wettkampf zu werden.

Als Rahmen wird ein Lagebild im Inland mit Bezügen zum Heimatschutz und zur nationalen Krisen- und Risikovorsorge angenommen, die für die Wettkämpfer zahlreiche – auch körperlich herausfordernde – Aufgaben aus den Bereichen Schießen und Feuerkampf mit Handwaffen, Überwinden von Gewässern und Hindernissen, Gefechts-, Fernmelde-, Pionierdienst, ABC-Abwehr, Sanitätsdienst und Sicherheitspolitik bereithält. Weitere Informationen, auch zu ggf. noch benötigtem Unterstützungspersonal unter

https://www.reservistenverband.de/drm24/

Text: Oberst a.D. Thomas Mönnighoff

KNDS mit der Lieferung von 50 DINGO 2 an die Bundeswehr beauftragt

Das Rüstungsunternehmen KNDS wurde vom Beschaffungsamt (BAAINBw) beauftragt die zuvor von der Bundeswehr an die Ukraine abgegebenen geschützten DINGO 2 Radfahrzeuge zu ersetzen. Das Wiederbeschaffungsvorhaben umfasst eine Rahmenvereinbarung über 50 Führungs- und Funktionsfahrzeuge (GFF) vom Typ DINGO 2 in der Variante A4.

Neben dem Fahrzeugsystem ist auch ein Ersatzteil- und Logistikpaket Teil des Wiederbeschaffungsprojektes.

Der DINGO ist das bestgeschützte Radfahrzeug seiner Klasse und mit über 1200 Fahrzeugen bei zehn Nationen eingeführt. Der DINGO ist Systemträger für verschiedenste Rüstsätze: z.B. als Patrouillen-, AC-Spür-, Ambulanz-, Gefechtsstand- oder Instandsetzungs-Fahrzeug.

 

Quelle: Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG

Kernvorgaben für die Reserve

Unter dem Dach einer wirksamen Gesamtverteidigung trägt die Bundeswehr außerdem zur Resilienz von Staat und Gesellschaft bei. Die Bundeswehr selbst ist dann resilient, wenn sie ihre  Widerstandsfähigkeit erhöht, die Auswirkungen von Angriffen dämpft und sich schnell auf veränderte Lagen einstellt.
Das bedeutet, dass sie Reserven aufbaut, Verfahren sowie Abläufe agil und flexibel ausgestaltet und Eigenverantwortlichkeit stärkt.

Zur Auftragserfüllung in der Landes- und Bündnisverteidigung ist die personelle Aufwuchsfähigkeit durch die Reserve vorzusehen. Ein weiterer entscheidender Erfolgsfaktor ist die Ausgestaltung und Zuordnung einer „Aufgabe Verstärkung LV/BV“, die die Friedensaufgabe des aktiven Personals ergänzt, das in Dienststellen und Strukturen eingesetzt ist, die im Falle der Landes- und Bündnisverteidigung temporär reduziert werden. Diese Planungen sind prioritär voranzutreiben. Im Falle der Landesverteidigung sind alle verfügbaren Kräfte einzusetzen.

Für den unmittelbaren personellen Aufwuchs, die Einsatzbereitschaft und die Durchhaltefähigkeit wird das aktive Personal im gesamten Aufgabenspektrum durch die Reserve verstärkt. Perspektivisch sind dazu alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die Einplanung für die Reserve weiter zu erhöhen. Neben ihrem elementaren Beitrag zur Auftragserfüllung fördert die Reserve  zudem die Integration der Bundeswehr in die Gesellschaft.

