Die Allianz im Umbruch – Eine Lagebeschreibung aus dem NATO Hauptquartier

Im vergangenen Jahr hat sich die NATO äußerlich verändert. Wir sind mit dem Hauptquartier umgezogen. Seit einem guten Jahr sind wir schon im neuen Gebäude. Hier ist alles offen, modern, man begegnet sich auf den Fluren, der großen Agora in der Mitte des Gebäudes. Aber begegnen wir uns auch in unseren Auffassungen? Verändert sich die NATO auch in den Strukturen, Prozessen, ihrer Strategie?

Die Allianz ist eine Allianz im Umbruch. Bei dem Gipfel in Brüssel im Sommer 2018 wurde dies besonders deutlich. Übrig bleibt bis heute, dass Deutschland seine Rolle in der Mitte nach Meinung einiger Akteure nicht ausreichend wahrnimmt. Wir zahlen vermeintlich nicht genug. Wir sind irgendwie mittendrin, aber nicht bei allem dabei.

Das wohl bedeutendste Dokument aus dem Gipfel ist die Readiness-Initiative. Unter dem Schlagwort 4 mal 30 oder besser 30/30/30 Bataillone, fliegende Staffeln, Schiffe verfügbar in 30 Tagen geht es um die Erhöhung der Einsatzbereitschaft und die Übernahme von Lasten. Inzwischen haben die Alliierten ihre Beiträge zu dieser Initiative eingemeldet. Deutschland ist ganz vorne mit dabei. Rechtzeitig zum Leaders Meeting kann dies eine Erfolgsgeschichte sein.

Zugleich wird in diesen Tagen der Umbruch wieder spürbar. Rund um das Außenministertreffen im November, dem Leaders Meeting mit den Staats- und Regierungschefs der Allianz im Dezember in London und dem aufrüttelnden Interview des französischen Staatspräsidenten in einer britischen Zeitschrift, in der er den Hirntod der Allianz konstatierte, wird die Zukunft der NATO diskutiert.

Und das alles in einer Zeit wo die Allianz vor Veränderungen steht. In Zeiten, in denen sich die Wahrnehmung der Rolle Russlands in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Nach 2014, der Ost-Ukraine und der Krim, aber auch nach dem Fall Skripal in Großbritannien und dem Ausspähen der OPCW in Den Haag reagieren viele Alliierte nicht nur gereizt auf Russland, sondern sehen in Russland die eine dominierende Herausforderung.

Russland als potentieller Aggressor, Russland als Gegner, Russland als Bedrohung ist alltäglich Gegenstand in den Diskussionen im NATO Hauptquartier. Dabei ist das Bedrohungsempfinden etlicher Alliierter tief emotional und für die jungen Mitgliedsstaaten tief existenziell. Das Gleiche gilt für die Frage, wie man Russland begegnen soll, im Frieden, in der Krise und im Krieg. Sind wir mit Russland überhaupt noch im Frieden oder stattdessen zumindest in einer aktiven Wettbewerbsphase, in der jeden Tag weit unterhalb der Schwelle eines Artikel 5 Auseinandersetzungen stattfinden.

In den letzten zehn Jahren hat sich das sicherheitspolitische Umfeld mit und ohne Russland, wegen oder gegen Russland verändert. Internationaler Terrorismus wird als Herausforderung gesehen, die Alliierte unmittelbar bedroht, Regionen in der Allianz destabilisieren könnte, Sekundäreffekte auf die territoriale Integrität ebenso, wie auf die innere Stabilität von Mitgliedsstaaten hat.

Wir sind konfrontiert mit Verletzungen internationalen Normen, wie auf der Krim und in der Ost-Ukraine, an dem nicht Halt machen vor Grenzen, Aktionen mit militärischen Mitteln und nicht-militärischen Mitteln, sich dazu bekennend oder auch nicht.

Migrationsströme und die daraus resultierenden innenpolitischen Instabilitäten, Verschiebungen und Zerwürfnisse in Gesellschaften und politischen Landschaften beschreiben den Zustand in einigen Ländern. Einzelne Alliierte werden nicht müde, Migration als die große sicherheitspolitische Herausforderung zu benennen. Daraus folgen auch unterschiedliche Auffassungen zum Einsatz von Streitkräften im Inneren, der heute der Normalfall in vielen Ländern ist.

Die Folgen der Finanzkrise haben die Schere zwischen Arm und Reich größer werden lassen. Zurückgehende Ressourcen, Diskussionen um deren Verwendung, so auch das Einhalten des 2 %-Ziels für die Verteidigungshaushalte, haben das sicherheitspolitische Umfeld verändert, bestimmen heute die Diskussion.

So driftet die Allianz ein Stück weit auseinander. Es fehlt das vereinigende Ziel. Und es fehlt die Kohäsion, sich auf das eine große Ziel auszurichten. Was ist wirklich eine Bedrohung für die Mitgliedstaaten? Aus welcher Richtung schießt der Feind. Sind wir vorbereitet, alarmiert, resilient oder empfinden wir gar keine Bedrohungen in unseren Gesellschaften. Ist die kleinste Dysfunktionalität vielleicht Folge eines Cyberangriffes? Engagieren wir uns zu wenig? Leben wir auf Kosten der anderen? Was sind wir bereit zu geben, zu investieren? Wofür stehen eigentlich die nationalen Sicherheitspolitiken? Lastenteilung und Bedrohungsperzeptionen sind sehr unterschiedlich.

Einer der wesentlichen Gründe für den Aufstieg der NATO zur erfolgreichsten Sicherheitsallianz in der neueren Geschichte ist ihre Fähigkeit, sich an veränderte politische Rahmenbedingungen anzupassen. Anders als Wirtschaftsunternehmen, die ihre Marktstrategien ständig überprüfen, werden neue NATO-Strategien nur in großen Zeitabständen formuliert. Ganze sieben solcher strategischen Konzepte hat es in der fast 70-jährigen Geschichte des Bündnisses gegeben. Selten wurden Strategien im Voraus geschrieben. Meistens sind sie entstanden, wenn ihre Inhalte schon längst Realität gewesen sind. Sie verschriftlichen, was das Bündnis in Reaktion auf sicherheitspolitische Veränderungen bereits längst in der Praxis tut.

