Neuer Vorstand der Kameradschaft MITTELDEUTSCHLAND gewählt

Am Donnerstag, den 12. März 2020, fand die Jahreshauptversammlung der Kameradschaft MITTELDEUTSCHLAND ab 19:30 Uhr in der Gaststätte „Zum Goldenen Schwan“ in ERFURT statt.

Neben dem Rechenschafts- und Tätigkeitsbericht für das zurückliegende Jahr und dem Ausblick auf die geplanten Veranstaltungen und Vorhaben für 2020 (u. a. 30-Jähriges Jubiläum des bB im November dieses Jahres in OHZ-GARLSTEDT) stand nach diversen Versetzungen die Neuwahl der Vorstandschaft im Mittelpunkt der Versammlung. Nach der Entlastung der bisherigen Vorstandschaft und der Durchführung der Neuwahlen, setzt sich die Vorstandschaft wie folgt zusammen:

  • Vorsitzender:          Major Marco Budig (LogKdoBw),
  • Kassenwart:             Hauptmann Michael Holzhausen (LogKdoBw),
  • Schriftführer:          Hauptmann Patrick Gehlich (LogSBw).

Herzlichen Glückwunsch zur Wahl und weiterhin gutes Gelingen!

Des Weiteren bedankt sich die bisherige Vorstandschaft für die gute Zusammenarbeit mit Ihnen, verehrte Mitglieder der Kameradschaft MITTELDEUTSCHLAND und BERLIN, und wünscht Ihnen weiterhin alles erdenklich Gute und vor allem beste Gesundheit, gerade in diesen schwierigen Zeiten.

Autor: Oberstleutnant Daniel Ridderbusch, ehemaliger 1. Vorsitzender der Kameradschaft MITTELDEUTSCHLAND

Drehscheibe Deutschland – Unterstützungsleistungen durch die Streitkräftebasis

Die Annexion der Krim und die Destabilisierung der Ukraine durch Russland seit 2014 erforderte eine militärisch robustere Aufstellung der NATO und der EU in Europa. Aufgrund seiner zentralen geografischen Lage ist Deutschland hierbei potenzielles Aufmarschgebiet, Transitland wie auch rückwärtiges Operationsgebiet. Alle relevanten Verbindungslinien nördlich der Alpen führen durch Deutschland.

Dies fordert bei der Verlegung militärischer Verbände vor allem die Host-Nation-Support-Fähigkeiten Deutschlands und damit die der Streitkräftebasis. Ein Beispiel: Bereits bei der Verlegung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), der schnellen Speerspitze der NATO im Umfang einer verstärkten Brigade, würden etwa 11.000 Soldaten, 4.000 Fahrzeuge und 900 Container über die Drehscheibe Deutschland in Richtung Operationsgebiet bewegt – eine herausfordernde Aufgabe!

Die Streitkräftebasis leistet einen zentralen Anteil der erforderlichen Unterstützungsleistungen. Die Dimension solcher Truppenverlegungen erfordert gleichwohl einen ganzheitlichen Ansatz. Dies betrifft sowohl die bundeswehrgemeinsame ressortübergreifende Zusammenarbeit auf Bundes-, Länder- und Kommunalebene, aber auch die Einbindung gewerblicher Leistungen und nicht zuletzt die Akzeptanz der deutschen Bevölkerung.

Sehr wertvolle Erfahrungen konnten in Zusammenarbeit mit den US-Streitkräften gemacht werden. Diese nutzen im Rahmen ihrer OPERATION ATLANTIC RESOLVE die Rotationsphasen bei enhanced Forward Presence im Baltikum, um vor dem Hintergrund unterschiedlicher Lagen und Rahmenbedingungen eines Transits durch Europa verschiedene Verkehrswege und Transportverfahren realistischen Belastungstests zu unterziehen.

2020 wird durch die Übung DEFENDER EUROPE eine neue Dimension erreicht. Dann verlegt eine verstärkte Division mit 20.000 US-Soldaten und weiteren 17.000 Soldaten verbündeter Streitkräfte.

Bei DEFENDER EUROPE 20 wird neben der Fähigkeit zum Host Nation Support vor allem die Führungsfähigkeit der Streitkräftebasis gefordert.