Die erfolgreiche und glaubwürdige Landes- und Bündnisverteidigung bedarf neben allen anderen Anstrengungen eines gemeinsamen Selbstverständnisses von Wehrhaftigkeit. Es ist  unverzichtbare Richtschnur unseres Denkens und Handelns. Dieses Selbstverständnis muss auf allen Ebenen unser tägliches Dienen durchwirken und anleiten. Wehrhaftigkeit beschreibt die innere Haltung zur Verteidigungsbereitschaft der gesamten Bundeswehr mit langfristiger Strahlkraft in alle verteidigungsrelevanten Bereiche und in die deutsche Gesellschaft. Die Bundeswehr einschließlich der Reserve gehört in die Mitte der Gesellschaft. Sie muss dort erlebbar sein, wo die Menschen sind. Die Bundeswehr wird daher den wechselseitigen und kontinuierlichen Austausch mit der Gesellschaft weiter pflegen und das Verständnis dafür fördern, dass Wehrhaftigkeit zum Schutz Deutschlands eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist. Eine aktive, auch von der Gesellschaft getragenen Veteranen- und Gefallenenkultur ist eine stete Verpflichtung.

Dieses gemeinsame Selbstverständnis von Wehrhaftigkeit erwächst aus dem Willen und der persönlichen Einsatzbereitschaft aller Bundeswehrangehörigen und ihrer Reserve und wird getragen durch das Vorleben vor allem der Vorgesetzten aller Ebenen.

Es bedarf eines zukunftsfesten Personalkörpers aus aktiven militärischen und zivilen Angehörigen sowie einer gut ausgebildeten Reserve. Dabei ist es Aufgabe des Personalmanagements und der militärischen Organisationsbereiche, die Rahmenbedingungen so auszugestalten, dass die qualitativen und quantitativen strategischen Vorgaben für den Personalkörper erreicht werden.

Zum Nachlesen …

Verteidigungspolitischen Richtlinien 2023

Quelle: Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehr e.V. (Text)

Kommandoübergabe im Logistikregiment 1 in Burg

Das Logistikregiment 1 hat einen neuen Kommandeur!

Der Kommandeur der mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis, Oberst Alexander Heinze (M), übertrug das Kommando von Oberstleutnant Roland Bögel (R) an Oberst Christoph Schladt (L)

Drei Jahre nach Indienststellung des Logistikregiment 1 wurde jetzt der erste Führungswechsel vollzogen.

Während eines feierlichen Übergabeappells in der Clausewitz-Kaserne übertrug der Kommandeur der mobilen Logistiktruppen der Bundeswehr, Oberst Alexander Heinze, das Kommando des Logistik-regiment 1 von Oberstleutnant Roland Bögel an Oberst Christoph Schladt.

Der scheidende Kommandeur hat das Logistikregiment 1 seit Aufstellung 2020 geprägt. Zu den Schwerpunkten seiner Verwendung als Kommandeur zählten neben der Aufstellung des Regiments und das Erreichen der Einsatzbereitschaft des Verbandes, die NATO-Zertifizierung als Unter-stützungsverband NATO Response Force 2022-2024. Im Falle einer Aktivierung der VJTF (Very High Readiness Joint Task Force) stellt das Logistikregiment 1 den Unterstützungsverband NRF (NATO Response Force) 2022-2024, welcher bis zu 2.600 Frauen und Männer bereitstellt. Diese unterstützen die schnelle Eingreiftruppe logistisch.

Oberstleutnant Bögels neue militärische Heimat wird das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr in Köln. Seinem Nachfolger versichert Bögel: „Das Logistikregiment ist bereit für die neuen, noch größeren Aufgaben.“

Oberst Schladt ist unter den Logistikern kein Unbekannter und für die bevorstehende Aufgabe bestens gerüstet. Vom Crawl über den Walk zum Run begleitete der neue Kommandeur, damals eingesetzt als Übungsdirektor an dem Logistischen Übungszentrum der Bundeswehr in Garlstedt das Logistik-regiment 1 bereits. Er zählte damit zum „wesentlichen Gestalter und Vorbereiter des Herstellens der Einsatzbereitschaft für das Regiment“, erklärt Oberstleutnant Bögel.

Oberst Heinze begrüßt Oberst Schladt herzlich erneut im Team der Streitkräftebasis und wünscht Ihm alles Gute.