Das Strategische Konzept von 1999 betonte die Notwendigkeit des Krisenmanagements, nachdem die NATO diese Aufgabe schon seit 1995 auf dem Balkan wahrgenommen hatte. Im Strategiepapier von 2010 wurde die kooperative Sicherheitsvorsorge durch Partnerschaften als eine der Kernfunktionen der Allianz definiert, nachdem bereits eine Vielzahl von Partnerschaften in Europa, mit den Mittelmeeranrainern oder den Golfstaaten initiiert worden war. NATO-Strategien sind damit immer auch zugleich Standortbestimmungen und Festschreibungen bewährter Praktiken.

Nach einer NATO 1.0 in der NATO der Collective Defence, hatten wir eine NATO 2.0, die sich mit Krisenmanagement befasste. Heute brauchen wir beides. Heute brauchen wir eine NATO, die sich kollektiv mit der Bedrohung insgesamt aus dem Osten, auseinandersetzt und dieser begegnet. Und wir brauchen eine NATO, die weiterhin am Rande ihres Bündnisgebietes Instabilitäten bekämpft, so Krisenvorsorge und Krisenmanagement betreibt, möglichst bevor Krisen das Bündnisgebiet destabilisieren.

Anpassungsdruck – Notwendiger Strategiewandel

Dabei stellt sich die Frage, bereiten wir uns auf die richtigen Herausforderungen vor, bereiten wir uns richtig vor? Bereiten wir uns qualitativ und quantitativ, flexibel genug, mit einem militärischen „Instrument of power“ und weiteren Instrumenten richtig vor?

Es gibt in der Allianz ein neues Bewusstsein für Bündnisverteidigung – Collective Defence. Dabei sind vor allem diejenigen Alliierten die Treiber des Geschehens, die sich von Russland emotional und existenziell bedroht fühlen. Der Gegner wird vor allem von unseren osteuropäischen Bündnispartnern an ihren jeweiligen Grenzen wahrgenommen.

Internationaler Terrorismus bedroht weitere Alliierte ganz konkret an ihren Grenzen und immer wieder auch auf ihren Territorien. Herrschaftsfreie Räume jenseits der Allianz haben destabilisierende Sekundäreffekte auf einzelne Mitgliedsstaaten.

Die Eventualfallplanungen in der Allianz werden vorangetrieben und das dazu notwendige Kräftedispositiv immer umfangreicher. Verlegung und Verstärkung innerhalb des Bündnisses wird wieder gedacht und bald auch geübt. Die anstehenden Großübungen mit der Beteiligung etlicher Alliierter zeugen davon. Das wird ein großes Thema in 2020 und darüber hinaus. Dabei leistet Deutschland mit dem neuen Joint Support and Enabling Command in Ulm (JSEC) einen wichtigen Beitrag für die Zukunft der Allianz.

Autor: Oberst i.G.  Ralph Meyer, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und EU

Rear Area im Fokus – Klares Lagebild im Rückwärtigen Raum

Spätestens mit den Terroranschlägen seit 2015 in den europäischen Hauptstädten Paris, Brüssel, London und Berlin und dem noch heute andauernden Konflikt in der Ost-Ukraine sowie der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 hat sich die geopolitische Situation in Europa grundlegend verändert. Eine Analyse aller relevanter Faktoren hat ergeben, dass eine Rückbesinnung auf die Bündnisverteidigung in Europa für die Allianz unabdingbar ist. Beim NATO-Gipfel in Warschau 2016 beschloss die NATO in diesem Zusammenhang unter anderem, ihre Kommandostruktur diesen neuen Gegebenheiten anzupassen, um den aktuellen und zukünftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen besser begegnen zu können.

Im Februar 2018 billigten die NATO Verteidigungsminister einen entsprechenden Vorschlag, der u.a. vorsah, zwei neue Führungskommandos auf der operativen Ebene innerhalb der „NATO Force Structure“ (NFS) aufzustellen:

  • das Joint Force Command Norfolk (JFC NF) in Norfolk, Virginia, verantwortlich für den transatlantischen Raum und
  • das Joint Support and Enabling Command (JSEC) in Ulm, verantwortlich für den rückwärtigen Raum (Rear Area) des Oberbefehlshabers der NATO Streitkräfte in Europa (SACEUR).

Während des Treffens der Verteidigungsminister der NATO im Juni 2018 wurde Deutschland die Verantwortung als sogenannte Rahmennation (Framework Nation) für die Aufstellung des JSEC übertragen.

Für eine effektive Bündnisverteidigung setzt die NATO vorrangig auf die wirkungsvolle Abschreckung durch eine angemessene Präsenz von Streitkräften in ihren Mitgliedstaaten. Das wird gerade in Polen und den baltischen Staaten umgesetzt mit der Enhanced Forward Presence und der schnellen Eingreiftruppe Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) als potentielle erste Verstärkung, die lageabhängig durch weitere Kräfte (NATO Response Force und Follow on Forces) ergänzt werden kann. Hierfür sind Truppenbewegungen in und durch ganz Europa notwendig, um schnell und sicher Verstärkungskräfte in eine Krisenregion verlegen zu können. Die Glaubwürdigkeit und der Grad der Abschreckung hängen wesentlich davon ab, solche Truppenbewegungen nach kurzer Vorbereitungszeit und ggf. auch unter Bedrohung effektiv und sicher durchführen zu können.

Zuständig hierfür sind zunächst die truppenentsendenden Staaten. Die Verlegung der Streitkräfte – sei es per Flugzeug, Straße, Bahn und/oder Schiff – und ihre Zusammenführung in einem Sammelraum, insbesondere aber auch Maßnahmen zur Absicherung und der Bedarf an Ausbildungs- und Versorgungseinrichtungen wurden bislang stets direkt durch das entsendende Land mit den betroffenen Transit- oder Gastgeberländern individuell abgestimmt und koordiniert. Bis zu einem Unterstellungswechsel der Truppen unter das entsprechende NATO Führungskommando in einem Operationsgebiet, ist dieser Prozess eine Angelegenheit zwischen zwei oder mehreren souveränen Staaten. Er ist hoch komplex, in vielen Fällen zeitintensiv und bedeutet im schlechtesten Fall, dass SACEUR nicht immer ein klares Lagebild hat, wo sich seine Verstärkungskräfte zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden und ob sie noch rechtzeitig dort eintreffen, wo sie benötigt werden.

