Synthetisch hergestellte flüssige Kraftstoffe können eine gute Ergänzung zur Elektromobilität sein, weil sie die Autos von heute sauberer machen – und auch in schweren Lkw, Flugzeugen und Schiffen einsetzbar sind.
Mit ihrem Klimapaket will die Bundesregierung der Energie- und Verkehrswende auf die Sprünge helfen. Doch dreht sie tatsächlich an den richtigen Stellschrauben? Geht es nach der Politik, führt der Hauptweg insbesondere in der Mobilität über eine vermehrte Elektrifizierung. Sieben bis zehn Millionen E-Fahrzeuge sollen bis zum Jahr 2030 auf deutschen Straßen rollen, denen dann bestenfalls eine Million öffentlich zugängliche Ladepunkte zur Verfügung stehen. Um das zu erreichen, richtet der Gesetzgeber gerade neue milliardenschwere Fördertöpfe ein.
Eine echte Verkehrswende werde allerdings nur gelingen, wenn man an den Bestand heranginge, also an die rund 63 Millionen Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor. Das betonen Kritiker des „All electric“-Ansatzes seit Langem – und sie finden immer mehr Gehör. Ihr Lösungsvorschlag: E-Fuels.
E-Fuels sind mittels Fischer-Tropsch-Synthese (FT-Synthese) – einem Verfahren, das bereits Anfang des letzten Jahrhunderts entwickelt wurde – synthetisch aus Wasser, CO2 und Grünstrom hergestellte Kraft- und Brennstoffe. Per Elektrolyse wird zunächst Wasserstoff produziert. Aus CO2, entnommen zum Beispiel aus der Atmosphäre oder aus Industrieabgasen, wird in einem Reinigungsprozess das benötigte Kohlenstoffmonoxid extrahiert. Diese beiden Vorgänge und die darauffolgende eigentliche FT-Synthese benötigen Strom. Am Ende des Power-to-Liquid-Pfades steht ein flüssiger, treibhausgasneutraler Brennstoff, der zu gängigen Kraftstoffen wie Benzin, Diesel, Kerosin, Schwer- oder Heizöl raffiniert werden kann.
E-Fuels werden durch Hydrierung von Kohlenstoffmonoxid hergestellt, in einem bereits 1925 von zwei deutschen Chemikern entwickelten Verfahren namens Fischer-Tropsch-Synthese. Um die dafür notwendigen Grundstoffe aus Wasser und der Atmosphäre zu extrahieren sowie für die eigentliche FT-Synthese wird Solar- und Windenergie eingesetzt. Das Resultat des Power-to-Liquid-Verfahrens sind flüssige, treibhausgasneutrale Brennstoffe, die zu konventionellen Kraftstoffen raffiniert werden.
Die Kompatibilität mit bestehenden technischen Systemen bietet aus Sicht der E-Fuels-Befürworter neben der Klimaverträglichkeit viele praktische Vorteile gegenüber rein elektrischen Systemen. So lassen sich E-Fuels in allen herkömmlichen Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor sowie in den etwa fünf Millionen deutschen Ölheizungen einsetzen, und das in beliebig großen Beimischungen bis zu 100 Prozent. Gleiches gilt für die Logistik. Die Autos von heute können E-Fuels über die bestehenden Tankstellen beziehen. Der Tankvorgang unterscheidet sich nicht von dem für Benzin und Diesel, und dank ihrer hohen Energiedichte erzielen E-Fuels vergleichbar hohe Reichweiten.
„Mit E-Fuels ist also kein Technologiewechsel erforderlich, um klimaneutrale Mobilität herzustellen. Die Verbraucher sparen Umstellungskosten und müssen sich nicht umgewöhnen. Daher sind auch keine Akzeptanzprobleme zu erwarten“, resümiert Elmar Kühn, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands mittelständischer Mineralölunternehmen (Uniti). „Von immenser Bedeutung ist zudem, dass mit diesen ,Power Fuels‘ eine saubere Energiealternative für den Schwerlastverkehr auf der Straße, für die Luftfahrt und für Schiffe gefunden ist. Auch der chemischen Industrie bietet sich mit E-Fuels ein echter Ölersatz für die Prozesse.“
Eine E-Fuels-Industrie lässt sich aber nicht im Alleingang aufbauen. Um die benötigten Mengen herzustellen, kommt es auf internationale Kooperation an. Grundgedanke: Deutschland liefert die Technologie in die sonnen- und windreichen Länder der Erde, die dann die E-Fuels produzieren und in die ganze Welt exportieren. Dazu müsse die Politik zunächst die Grundlagenforschung in diesem Bereich massiv unterstützen und Pilotprojekte fördern, im Kleinen wie im industriellen Maßstab, so die Kernforderung aus den Wirtschaftszweigen, die E-Fuels für unverzichtbar in der Energiewende halten. Dann entstünden neue Chancen für die Wirtschaft – und neue Jobs. Auf der Regulierungsseite schließlich gelte es, den Rahmen so zu setzen, dass Klimaschutzeffekte von E-Fuels auf die Treibhausgas-Minderungsquoten für erneuerbare Kraftstoffe angerechnet werden könnten.
Dazu hat ein breites Bündnis aus Wirtschaftsverbänden und einzelnen Unternehmen aus Energiewirtschaft und Autoindustrie – die „Power-to-X-Allianz“ – ein Konzept erarbeitet. Power to X (PtX) steht als Oberbegriff für die Technologien zur Speicherung erneuerbarer Energien. Konkreter Vorschlag der PtX-Allianz: Über ein von der Bundesregierung aufgelegtes Marktanreizprogramm sollen in den Jahren 2021 bis 2025 PtX-Erzeugungsanlagen in einer Größenordnung von zusammen fünf Gigawatt Leistung entstehen. Dabei soll die Förderung nach einem Mechanismus erfolgen, der gezielt den CO2-Vermeidungseffekt von PtX-Technologien incentiviert. Für jede Tonne CO2 aus fossilen Energieträgern, die durch die Nutzung von erneuerbaren, mittels PtX-Technologien hergestellten Energieträgern vermieden wird, gäbe es einen Innovationsbonus. Dabei sind nicht nur E-Fuels, also im Power-to-Liquids(PtL)-Verfahren hergestellte flüssige Energieträger denkbar, sondern auch gasförmige (Power-to-Gas, PtG) oder Wärmeenergie (Power-to-Heat, PtH).
Und die Kosten? Verschiedene Studien kommen zu dem Schluss, dass E-Fuels bereits mittelfristig zu einem Preis von rund einem Euro je Liter hergestellt werden können. Zwar seien die Umwandlungsverluste im Vergleich zur direkten Stromnutzung hoch, was die Kosten erst einmal treibe. Im Systemvergleich würden E-Fuels gegenüber einer Vollelektrifizierung aber spürbar besser abschneiden, vor allem weil auf bestehende Strukturen zugegriffen würde. In der deutschen Wirtschaft scheint das zunehmend zu überzeugen. So hat die Deutsche-Post-DHL-Gruppe gerade erklärt, zusammen mit dem Energiekonzern Total in die E-Fuels-Wirtschaft einsteigen zu wollen. „Synthetische Kraftstoffe sind in fünf bis zehn Jahren massenmarkttauglich“, schätzt Thomas Ogilvie, Arbeitsdirektor und Vorstand für Personal und Corporate Incubations bei der Deutschen Post DHL.
„Die Politik benötigt konkrete Handlungsempfehlungen, damit klimaneutrale E-Fuels zu bezahlbaren Preisen und flächendeckend verfügbar sind“, bilanziert Elmar Kühn und kündigt konkrete Maßnahmen an: 2020 will sein Verband den Verkauf von E-Fuels in Deutschland an öffentlichen Tankstellen starten. „Mit unserem Markteinführungsprogramm machen wir E-Fuels für den Verbraucher und den Politiker erlebbar.“
Der Zustand der bisher vorhandenen Prüfmittel zur Begutachtung von Waffenrohren entsprach veralteter Ausrüstung und Technik. Des Weiteren war es nicht für den kaliberübergreifend Einsatz geeignet. Die Fähigkeitslücken lagen hier bei der Betrachtung der Kaliber 4,6 mm und 12,7 mm. Die bis dahin verwendeten Prüfmittel, Endoskop alt, waren aus logistischer Sicht zu dem nicht mehr versorgbar und instandsetzbar.
Um die Fähigkeitslücken zu decken und einer vorhandenen Obsoleszenz entgegen zu wirken, wurde aus technischer und wirtschaftlicher Sicht eine Neubeschaffung notwendig. Eine Modernisierung und kaliberübergreifende Zusammenfassung der geforderten Fähigkeiten wurde mit Einführung des neuen Videoendoskop IPLEX RT der Firma OLYMPUS im II. Quartal 2019 sichergestellt.
Das Videoendoskop IPLEX RT dient zur Inspektion und Beurteilung des Innenraums von Waffenrohren in dem Kaliber 4,6mm bis 35mm, ohne das zu untersuchende Objekt zu beschädigen.
Videoendoskop IPLEX RT
Eingesetzt wird es im Bereich der technischen Materialprüfungen und Instandhaltungsarbeiten an infanteristischen Waffensystemen. Der Schwerpunkt liegt hier bei der Bewertung von Waffenrohren. Aus technischer Sicht hat das Videoendoskop IPLEX RT gegenüber den veralteten starren, glasoptischen Endoskopen den gravierenden Vorteil, dass es digital und kaliberübergreifend anzuwenden ist und die Möglichkeiten einer reproduzierbaren und zielgenauen Inspektion bietet.
Hauptgerät:
Das Hauptgerät ist über ein Universalkabel fest mit der Bedieneinheit verbunden. Über den Griff kann das System tragbar, eigenständig stehend oder über das im Hauptgerät eingelassenes Gewinde, mit einem gerätespezifischen Stativ befestigt, eingesetzt werden. Ein Trageriemen dient zum Tragen am Körper.
Für gute Sichtbarkeit und Bilddarstellung verfügt das Hauptgerät über einen 6,5-Zoll Monitor. Ein weiterer Vorteil ist der netzunabhängige Einsatz. Hierfür ist auf der Rückseite ein Batteriefach zur Aufnahme für einen Lithium-Ionen-Akku vorhanden. Für den Netzbetrieb wird das Hauptgerät mittels eines Netzteils an eine Stromquelle angeschlossen.
Zusätzlich kann ein USB-Stick zur Speicherung von Bildern, in JPEG-Format und Videomaterial in MPEG-Format eingesetzt werden.
Hauptgerät Vorderseite
Hauptgerät Rückseite
Bedieneinheit:
Die ergonomisch gestaltete Bedieneinheit ist über das Universalkabel fest mit dem Hauptgerät und dem Einführungsteil verbunden. Ein schneller Zugriff auf alle benötigten Menübefehle ist über Tasten, Hebel oder Joystick möglich. Im oberen Bereich befinden sich Bedienelemente für den Betrieb des Systems. Die Helligkeit des Monitors kann in 10 Stufen eingestellt werden, ein Hebel zur Einstellung des Zooms dient zur Vergrößerung des angezeigten Bildes. Die Darstellung kann maximal den fünffachen Wert der ursprünglichen Größe anzeigen. Über einen Joystick ist es möglich, das Objektiv am Ende des Einführungsteils kontrolliert zu bewegen.