Dies wünscht auch die Kameradschaft NORDWEST Ihrem Vorsitzenden Oberst Christoph Schladt, immer ein gutes Händchen, Soldatenglück und viel Erfolg bei den anstehenden Aufgaben des LogRgt 1.

Übergabe der Truppenfahne an Oberst Christoph Schladt

Text: © Hptm Franziska Gehrke, Oberstlt a.D. Michael Janczyk      Fotos: ©Hptm Franziska Gehrke,

Rheinmetall präsentiert hochmobiles Brückenlegesystem ANACONDA auf der FIREmobil

Rheinmetall, der Düsseldorfer Technologiekonzern, präsentiert den neuen Radbrückenleger HX ANACONDA vom 14. bis 16. September 2023 während der FIREmobil Messe im brandenburgischen Welzow. Die Ausstellung und Leistungsschau bringt Anwender und Entscheider aus den Bereichen des Krisen- und Katastrophenschutzes zusammen. Rheinmetall stellt das Brückenlegesystem als Lösung für die zivil-militärische Zusammenarbeit in Krisenlagen und Katastrophenfällen vor.

Der Brückenleger setzt sich zusammen aus dem Brückenlegesystem Anaconda von General Dynamics European Land Systems (GDELS) und einem HX 8×8-Trägerfahrzeug von Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV). Eine optional geschützte 10×10 Variante soll das Portfolio perspektivisch erweitern und so auch den Hochrisiko-Einsatz, etwa in munitionsbelastetem Gebiet, ermöglichen.

Entwickelt nach den hohen Maßstäben militärischer Erfordernisse, eignet sich der Brückenleger zur schnellen Verlegung auf eigener Achse. Er ist in der Lage, schnell und effizient temporäre Brücken über Hindernisse wie Flüsse, Gräben oder zerstörte Straßen zu errichten – auch in unwegsamem Gelände. Zerstörte oder geschwächte Überwege ersetzt der HX ANACONDA wahlweise mit seiner robusten 22-Meter-Brücke oder einer ebenso qualifizierten 2×12-Meter-Variante von GDELS. Die Tragfähigkeit meistert Lasten bis zum modernen Kampfpanzer und eignet sich somit verlässlich für Einsatzkräfte und schweres Gerät jeglicher Art.

Quelle: Rheinmetall AG (Text und Bild)

Bericht der Kameradschaft Aachen/Escheiler zur Bildungs- und Erlebnisreise 2023

Bericht der Kameradschaft zur Bildungs und Erlebnisreise 2023

Blick vom Dreifaltigkeitsberg auf das Zentrum von Regensburg und den Dom

Als wir jüngst in Regensburg waren…

Ein Reisebericht

Aber warum ausgerechnet nach Regensburg?!

Regensburg, am nördlichsten Punkt der Donau gelegen, doppelte UNESCO-Welterbestadt, kurze Wege nach München, Prag, Berlin, und auch Aachen ist in erreichbarer Nähe. Regensburg ist eine Hafenstadt und über die Donau mit dem Schwarzen Meer verbunden. 365 Kirchen jeder Größenordnung, um die 350 Lokale, Gaststätten, Restaurants und damit die Stadt mit der größten Gaststätten-Dichte in Bayern, Regensburger Domspatzen – der älteste Knabenchor der Welt, Steinerne Brücke – , Weltwunder des Mittelalters, fast 150 Jahre lang Sitz des Immerwährenden Reichstags, Walhalla, Schloss St. Emmeram – das größte privat bewohnte Schloss Deutschlands, einzige Wohntürme nördlich der Alpen, bis zur Schrumpfung der Bundeswehr größter Militär Standort in Bayern, ein Heimspiel folglich für diejenigen, die wesentliche Teile ihrer Dienstzeit hier in Regensburg verbracht haben. Gründe genug, nach Regensburg zu fahren.