An dieser Stelle beginnen die Kernaufgaben des Joint Support and Enabling Command, dessen Auftrag wie folgt lautet:

„…der NATO einen sicheren rückwärtigen Raum für strategische Aufmarschbewegungen sowie zur Unterstützung der Operationsführung und der Bündnispartner zur Verfügung zu stellen.“

Dieser rückwärtige Raum ist, grob umschrieben der Teil des europäischen Festlandes, der Territorialgewässer und des darüber befindlichen Luftraumes, die nicht einem der sogenannten Joint Force Command (JFC) in Brunssum oder Neapel als Operationsgebiet zugeordnet sind. Doch wie können diese koordinierenden Aufgaben in einem Raum souveräner Staaten wahrgenommen werden, ohne deren Hoheitsrechte zu beschneiden? Gerade der rückwärtige Raum darf insbesondere im Frieden und in der Krise nicht als ein Verantwortungsbereich im militärischen Sinne verstanden werden. Vielmehr muss das rückwärtige Gebiet als multifunktionaler Raum betrachtet werden, der vor allem als Durchmarschgebiet, Bereitstellungsraum und Versorgungsbasis dienen soll.

Das JSEC folgt dabei einem umfassenden Ansatz. Es werden vier Operationslinien unterschieden:

Vier Operationslinien
  • zivile und militärische Sicherheit, Schutz eigener Kräfte,
  • Gefechtsschadensbegrenzung,
  • Ausbildung und Bereitstellung der Kräfte,
  • Versorgung und Durchhaltefähigkeit

Jede dieser Operationslinien wird ganzheitlich innerhalb der fünf Dimensionen (Land, Luft, See, Cyberraum und seit kurzem auch der Weltraum) betrachtet und erforderliche Maßnahmen mit den jeweils zuständigen souveränen Staaten und anderen Akteuren (bspw. zivilen Betreibern, GOs/NGOs, aber auch der EU) abgestimmt und koordiniert. Die fünf wesentlichen Aufgabenbereiche des JSEC innerhalb der Operationslinien sind

  • Aufbau eines funktionellen Netzwerkes bereits im Grundbetrieb, um im Falle einer Aktivierung als singulärer Ansprechpartner der NATO gegenüber den einzelnen Nationen zu dienen,
  • Aufbau eines Lagebildes des rückwärtigen Raumes in enger Zusammenarbeit mit den Nationen und Erarbeitung von Grundlagenwissen,
  • Befähigung der NATO- Kräfte und -Akteure zu Operationen,
  • Operationsplanung,
  • Führung von Operationen.

Ziel dabei ist das Schaffen eines sicheren und in allen Bereichen funktionsfähigen rückwärtigen Raumes, aus dem heraus Wirkung (Effekte) für ein NATO Operationsgebiet erzielt werden kann. U.a. geht es um den Aufmarsch und die Bereithaltung von Kräften mit einem zu jeder Zeit aktuellen Lagebild für den SACEUR.

Transnationale Abstimmung und Koordination

Insbesondere, wenn eine spezifische Sicherheitsbedrohung vorliegt und der Aufmarsch unter Zeitdruck erfolgt, ist eine umfangreiche, transnationale Abstimmung und Koordination notwendig. Bei Verlegungen von Kräften für Operationen im Rahmen der Krisenbewältigung außerhalb der klassischen Bündnisverteidigung gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages, also z.B. für die International Security Assistance Force (ISAF) oder die Kosovo Force (KFOR), war das bislang meist nicht der Fall. In der Bündnisverteidigung gegen einen gleichwertigen Gegner, der in der Lage ist, seine Streitkräfte schnell zu verlegen und einzusetzen, ist diese besondere Herausforderung jedoch zu erwarten.

Die NATO muss daher bereit sein, schnell, effizient und nachhaltig reagieren zu können. Das erfordert nicht nur Flexibilität, hohe Einsatzbereitschaft und Geschwindigkeit, sondern auch, dass bereits im Vorfeld die Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen den Nationen und Organisationen mit allen dazugehörigen Abläufen und Verfahren klar definiert und trainiert sein müssen – das schließt auch Nicht-NATO Staaten mit ein. Dabei geht es unter anderem um die Planung von Transportrouten und um logistische Kapazitäten, um den Schutz dieser Routen und Einrichtungen sowie die Verfügbarkeit von Ausbildungs- und Übungseinrichtungen. Und es geht nicht nur um militärische Einrichtungen, vielmehr um jede Art von kritischer Infrastruktur, Maßnahmen zur Cybersicherheit, Regelungen für den Warenverkehr, Zollfragen, Umgang mit zivilen Dienstleistern und noch vieles andere mehr. Die erforderliche Befähigung der beteiligten Institutionen versteht das JSEC als einen „Whole of Government Approach“ ähnlich dem allseits bekannten Comprehensive Approach. Dieser geht davon aus:

Jede Aktion des JSEC im Sinne der Auftragserfüllung wird somit in enger Abstimmung mit den Nationen erfolgen, unter Berücksichtigung der Souveränität.

Unter dem Strich wird das JSEC mit Blick auf die Kernaufgaben der NATO einen zentralen Beitrag leisten und durch seine Koordinationsfähigkeit den souveränen Nationen eine wirkungsvolle Unterstützungsleistung bieten!

Wo steht das JSEC jetzt?

Zum 1. Oktober 2019 hat das JSEC eine erste Teilbefähigung erlangt, die sogenannte Initial Operational Capability (IOC), um nun in den nächsten knapp zwei Jahren seine volle Einsatzbefähigung zu erreichen. Auf diesem Weg wird die Durchführung von Übungen eine zentrale Bedeutung spielen.

Das JSEC ist ein multinationales Hauptquartier mit einem multinationalen Gesicht. Mehr als die Hälfte der Dienstposten in der Friedensstruktur sind multinational ausgebracht.

Bereits heute leisten mehr als ein Dutzend Soldaten aus mehreren NATO Ländern am Standort Ulm für JSEC ihre Dienste. Die für die Anfangsbefähigung erforderliche Infrastruktur sowie die IT stehen zur Verfügung und werden in den nächsten Jahren in mehreren Schritten für die umfassende Aufgabenwahrnehmung weiter ausgebaut.

Mit der Aufstellung des JSEC leistet Deutschland als Rahmennation zusammen mit den teilnehmenden Nationen in einem breiten Ansatz, der weit über eine logistische Funktion hinausgeht, einen entscheidenden Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit der NATO.