Die Aufgaben zur Planung und Führung militärischer Verlegungen im großen Umfang wurde dem Inspekteur der Streitkräftebasis übertragen. Seither fungiert der Stab des Kommando Streitkräftebasis als „Aufmarschführendes Kommando für die Bundeswehr“- eine gute Grundlage für die Bewältigung der oben genannten Aufgaben im internationalen Rahmen.

Die Verlegung von großen Truppenkörpern der Bundeswehr erfolgt in verschiedenen Phasen. Für die Aufgabe „Aufmarsch führen“ sind insbesondere zwei Phasen von Bedeutung. In der Phase „Mount“ werden die nach der Alarmierung bereitstehenden Truppenteile an die vorbestimmten See- und Flughäfen sowie Bahneinrichtungen verlegt oder halten sich für die selbstständige Verlegung bereit. In der folgenden Phase „Deploy“ erfolgt die eigentliche strategische Verlegung in ein Einsatzgebiet.

Vereinfachte Prinzipskizze „Aufmarschführendes Kommando“ (Quelle: Bundeswehr, KdoSKB)

Die Zusammenführung und Verlegung der VJTF (L) 2019 betrifft nicht nur die beteiligten deutschen Truppenteile, sondern auch die Kräfte der weiteren an der VJTF beteiligten Nationen – immerhin neun an der Zahl. Die Marschbewegungen sind zu koordinieren, auch unter Friedensbedingungen mit dem üblichen Berufs- bzw. Individualverkehr.

Die Übernahme der Führungsverantwortung für die Verlegung der VJTF bis in ein potenzielles Einsatzgebiet ist eine neue Aufgabe für den Inspekteur der Streitkräftebasis, die dazu benötigten Fähigkeiten sind allerdings bereits in seinem Verantwortungsbereich gebündelt. Dies betrifft insbesondere die durch das Logistikkommando der Bundeswehr abgebildete logistische Kompetenz oder die für den zu erwarteten Host Nation Support benötigten Netzwerke, die durch das Kommando Territoriale Aufgaben der Bundeswehr gepflegt werden. Hinzu kommen weitere unterstützende Fähigkeiten wie beispielsweise Verkehrslenkung und Schutz durch die Feldjägerkräfte oder Dekontamination durch ABC-Abwehrkräfte der Streitkräftebasis.

All diese Fähigkeiten werden im Rahmen von NATO (Framework Nations Konzept) und EU (PESCO) multinational ausgebracht und in Abstimmung mit dem Joint Support and Enabling Command (JSEC), ebenfalls Teil der Streitkräftebasis, weiterentwickelt.

Die Streitkräftebasis übernimmt Verantwortung im Zentrum eines europäischen Unterstützungsnetzwerks, stellt wesentliche Leistungen selbst bereit und integriert als Anlehnungspartner die Fähigkeiten kleinerer Partner. Zudem werden Fähigkeiten und Kapazitäten von Industrie, Gewerbe und nationalen Sicherheits- und Unterstützungskräften in das Gesamtsystem eingebunden.

Damit wird sie ihrem Anspruch gerecht, Schrittmacher der Multinationalisierung im Unterstützungsbereich in Europa zu sein.

Autor: Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis

Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten

[Anm. d. Red.: DieserArtikel schließt eine dreiteilige Serie zum Thema Datenmanagement ab. Siehe auch Newsletter Januar 2019 und Infoheft 51]

Sie kennen die Situation? Ihre Ehefrau, Ihr Ehemann, Ihre Kinder, Ihre Eltern haben bald Geburtstag. Ihr Finger fährt federartig mit elegantem Schwung über das Display des Smartphones, um den Warenkorb mit den letzten Geschenkartikeln zu füllen. Ein Klick noch und der Einkaufsbummel ist beendet – die freudigen Gesichter Ihrer Liebsten vor Augen sind Sie erleichtert, denn Sie haben dieses Jahr frühzeitig begonnen, die Geschenke zu kaufen. Die Anzeige sagt Ihnen „Vielen Dank für Ihren Einkauf! Ihre Ware wird in voraussichtlich 1-3 Werktagen zugstellt.“ Heute ist die Sendung bereits 4 Tage überfällig. Ihre Leichtigkeit von vor 7 Tagen schwindet. Sie fragen sich, was los ist, wo bleiben die Geschenke, ist meine Adresse richtig hinterlegt? War der Liefertermin korrekt, d.h. sind die Verfügbarkeitsinformationen richtig gewesen?