Am Sonntag, 18. Juni, 8:00 Uhr, soll in der Donnerberg-Kaserne gestartet werden. Um 7:57 Uhr sind wir bereits unterwegs. Man kennt sich, man weiß militärische Pünktlichkeit zu schätzen und unser Reiseleiter, Günter Selbert, kann zu einem besonderen Ereignis gratulieren. Am heutigen Tag, vor 47 Jahren, haben Ingrid und Heinrich Rüttgers den Bund fürs Leben geschlossen. Eine Win-Win-Situation! Den Rüttgers wird mit „viel Glück und viel Segen…“ gratuliert, die Bus-Belegschaft ist mit Sekt versorgt.

Um 15:30 Uhr ist Regensburg erreicht, wenig später unsere Unterkunft, der Bischofshof, im Zentrum von Regensburg direkt neben dem Dom gelegen. Die Stadt feiert seit drei Tagen ihr Bürgerfest und ist in Hochstimmung. Alle zwei Jahre feiern sich die Bürger, aber das letzte Bürgerfest war Corona zum Opfer gefallen. Dichtes Gedränge aller Orten, auf jedem der vielen Plätze wird Musik geboten, wer einen Platz zum Zuhören oder Biertrinken ergattert hat, gibt ihn nicht mehr auf.

Seit Montagvormittag ist allen klar, dass wir uns auf einer Bildungs-, nicht auf einer Urlaubsreise befinden. Zwei Stunden sollte die Stadtführung dauern, aber Peter Höfele, OStFw a.D., in Regensburg geboren und lange dort stationiert, passionierter Läufer, führt uns durch Ecken und Winkel und macht jedem klar, warum Regensburg eine Stadt ist, die eine lange Geschichte hat und es wert ist, besucht zu werden. Stadtführungen haben alle von uns schon über sich ergehen lassen müssen, aber die persönliche Art, wie Höfele die Stadt präsentiert, stellt wohl alle professionellen Stadtführer in den Schatten. Kenntnisreich, humorvoll, mit persönlichen Anekdoten versehen, ist es eine Freude, ihm zuzuhören. Nach zweieinhalb Stunden ist er und sind wir fertig und reif für die Historische Strudelfahrt, die am Nachmittag ansteht.

Steinerne Brücke – im Hintergrund Stadtamhof

…sind wir über den Sprudel gefahren.

Strudelfahrten sind für Menschen weiblichen Geschlechts ein gefährlich Ding. „Wem der Myrtenkranz geblieben, landet froh und sicher drüben, wer ihn hat verloren, ist dem Tod erkoren.“ So in der fünften Strophe des bayerischen Volkslieds nachzusingen. Dank moderner Technik werden die Strudel überwunden, und alle erreichen wieder das rettende Ufer.

Am Dienstag bekommen wir eindrucksvoll bewiesen, dass die Lebensweisheit des chinesischen Philosophen Konfuzius (551 – 479 v.Chr), dass der Weg das Ziel sei, noch immer richtig ist. Bodenmais ist unser Ziel, aber wer offenen Auges durch Gäuboden und anschließend in den Bayerischen Wald fährt, kann sich an der wunderschönen Landschaft Niederbayerns erfreuen.
Unser Ziel ist die Glasfabrikation Joska. Wir haben gehört, dass Quarzsand die Hauptzutat für die Herstellung von Glas ist. Kalk, Sulfat und Soda kommen dazu. Alle Zutaten werden bei großer Hitze von 1600° geschmolzen. Glasfabrikation, besonders die Glasbläserei ist in Bayern wegen des Waldreichtums zu finden. Heute besteht das Rohmaterial aus dem Weißglas, das wir in den Müllcontainern entsorgen. Wir können staunend verfolgen, wie der Glasbläser innerhalb kürzester Zeit ein farbiges Glas herstellt. Das Angebot, ein farbiges Glas nach eigenem Gusto hergestellt zu bekommen, will dennoch niemand annehmen. Wohin damit, wenn man eher bereit ist, seinen Hausstand zu reduzieren?! Die Ware, die man im Ausstellungsraum besichtigen kann, löst bei so mancher Mitreisenden Kopfschütteln aus.