Die Großübung Defender Europe, Grafik: US Army Europe

 

In 2020 wird das JSEC seine Initial Operational Capability unter Beweis stellen. Angelehnt an die Großübung DEFENDER EUROPE 20 (DE20) werden in einer parallel angelegten Übungsstruktur COMBINDED DEFENDER 20 (CODE20) die bisher im Kommando erarbeiteten Grundlagen und Einsatzverfahren erstmalig angewandt und auf Herz und Nieren erprobt werden. Ziel ist es, Mitte 2021 im Rahmen einer weiteren Großübung die NATO-Zertifizierung zu erhalten. Damit verbunden wird das JSEC im Oktober 2021 den Status der Full Operational Capability (FOC) erreichen.

 

Autor: BrigGen Seifert, stv Kommandeur des Multinationalen Kommando Operative Führung

Drehscheibe Deutschland – Unterstützungsleistungen durch die Streitkräftebasis

Die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine durch Russland seit 2014 erforderte eine militärisch robustere Aufstellung der NATO und der EU in Europa. Aufgrund seiner zentralen geografischen Lage ist Deutschland hierbei potenzielles Aufmarschgebiet, Transitland wie auch rückwärtiges Operationsgebiet. Alle relevanten Verbindungslinien nördlich der Alpen führen durch Deutschland.

Dies fordert bei der Verlegung militärischer Verbände vor allem die Host-Nation-Support-Fähigkeiten Deutschlands und damit die der Streitkräftebasis. Ein Beispiel: Bereits bei der Verlegung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), der schnellen Speerspitze der NATO im Umfang einer verstärkten Brigade, würden etwa 11.000 Soldaten, 4.000 Fahrzeuge und 900 Container über die Drehscheibe Deutschland in Richtung Operationsgebiet bewegt – eine herausfordernde Aufgabe!

Die Streitkräftebasis leistet einen zentralen Anteil der erforderlichen Unterstützungsleistungen. Die Dimension solcher Truppenverlegungen erfordert gleichwohl einen ganzheitlichen Ansatz. Dies betrifft sowohl die bundeswehrgemeinsame ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene, aber auch die Einbindung gewerblicher Leistungen und nicht zuletzt die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung.

Sehr wertvolle Erfahrungen konnten in Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften gemacht werden. Diese nutzen im Rahmen ihrer OPERATION ATLANTIC RESOLVE die Rotationsphasen bei enhanced Forward Presence im Baltikum, um vor dem Hintergrund unterschiedlicher Lagen und Rahmenbedingungen eines Transits durch Europa verschiedene Verkehrswege und Transportverfahren realistischen Belastungstests zu unterziehen.

2020 wird durch die Übung DEFENDER EUROPE eine neue Dimension erreicht. Dann verlegt eine verstärkte Division mit 20.000 US-Soldaten und weiteren 17.000 Soldaten verbündeter Streitkräfte.

Bei DEFENDER EUROPE 20 wird neben der Fähigkeit zum Host Nation Support vor allem die Führungsfähigkeit der Streitkräftebasis gefordert.

Die Aufgaben zur Planung und Führung militärischer Verlegungen im großen Umfang wurde dem Inspekteur der Streitkräftebasis übertragen. Seither fungiert der Stab des Kommando Streitkräftebasis als „Aufmarschführendes Kommando für die Bundeswehr“- eine gute Grundlage für die Bewältigung der oben genannten Aufgaben im internationalen Rahmen.

Die Verlegung von großen Truppenkörpern der Bundeswehr erfolgt in verschiedenen Phasen. Für die Aufgabe „Aufmarsch führen“ sind insbesondere zwei Phasen von Bedeutung. In der Phase „Mount“ werden die nach der Alarmierung bereitstehenden Truppenteile an die vorbestimmten See- und Flughäfen sowie Bahneinrichtungen verlegt oder halten sich für die selbstständige Verlegung bereit. In der folgenden Phase „Deploy“ erfolgt die eigentliche strategische Verlegung in ein Einsatzgebiet.

Vereinfachte Prinzipskizze „Aufmarschführendes Kommando“ (Quelle: Bundeswehr, KdoSKB)

Die Zusammenführung und Verlegung der VJTF (L) 2019 betrifft nicht nur die beteiligten deutschen Truppenteile, sondern auch die Kräfte der weiteren an der VJTF beteiligten Nationen – immerhin neun an der Zahl. Die Marschbewegungen sind zu koordinieren, auch unter Friedensbedingungen mit dem üblichen Berufs- bzw. Individualverkehr.

Die Übernahme der Führungsverantwortung für die Verlegung der VJTF bis in ein potenzielles Einsatzgebiet ist eine neue Aufgabe für den Inspekteur der Streitkräftebasis, die dazu benötigten Fähigkeiten sind allerdings bereits in seinem Verantwortungsbereich gebündelt. Dies betrifft insbesondere die durch das Logistikkommando der Bundeswehr abgebildete logistische Kompetenz oder die für den zu erwarteten Host Nation Support benötigten Netzwerke, die durch das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr gepflegt werden. Hinzu kommen weitere unterstützende Fähigkeiten wie beispielsweise Verkehrslenkung und Schutz durch die Feldjägerkräfte oder Dekontamination durch ABC-Abwehrkräfte der Streitkräftebasis.

All diese Fähigkeiten werden im Rahmen von NATO (Framework Nations Konzept) und EU (PESCO) multinational ausgebracht und in Abstimmung mit dem Joint Support and Enabling Command (JSEC), ebenfalls Teil der Streitkräftebasis, weiterentwickelt.

Die Streitkräftebasis übernimmt Verantwortung im Zentrum eines europäischen Unterstützungsnetzwerks, stellt wesentliche Leistungen selbst bereit und integriert als Anlehnungspartner die Fähigkeiten kleinerer Partner. Zudem werden Fähigkeiten und Kapazitäten von Industrie, Gewerbe und nationalen Sicherheits- und Unterstützungskräften in das Gesamtsystem eingebunden.

Damit wird sie ihrem Anspruch gerecht, Schrittmacher der Multinationalisierung im Unterstützungsbereich in Europa zu sein.