Durch Betätigung verschiedener Bedienknöpfe können Bilder vergrößert, eingefroren oder als Ganzes auf dem 6,5“ LCD-Monitor angezeigt, sowie kurze Videosequenzen aufgezeichnet werden.
Bedieneinheit
Einführungsteil:
Das Einführungsteil besteht aus einem speziell verarbeiteten Wolfram-Außengeflecht und ist mit der Bedieneinheit fest verbunden. Auf seiner Länge von zwei Metern sind weiße und orangene Markierungen als Längenindex angebracht.
Der vordere Bereich des Einführungsteils ist beweglich (Winkeltrieb) und kann mit dem Joystick der Bedieneinheit gesteuert werden.
Einführungsteil mit Aufnahme für Objektiv
Objektiv:
Zur Verfügung stehen zwei Objektive, sie ermöglichen unterschiedliche Begutachtungen. Für eine lineare Betrachtung, im Rohrinneren, dient ein Objektiv zur Vorwärtsansicht. Im Rahmen einer Betrachtung z.B. einer Gasabnahmebohrung, wird das Objektiv mit Seitenansicht eingesetzt.
Objektive für Vorwärtsansicht und Seitenansicht
Einsatz:
Durch das Videoendoskop IPLEX RT ist das Prüfpersonal befähigt, Bildmaterial des zu prüfenden Geräts zu erstellen, zu dokumentieren und bei fortschreitendem Verschleiß als Referenz zu nutzen. Darüber hinaus kann das erstellte Bildmaterial auch zur Kommunikation, zum Zweck des Erfahrungsaustausches und in der Ausbildung zweckdienlich eingesetzt werden. Das Übertragen auf nicht systemgebundene Darstellungsmedien (z.B. Beamer oder externe Monitore) ist möglich.
Wesentliche Vorteile sind Möglichkeiten eines netz-, ortsunabhängigem und ergonomischem Arbeiten bei gleichzeitig hoher Betrachtungsqualität. So können Waffenrohrinnenbetrachtungen in einer sehr guten Qualität durchgeführt werden.
Betrachtungsbeispiele:
Durch eine gerades Objektiv ist die Betrachtung nach vorne gegeben. Hierdurch wird der Gesamteindruck des Rohrinneren bei hoher Licht- und Bildqualität ermöglicht. Aufbauchungen können somit gut erkannt werden.
Waffenrohr MG3 (Polygonrohr mit Rohraufbauchung)Waffenrohr Gewehr G95k mit Objektiv gerade (hier leichte Auswaschungen im Bereich der Gasabnahmebohrung)
Durch ein Objektiv mit Seitenansicht können seitliche Schäden wie z.B. Feldausbrüche, Ausbröckelungen oder Abplatzungen aber auch Auswaschungen der Gasabnahmebohrungen bei Gasdruckladern erkannt und Dokumentiert werden.
Die neue Verpackung sowie der Beladungsplan ermöglichen eine übersichtliche und einfache Verstauung, einen sicheren Transport sowie einen schnellen und unkomplizierten Einsatz. Bedingt durch den vorhandenen Lithium-Ionen-Akku ist die Möglichkeit gegeben für einen autarken und mobilen Betrieb. Im Vergleich zu Endoskop alt wird auch ein besseres Verstaukonzept erzielt. Mit einem Gesamtgewicht von 12Kg und den vielseitigen Einsatzmöglichkeiten gegenüber Endoskop alt, wurde hier zielführend und zukunftsorientiert eine Beschaffung durchgeführt. Die Nutzer von SKB und Heer haben mit dieser Prüfausstattung auf lange Sicht eine qualifizierte- und materialoptimierende Prüfausstattung die auch an Neusystemen, wie SPz PUMA, genutzt werden können.
Die Sicherheit der Schützen und Bediener von Waffen und infanteristischen Waffensystemen ist stark optimiert, ja fast perfektioniert worden.
Videoendoskop IPLEX RT (neu)Endoskop alt mit Verpackung und Transportmittel
Autoren und Bilder: AusbZTLS, Ber Techn/Log, Dez W, OStFw Boyn, Hptm Habakuk, Hptm Knur
Die Bundeswehr bekommt weitere Sanitätsfahrzeuge. Der Vertrag über die Herstellung und Lieferung von 80 mittleren geschützten Sanitätsfahrzeugen wurde kürzlich im Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr unterschrieben. Das Fahrzeug auf Basis des Eagle 6×6 soll im Sanitätsdienst der Bundeswehr und in der Marine eingesetzt werden.
Das geschützte, allradangetriebene Radfahrzeug dient vor allem der mobilen, sanitätsdienstlichen Erstversorgung. Egal ob vor Ort oder zwischen verschiedenen Behandlungseinrichtungen, der Eagle wird als Bindeglied im sogenannten qualifizierten Verwundetentransport eingesetzt. Die Fahrzeuge werden ab 2021 in der Truppe erwartet.
Den Fuhrpark sinnvoll erweitert
„Das neue Fahrzeug ergänzt die leichten und schweren geschützten Sanitätsfahrzeuge Eagle IV BAT und GTK Boxer. Es ermöglicht zukünftig ein neues Niveau in der bodengebundenen sanitätsdienstlichen Versorgung“, weiß Oberstleutnant Klaus Krickl vom Kommando Sanitätsdienst der Bundeswehr. Und es erfüllt alle aktuellen Anforderungen: Schutz, Mobilität, sanitätsdienstliche Funktionalität und Transportkapazität – bei einem zulässigen Gesamtgewicht von maximal 20 Tonnen.
Viel Platz für medizinisches Fachpersonal und die Patienten
In dem Sanitätsfahrzeug können bis zu zwei liegende Personen aller medizinischen Schweregrade transportiert werden. Der Innenraum bietet dem Fachpersonal ausreichenden Platz für die rettungsmedizinische Überwachung und den Erhalt der Vitalfunktionen. Je nach Auftrag wird das Fahrzeug mit unterschiedlich medizinisch geschultem Personal besetzt. Während zwei Notfallsanitäter in der Einsatzvariante „Rettungstrupp“ alleine die Versorgung der Verwundeten übernehmen, ist in der Variante „Beweglicher Arzttrupp“ ein Notarzt mit an Bord.
Bestmöglicher Schutz für die Insassen
Das Sanitätsfahrzeug sichert und erweitert die Fähigkeit der bodengestützten sanitätsdienstlichen Unterstützung in der Bundeswehr. Der Eagle stellt nicht nur die hochmoderne sanitätsdienstliche Versorgung der Patienten sicher. Die Insassen können sich auch auf den bestmöglichen Schutz verlassen. Die Panzerung schützt gegen Minen und improvisierte Sprengfallen, sogenannte IED.
Drei Achsen für höchste Mobilität
Bei der Planung lag der Fokus auf einer sehr hohen operativen sowie taktischen Mobilität. Gleichzeitig sollen die zu behandelnden Personen besonders schonend transportiert werden. Dies ist speziell bei Fahrten im Gelände eine besondere Herausforderung. Möglich wird dies durch eine besondere Fahrwerkskonstruktion mit einem verlängerten Fahrgestell mit dritter Achse.
Wieder eine Fähigkeitslücke geschlossen
Der erfolgreiche Vertragsschluss im Rahmen der Projektrealisierung schließt eine weitere Fähigkeitslücke. Die gemeinsam erarbeiteten Erfahrungen im Vertrags- und Projektmanagement können auch in zukünftigen Projekten erfolgreich übernommen und angewendet werden.
Autor: Wolfgang Schmittinger, BAAINBw U4.2, Bildquelle: Kai Weber, GDELS
Das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) hat gemeinsam mit der Abteilung Ausrüstung des Bundesministeriums der Verteidigung die Weichen dafür gestellt, dass der Lkw Greenliner noch in diesem Jahr an die Truppe ausgeliefert wird. Insgesamt 700 Fahrzeuge erhält das Deutsche Heer ab September als Full-Service-Paket. Grundlage dafür ist die gerade erteilte Freigabe zur Nutzung.
„Damit wird die ungeschützte militärische Fahrzeugflotte der Bundeswehr weiter vorangetrieben“, erklärt Oberstleutnant Jan Woywod, Projektleiter BwFuhrparkservice im BAAINBw. Der Mobilitätsservice für die Truppe wird so weiter ausgebaut: Das Fahrzeug dient dem Transport von Personen und Material, es wird aber auch im Einsatz genutzt, um die Truppe mittels eines eingebauten Funksystems zu führen.
Der Name „Greenliner“ entstand im Jahr 2006 im Zuge der Beschaffung der ersten grünen Fahrzeugflotte seitens der BundeswehrFuhrparkService GmbH (BwFPS). Durchgesetzt hat sich der Name bei der ersten Serie im Jahr 2008, die wie der Wolf auf der G-Klasse von Mercedes-Benz basiert. Die handelsübliche Mobilität wird „Silberlinge“ genannt, weil die ersten Fahrzeuge im Jahre 2003 in Silbern ausgeliefert wurden.
Allradantrieb, Klimaanlage, Kältepakete, Automatikschaltung: Das neue Fahrzeug können die Soldaten in verschiedenen Klimazonen nutzen. Bundeswehr/Sirko Bednarski
Das Beschaffungsprojekt Greenliner begann im August 2019. Mindestens 300 Fahrzeuge sollen noch 2020 an die Truppe übergeben werden. „Allen Beteiligten war von Anfang an klar, dass es ein Kampf gegen die Uhr werden würde“, erläutert Stefan Pauly. Der Technische Regierungsamtmann ist im BAAINBw in der Projektleitung der Fahrzeugfamilie Wolf tätig und unterstützt die technische Realisierung des Fahrzeugs maßgeblich. Mit den 300 Fahrzeugen soll das derzeitige Fehl im Deutschen Heer ausgeglichen werden, um für die Schnelle Eingreiftruppe VJTF 2023 notwendiges Gerät zu liefern.
Stresstest für Mensch und Maschine
Die Anpassung des Greenliners an die aktuellen militärischen Bedarfsforderungen, also das, was die Truppe an Fähigkeiten für Lkw gefordert hat, nahm das BAAIN gemeinsam mit dem Zentrum für Kraftfahrwesen der Bundeswehr, der BwFPS, Daimler sowie der Knapp Service GmbH vor. Hersteller des Fahrzeuges ist die Mercedes-Benz G GmbH in Graz, Österreich. Die militärischen Sonderausstattungen werden in Koblenz eingebaut.
Mit der Projektstartbesprechung im August 2019 begann der Marathon gegen die Zeit. In der ersten von zahlreichen Besprechungen wurde der Arbeits- und Zeitplan festgelegt. Das Ziel war, am Ende des Jahres 2019 das erste Serienmodell in Koblenz bereitzustellen, um anschließend die erforderlichen Testreihen wie z. B. zur Elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) vorzunehmen, die Zertifizierung der neuen Reifen oder aber die Prüfung der Geräuschmessung durchzuführen.