Der Baumwipfelpfad in Neuschönau ist das Ziel für den Nachmittag. Es ist immer wieder faszinierend, einen solchen Pfad zu besteigen. Der gleichmäßige Anstieg überfordert niemanden, die Entfernung zum Boden wird immer größer, bis man schließlich oberhalb der Bäume angelangt ist. Konstruktion und Bau eines solchen Pfades sind aufwendig, zumal die Sicherung an allererster Stelle steht. Ist man nach 44 Höhenmetern und einer spiralförmigen Wegstrecke von 1200 m oben angelangt, ist die Sicht atemberaubend.

Blick vom Baumwipfelpfad auf die Höhenzüge des Bayerischen Waldes

Am Mittwoch sind wir in der Weißbierbrauerei Kuchlbauer in Abensberg angemeldet.  Wir verlassen den Bus, gehen einige Schritte und sehen durch das Grün der Bäume einen schlanken hohen Turm mit bunten Kugeln und einem goldenen Dach. Doch das Ziel ist die Brauerei. Bier wird in Bayern aller Orten gebraut, ein Schwerpunkt liegt oben in Bamberg. In der Nähe der Ortschaft Abensberg erstreckt sich das größte Hopfenanbaugebiet der Welt. Jetzt wissen wir, dass es männlichen und weiblichen Hopfen gibt. Nur der weibliche Hopfen wird genutzt, und sollte auch nur eine Pflanze männlichen Hopfens dazwischengeraten sein, ist der gesamte Anteil nicht brauchbar. Durch Gäuboden waren wir am Vortag bereits gefahren. Auf dem fruchtbaren Boden im Gäuboden gedeiht Brauweizen hervorragender Güte, und im bayerischen Jura wächst die Braugerste.

Hundertwasserturm Abensberg, Brauerei Kuchlbauer

Das für die Brauerei benötigte Wasser entnimmt man dem eigenen Brunnen. Das Brauereiverfahren ist original echt altbayerisch. Wofür allerdings früher Fachleute mit unterschiedlichen Kompetenzen benötigt wurden, braucht man heutzutage zwei Mann, die die Produktion überwachen. Der Chef der Brauerei, Leonhard Salleck, hatte eine enge Beziehung zum Österreicher Hundertwasser. Hundertwasser wollte die Welt mit Farbe und lustigen Formen fröhlicher machen. Aus der Freundschaft ist der Hundertwasser- Kuchlbauer-Tower entstanden. In der Planung war eine Turmhöhe von 70 m vorgesehen, doch Bürgermeister und Landeskonservator wollten eine Umsetzung verhindern. Hundertwasser war im Februar 2000 an Bord der QE2 vor Brisbane gestorben. Der Entwurf für den Turm musste geändert werden, die Höhe wurde auf ca. 35 m beschränkt. Der Grundstein wurde im April 2007 gelegt, im August 2008 die 12 t schwere Dachkugel auf den Turm gesetzt und der Tower 2010 für den Publikumsverkehr freigegeben. Per Fahrstuhl sind wir nach oben gefahren und bekommen einen Eindruck von der Wirkungsweise des österreichischen Künstlers und Architekten.