Autor: Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis

Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten

[Anm. d. Red.: DieserArtikel schließt eine dreiteilige Serie zum Thema Datenmanagement ab. Siehe auch Newsletter Januar 2019 und Infoheft 51]

Sie kennen die Situation? Ihre Ehefrau, Ihr Ehemann, Ihre Kinder, Ihre Eltern haben bald Geburtstag. Ihr Finger fährt federartig mit elegantem Schwung über das Display des Smartphones, um den Warenkorb mit den letzten Geschenkartikeln zu füllen. Ein Klick noch und der Einkaufsbummel ist beendet – die freudigen Gesichter Ihrer Liebsten vor Augen sind Sie erleichtert, denn Sie haben dieses Jahr frühzeitig begonnen, die Geschenke zu kaufen. Die Anzeige sagt Ihnen „Vielen Dank für Ihren Einkauf! Ihre Ware wird in voraussichtlich 1-3 Werktagen zugstellt.“ Heute ist die Sendung bereits 4 Tage überfällig. Ihre Leichtigkeit von vor 7 Tagen schwindet. Sie fragen sich, was los ist, wo bleiben die Geschenke, ist meine Adresse richtig hinterlegt? War der Liefertermin korrekt, d.h. sind die Verfügbarkeitsinformationen richtig gewesen?

Die Rückkopplung zu dem Unternehmen, das hinter der Verkaufsplattform steht, wird unvermeidlich. Womöglich kaufen Sie die Geschenke an anderer Stelle und stornieren Ihre Bestellung. Das betroffene Unternehmen muss interne Prüfungen durchführen, das Problem identifizieren, ggf. selbst Artikel Retour setzen oder bleibt auf den Waren im schlechtesten Fall sitzen. Es entstehen für das Unternehmen Kosten, weil Daten nicht korrekt waren. Für Sie entstehen Unannehmlichkeiten, im schlechtesten Fall können Sie Ihr Ziel, Ihre Liebsten zum Geburtstag zu überraschen, nicht erreichen.

Die wenigsten von uns können behaupten, dass wir solche Erfahrungen in der nahen Vergangenheit gemacht haben. Die Online-Shops (E-Commerce) und logistischen Unternehmen sind in Fragen der Datenhaltung meist zuverlässig, die dahinterliegenden IT-Systeme und Organisationen auf solche Herausforderungen im Umfeld Big Data[1] eingestellt. Doch was genau heißt das: Darauf eingestellt sein? Und was bedeutet das mit Blick auf die Logistik der Bundeswehr?

Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Bundeswehr stützt sich für die Bewältigung fachlicher Aufgabenstellungen in der Logistik und darüber hinaus auf integrative[2] Prozesse. Als konkrete Bedarfsträger von Daten treten in der Logistik vier Geschäftsprozesse (GP) auf

  • GP Materialbewirtschaftung (MatBew),
  • GP Instandhaltung und Fertigung (IHF),
  • GP Verkehr und Transport (VuT),
  • GP rüstungsbezogene logistische Führung[3] (LogFü).

Der darüber hinaus existierende GP Technisch-Logistisches Management (TLM) hat mit Bezug auf das Datenmanagement in der Logistik eine besondere Rolle. Er beschreibt als Teil seiner Aufgabe die Bereitstellung der für die Nutzung von Produkten im Logistischen System der Bundeswehr (LogSysBw) erforderlichen Daten. Dabei hat er die logistischen Prozesse zu reflektieren, die Anforderungen an die produktbezogenen Daten der nutzenden Prozesse zusammenzuführen, zu konsolidieren und zu harmonisieren – der Blick geht dabei immer von der Rüstung beginnend in das LogSysBw und zurück in die Rüstung. Die Operationalisierung der produktbezogenen Daten erfolgt als Gegenstand der logistischen Prozesse (Was soll bewirtschaftet werden? Was soll instandgehalten werden?) in den Geschäftsobjekten[4] der logistischen GP. Kernelement der Konsolidierung und Harmonisierung von Daten in der Logistik sind die Spezifikationen und Standards der S-Serie der ILS[5]-Spezifikationen (auch ILS-Suite genannt) im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Industrie. Für die Sicherstellung der logistischen Interoperabilität im Bündnisrahmen der NATO bildet die Katalogisierung die Harmonisierungs- und Konsolidierungsbasis. Sie greift für deutsche Hersteller jedoch bereits auf die Vorgaben der S2000M[6] als Teil der ILS-Suite zurück.

Abbildung 1: Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Identifizierung der erforderlichen Daten ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Realisierung IT-gestützter Prozesse. Mit Hilfe von Informationsobjekten werden an einzelnen Arbeitsschritten innerhalb des Prozessmodells die dort erforderlichen Informationen[7] hinterlegt. Über das Informationsobjektmapping erfolgt im Rahmen der Realisierung die Identifizierung der Anforderungen an die Daten, die zur Bereitstellung der Informationen erforderlich sind. Die Datenmodellierung ist somit unmittelbarer Bestandteil der Prozessmodellierung[8].

Abbildung 2: Datenmodellierung als Teil der Prozessmodellierung

Die auf diese Weise festgestellten Datenbedarfe und -anforderungen sind regelmäßig Grundlage für die Definition von Qualitätsanforderungen an die Daten. Darüber hinaus bestimmen sie in der Logistik die Forderungsgrundlagen für die Bereitstellung produktbezogener Daten, die im Rahmen der Rüstungsprojekte beauftragt und durch die Industrie an die Bundeswehr geliefert werden müssen. Die hierzu erforderlichen Konsolidierungs- und Harmonisierungsmaßnahmen werden durch den GP TLM sichergestellt.

Mit Hilfe der Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien (SASPF) werden die integrativen Prozesse dort mit IT unterstützt, wo dies effizient und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder die Aufgabenstellung im Gesamtverbund des LogSysBw dies zwingend erfordert. Im integrativen System SASPF arbeiten derzeit über 60.000 Nutzer, mehr als 50 % bewegen sich in logistischen Prozessen – sie nutzen, produzieren und ändern Daten.

Daten stellen somit zugleich „Lebensader“ wie auch Output IT-gestützter logistischer Prozesse dar. Sie müssen Qualität[9] haben, d.h. für ihre Aufgabe im Prozess geeignet sein. Die Qualität von logistischen Daten ist im Kontext mit der starken Abstützung auf IT-gestützte Prozesse eine Voraussetzung, um den logistischen Auftrag erfüllen zu können. Sie ist Enabler für die fortschreitende Digitalisierung in der Bundeswehr. Mit dem Maß der Abstützung auf IT-gestützte Prozesse steigt somit der Nutzen wie auch die Bedeutung der Daten. Nur Daten mit Qualität haben einen Nutzen.

Die Logistik der Bundeswehr stützt sich in hohem Maße auf IT-gestützte Prozesse in SASPF ab. Um den erforderlichen Nutzen der Daten zu erreichen, bedarf es einer Organisation und eines Rahmenwerks, welche die notwendigen Maßnahmen im Datenmanagement anweisen, koordinieren, überwachen und durchsetzen kann. Dabei sind die verschiedenen Player im Prozess- und IT-Management zu berücksichtigen und zu verknüpfen. Diese Aufgabe übernimmt das Data Governance als organisatorisches Kernelement des Datenmanagements.