Die Rückkopplung zu dem Unternehmen, das hinter der Verkaufsplattform steht, wird unvermeidlich. Womöglich kaufen Sie die Geschenke an anderer Stelle und stornieren Ihre Bestellung. Das betroffene Unternehmen muss interne Prüfungen durchführen, das Problem identifizieren, ggf. selbst Artikel Retour setzen oder bleibt auf den Waren im schlechtesten Fall sitzen. Es entstehen für das Unternehmen Kosten, weil Daten nicht korrekt waren. Für Sie entstehen Unannehmlichkeiten, im schlechtesten Fall können Sie Ihr Ziel, Ihre Liebsten zum Geburtstag zu überraschen, nicht erreichen.

Die wenigsten von uns können behaupten, dass wir solche Erfahrungen in der nahen Vergangenheit gemacht haben. Die Online-Shops (E-Commerce) und logistischen Unternehmen sind in Fragen der Datenhaltung meist zuverlässig, die dahinterliegenden IT-Systeme und Organisationen auf solche Herausforderungen im Umfeld Big Data[1] eingestellt. Doch was genau heißt das: Darauf eingestellt sein? Und was bedeutet das mit Blick auf die Logistik der Bundeswehr?

Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Bundeswehr stützt sich für die Bewältigung fachlicher Aufgabenstellungen in der Logistik und darüber hinaus auf integrative[2] Prozesse. Als konkrete Bedarfsträger von Daten treten in der Logistik vier Geschäftsprozesse (GP) auf

  • GP Materialbewirtschaftung (MatBew),
  • GP Instandhaltung und Fertigung (IHF),
  • GP Verkehr und Transport (VuT),
  • GP rüstungsbezogene logistische Führung[3] (LogFü).

Der darüber hinaus existierende GP Technisch-Logistisches Management (TLM) hat mit Bezug auf das Datenmanagement in der Logistik eine besondere Rolle. Er beschreibt als Teil seiner Aufgabe die Bereitstellung der für die Nutzung von Produkten im Logistischen System der Bundeswehr (LogSysBw) erforderlichen Daten. Dabei hat er die logistischen Prozesse zu reflektieren, die Anforderungen an die produktbezogenen Daten der nutzenden Prozesse zusammenzuführen, zu konsolidieren und zu harmonisieren – der Blick geht dabei immer von der Rüstung beginnend in das LogSysBw und zurück in die Rüstung. Die Operationalisierung der produktbezogenen Daten erfolgt als Gegenstand der logistischen Prozesse (Was soll bewirtschaftet werden? Was soll instandgehalten werden?) in den Geschäftsobjekten[4] der logistischen GP. Kernelement der Konsolidierung und Harmonisierung von Daten in der Logistik sind die Spezifikationen und Standards der S-Serie der ILS[5]-Spezifikationen (auch ILS-Suite genannt) im Rahmen der Zusammenarbeit mit der Industrie. Für die Sicherstellung der logistischen Interoperabilität im Bündnisrahmen der NATO bildet die Katalogisierung die Harmonisierungs- und Konsolidierungsbasis. Sie greift für deutsche Hersteller jedoch bereits auf die Vorgaben der S2000M[6] als Teil der ILS-Suite zurück.

Abbildung 1: Logistische Prozesse als Bedarfsträger von Daten

Die Identifizierung der erforderlichen Daten ist ein wesentlicher Bestandteil bei der Realisierung IT-gestützter Prozesse. Mit Hilfe von Informationsobjekten werden an einzelnen Arbeitsschritten innerhalb des Prozessmodells die dort erforderlichen Informationen[7] hinterlegt. Über das Informationsobjektmapping erfolgt im Rahmen der Realisierung die Identifizierung der Anforderungen an die Daten, die zur Bereitstellung der Informationen erforderlich sind. Die Datenmodellierung ist somit unmittelbarer Bestandteil der Prozessmodellierung[8].