Am Nachmittag fahren wir zum Kloster Weltenburg und besichtigen die Abteikirche. Das Kloster wurde um das Jahr 600 gegründet und ist damit die älteste klösterliche Niederlassung Bayerns.
Um das Jahr 800 übernahm die Abtei die Regeln des heiligen Benedikt. Im Kloster leben heute noch sieben Benediktiner-Mönche. In der Klosterkirche sorgt unsere Führerin für Ruhe bei den wenigen Gästen, die sich neben uns eingefunden hatten. Betritt man den Kirchenraum, fällt sofort das sonnenartige Rundfenster im Hochaltar auf. Der Kirchenpatron Sankt Georg erscheint zu Pferde in glänzender Rüstung in blendendem Gegenlicht. Auf einen Denkmalsockel erhoben, führt er eine flammende Lanze gegen einen wütend sich aufbäumenden Drachen, dem sich die lebensnahe lybische Prinzessin durch das Dazwischenfahren ihres Retters Sankt Georg entziehen kann. Die Szene aus der Legende des Heiligen erhält eine wirkungsvolle Steigerung durch die effektvolle Lichtführung. Der aus der Lichtfülle in die Dämmerung des Kirchenraums stoßende Streiter Christi wird zum Vorreiter im Kampf des Lichtes gegen die Finsternis.

Asamkirche Benediktinerabtei Kloster Weltenburg

Ein Kloster ist auch ein Wirtschaftsbetrieb. Wer das klösterliche Museum besuchen will, muss Eintritt zahlen. Die Abteikirche scheint wenig besucht, im Biergarten herrscht Hochbetrieb. Es regnet und der große Innenraum ist schnell besetzt. Von der Qualität des im Kloster gebrauten Bieres sind wir schnell überzeugt.

Wenige Meter entfernt kommen wir zur Anlegestelle, wo uns die Schifffahrt durch den Donaudurchbruch erwartet. Die Donau verengt sich hier auf 110 m und erreicht eine Wassertiefe von 20 m. Zu beiden Seiten türmen sich die Felswände bis zu einer Höhe von 80 m. Leider schon nach 20 Minuten Schifffahrt ist Kehlheim erreicht, der Bus bestiegen und der Rest des Tages steht zur freien Verfügung.

Heute ist Donnerstag, und wir werden Regensburg nicht mehr verlassen. Wer nach Regensburg fährt, für den ist der Besuch der Walhalla eine Pflichtaufgabe. Der eine Weg dorthin führt über die Donau. Man geht unterhalb von Walhalla wieder von Bord, hat bis dahin die Möglichkeit gehabt, ausdrucksstarke Fotos von der Walhalla zu machen und bewegt sich zum Aufstieg nach oben. Jetzt erwarten ihn 358 Stufen, unterschiedlich hoch, Geländer nicht vorhanden. Eine Freude für Herrn Höfele, eine Zumutung für normal veranlagte Menschen. Wir fahren aber mit dem Bus. Die beiden Führerinnen informieren über Historie, Bauwerk und Inhalt. Dorischer Stil, 52 Säulen, 64 Gedenktafeln, 253 Büsten, davon nur 13 Frauen. Käthe Kollwitz ist die letzte, die aufgenommen wurde. Frühestens 20 Jahre nach dem Tod ist eine Aufnahme in die heilige Halle möglich. Alle sind beeindruckt und fotografieren.

Walhalla aus den Donauniederungen, Innen- und Außenansicht

Nach dem Besuch der Walhalla widmen wir uns Regensburg als Garnisonsstadt. Sechs Kasernen hat es gegeben, keine ist übriggeblieben. Früher lag hier die 4. PzGrenDiv. Die herkömmliche Landesverteidigung ist nicht mehr gefragt und 2006 wird das zuletzt hier stationierte Kommando Luftbewegliche Kräfte/ 4. Division in Kombination mit einer Umgliederung nach Stadtallendorf verlegt. Diejenigen, die hier gedient haben, erinnern sich wehmütig, vielen anderen ist es anderswo ähnlich ergangen.