Data Governance als Kernkomponente im Datenmanagement

Data Governance ist ein Organisationskonzept. Es legt fest, welche Entscheidungen im Umgang mit Daten zu treffen sind und wer sie trifft. Darunter fällt die Definition von Rollen, Verantwortlichkeiten und Rechten im Umgang mit Daten in der Organisation. Data Governance schafft somit Richtlinien und Regeln für den Umgang mit Daten und sichert zugleich deren Einhaltung.

Abbildung 3: Datenmanagementrahmenwerk in der Bundeswehr als Zieldimension der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement

Ziel ist, durch eine angemessene Qualität der Daten den bestmöglichen Nutzen (Prozessqualität) aus dem „Gut“ Daten zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die störungsfreie Nutzung der IT-gestützten Prozesse. Auch die Entscheidungsfindung in einem auf IT stark abgestützten Unternehmen basiert zu großen Teilen auf Daten. Somit erhöht die Qualität der Daten auch die Qualität der Entscheidungsfindung.

Data Governance ist die Kernkomponente des Datenmanagements. In der Bundeswehr besteht die Data Governance Organisation bereits seit 2012. Eine durchgängige organisatorische Umsetzung sowie die Schaffung der erforderlichen Regelungslandschaft erfolgte jedoch nur im Hauptprozessanteil Logistik (HP(A) Log). Die aktuellen Revisionen im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement haben daher organisatorisch kaum Einfluss auf die Logistik. Die Data Governance Organisation SASPF wird künftig bestehen aus

  • dem Data Governance Office SASPF bei BAAINBw G (Projekt SASPF),
  • den Data Governance Offices der HP(A)/HP,
  • den Datenqualitätsmanagement-Beauftragten (DQM-Beauftragten) in den Organisationsbereichen.

Abbildung 4: Data Governance Organisation gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Die Anforderungen an den Aufbau der Data Governance Offices der HP(A)/HP ist identisch und beinhaltet folgende Komponenten/Rollen:

  • Grundlagen
  • Vorgaben/Konzeption,
  • Informationsarchitekt,
  • Technischer Data Steward,
  • Datenqualität und Lage,

 

  • Geschäftsobjektverantwortung
  • Geschäftsobjektverantwortlicher,
  • Data Analyst.

Abbildung 5: Organisation Data Governance Office HP(A) Log gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Während im Bereich Grundlagen vor allem die konzeptionelle Ausgestaltung und als neue Elemente künftig die Lage zur Datenqualität sowie die Überwachung des Datenmodells (durch den Informationsarchitekten) wahrgenommen wird, betrachtet der Bereich der Geschäftsobjektverantwortung die konkreten Geschäftsobjekte, in denen die Speicherung und Verarbeitung der Daten erfolgt. Hierbei nimmt der Geschäftsobjektverantwortliche (nach aktueller Regelungslage noch Stammdatenobjektverantwortlicher) mit Unterstützung durch den Data Analyst folgende Kernaufgaben zu seinem Geschäftsobjekt wahr:

  • Überwachung der Datenqualität und Vorgaben zu Datenqualitätsanforderungen,
  • Vorgaben und Dokumentation im Metadatenmanagement,
  • Vorgaben und Dokumentation zu Pflegeprozessen.

Die Arbeit der Data Governance Organisation beschränkte sich in der Vergangenheit stark auf die Stammdaten. Dieser Fokus wird mit der Neuausrichtung im Rahmen der Agenda Nutzung aufgehoben. Nunmehr stehen die Geschäftsobjekte als Datenrepräsentanz aller geschäftsrelevante Daten (umfasst Stammdaten, Bewegungsdaten etc.) im Fokus des Data Governance.

Wirkverbund Datenmanagement Logistik

Zur Operationalisierung des komplexen organisatorischen und inhaltlichen Zusammenspiels aus Prozess- und Datenmanagement sind im HP(A) Log die drei gestaltenden Kernelemente

  • Data Governance,
  • Standards und Spezifikationen[10] sowie
  • Katalogisierung[11]

als Wirkverbund in der Gruppe Datenmanagement Logistik im Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) zusammengefasst. Sie stellen damit in enger Verzahnung mit dem Prozessmanagement, im Schwerpunkt dem GP TLM, ein System aus kurzfristiger operativer Handlungs- und langfristiger Steuerungsfähigkeit dar.

Abbildung 6: Wirkverbund Gruppe Datenmanagement Logistik im LogKdoBw

Zielbild

Mit der Agenda Nutzung TP Datenmanagement ist das gesamte Datenmanagement SASPF und im Kern die Data Governance Organisation kontinuierlich im Fluss. Die laufenden Veränderungen müssen in das Regelungsmanagement überführt und als Grundlage für die tägliche Arbeit konsolidiert werden. Kern hierbei ist: Organisation und ihre Prozesse müssen umgesetzt und gelebt werden – eine Managementaufgabe.

Laufende und geplante IT-Projekte, bei denen insb. der HP(A) Log seit 2015 als Bedarfsträger auftritt, sollen für

  • die Implementierung eines ganzheitlichen Metadatenmanagements,
  • qualitätssichernde Standardschnittstellen,
  • Datenvalidierung und Konsolidierung nach Geschäftsregeln zur aktiven Steuerung der prozessbezogenen Datenqualität,
  • Workflowgestützte, rollenbezogene, priorisierte Datenpflege,
  • Datenqualitätslage zur kontinuierlichen Überwachung der prozessbezogenen Datenqualität

die erforderliche IT-Unterstützung schaffen.

Als strategische Zielsetzung in der Logistik, einschließlich der Umsetzung aller erforderlichen IT-Maßnahmen im Datenmanagement, steht die nachhaltige Verzahnung mit der Rüstungsindustrie und Beschaffungsprojekten auf Basis der ILS-Suite im Fokus. Standardisierung, (haushälterische) Planbarkeit für Rüstungsverträge und IT-Anpassungen, hoher Automatisierungsgrad im Datenfluss, Ausweitung der Lebenszyklusbetrachtung von Produkten auf ihre Daten und darüber liegende Prozesse sowie eine deutlich verbesserte Verfügbarkeit von Daten sind wesentliche Handlungsmotivation für dieses Zielbild. Nur so kann die erforderliche Datenqualität in einem hochagilen Umfeld von Big Data erreicht werden und die logistischen Prozesse ihre volle Wirkung entfalten.