Der Greenliner – hier noch ohne Flecktarn – wird zahlreichen Tests unterzogen, von der Geräuschmessung bis zur Reifenzertifizierung Mercedes-Benz, Guido Monreal
Im November 2019 wurde das erste Serienfahrzeug bestellt. Kurz vor Weihnachten wurde der Lkw von Graz nach Koblenz überführt und mit der geforderten Flecktarnlackierung sowie dem Einbausatz „Fu 2“ versehen. Dahinter verbergen sich zwei Funkkreise mit verschiedenen Frequenzen. Im Januar und Februar 2020 fanden zahlreiche zusätzliche Testreihen mit dem Fahrzeug statt. Im Februar gab es die letzte Projektbesprechung. Die abschließenden Papiere wurden befüllt, um die Voraussetzung für die Freigabe zur Nutzung zu schaffen. Durch die BwFPS können die handelsüblichen Fahrzeuge mit militärischer Sonderausstattung an die nutzenden Truppenteile ab September 2020 übergeben werden.
Platz für 4 Personen mit Ausrüstung
Der Greenliner verfügt über einen 6-Zylinder-Motor mit einer Leistung von 135 Kilowatt, Allradantrieb und Automatikgetriebe. Für Übungen und Einsätze ist der Greenliner gleichermaßen geeignet. Während der Fahrt sind Differentiale steuerbar. So wird eine hohe Geländegängigkeit ermöglicht, da die Traktion dem Gelände entsprechend angepasst werden kann. Auch die Nutzung in unterschiedlichen Klimazonen ist durch eine leistungsfähige Klimaanlage und ein Kältepaket mit Standheizung gewährleistet.
Der Projektleiter für die Fahrzeugfamilie Wolf, Technischer Regierungsoberamtsrat Peter Kropp, erläutert, was den Greenliner ausmacht: Die Kabine des Greenliners biete in ihrer Grundkonfiguration vier Soldaten mitsamt ihrer Ausrüstung Platz. Die militärische Sonderausstattung bestehe unter anderem aus Halterungen für Waffen und Gerät, Tarnbeleuchtung, Blendschutz für Scheiben, Scheinwerfer und Spiegel, Fremdstartsteckdose und dem Einbausatz Funk Fu 2. Alles konnte zeitgerecht integriert werden, um die Freigabe zur Nutzung „Greenliner 2020“ zu erteilen. „Aufgrund der ausgezeichneten Zusammenarbeit aller Beteiligten konnte das schlagkräftige Projektteam den Zeitplan trotz aller Herausforderungen halten – damit steht der Auslieferung an die Truppe nichts mehr im Weg.“
Am 24. März 2020 erfolgte die Vertragsunterzeichnung für das Projekt „Mobile Feldküche“ durch die Vizepräsidentin des BAAINBw, Annette Lehnigk-Emden. Die dazugehörige 25-Mio-Vorlage war am 4. März 2020 durch den Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestages gebilligt worden.
Erhalten bald einen neuen Arbeitsplatz: die Teams der Feldküchen Bundeswehr/Kevin Schrief
Nach der Entscheidung über die Vergabeart und der Veröffentlichung im Februar 2019 erfolgte die Vergabe im Rahmen eines Verhandlungsverfahrens mit Teilnahmewettbewerb, den eine in Deutschland ansässige Firma für sich entscheiden konnte.
Der Beschaffungsrahmenvertrag sieht die Konstruktion, Herstellung und Lieferung von bis zu 400 Gesamtsystemen „Mobile Feldküche“ vor. Dazu zählen neben Ersatzteilerstausstattungen auch die Erstellung und Lieferung von Dokumentationen und Materialgrundlagen, die Durchführung von Ausbildungen, Managementleistungen sowie Transporten zu Einsatzprüfungen und Erprobungen.
Erstlieferung schon dieses Jahr – Serienbeschaffung ab 2022
Das erste Seriengerät soll im Juli dieses Jahres geliefert werden. Unmittelbar darauf schließt sich die integrierte Einsatzprüfung an der Logistikschule der Bundeswehr in Garlstedt und der Wehrtechnischen Dienststelle 41 in Trier an. Die Kälte- und Hitzeerprobung wird an den US-amerikanischen Testeinrichtungen Cold Regions Test Center in Fort Greely, Alaska und am Yuma Proving Ground in Arizona stattfinden. Nach erfolgreichem Abschluss der Tests wird im Jahr 2022 die Serienbeschaffung mit der vereinbarten Festbeauftragung von 85 Systemen starten. Weitere Systeme „Mobile Feldküche“ können als Bestellleistungen abgerufen werden.
Das seit den 1980er Jahren genutzte System „Taktische Feldküche 250 Mann“ wurde unter den Vorgaben der Landesverteidigung in Mitteleuropa mit Abstützung auf vorhandene Infrastruktur entwickelt und entspricht nicht mehr den weltweiten Einsatzerfordernissen und Einsatzgegebenheiten. Darüber hinaus können die Hygienevorschriften und die Anforderungen der aktuellen lebensmittelrechtlichen Gesetze nicht mehr eingehalten werden. Zudem erfüllt das Altsystem nicht die militärische Forderung zur Trennung von Funktionalität und Mobilität. Hinzu kommen die Außerdienststellung und zunehmende Aussonderung der bisherigen Trägerfahrzeuge und das daraus resultierende Wegbrechen der Mobilität.
Fähigkeitslücke wird geschlossen
Die dadurch entstehende Fähigkeitslücke soll durch das Projekt „Mobile Feldküche“ geschlossen werden. Dabei handelt es sich um ein mobiles System zur Lagerung, Vor-/Zubereitung und Abgabe von Verpflegung für bis zu 250 Verpflegungsteilnehmer im Rahmen der weltweit beweglichen Operationsführung in verschiedenen Klimazonen und Temperaturbereichen, auch in unbefestigtem Gelände.
Das System wird eingerüstet in zwei 20 Fuß-Container mit modularem Aufbau. Durch die Verwendung dieser standardisierten Container ist eine Trennung von Funktionalität und Mobilität sichergestellt. Die Besatzung besteht aus drei Soldaten oder Soldatinnen. Für das System ist sowohl der auf- als auch abgesetzte Betrieb gefordert. Außerdem wird eine systemimmanente Autarkie verlangt, das heißt vier Betriebszyklen müssen innerhalb von 24 Stunden selbstständig durchlaufen werden können. Aus diesem Grund sind alle notwendigen Geräte, Betriebsstoffe, Verpflegungstypen und Ausstattungen mitzuführen.
Die Mobile Feldküche: ein komplexes System
An den vielfältigen Forderungen ist erkennbar, dass die Mobile Feldküche mehr ist, als ein ins Feld gestellter Küchenwagen. Ein vergleichbares System ist am Markt nicht verfügbar. Um die Forderungen zu erfüllen, muss ein innovatives System- und Energiekonzept entworfen und umgesetzt werden. Eine besondere Herausforderung ist dabei der Entwurf des Zubehörcontainers. Dieser muss vergleichsweise große Lasten und Volumina aufnehmen können. Dazu gehören z.B. ein Stromerzeugeraggregat, die Heiz- und Klimaanlage, eine Batterie zur Notstromversorgung, Tanks für 3.000 Liter Frisch- und 800 Liter Abwasser, alle Zubehör- und Ausstattungsteile und ein Kühlraum mit einer Kapazität von 2 Kubikmeter für die Gruppenverpflegung von 250 Soldatinnen und Soldaten.
Entwurf der mobilen Feldküche, Zubehörcontainer (links) und Küchencontainer mit Verbindungsschleuse Kärcher Futuretech GmbH
Einsatz im Rahmen VJTF 2023 geplant
Das Projekt „Mobile Feldküche“ schließt damit die Fähigkeitslücke zwischen der Verpflegungszubereitung mittels der persönlichen Ausstattung des Soldaten (Individualverpflegung) und der Versorgung in einem Feldlager oder Einsatzinfrastruktur. Das Vorhaben leistet einen wichtigen Beitrag zur Durchhaltefähigkeit der Streitkräfte bei Einsätzen und humanitärer Unterstützung im In- und Ausland.
Die ersten Gesamtsysteme sollen bereits im Rahmen der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) 2023 zum Einsatz kommen.
Autor: Thomas Stork, TROAR, Projektmanagement BAAINBw U3.1
Ein Stimmungsbild von Herrn Oberstleutnant Roman Schlosser, Redakteur im blauer Bund e.V.
Der Verein veranstaltete am 07. und 08. November 2019 die Mitgliederversammlung und eine zentrale Informationsveranstaltung für Logistikfachleute innerhalb und außerhalb der Bundeswehr sowie interessierte Gäste in der Donnerberg-Kaserne in ESCHWEILER.
Die rund 200 Besucher setzten sich aus Mitgliedern aller Teilstreitkräfte (TSK)/Organisationsbereiche (OrgBer), aus allen Dienstgradgruppen sowie zahlreiche zivilen Logistikern, Rüstungsfachleuten, Wehrtechnikern, Firmenvertretern und weiteren Gästen zusammen. Bemerkenswert ist die hohe Anzahl an (Noch-)Nichtmitgliedern, die das Weiterbildungsangebot dankbar angenommen hatten. Am Ausbildungszentrum Technik Landsysteme (AusbZTLS) in der Donnerberg-Kaserne konnte der Präsident, GenMaj Volker Thomas, zur jährlichen Mitgliederversammlung und Informationsveranstaltung begrüßen. Zwei Tage lang trugen hochrangige Entscheidungsträger aus militärischer Führung der Streitkräfte und TSK/OrgBer, zivilen Bundesbehörden, Logistik und Rüstung, aber auch aus dem militärischen Anteilen von NATO/EU und den Ausbildungseinrichtungen zu aktuellen, zukunftsweisenden Themen vor.
Zuvor jedoch wurde in der Mitgliederversammlung die Bilanz des vergangenen Jahres gezogen und über Neuerungen informiert.
Der Präsident des bB, GenMaj Thomas, bei der Begrüßung
Mitgliederversammlung: Informationsmedien und Netzwerk machen den „blauer Bund e.V.“ (bB) interessant.
Der Präsident blickte auf eine positive Entwicklung zurück und freut sich über den erneuten Anstieg der Mitglieder auf nun über 1.150. Vor allem der Zuwachs an „jungen“ Mitgliedern sei sehr willkommen und es gelte diesen künftig auszubauen und „die Jungen“ im Verein einzubinden. Das gebotene Netzwerk sei in dieser Gemeinschaft ein wertvolles Gut, das viele Vorteile im täglichen Berufsleben biete und den bB attraktiv mache. Weiter ging GenMaj Thomas auf den sehr gelungenen neuen Web-Auftritt des bB ein. Endgeräte unabhängig und in modernem Design wurden heuer rund 150 Artikel eingestellt. Zusammen mit den Vereinsmedien Info-Heft und Newsletter handelt es sich um das Aushängeschild des Vereins. Den anwesenden Partnerfirmen empfahl der Präsident die Möglichkeit, freie Stellen auf der Web-Seite anzubieten, intensiver zu nutzen. Sei doch die Suche nach qualifizierten Bewerbern die Herausforderung der Zukunft für alle Arbeitgeber.