Im Zentrum von Regensburg liegt der Dom. Er ist die bedeutendste Kirche der Stadt und die Kathedrale des Bistums Regensburg. Die Kathedrale gehört neben dem Kölner Dom zu den bedeutendsten gotischen Bauwerken in Deutschland. Der entstandene Bau ist Nachfolger eines romanischen Doms, von dem noch ein Turm erhalten ist. Der Bau des gotischen Dom begann 1275. Der Ausbau der beiden Domtürme und der Turmhelme erfolgte erst von 1859 bis 1869.
Wenn man den Kirchenraum aus hellem Sonnenschein heraus betritt, muss sich das Auge erst an die Dunkelheit gewöhnen. Unsere Führung beginnt im Lapidarium, wo die Führerin die Baugeschichte und Bedeutung des Doms uns zur Kenntnis bringt. Natürlich spricht sie auch über die Regensburger Domspatzen, einen der ältesten Knabenchöre der Welt. Georg Ratzinger war 30 Jahre lang Domkapellmeister und Leiter dieses Knabenchores. Im Dom weist sie besonders auf ihre Lieblingsfiguren, den lachenden Engel und den hl. Paulus hin. Ihr besonderes Augenmerk gilt aber den Fenstern, die zu Beginn des Zweiten Weltkrieges in Sicherheit gebracht worden waren und nach Beendigung des Krieges wieder eingebaut werden konnten.

Am letzten Tag unserer Bildungsreise werden wir von Elisabeth Blersch, Germanistikstudentin im vierten Semester, durch das Schloss der Thurn und Taxis geführt. Eine Fremdenführerin sollte sprachgewandt, kenntnisreich, humorvoll und möglichst auch noch ansehnlich sein und sich auf die Geführten einstellen können. Frau Blersch erfüllte die Herausforderungen. Hier also lebt ihre Durchlaucht, Fürstin Gloria, und verwaltet ihre Güter. Fast hätten wir die Fürstin zu Gesicht bekommen, Fahrer und Ferrari standen schon bereit, aber wir haben keine Zeit. Wir hören die Geschichte der Familie, hören vom Post-Monopol, sehen die Pracht eines alten Herrscherhauses, das kein Museum ist, sondern genutzt wird und sind beeindruckt.
Zum Anwesen gehört die Kapelle St. Emmeram. Der Kern der Kirche wurde 780 errichtet. Durch einen Brand wurde 1642 das Mittelschiff der Kirche zerstört, anschließend wieder aufgebaut. Zwei Jahre lang bis 1733 erfolgte die Neuausgestaltung durch die Brüder Asam im Stil des Barocks. Eine besondere Rolle in der Historie von St. Emmeram spielt Wolfgang. Er wurde 968 im Alter von 43 Jahren zum Priester, 972 zum Bischof von Regensburg geweiht. 975 gründete er eine Domschule mit Chor, aus dem die heutigen Regensburger Domspatzen hervorgingen.

Schloss St. Emmeram, Thurn und Taxis

Eigentlich haben wir genug gesehen und gehört, aber am Nachmittag des letzten Regensburg-Tages steht der Besuch des Rathauses auf dem Plan. Hier tagte von 1663 bis 1806 die Dauerhafte Versammlung der Reichsstände im Heiligen Römischen Reich. Oben tagten die Landesfürsten, unten befand sich der Folterkeller. Man sollte meinen, um einen solchen Keller sollte man einen Bogen machen, aber die Führerin konnte eindrucksvoll das Handwerkszeug erklären, das bis zum Geständnis eingesetzt wurde.

Mit dem gemeinsamen Abend in der fürstlichen Brauerei beenden wir den offiziellen Teil unseres Aufenthalts. Am Samstag wird die Heimreise angetreten. Der Geburtstag von Franz-Josef liegt zwar schon 14 Tage zurück, ist aber Anlass genug, – wenn auch ohne Ständchen –, einige Pappbecher voll Sekt auf das Wohl von Franz-Josef zu trinken.

Der Dank aller geht an diejenigen, die für Organisation und Logistik zuständig sind, an Joseph für die Beschallung, an Thomas für Ess- und Trinkbares und gute Laune, große Anerkennung aber besonders an Günter Selbert, Leiter der Kameradschaft und verantwortlich für die Reiseplanung 2024.

Autor: Dr. Wolfgang Wietzker, Kameradschaft Aachen / Eschweiler
Fotos: Wietzker (4), Rühmkorff (3)