Exkurs: Einordnung des Data Governance in Standards des IT-Management

Vergleicht man das in diesem Artikel skizzierte Data Governance mit den Empfehlungen der IT-Infrastructure Library (ITIL), die innerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg als Standard des IT-Managements genannt werden[12], so kann man das Data Governance als eine aus der Perspektive der Datenqualität stammende spezielle Ausgestaltung der in den ITIL-Standards genannten Empfehlungen verstehen. Das Data Governance berücksichtigt alle Lebenszyklusphasen von IT, betrachtet Sachverhalte in einer e2e[13]-Sicht und fokussiert sich ebenso wie ITIL auf die Kernelemente Utility[14] und Warranty[15]. Das übergreifende Management von SASPF erfolgt über das Customer Center of Expertise SASPF/SinN[16] (CCoE). Grundlage des CCoE sind neben dem Customer Product Management[17] (CPM) und Vorgehensmodellen der SAP zur Einführung und zum Betrieb von SAP vor allem die Standards nach ITIL. Eine Integration des Data Governance a la HP(A) Log in das IT-Management SASPF bzw. in das IT-Management der Bundeswehr ist somit sichergestellt.

 

Schlusswort

Hiermit endet die Darstellung der drei Aufgabenbereiche der Gruppe Datenmanagement Logistik innerhalb der Abteilung Planung des Logistikkommandos der Bundeswehr.

Ausgehend vom Thema „ILS-Spezifikationen und Standards – Aktuelle Entwicklungen und Chancen für Rüstungsprojekte“ über die „Katalogisierung im Rahmen des AC/135 – eine nationale und internationale Aufgabe“ bildet dieser Artikel mit der Darstellung des „Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten“ die Klammer über die Daten im Hauptprozess Logistik und damit dem Auftrag der Gruppe.

Die Erfüllung der drei Aufgabenbereiche erfordert eine hohe spezialisierte Ausbildung der 162 zivilen und militärischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gruppe in den entsprechenden Verfahren. Diese Ausbildung findet üblicherweise parallel zur täglichen Arbeit in monatelanger Einzelausbildung am Arbeitsplatz statt, da die Regenerationsrate eine lehrgangsgebundene Ausbildung nicht begründet.

Autoren: Oberstleutnant Manfred Klaffus und Oberstleutnant Heiko Saß, LogKdo Bw, Abteilung Planung III DatMgmt Log

 

[1] Bezeichnet Datenmengen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (z. B. zu groß, zu komplex, zu schnelllebig, zu schwach strukturiert) nicht mit manuellen und herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung ausgewertet werden können.

[2] Die integrativen Prozesse umfassen die organisationsunabhängige Gesamtheit der fachlichen Abläufe eines Aufgabengebiets, einschließlich der Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zu anderen integrativen Prozessen, vgl. A-520/1 Prozesslandkarte, Rollenkonzept und Implementierung des Prozessmanagements.

[3] Betrifft die Arbeitsvorgänge Logistikprozess überwachen und steuern, Logistische Unterstützung planen und befehlen und Maßnahmenbereich Materialwirtschaft (MatWi) bearbeiten.

[4] Der Begriff Geschäftsobjekt wird im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt (TP) Datenmanagement und des IT-Projektes Master Data Governance (MDG) eingeführt und umfasst jedes eindeutig bestimmbare Objekt, welches zur Speicherung oder Verarbeitung geschäftsrelevanter Daten verwendet wird, z. B. Stammdatenobjekte wie Materialstamm, Bewegungsdatenobjekte wie die Umlagerungsbestellung.

[5] Integrated Logistics Support.

[6] ASD/AIA S2000M (International Specification for Material Management) – Die Anwendung der S2000M für den automatisierten Datenaustausch mit Auftragnehmern ist für die Beschaffung bereits seit vielen Jahren angewiesen. Aufgrund des vollautomatischen Datenaustausches wird dieses Verfahren durch die Katalogisierungsstelle der Bundeswehr (KatStBw) für die nationale Katalogisierung immer angestrebt.

[7] Daten sind Symbole und Zeichen (Syntax) und für die maschinelle Verarbeitung erforderlich. Informationen sind in einem konkreten Bedeutungskontext interpretierte und verknüpfte Daten (Aufgabe, Rolle etc.) (Semantik). So kann aus einer Zahlenfolge in Abhängigkeit des Verwendungskontextes eine Kontonummer oder eine Postleitzahl interpretiert werden. Die subjektive Interpretation von Informationen über kognitive Fähigkeiten führt zu Wissen.

[8] Die von der Bundeswehr im Rahmen der Prozessmodellierung angewandte Methode ARIS (Architektur integrierter Informationssysteme) nutzt zur Systematisierung die Prozess- bzw. Steuerungs-, die Daten-, die Funktions-, die Leistungs- und die Organisationssicht auf einen Prozess.

[9] Datenqualität (Erfüllung der Qualitätskriterien) liegt immer vor, wenn die Daten für ihren Verwendungszweck (Prozess) geeignet sind.

[10] Eingehende Beschreibung erfolgte bereits in cpm-Verlag, Ausgabe 1-2019 (S. 43-47) und „blauer Bund e.V.“ – Beitrag vom 7. Januar 2019.

[11] Eingehende Beschreibung erfolgte in cpm-Verlag, Ausgabe 2-2019.

[12] Vgl. IT-Strategie v. 02.12.2015 oder K-3107/2 IT-Service Management Ausrüstung & Nutzung.

[13] End-to-End: bedeutet in der Bundeswehr die Sicherstellung der konsistenten Zusammenarbeit verschiedener Anwendungen und Systeme mit dem Ziel, durchgängige Geschäftsprozesse zu gewährleisten, einschließlich des dazu erforderlichen Änderungsmanagements. Ziel ist, eine Gesamtsicht auf die an einem Prozess beteiligten Systeme aus der Perspektive des Nutzers herzustellen, vgl. A1-945/0-7001.

[14] Brauchbarkeit, Nützlichkeit, Nutzen.

[15] Gewährleistung, Zusicherung, Garantie.

[16] A1-945/0-7001 Customer Center of Expertise Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien/Systeme in Nutzung.

[17] A-1500/3 Customer Product Management.