Der Vizepräsident, Oberst a.D. Schaprian, führte gemeinsam mit dem Präsidenten durch die Veranstaltung
Die folgenden zwölf Einzelvorträge mit dem Leitthema „Deutschland als (logistische) Drehscheibe für kollektive Verteidigung im Bündnis“ waren geprägt von erfreulicher Offenheit und höchst aktuell. An der Vielzahl der gestellten Fragen konnte man das große Interesse an den Inhalten ablesen.
In einem kurzen Grußwort ging der Präsident des bB auf die Großübung DEFENDER EUROPE 20 ein und führte so zum Leitthema hin. Die von den USA initiierte Übung quer durch Europa wird von den DEU SK mit mehr als 1400 Logistikkräften unterstützt, um den fast 50.000 Soldaten mit ihrem Großgerät unter anderem den Durchmarsch durch DEU zu ermöglichen.
Im Grußwort des Gastgebers ging BrigGen Cohrs, Kommandeur des AusbZTLS, auf die Verbundenheit mit dem bB ein und stellte den Stellenwert des persönlichen Kontakts und der Kameradschaft im Verein, bei allen Veränderungen der heutigen modernen Zeit heraus.
Oberst a.D. Freiling, Vizepräsident im VdRBw
Ein weiteres Grußwort richtete Oberst d.R. Freiling, Vizepräsident im Verband der Reservisten an das Auditorium. Er lobte dabei den bB für die Beiträge und gemeinsame Mitarbeit im Beirat der Reservisten.
Oberst Meyer: „NATO 3.0 heißt 29 for 29, @360°, 24/7.“
Den thematischen Aufschlag machte Oberst i.G. Meyer, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und EU, aus strategischer Sicht im Bündnis gab er eine Standortbestimmung.
Oberst i.G. Meyer
Er stellte dar, dass die Bedrohungen wie Terror, Migration und Hybride Konflikte weiterhin Bestand hätten, die Wahrnehmung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten, z.B. zur Bedrohung durch Russland sich unterschieden. Der Strategiewandel der NATO drückt sich aus in „29 for 29“ also der Aussage „Ein Angriff auf einen Alliierten erfordert immer eine strategische Antwort.“ Dem Ansatz des Wirkens in jeder Richtung, „@360°“ und der schnellen Reaktionsfähigkeit „24/7“. Realisiert werden soll der Ansatz auch durch die NATO Readiness Initiative. Mit dem Schlagwort 30/30/30/30 sind hier zusätzlich zur NATO Response Force (NRF) vorgesehene Kräfte im Ansatz von 30 Bataillonen, 30 Kampfflieger-Staffeln, 30 Kampfschiffen innerhalb von 30 Tagen einsatzbereit, gemeint. Diese Ressourcen sind wichtige Optionen des SACEUR und für die Verlegung solcher Kräfte ist Military Mobility eine wichtige Voraussetzung. Das PESCO Projekt zu Military Mobility mit den 24 europäischen Mitgliedsstaaten sei ein sehr gutes Instrument dafür und Zeichen der Zusammenarbeit zwischen NATO und EU.
Als nächster BrigGen Seifert, stv Kommandeur des Multinationalen Kommando Operative Führung, aus Sicht eines Joint Support and Enabeling Command (JSEC) vor.
BrigGen Seifert
Seinen Ausführungen war zu entnehmen, dass das JSEC im „Rückwärtigen Gebiet“, also nicht im Operationsgebiet der NATO-Truppen, für die Führung einer Joint Logistics Support Group (JLSG) zuständig ist. Die für die NATO-Folgekräfte zu erbringenden Aufgaben dazu sind zivile und Militärische Sicherheit, Schutz der Truppen, Durchmarsch der Folgekräfte, Training und Integration sowie Steuern von Host Nation Support (HNS) und Infrastrukturmaßnahmen. Alle Maßnahmen dienen dazu die Folgekräfte rechtzeitig zur Wirkung bringen zu können. Das JSEC wächst derzeit auf und soll bis IV./2021 die volle Einsatzbereitschaft erreicht haben.
Nun ging der Staffelstab an GenLt Schelleis, Inspekteur der SKB und Nationaler Territorialer Befehlshaber (NatTerrBefh), aus dieser Zweitrolle legte er auch den Fokus auf das Leitthema.
GenLt Schelleis
Er beleuchtete zunächst die Aufgabe des NatTerrBefh, der als nationaler Ansprechpartner eines JSEC im rückwärtigen Raum dient und aus einem Territorialkommando (TerrKdoBw), gespeist aus dem Kdo SKB, heraus die Funktionsfähigkeit der Drehscheibe Deutschland sicher stellt. Das TerrKdoBw hält auch Verbindung zu Bundesbehörden und zivilen Dienstleistern, um z.B. die Aufgaben Aufmarschführung der Bundeswehr oder Transit Alliierter zu bewerkstelligen. Die Abstimmung mit den Verantwortlichen der verschiedenen Verkehrswege sei, vor dem Hintergrund des Ziels für Military Mobility mit 5 Tagen Vorbereitungszeit auszukommen, eine besondere Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit zivilen Dienstleistern sei auch deshalb erforderlich, weil ein hoher Anteil der Kräfte aus der SKB, die Gleiches leisten könnten, schon mit den ersten Kräften der NRF in Einsatzgebiete verlegen und so in Deutschland beim Transit von Folgekräften nicht mehr zu Verfügung stehen. GenLt Schelleis erläuterte die Herausforderungen an der bevorstehenden Übung DEFENDER EUR 20 und schloss mit der Feststellung, dass HNS in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.
Der Schließende des ersten Tages war Herr Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).
Herr Christoph Unger
Zunächst erläuterte er die Zuständigkeiten bei der integrierten Hilfeleistung im föderalen Bundesstaat, die von den Kommunen für Alltagsereignisse, über die Länder bei Regionalen Katastrophenlagen, bis hin zum Bund bei kriegerischen Konflikten und Lagen mit nationaler Bedeutung sowie der Katastrophenhilfe reichen. Das BBK, welches dem Ressort des BMI angehört, hat ein vielfältiges Aufgabenspektrum, das für den Anteil Zivile Verteidigung auf den Säulen Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen, Zivilschutz, Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft sowie Unterstützung der Streitkräfte fußt. Bei der Unterstützung der Streitkräfte hat die NATO Mindestvoraussetzungen wie Aufrechterhaltung der Regierungsfunktion, Versorgung mit Energie/Nahrung/Wasser/Kommunikation/von Verletzten, Umgang mit Flüchtlingen und resiliente zivile Verkehrssysteme, formuliert. Herr Unger stellte fest, dass für die Zivile Verteidigung bestehende Regelungen angepasst werden müssten und insbesondere die Versorgung der Bevölkerung noch mit Leistungserbringern zu hinterlegen sei.
Gesprächsrunde am Gesellschaftsabend
Der Gesellschaftsabend kam bei allen Teilnehmern sehr gut an und beförderte das Kennenlernen und einen regen Austausch. Den würdigen Rahmen nutzte der Präsident, um besondere Auszeichnungen vorzunehmen. So wurde einem verdienten Mitglied im Bundesvorstand, Herrn Oberstlt a.D. Steibel, die Ehrenmitgliedschaft im bB verliehen und einem weiteren verdienten Mitglied, nämlich Oberstlt a.D. Laux, die Ehrennadel des bB verliehen. Drei Ehrungen zur 25-jährigen Mitgliedschaft wurden ebenfalls vor Ort vorgenommen. Die Empfänger waren BrigGen Lungershausen, Oberst a.D. Selbert und OStFw a.D. Matheis. Die durchgeführte Sammlung zu Gunsten des Soldatenhilfswerkes ergab knapp 1000€.
Oberstlt a.D. Steibel wird EhrenmitgliedOberstlt a.D. Laux wird die Ehrennadel verliehenGenMaj Thomas ehrt drei mal zur 25-jährigen Mitgliedschaft. v.li BrigGen Lungershausen, Oberst a.D. Selbert und OStFw a.D. Matheis
Der zweite Tag wurde von GenMaj Breuer, Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben (Kdo TerrAufgBw), zum Thema „Unterstützung der Drehscheibe DEU durch das KdoTerrAufg“ begonnen.
GenMaj Breuer: „Nur aus Strukturen heraus ist HNS verlässlich zu leisten.“
GenMaj Breuer
Er führte aus, dass die Aufgabe HNS deutlich mehr als Logistik umfasst und auch Themen wie SanVersorgung, Militärische Sicherheit, Diplomatische Vorgänge, GeoInformation und andere bedacht werden müssen. HNS ist keine neue Erfindung, sondern in Deutschland Alltagsgeschäft, welches in 2019 zu knapp 1000 Anträgen anderer Nationen geführt hat. Aus der OPZ im KdoTerrAufgBw und den 16 Lagezentren in den Ländern, wird die Unterstützung durch vorhandene verfügbare Ressourcen gesteuert. Hier setzt GenMaj Breuer Kritik an, wenn er die Verlässlichkeit der Unterstützung im großen Stil ausschließlich durch verfügbare Ressourcen in Zweifel stellt. Nur aus Strukturen heraus sei HNS verlässlich zu leisten. Auch das KdoTerrAufgBw selbst erreiche bei mehreren Vorfällen an Hilfeleistung bei Katastrophen/Notfällen die Grenze des Machbaren.
Im engen Schulterschluss mit dem KdoTerrAufgBw agiert das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw), zu dem GenMaj Thomas, Kommandeur des LogKdoBw, vortrug.
Er machte klar, dass HNS für das LogKdoBw vielfältige Aufgaben in Planung und Durchführung mit sich bringt. Doch dazu seien erforderliche Weisungen, Aufmarschpläne, Operationspläne und andere Dokumente zeitgerecht zu erstellen.
GenMaj Thomas: „Mit den PESCO LogHubs ist ein wichtiger Schritt getan. Die aktuell größte Herausforderung ist die Führungsorganisation.“
GenMaj Thomas beschrieb die Zuständigkeiten für Planungsprodukte bei strategischer Verlegung und zeigte auf, dass die National Detailed Deployment Plans (NDDP) aus seinem Kommando eine wichtige Grundlage für die Multinational Detailed Deployment Plans (MNDDP) sind und somit Garant einer erfolgreichen Verlegung. Um einen Maßstab für die Durchführung zu bekommen, zeigte er auf, dass schon bei der Übung DEFENDER EUR 20 Personal in Stärke 1400 aus seinem Kommando unterstützen wird. Sorge mache auch die unzureichende Lagerkapazität, die dringend erhöht werden müsse. Ein Abstützen auf privatwirtschaftliche Leistungserbringer für HNS sei ebenfalls unabdingbar.
Noch stärker aus der Sicht des Durchführenden berichtete Oberstlt Dr. Henschke, Kommandeur des Logistikbataillons 172.
Oberstlt Dr. Henschke
Er stellte dar, dass die Gleichrangigkeit von Stabilisierungsoperationen und Landes-/Bündnisverteidigung in der Truppe angekommen sei. Nämlich in der Form, dass die bisher existierenden Einsatzpausen jetzt mit Zeiten von anhaltender Bereitschaftsverpflichtung, z.T. mit Vorwarnzeiten von nur 48 Stunden gefüllt würden. Die Situation für diese NRF sei auch deshalb herausfordernd, weil das zukünftige Operationsgebiet unbekannt sei, ein Sachverhalt, mit dem man lernen müsse, wieder umzugehen. Eine Konstante hat Oberstlt Dr. Henschke auf der Durchführungsebene aus den durchlaufenen Großübungen ausgemacht: Zeit ist immer der kritische Faktor! Neben den auffälligen Schwächen bei den eigenen Führungsmitteln, wo er sich schnell Verbesserung wünsche, zieht er doch auch ein sehr positives Fazit. Er Lobt den Zusammenhalt und die Kreativität seiner Unterstellten und ist stolz auf die Vielzahl von Dingen die gut funktionieren.
Als nächster referierte Oberst Schellhase, Stv Abteilungsleiter Kampf im Bundesamt für Ausrüstung Information und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw).
Oberst Schellhase
Zunächst warb er für seinen Bereich, der häufig in der öffentlichen Kritik steht, indem er die Rahmenbedingungen der Beschaffung erläuterte. So zeigte er auf, dass im Vergleich zu einem Versandhaus mit rund 60.000 Artikeln im BAAINBw ca. 2.000.000 Artikel im Bestand geführt werden. Nach dem Hinweis auf die angespannte Personalsituation, schilderte er die Grundzüge der Beschaffung nach CPM und daraus erwachsende, einschränkende Faktoren. Mit dem Zielbild Rüstungsmanagement zeigte er die Bemühungen des BAAINBw sich weiter zu entwickeln und zu verbessern.
Im folgenden Teil berichtete BrigGen Denk, Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr, über aktuelles aus seiner Ausbildungseinrichtung. Zunächst zeigte er die Neuausrichtung der Offizierausbildung der Logistikoffiziere auf, die weniger verschult und mit mehr Praxis und Truppengattungsbindung zu weniger Abbrechern führen soll. Der erste Durchgang des neuen Fahnenjunker-Lehrganges soll im I./2021 beginnen und mit je 80 Teilnehmern an der LogSBw und dem AusbZTLS stattfinden. Weiter informierte er über die Individual- und Teamausbildung am JCTS sowie der Schwerpunktaufgabe der Unterstützung des I. DEU/NDL Korps in 2020/2021. Zuletzt zeigte er das Aufgabenpaket des LogÜbZ mit den Anteilen Ausbildung des Stab LogRgt und Ausbildung des RSOM Btl.
Die beiden Kommandeure der Ausbildungseinrichtungen. li BrigGen Denk, re BrigGen Cohrs
Den Abschluss bildete BrigGen Cohrs, Kommandeur des AusbZTLS, der gleichfalls über aktuelles aus seiner Ausbildungseinrichtung informierte. Anfangs erklärte er die Situation zur Infrastruktur, der personellen Ausstattung und den Fortschritten zur Kompetenzorientierten Ausbildung an seinem Zentrum. Weiter machte er deutlich, welche wichtige und sinnvolle Rolle der Bereich Technik/Logistik bei der Nachweisführung zur Beschaffung von Wehrmaterial habe und weit entfernt von einer Rolle als „Spielverderber“ liege. Dann zeigte er die Zeitlinie auf, wie die Instandhaltungsfähigkeiten zum SPz PUMA bis 2023 aufgebaut werden sollen und schloss mit dem Ausblick auf das AusbZTLS 2030+, für das Fragestellungen zu den Bereichen Ressourcen, Technologie, Rahmenbedingungen und Ausbildung beantwortet werden müssten.
In seinem Schlusswort stellte GenMaj Thomas fest, dass der angesprochene Verbesserungsbedarf aus den Vorträgen der sichtbare Bereich des Eisberges sei, aber auch die gelösten Probleme und die Kreativität in der Lösungsfindung überwiegen würden. Letztlich sprach er sich bei komplexen Dingen für die nötige strategische Geduld aus.
Weiter hege er die Hoffnung, die Mitglieder des Vereins im Jahre 2020 am 05. und 06. November an der Logistikschule der Bundeswehr wieder begrüßen zu dürfen. Es gäbe schließlich Grund zum Feiern, da der bB 30-jähriges Bestehen feiert und so forderte der Präsident auf, für die Teilnahme zu werben.
Zum Schluss galt der Dank dem Gastgeber, BrigGen Cohrs und dem Team des AusbZTLS für die gelungene Unterstützung im Rahmen der Weiterbildungsmaßnahme.
Die „Macher“ im Hintergrund, li Oberstlt Küppenbender, re StFw Paul
Fazit: Die diesjährige Mitgliederversammlung und zentrale Informationsveranstaltung des „blauer Bund e.V.“ war wieder eine gelungene Sache, die Messlatte hängt sehr hoch.
Im vergangenen Jahr hat sich die NATO äußerlich verändert. Wir sind mit dem Hauptquartier umgezogen. Seit einem guten Jahr sind wir schon im neuen Gebäude. Hier ist alles offen, modern, man begegnet sich auf den Fluren, der großen Agora in der Mitte des Gebäudes. Aber begegnen wir uns auch in unseren Auffassungen? Verändert sich die NATO auch in den Strukturen, Prozessen, ihrer Strategie?
Die Allianz ist eine Allianz im Umbruch. Bei dem Gipfel in Brüssel im Sommer 2018 wurde dies besonders deutlich. Übrig bleibt bis heute, dass Deutschland seine Rolle in der Mitte nach Meinung einiger Akteure nicht ausreichend wahrnimmt. Wir zahlen vermeintlich nicht genug. Wir sind irgendwie mittendrin, aber nicht bei allem dabei.
Das wohl bedeutendste Dokument aus dem Gipfel ist die Readiness-Initiative. Unter dem Schlagwort 4 mal 30 oder besser 30/30/30 Bataillone, fliegende Staffeln, Schiffe verfügbar in 30 Tagen geht es um die Erhöhung der Einsatzbereitschaft und die Übernahme von Lasten. Inzwischen haben die Alliierten ihre Beiträge zu dieser Initiative eingemeldet. Deutschland ist ganz vorne mit dabei. Rechtzeitig zum Leaders Meeting kann dies eine Erfolgsgeschichte sein.
Zugleich wird in diesen Tagen der Umbruch wieder spürbar. Rund um das Außenministertreffen im November, dem Leaders Meeting mit den Staats- und Regierungschefs der Allianz im Dezember in London und dem aufrüttelnden Interview des französischen Staatspräsidenten in einer britischen Zeitschrift, in der er den Hirntod der Allianz konstatierte, wird die Zukunft der NATO diskutiert.
Und das alles in einer Zeit wo die Allianz vor Veränderungen steht. In Zeiten, in denen sich die Wahrnehmung der Rolle Russlands in den vergangenen Jahren stark verändert hat. Nach 2014, der Ost-Ukraine und der Krim, aber auch nach dem Fall Skripal in Großbritannien und dem Ausspähen der OPCW in Den Haag reagieren viele Alliierte nicht nur gereizt auf Russland, sondern sehen in Russland die eine dominierende Herausforderung.
Russland als potentieller Aggressor, Russland als Gegner, Russland als Bedrohung ist alltäglich Gegenstand in den Diskussionen im NATO Hauptquartier. Dabei ist das Bedrohungsempfinden etlicher Alliierter tief emotional und für die jungen Mitgliedsstaaten tief existenziell. Das Gleiche gilt für die Frage, wie man Russland begegnen soll, im Frieden, in der Krise und im Krieg. Sind wir mit Russland überhaupt noch im Frieden oder stattdessen zumindest in einer aktiven Wettbewerbsphase, in der jeden Tag weit unterhalb der Schwelle eines Artikel 5 Auseinandersetzungen stattfinden.
In den letzten zehn Jahren hat sich das sicherheitspolitische Umfeld mit und ohne Russland, wegen oder gegen Russland verändert. Internationaler Terrorismus wird als Herausforderung gesehen, die Alliierte unmittelbar bedroht, Regionen in der Allianz destabilisieren könnte, Sekundäreffekte auf die territoriale Integrität ebenso, wie auf die innere Stabilität von Mitgliedsstaaten hat.
Wir sind konfrontiert mit Verletzungen internationalen Normen, wie auf der Krim und in der Ost-Ukraine, an dem nicht Halt machen vor Grenzen, Aktionen mit militärischen Mitteln und nicht-militärischen Mitteln, sich dazu bekennend oder auch nicht.
Migrationsströme und die daraus resultierenden innenpolitischen Instabilitäten, Verschiebungen und Zerwürfnisse in Gesellschaften und politischen Landschaften beschreiben den Zustand in einigen Ländern. Einzelne Alliierte werden nicht müde, Migration als die große sicherheitspolitische Herausforderung zu benennen. Daraus folgen auch unterschiedliche Auffassungen zum Einsatz von Streitkräften im Inneren, der heute der Normalfall in vielen Ländern ist.
Die Folgen der Finanzkrise haben die Schere zwischen Arm und Reich größer werden lassen. Zurückgehende Ressourcen, Diskussionen um deren Verwendung, so auch das Einhalten des 2 %-Ziels für die Verteidigungshaushalte, haben das sicherheitspolitische Umfeld verändert, bestimmen heute die Diskussion.
So driftet die Allianz ein Stück weit auseinander. Es fehlt das vereinigende Ziel. Und es fehlt die Kohäsion, sich auf das eine große Ziel auszurichten. Was ist wirklich eine Bedrohung für die Mitgliedstaaten? Aus welcher Richtung schießt der Feind. Sind wir vorbereitet, alarmiert, resilient oder empfinden wir gar keine Bedrohungen in unseren Gesellschaften. Ist die kleinste Dysfunktionalität vielleicht Folge eines Cyberangriffes? Engagieren wir uns zu wenig? Leben wir auf Kosten der anderen? Was sind wir bereit zu geben, zu investieren? Wofür stehen eigentlich die nationalen Sicherheitspolitiken? Lastenteilung und Bedrohungsperzeptionen sind sehr unterschiedlich.
Einer der wesentlichen Gründe für den Aufstieg der NATO zur erfolgreichsten Sicherheitsallianz in der neueren Geschichte ist ihre Fähigkeit, sich an veränderte politische Rahmenbedingungen anzupassen. Anders als Wirtschaftsunternehmen, die ihre Marktstrategien ständig überprüfen, werden neue NATO-Strategien nur in großen Zeitabständen formuliert. Ganze sieben solcher strategischen Konzepte hat es in der fast 70-jährigen Geschichte des Bündnisses gegeben. Selten wurden Strategien im Voraus geschrieben. Meistens sind sie entstanden, wenn ihre Inhalte schon längst Realität gewesen sind. Sie verschriftlichen, was das Bündnis in Reaktion auf sicherheitspolitische Veränderungen bereits längst in der Praxis tut.