Vierte Logistik – Challenge Offiziere & Manager 2019

Am 15. / 16. Oktober 2019 führten wir die 4. Logistik Challenge 2019 an der LogSBw durch. Teilnehmer waren drei Teams unseres zurzeit laufenden OL 3 aus der II. Inspektion (1-mal Nsch und 2-mal Trsp). Sie traten gegen zwei Firmen Teams die EAFT – DIRKS Group aus Emden (Vorjahressieger 2018) und die Bremer Lagerhaus Gesellschaft (BLG) an. Beide Firmen gehören zu den ständigen Begleitern der Challenge in den letzten Jahren. Die EAFT – DIRKS Group ist auch seit Jahren im blauen Bund e.V. Mitglied.

Der blaue Bund e.V., in Kooperation mit der Bundesvereinigung Logistik (BVL) fördert den Austausch zwischen Bundeswehr und Wirtschaft und bietet mit dieser Veranstaltung ein interaktives Forum, das die folgenden Fragen beantworten möchte:

Ist der militärische Führungsprozess auch auf Entscheidungssituationen in Unternehmen anwendbar?

Wie schneiden Offiziere im Vergleich zu Führungskräften aus der Wirtschaft bei einer Managementsimulation ab? 

In diesem Jahr war die Thematik eine Firma über sechs Geschäftsjahre für die Herstellung von „Aufzügen“ zu führen.

Die virtuellen Unternehmen der einzelnen Teams konkurrieren mit anderen fiktiven Unternehmen in einem simulierten Markt. Durch ihre Entscheidungen beeinflussen Sie den Erfolg ihres Unternehmens. Dabei kommt es darauf an, verfügbare Informationen aufzunehmen und zu priorisieren, mit Unsicherheit bei der Entscheidungsfindung umzugehen, Entschlüsse im Team auch unter Zeitdruck zu fassen und Zielkonflikte erkennen und aufzulösen. Im Vordergrund steht das ganzheitliche vernetzte Denken und Handeln.

Die Simulation ermöglicht es, die Auswirkungen der eigenen bzw. die Entscheidungen sowie den Einfluss der anderen Teams auf den eigenen Unternehmenserfolg direkt zu erleben. Die Möglichkeit in nur 2 Tagen sechs Geschäftsjahre zu simulieren fördert dabei die langfristige Erfolgsorientierung. Zum Abschluss präsentierten alle Teams ihre Strategie im Rahmen einer Investoren-konferenz vor Experten.

Sieger 2019 wurde das Team Nsch aus dem Hörsaal (HS) 21, mit OLt Herms, OLt Wegener, OLt Makagon und OLt Stefer. Letzt genannte drei OLt begrüßen wir recht herzlich auch als Neumitglieder des blauen Bund e.V. und in unserer Kameradschaft NORDWEST.

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

 

Die weiteren Plätze belegten, unser zweites Team OL 3 Trsp aus dem Hörsaal 22,

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

das Team BLG mit zwei Offizieren aus dem HS 22

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

Auch aus dem Team der BLG ist nach der Veranstaltung Herr Müller, Frank unserem Verein und der Kameradschaft beigetreten.

Und es folgte EAFT-DIRKS Groups mit zwei weiteren Offizieren aus dem HS 22.

Quelle / Foto LogSBw Frau Reiter, OTL a.D. Janczyk

Hier sind wir den Hinweisen der Vorjahre gefolgt, auch einmal mit der Industrie enger zusammen zu arbeiten und mit gemischte Teams zu starten.

Fazit auch im Jahr 2020 wird es eine weitere 5. Challenge geben,

anvisiert ist dafür der Monat Juni. Im Januar 2020 erfolgen dafür die

Einladungen an interessierte Firmen und die Planung in unseren

Ol 3 Jahrgang 2020 an der LogSBw.

Die Durchführung liegt in den bewährten Händen von trainM mit Hptm d.R. Stefan Licht und dem Vorstand der Kameradschaft NORDWEST.

Unser neuer korporativer Partner – Schmitz Cargobull AG

Mit einer Jahresproduktion von rund 63.500 Trailern und etwa 6.500 Mitarbeitern ist die Schmitz Cargobull AG Europas führender Hersteller von Sattelaufliegern, Trailern und Motorwagenaufbauten für temperierte Fracht, General Cargo sowie Schüttgüter.
Im Geschäftsjahr 2018/2019 wurde ein Umsatz von ca. 2,29 Mrd. Euro erzielt. Als Vorreiter der Branche entwickelte das Unternehmen aus dem Münsterland frühzeitig eine umfassende Markenstrategie und setzte konsequent Qualitätsstandards auf allen Ebenen: von der Forschung und Entwicklung über die Produktion und Service Verträgen bis hin zu Trailer-Telematik,
Finanzierung, Ersatzteilversorgung und Gebrauchtfahrzeughandel.

Pressemitteilung – Niederlande erhalten erste Leguan-Brückenleger

Im Rahmen einer feierlichen Übergabe hat Krauss-Maffei Wegmann (KMW) die ersten beiden Leguan-Brückenlegesysteme an das niederländische Beschaffungsamt DMO (Defence Materiel Organisation) übergeben. 2016 hatten sich die Niederlande für einen bilateralen Beschaffungsansatz mit Deutschland entschieden und insgesamt acht CSB (Close Support Bridge) Leguan auf Leopard 2 Fahrgestellen, Zusatzausrüstung und Ausbildungssimulatoren bestellt. 2021 wird das letzte System an die Niederlande geliefert werden.

Quelle: Krauss-Maffei Wegmann GmbH & Co. KG

Personalveränderungen in militärischen und zivilen Spitzenstellen – Dezember 2019

1. Personalveränderungen in militärischen Spitzenstellen

Im Dezember 2019 werden folgende Personalmaßnahmen wirksam:
Bundesministerium der Verteidigung

Konteradmiral Thomas JUGEL, zuletzt zur Unterstützung der Abteilungsleitung Planung bei der Durchführung eines Sonderprojektes im Bundesministerium der Verteidigung, Berlin, eingesetzt, tritt in den Ruhestand.

2. Personalveränderungen in zivilen Spitzenstellen

Nachmeldungen:
Bundesministerium der Verteidigung

Leitender Direktor des Marinearsenals Dipl.-IngDiplom-Ingenieur. Christoph OTTEN, Leiter des Marinearsenals in Wilhelmshaven, hat am 18. November 2019 die Leitung der Unterabteilung I des Abteilung Ausrüstung im Bundesministerium der Verteidigung in Berlin übernommen.