Das Strategische Konzept von 1999 betonte die Notwendigkeit des Krisenmanagements, nachdem die NATO diese Aufgabe schon seit 1995 auf dem Balkan wahrgenommen hatte. Im Strategiepapier von 2010 wurde die kooperative Sicherheitsvorsorge durch Partnerschaften als eine der Kernfunktionen der Allianz definiert, nachdem bereits eine Vielzahl von Partnerschaften in Europa, mit den Mittelmeeranrainern oder den Golfstaaten initiiert worden war. NATO-Strategien sind damit immer auch zugleich Standortbestimmungen und Festschreibungen bewährter Praktiken.
Nach einer NATO 1.0 in der NATO der Collective Defence, hatten wir eine NATO 2.0, die sich mit Krisenmanagement befasste. Heute brauchen wir beides. Heute brauchen wir eine NATO, die sich kollektiv mit der Bedrohung insgesamt aus dem Osten, auseinandersetzt und dieser begegnet. Und wir brauchen eine NATO, die weiterhin am Rande ihres Bündnisgebietes Instabilitäten bekämpft, so Krisenvorsorge und Krisenmanagement betreibt, möglichst bevor Krisen das Bündnisgebiet destabilisieren.
Anpassungsdruck – Notwendiger Strategiewandel
Dabei stellt sich die Frage, bereiten wir uns auf die richtigen Herausforderungen vor, bereiten wir uns richtig vor? Bereiten wir uns qualitativ und quantitativ, flexibel genug, mit einem militärischen „Instrument of power“ und weiteren Instrumenten richtig vor?
Es gibt in der Allianz ein neues Bewusstsein für Bündnisverteidigung – Collective Defence. Dabei sind vor allem diejenigen Alliierten die Treiber des Geschehens, die sich von Russland emotional und existenziell bedroht fühlen. Der Gegner wird vor allem von unseren osteuropäischen Bündnispartnern an ihren jeweiligen Grenzen wahrgenommen.
Internationaler Terrorismus bedroht weitere Alliierte ganz konkret an ihren Grenzen und immer wieder auch auf ihren Territorien. Herrschaftsfreie Räume jenseits der Allianz haben destabilisierende Sekundäreffekte auf einzelne Mitgliedsstaaten.
Die Eventualfallplanungen in der Allianz werden vorangetrieben und das dazu notwendige Kräftedispositiv immer umfangreicher. Verlegung und Verstärkung innerhalb des Bündnisses wird wieder gedacht und bald auch geübt. Die anstehenden Großübungen mit der Beteiligung etlicher Alliierter zeugen davon. Das wird ein großes Thema in 2020 und darüber hinaus. Dabei leistet Deutschland mit dem neuen Joint Support and Enabling Command in Ulm (JSEC) einen wichtigen Beitrag für die Zukunft der Allianz.
Autor: Oberst i.G. Ralph Meyer, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und EU
Spätestens mit den Terroranschlägen seit 2015 in den europäischen Hauptstädten Paris, Brüssel, London und Berlin und dem noch heute andauernden Konflikt in der Ost-Ukraine sowie der völkerrechtswidrigen Annexion der Krim durch Russland im Jahr 2014 hat sich die geopolitische Situation in Europa grundlegend verändert. Eine Analyse aller relevanter Faktoren hat ergeben, dass eine Rückbesinnung auf die Bündnisverteidigung in Europa für die Allianz unabdingbar ist. Beim NATO-Gipfel in Warschau 2016 beschloss die NATO in diesem Zusammenhang unter anderem, ihre Kommandostruktur diesen neuen Gegebenheiten anzupassen, um den aktuellen und zukünftigen sicherheitspolitischen Herausforderungen besser begegnen zu können.
Im Februar 2018 billigten die NATO Verteidigungsminister einen entsprechenden Vorschlag, der u.a. vorsah, zwei neue Führungskommandos auf der operativen Ebene innerhalb der „NATO Force Structure“ (NFS) aufzustellen:
das Joint Force Command Norfolk (JFC NF) in Norfolk, Virginia, verantwortlich für den transatlantischen Raum und
das Joint Support and Enabling Command (JSEC) in Ulm, verantwortlich für den rückwärtigen Raum (Rear Area) des Oberbefehlshabers der NATO Streitkräfte in Europa (SACEUR).
Während des Treffens der Verteidigungsminister der NATO im Juni 2018 wurde Deutschland die Verantwortung als sogenannte Rahmennation (Framework Nation) für die Aufstellung des JSEC übertragen.
Für eine effektive Bündnisverteidigung setzt die NATO vorrangig auf die wirkungsvolle Abschreckung durch eine angemessene Präsenz von Streitkräften in ihren Mitgliedstaaten. Das wird gerade in Polen und den baltischen Staaten umgesetzt mit der Enhanced Forward Presence und der schnellen Eingreiftruppe Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) als potentielle erste Verstärkung, die lageabhängig durch weitere Kräfte (NATO Response Force und Follow on Forces) ergänzt werden kann. Hierfür sind Truppenbewegungen in und durch ganz Europa notwendig, um schnell und sicher Verstärkungskräfte in eine Krisenregion verlegen zu können. Die Glaubwürdigkeit und der Grad der Abschreckung hängen wesentlich davon ab, solche Truppenbewegungen nach kurzer Vorbereitungszeit und ggf. auch unter Bedrohung effektiv und sicher durchführen zu können.
Zuständig hierfür sind zunächst die truppenentsendenden Staaten. Die Verlegung der Streitkräfte – sei es per Flugzeug, Straße, Bahn und/oder Schiff – und ihre Zusammenführung in einem Sammelraum, insbesondere aber auch Maßnahmen zur Absicherung und der Bedarf an Ausbildungs- und Versorgungseinrichtungen wurden bislang stets direkt durch das entsendende Land mit den betroffenen Transit- oder Gastgeberländern individuell abgestimmt und koordiniert. Bis zu einem Unterstellungswechsel der Truppen unter das entsprechende NATO Führungskommando in einem Operationsgebiet, ist dieser Prozess eine Angelegenheit zwischen zwei oder mehreren souveränen Staaten. Er ist hoch komplex, in vielen Fällen zeitintensiv und bedeutet im schlechtesten Fall, dass SACEUR nicht immer ein klares Lagebild hat, wo sich seine Verstärkungskräfte zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden und ob sie noch rechtzeitig dort eintreffen, wo sie benötigt werden.
An dieser Stelle beginnen die Kernaufgaben des Joint Support and Enabling Command, dessen Auftrag wie folgt lautet:
„…der NATO einen sicheren rückwärtigen Raum für strategische Aufmarschbewegungen sowie zur Unterstützung der Operationsführung und der Bündnispartner zur Verfügung zu stellen.“
Dieser rückwärtige Raum ist, grob umschrieben der Teil des europäischen Festlandes, der Territorialgewässer und des darüber befindlichen Luftraumes, die nicht einem der sogenannten Joint Force Command (JFC) in Brunssum oder Neapel als Operationsgebiet zugeordnet sind. Doch wie können diese koordinierenden Aufgaben in einem Raum souveräner Staaten wahrgenommen werden, ohne deren Hoheitsrechte zu beschneiden? Gerade der rückwärtige Raum darf insbesondere im Frieden und in der Krise nicht als ein Verantwortungsbereich im militärischen Sinne verstanden werden. Vielmehr muss das rückwärtige Gebiet als multifunktionaler Raum betrachtet werden, der vor allem als Durchmarschgebiet, Bereitstellungsraum und Versorgungsbasis dienen soll.
Das JSEC folgt dabei einem umfassenden Ansatz. Es werden vier Operationslinien unterschieden:
Vier Operationslinien
zivile und militärische Sicherheit, Schutz eigener Kräfte,
Gefechtsschadensbegrenzung,
Ausbildung und Bereitstellung der Kräfte,
Versorgung und Durchhaltefähigkeit
Jede dieser Operationslinien wird ganzheitlich innerhalb der fünf Dimensionen (Land, Luft, See, Cyberraum und seit kurzem auch der Weltraum) betrachtet und erforderliche Maßnahmen mit den jeweils zuständigen souveränen Staaten und anderen Akteuren (bspw. zivilen Betreibern, GOs/NGOs, aber auch der EU) abgestimmt und koordiniert. Die fünf wesentlichen Aufgabenbereiche des JSEC innerhalb der Operationslinien sind
Aufbau eines funktionellen Netzwerkes bereits im Grundbetrieb, um im Falle einer Aktivierung als singulärer Ansprechpartner der NATO gegenüber den einzelnen Nationen zu dienen,
Aufbau eines Lagebildes des rückwärtigen Raumes in enger Zusammenarbeit mit den Nationen und Erarbeitung von Grundlagenwissen,
Befähigung der NATO- Kräfte und -Akteure zu Operationen,
Operationsplanung,
Führung von Operationen.
Ziel dabei ist das Schaffen eines sicheren und in allen Bereichen funktionsfähigen rückwärtigen Raumes, aus dem heraus Wirkung (Effekte) für ein NATO Operationsgebiet erzielt werden kann. U.a. geht es um den Aufmarsch und die Bereithaltung von Kräften mit einem zu jeder Zeit aktuellen Lagebild für den SACEUR.
Transnationale Abstimmung und Koordination
Insbesondere, wenn eine spezifische Sicherheitsbedrohung vorliegt und der Aufmarsch unter Zeitdruck erfolgt, ist eine umfangreiche, transnationale Abstimmung und Koordination notwendig. Bei Verlegungen von Kräften für Operationen im Rahmen der Krisenbewältigung außerhalb der klassischen Bündnisverteidigung gemäß Artikel 5 des NATO-Vertrages, also z.B. für die International Security Assistance Force (ISAF) oder die Kosovo Force (KFOR), war das bislang meist nicht der Fall. In der Bündnisverteidigung gegen einen gleichwertigen Gegner, der in der Lage ist, seine Streitkräfte schnell zu verlegen und einzusetzen, ist diese besondere Herausforderung jedoch zu erwarten.
Die NATO muss daher bereit sein, schnell, effizient und nachhaltig reagieren zu können. Das erfordert nicht nur Flexibilität, hohe Einsatzbereitschaft und Geschwindigkeit, sondern auch, dass bereits im Vorfeld die Rollen und Verantwortlichkeiten zwischen den Nationen und Organisationen mit allen dazugehörigen Abläufen und Verfahren klar definiert und trainiert sein müssen – das schließt auch Nicht-NATO Staaten mit ein. Dabei geht es unter anderem um die Planung von Transportrouten und um logistische Kapazitäten, um den Schutz dieser Routen und Einrichtungen sowie die Verfügbarkeit von Ausbildungs- und Übungseinrichtungen. Und es geht nicht nur um militärische Einrichtungen, vielmehr um jede Art von kritischer Infrastruktur, Maßnahmen zur Cybersicherheit, Regelungen für den Warenverkehr, Zollfragen, Umgang mit zivilen Dienstleistern und noch vieles andere mehr. Die erforderliche Befähigung der beteiligten Institutionen versteht das JSEC als einen „Whole of Government Approach“ ähnlich dem allseits bekannten Comprehensive Approach. Dieser geht davon aus:
Jede Aktion des JSEC im Sinne der Auftragserfüllung wird somit in enger Abstimmung mit den Nationen erfolgen, unter Berücksichtigung der Souveränität.
Unter dem Strich wird das JSEC mit Blick auf die Kernaufgaben der NATO einen zentralen Beitrag leisten und durch seine Koordinationsfähigkeit den souveränen Nationen eine wirkungsvolle Unterstützungsleistung bieten!
Wo steht das JSEC jetzt?
Zum 1. Oktober 2019 hat das JSEC eine erste Teilbefähigung erlangt, die sogenannte Initial Operational Capability (IOC), um nun in den nächsten knapp zwei Jahren seine volle Einsatzbefähigung zu erreichen. Auf diesem Weg wird die Durchführung von Übungen eine zentrale Bedeutung spielen.
Das JSEC ist ein multinationales Hauptquartier mit einem multinationalen Gesicht. Mehr als die Hälfte der Dienstposten in der Friedensstruktur sind multinational ausgebracht.
Bereits heute leisten mehr als ein Dutzend Soldaten aus mehreren NATO Ländern am Standort Ulm für JSEC ihre Dienste. Die für die Anfangsbefähigung erforderliche Infrastruktur sowie die IT stehen zur Verfügung und werden in den nächsten Jahren in mehreren Schritten für die umfassende Aufgabenwahrnehmung weiter ausgebaut.
Mit der Aufstellung des JSEC leistet Deutschland als Rahmennation zusammen mit den teilnehmenden Nationen in einem breiten Ansatz, der weit über eine logistische Funktion hinausgeht, einen entscheidenden Beitrag zur Verteidigungsfähigkeit der NATO.
Die Großübung Defender Europe, Grafik: US Army Europe
In 2020 wird das JSEC seine Initial Operational Capability unter Beweis stellen. Angelehnt an die Großübung DEFENDER EUROPE 20 (DE20) werden in einer parallel angelegten Übungsstruktur COMBINDED DEFENDER 20 (CODE20) die bisher im Kommando erarbeiteten Grundlagen und Einsatzverfahren erstmalig angewandt und auf Herz und Nieren erprobt werden. Ziel ist es, Mitte 2021 im Rahmen einer weiteren Großübung die NATO-Zertifizierung zu erhalten. Damit verbunden wird das JSEC im Oktober 2021 den Status der Full Operational Capability (FOC) erreichen.
Autor: BrigGen Seifert, stv Kommandeur des Multinationalen Kommando Operative Führung
Ohne Logistik fliegt nichts, schwimmt nichts, fährt nichts. Der Erfolg der NATO-Großübung Trident Juncture 2018 (TRJE 2018) hing somit maßgeblich von dieser Unterstützungsleistung ab. Das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw), insbesondere mit den Kräften der mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis aber auch des Logistikzentrums der Bundeswehr (LogZBw) und der Logistikschule der Bundeswehr (LogSBw) haben einen entscheidenden Beitrag geleistet.
Etwa 50.000 Soldatinnen und Soldaten beteiligten sich 2018 an der größten gemeinsame NATO-Übung seit dem Ende des Kalten Krieges. Mit allen 29 NATO-Staaten sowie Finnland und Schweden war es darüber hinaus das umfassendste Manöver in diesem Zeitraum. Die Bundeswehr war mit etwa 8.500 Soldaten, 4.000 Fahrzeugen und 750 Containern der zweitgrößte Truppensteller im Übungsland Norwegen. Kern war eine Volltruppenübung im Zeitraum vom 25. Oktober bis zum 7. November 2018. Das Ziel war es, neben der Zertifizierung der NATO Response Force Hauptquartiere, die strategische Verlegung einer Kampftruppenbrigade sowie die Interoperabilität zwischen den teilnehmenden Kräften der NRF 2019 und besonders der „Very High Readiness Joint Task Force 2019“ zu üben. Nie zuvor in der Geschichte der Bundeswehr wurde Personal und Material in einer solchen Größenordnung bei einer NATO-Übung außerhalb Deutschlands eingesetzt.
Mehrere Fahrzeuge vom Typ Hägglund BV 206 vom Gebirgsjägerbataillon 232 werden im Rahmen der NATO-Großübung Trident Juncture 2018 in RØROS/NORWEGEN entladen Quelle: Bundeswehr/Marco Dorow
Die Aufgabe der Logistik der Streitkräftebasis (SKB) war dabei die strategische Verlegung der deutschen Kräfte, deren anschließende Versorgung sowie die Versorgung verbündeter Einheiten und Verbände. Bereits im September waren die Logistiker der SKB vor Ort in Norwegen. Sie organisierten und betrieben u.a. einen Teil des Hafens in Fredrikstad, südlich von Oslo. Gleichzeitig wurde der Ort für die Unterbringung der Logistiktruppen und die Koordination der logistischen Leistungen in einer Zeltstadt nahe des Flughafens Gardermoen, nördlich von Oslo, erkundet und anschließend übernommen. Damit stellten sie die Aufnahme von Personal und Material in Norwegen sicher.
In der Nacht vom 5. auf den 6. September verließ das erste Roll-on-Roll-off-Schiff (RoRo), die ARK GERMANIA, den Verladehafen in Emden. Über 200 Fahrzeuge, darunter Sattelzugmaschinen, Dingos und Straßentankwagen sowie Container und einige das Material begleitende Soldaten waren an Bord. Hierzu waren im Vorfeld umfassende Transportplanungen durch das LogZBw in Wilhelmshaven notwendig.
Das Roll on Roll off-Schiff im Hafen von Emden. Innerhalb kürzester Zeit werden die Fahrzeuge auf dem Schiff verstaut. Quelle: Bundeswehr/Christoph Vietzke
Der Verlegeplan
Über Straße, Schiene, per Luft- und per Seetransport erreichten Personal und Material ihren Bestimmungsort. Das Joint Logistic Support Group Headquarter (JLSG HQ) des Joint Forces Command NEAPEL (JFC NP) hat in Verbindung mit der Host Nation Vorgaben für die Verlegung der multinational zusammengesetzten übenden Truppe festgelegt. Auf dieser Basis erstellte das LogKdoBw im Auftrag des Einsatzführungskommandos und mit allen beteiligten Organisationsbereichen der Bundeswehr einen nationalen Verlegeplan, den das LogZBw im engen Zusammenwirken mit den Truppenstellern umgesetzt hat. Der Verlegeplan umfasste u.a. die Festlegung des Beladehafens (Seaport of Embarcation (SPOE)) in Deutschland sowie die Entscheidung darüber, auf welchen Wegen Fahrzeuge und Container vom Heimatstandort an den Zielort in Norwegen gelangen. Ob dies im Eisenbahn- oder Straßentransport, per Spedition oder auf eigener Achse erfolgte, hing u.a. von Wirtschaftlichkeitsbetrachtungen und zeitlichen Vorgaben ab. Der effiziente Ablauf bei TRJE 2018 war das Ergebnis der engen Zusammenarbeit des LogZBw mit den jeweiligen Truppenstellern, dem Kommando Territoriale Aufgaben, den Landesbehörden und der gewerblichen Wirtschaft.
Im SPOE mussten die jeweiligen Transportdokumente überprüft und das Material anschließend durch den Zoll überprüft werden. Auch hier ist stets eine enge Abstimmung mit der Schiffsagentur, der Hafengesellschaft und den verantwortlichen Zollbeamten notwendig. Unterstützt wurde das LogZBw im Seehafen durch die mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis. Das Logistikbataillon 161 aus dem niedersächsischen Delmenhorst verfügt hierfür über eine Hafenumschlagkompanie. Deren Aufgabe ist es, die Be- und Entladung von militärischem Klein-, Großgerät und Containern auf bzw. vom Schiff sowie die Hafenorganisation sicherzustellen. Für TRJE 2018 war diese Kompanie drei Monate in Emden und im Entladehafen in Fredrikstad im Einsatz.
Die Fahrzeuge werden sicher am Boden verzurrt. Beim sogenannten Laschen werden die Spanngurte am Fahrzeug und am Schiff befestigt. Quelle: Bundeswehr/Christoph Vietzke
Die Verlegung über den Seeweg
Am 5. September 2019 begann der Seetransport von Fahrzeugen und Containern nach Norwegen. Hierfür nutzte die Bundeswehr den zusammen mit Dänemark geschlossenen Kooperationsvertrag mit der Reederei Det Forenede Dampskibs-Selskab (DFDS), auf Deutsch: Die Vereinigte Dampfschiff-Gesellschaft. Mit vier RoRo-Schiffen, die insgesamt 13 Verlegungen durchführten, wurden alle Fahrzeuge und Container in den Zielhafen (Seaport of Debarkation – SPOD) nach Fredrikstad transportiert. Diese Verschiffung des gesamten Materials dauerte etwa sechs Wochen. An Bord übernahm jeweils ein sogenannter „Supercargo“ die Verantwortung für das Be- und Entladen des Materials. Der Supercargo war in diesem Fall ein reservedienstleistender Stabsoffizier, welcher berufliche Erfahrungen als Schifffahrtskapitän bzw. Lotse mitbrachte. Er vertrat während der Verlegung die Interessen der Bundeswehr in ihrer Eigenschaft als Befrachter und überwachte die Einhaltung der im Chartervertrag festgelegten Bedingungen. Zudem ist ein Supercargo Ansprechpartner der Schiffscrew in bundeswehrspezifischen Angelegenheiten.
Die Soldaten der Hafenumschlagkompanie vom Logistikbataillon 161 entladen den Kampfpanzer Leopard 2 der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) vom dänischen Roll on Roll off-Schiff Ark Germania. Quelle: Bundeswehr/Marco Dorow
Eintreffen im Übungsraum
Mit der Aufnahme des Materials im Hafen von Fredrikstad und des Personals am Flughafen in Gardermoen begann in Norwegen die Weiterverlegung in den Übungsraum. Es erfolgte eine logistische Zwischenversorgung mit Kraftstoff und Verpflegung und die Weiterverlegung der Truppenteile in den jeweiligen Übungsraum. Eine enge Verbindung zwischen militärischer Hafen- bzw. Flughafenorganisation, den zuständigen lokalen Stellen, zivilen Vertragspartnern, und Behörden ist dabei unverzichtbar, um den reibungslosen Ablauf sicherzustellen. Die Fahrzeuge und Container wurden, wie zuvor in Emden, von den Soldaten der 6. Kompanie vom Schiff gelöscht und auf einer Staufläche abgestellt. Dabei wurde bereits die Marschordnung der darauffolgenden Verlegung berücksichtigt. Im Einsatzgebiet angekommen, erfolgte der abschließende logistische Prozessschritt der Integration der multinationalen Verbände zu einer homogenen Streitkraft. Um diesen Prozess ab der Ankunft in der Host Nation Norwegen bewältigen zu können, bedurfte es einer intensiven Koordination durch das JLSG HQ. Das JLSG HQ ist ein multinationaler Stab, der im Falle der Übung TRJE 2018 aus 145 Soldatinnen und Soldaten aus insgesamt zwölf Nationen bestand. Den Kern dieses JLSG HQ bildeten dabei Soldaten des Joint Force Command NEAPEL und des 1. Deutsch/Niederländischen Korps aus Münster. Die Aufgabe des JLSG HQ ist es, ein umfassendes und einheitliches logistisches Lagebild aufzubauen und logistische Leistungen zu koordinieren. Darüber hinaus bewältigte das JLSG HQ unter der Führung von Brigadegeneral Darko Pintaric (Kroatien) die komplexe Aufgabe der Organisation der Hin- und Rückverlegung. Zur Umsetzung der Aufgaben beim Aufmarsch in Norwegen verfügte die JLSG über logistische Truppen. Hierzu gehörten zwei RSOM-Bataillone und weitere spezialisierte Einheiten. Deutschland hat der JLSG sowohl national geführte logistische Truppen auf Zusammenarbeit angewiesen, als auch Logistikkräfte unmittelbar unterstellt.
Norwegische Feldjäger begleiten die Fahrzeugkolonne nach der Entladung durch die Hafenumschlagkompanie des Logistikbataillon 161 im Rahmen der NATO-Großübung Trident Juncture 2018 im Hafen von Fredrikstad /Norwegen Quelle: Bundeswehr/Marco Dorow
Versorgung vor Ort
Die Versorgung der insgesamt etwa 8.800 deutschen Soldatinnen und Soldaten wurde vom Unterstützungsverband Deutsche Kräfte (UstgVbd DEU Kr) in Gardermoen sichergestellt. Dieser wiederum wurde durch ein Führungselement vom Kommando SKB geführt. Den größten Teil des Verbandes machten die etwa 800 Logistiker im LogBtl UstgVbd aus, das seinerseits überwiegend aus Angehörigen des LogBtl 172 bestand, die von Angehörigen weiterer Verbände der mobilen Logistiktruppen der SKB ergänzt wurden. Nahezu täglich sorgten sie für den Umschlag von Containern und Materiallieferungen. Neben Instandsetzungs- und Transportleistungen sowie Ersatzteilen, Kraftstoff, Verpflegung und Wasser stellte der Verband auch Waren des täglichen Bedarfs wie Zahnbürsten, Schokolade oder Duschgel – insgesamt mehr als 100 verschiedene Artikel für die deutschen Soldaten aber auch verbündete Kräfte bereit. Insgesamt wurden in Versorgungstransporten etwa 1,1 Mio. Liter Kraftstoff und 1.000 Paletten Wasserflaschen von Gardermoen nach Rena (180 km nördlich Oslo) und in die umliegenden Einsatzorte transportiert.
Die Soldaten verwalten die Lagerung von Verpflegung, Wasser und Waren des täglichen Bedarfs im Camp des deutschen National Support Element (NSE) Quelle: Bundeswehr/Marco Dorow
So wurde in Gardermoen eine der wichtigsten logistischen Schaltzentralen, die Basis Einsatzzentrale Logistik des logistischen Unterstützungsverbandes für die deutschen Soldaten in Norwegen betrieben. Der Luftumschlagszug des LogBtl 171 war ebenfalls dem LogBtl UstgVbd zugeordnet und in Gardermoen eingesetzt. Dieser war für die Passagierabfertigung der über den Flughafen Gardermoen ein- und ausreisenden Übungsteilnehmer aller beteiligten Nationen verantwortlich. Während der Volltruppenübung unterstützte der Verband die im Gefecht befindliche deutsche VJTF-Brigade. Die dauerhafte Unterstützung mit Schwerlasttransporten war ebenfalls Aufgaben dieses Verbandes.
Die Soldaten vom Gebirgsjägerbataillon 232 betanken ein Fahrzeug vom Typ Waffenträger Wiesel TOW am zentralen Betankungspunkt. Quelle: Bundeswehr/ Carsten Vennemann
Folgerungen
Die Übung TRJE 2018 war eine logistische Herausforderung. In einem umfassenden Ansatz wurden die logistischen Abläufe und Verfahren im Rahmen einer Übung, in der die Bündnisverteidigung im Vordergrund stand, erstmalig erprobt. Die hier gesammelten Erfahrungen fließen in die Weiterentwicklung der logistischen Konzepte für deutsche Beiträge zur Bündnisverteidigung ein.
Eine erste wesentliche Erkenntnis ist, dass für die logistische Bewältigung eines Einsatzes der VJTF/NRF eine eng aufeinander abgestimmte und präzise ineinandergreifende logistische Führungsorganisation erforderlich ist. Das Verständnis der klaren Abgrenzung der Verantwortung des Kontingentführers als dem Führer im Einsatz von der Basis Einsatzzentrale Logistik als zentrales Koordinierungs- und Steuerungselement für die logistische Leistungserbringung ist weiterzuentwickeln.
Die gelungene Verlegung großer Truppenteile unter Übungsbedingungen, die kontinuierliche logistische Unterstützung der übenden Truppe vor Ort sowie die gute Zusammenarbeit mit den multinationalen Partnern hat die derzeitige Ausbildung und Weiterbildung des logistischen Personals sowohl hinsichtlich seiner konzeptionellen Ansätze als auch hinsichtlich der neuen Ausrichtung der Ausbildung auf Landes- und Bündnisverteidigung bestätigt. Die frühzeitigen Koordinierungsbesprechungen mit den Movement Control Teams, verantwortlich für die Durchführung von Personal- und Materialtransporten, und den NATO-Partnern, haben sich bewährt. Sie waren ein Schlüssel zum Erfolg und trugen zu einem nahezu reibungslosen Deployment und Re-Deployment bei. Insgesamt hat das LogBtl 161 1.819 Container, 7.805 Rad- und 169 Kettenkraftfahrzeuge umgeschlagen und dabei in der Summe 47 Schiffe be- und entladen bzw. andere Nationen dabei unterstützt. Der internationale Erfahrungsaustausch führte auch auf dieser Ebene zu einer einheitlichen Sichtweise und bildet eine wertvolle Basis für zukünftige Übungen und Einsätze.
Es wurden aber auch Verbesserungs- und Weiterentwicklungspotenziale, und dies nicht nur in der Logistik, erkannt. So hat der Aufmarsch des deutschen Kräftedispositivs gezeigt, dass in einem Szenario der Bündnisverteidigung bereits in frühen Phasen (Phasen „Mount“ und „Deploy“) ein „Aufmarschführendes Kommando“ erforderlich ist. Die Zusammenziehung der Kräfte an den Aufkommensorten, die Verlegung von dort zu den jeweiligen See- und Flughäfen sowie die dann anschließende strategische Verlegung in den Einsatz- bzw. Übungsraum bringt bereits Aufgaben mit sich, die für die vergangenen und gegenwärtigen Auslandseinsätze der Bundeswehr nicht im gleichen Maße erbracht werden mussten. Das Ziel einer abgestimmten Verlegung großer Mengen an Personal und Material binnen kurzer Zeit sowie die Gewährleistung einer jederzeitigen Reaktionsfähigkeit auf Veränderungen der Bedrohungslage oder auf andere Herausforderungen erfordern eine einheitliche operative Führung der verlegenden Truppe bereits in diesen frühen Phasen.
TRJE 2018 hat gezeigt, dass sich multinationale Ansätze in der Logistik in Ergänzung zu nationalen Versorgungsprozessen bewähren. Hier ist zuvorderst die Kooperation in der JLSG zu nennen, die anteilig ausgewählten Unterstützungsleistungen in den Bereichen Umschlag, Transport sowie Kraftstoffbereitstellung für das gesamte multinationale Übungskontingent koordiniert und sichergestellt hat.
Abgestellte Straßentankwagen (STW) stehen am Betankungspunkt und Betriebsstoffumschlagplatz, betrieben durch den Nachschubzug Kraftstoff der 1. Kompanie des Logistikbataillons 172, im Camp des deutschen National Support Element (NSE). Quelle: Bundeswehr/Marco Dorow
Vollständig national erfolgte hingegen die Versorgung der übenden Truppe mit Ersatzteilen. Hierfür konnte ein ambivalentes Fazit gezogen werden. Auch wenn sich die Verfahren und Prinzipien als leistungsfähig und tragfähig erwiesen haben, hat die Übung den hohen und vielfältigen Ersatzteilbedarf deutlich gemacht, den ein Kontingent dieser Größenordnung verursacht. Um den zum Teil schwer prognostizierbaren Bedarf zu decken, wurde durch LogKdoBw in Ergänzung zu den Ersatzteillagern vor Ort eine robuste und leistungsfähige Verbindung zwischen Einsatz- bzw. Übungsraum und Deutschland etabliert. Damit jedoch diese Verfahren volle Wirksamkeit entfalten und der im Einsatzfall, gegebenenfalls im Gefecht stehenden Truppe, Ersatzteile in kurzer Frist zur Verfügung gestellt werden können, ist die Logistik auf vorhandene Lagerbestände in der Zentrallogistik angewiesen. Der zentral in der Bundeswehr zu lagernde Bestand an Ersatzteilen ist den Forderungen für die Versorgung der Truppe in einem Landes- und Bündnisverteidigungs-Szenario anzupassen. Dies ist ein weiterer Anknüpfungspunkt für die Weiterentwicklung und Optimierung der logistischen Basis Inland als Rückgrat einer Operation eines Einsatzes im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung.
Insgesamt war TRJE 2018 – auch aus logistischer Sicht – ein voller Erfolg. Die logistischen Kräfte aus unterschiedlichen Verbänden der mobilen Logistiktruppen der Streitkräftebasis sind zu einem gemeinsamen Verband zusammengewachsen. Hierauf aufbauend wird das LogBtl UstgVbd auch die bevorstehenden Aufgaben für VJTF 2019 erfolgreich bewältigen können. Die Leistungen der Soldatinnen und Soldaten waren eindrucksvoll und die Fähigkeit des logistischen Systems, Operationen dieser Größenordnung zu unterstützen, wurde nachhaltig unter Beweis gestellt.
Durch die Entscheidung der Bundesministerin, den Stichtag für die Verleihung von Einsatzmedaillen auf den 01. November 1991 vorzuverlegen, können nun auch alle Angehörigen des Einsatzes in Somalia eine Einsatzmedaille erhalten.
Da im Ministerium keine Listen der Teilnehmer an der UNOSOM II Mission mehr verfügbar sind, erfolgt die Verleihung jedoch nur auf Antrag der Betroffenen.
Bei Interesse – Melden Sie sich!
Um die Soldaten, die an diesem Einsatz teilgenommen haben, zeitgerecht über die Möglichkeit der Antragstellung zu informieren, werden zur Zeit die Erreichbarkeiten der Einzelnen ermittelt. Angehörige des Vorkommandos und des 1. Kontingentes sollten sich an Oberst a.D. Jürgen Eigenbrod (w.j.eigenbrod@t-online.de) wenden, Angehörige des 2. Kontingentes an Oberst a.D. Manfred Benkel (manfred.benkel@t-online.de).