Abbildung 2: Datenmodellierung als Teil der Prozessmodellierung

Die auf diese Weise festgestellten Datenbedarfe und -anforderungen sind regelmäßig Grundlage für die Definition von Qualitätsanforderungen an die Daten. Darüber hinaus bestimmen sie in der Logistik die Forderungsgrundlagen für die Bereitstellung produktbezogener Daten, die im Rahmen der Rüstungsprojekte beauftragt und durch die Industrie an die Bundeswehr geliefert werden müssen. Die hierzu erforderlichen Konsolidierungs- und Harmonisierungsmaßnahmen werden durch den GP TLM sichergestellt.

Mit Hilfe der Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien (SASPF) werden die integrativen Prozesse dort mit IT unterstützt, wo dies effizient und betriebswirtschaftlich sinnvoll ist oder die Aufgabenstellung im Gesamtverbund des LogSysBw dies zwingend erfordert. Im integrativen System SASPF arbeiten derzeit über 60.000 Nutzer, mehr als 50 % bewegen sich in logistischen Prozessen – sie nutzen, produzieren und ändern Daten.

Daten stellen somit zugleich „Lebensader“ wie auch Output IT-gestützter logistischer Prozesse dar. Sie müssen Qualität[9] haben, d.h. für ihre Aufgabe im Prozess geeignet sein. Die Qualität von logistischen Daten ist im Kontext mit der starken Abstützung auf IT-gestützte Prozesse eine Voraussetzung, um den logistischen Auftrag erfüllen zu können. Sie ist Enabler für die fortschreitende Digitalisierung in der Bundeswehr. Mit dem Maß der Abstützung auf IT-gestützte Prozesse steigt somit der Nutzen wie auch die Bedeutung der Daten. Nur Daten mit Qualität haben einen Nutzen.

Die Logistik der Bundeswehr stützt sich in hohem Maße auf IT-gestützte Prozesse in SASPF ab. Um den erforderlichen Nutzen der Daten zu erreichen, bedarf es einer Organisation und eines Rahmenwerks, welche die notwendigen Maßnahmen im Datenmanagement anweisen, koordinieren, überwachen und durchsetzen kann. Dabei sind die verschiedenen Player im Prozess- und IT-Management zu berücksichtigen und zu verknüpfen. Diese Aufgabe übernimmt das Data Governance als organisatorisches Kernelement des Datenmanagements.

Data Governance als Kernkomponente im Datenmanagement

Data Governance ist ein Organisationskonzept. Es legt fest, welche Entscheidungen im Umgang mit Daten zu treffen sind und wer sie trifft. Darunter fällt die Definition von Rollen, Verantwortlichkeiten und Rechten im Umgang mit Daten in der Organisation. Data Governance schafft somit Richtlinien und Regeln für den Umgang mit Daten und sichert zugleich deren Einhaltung.

Abbildung 3: Datenmanagementrahmenwerk in der Bundeswehr als Zieldimension der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement

Ziel ist, durch eine angemessene Qualität der Daten den bestmöglichen Nutzen (Prozessqualität) aus dem „Gut“ Daten zu erhalten. Dabei geht es nicht nur um die störungsfreie Nutzung der IT-gestützten Prozesse. Auch die Entscheidungsfindung in einem auf IT stark abgestützten Unternehmen basiert zu großen Teilen auf Daten. Somit erhöht die Qualität der Daten auch die Qualität der Entscheidungsfindung.

Data Governance ist die Kernkomponente des Datenmanagements. In der Bundeswehr besteht die Data Governance Organisation bereits seit 2012. Eine durchgängige organisatorische Umsetzung sowie die Schaffung der erforderlichen Regelungslandschaft erfolgte jedoch nur im Hauptprozessanteil Logistik (HP(A) Log). Die aktuellen Revisionen im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt Datenmanagement haben daher organisatorisch kaum Einfluss auf die Logistik. Die Data Governance Organisation SASPF wird künftig bestehen aus

  • dem Data Governance Office SASPF bei BAAINBw G (Projekt SASPF),
  • den Data Governance Offices der HP(A)/HP,
  • den Datenqualitätsmanagement-Beauftragten (DQM-Beauftragten) in den Organisationsbereichen.

Abbildung 4: Data Governance Organisation gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Die Anforderungen an den Aufbau der Data Governance Offices der HP(A)/HP ist identisch und beinhaltet folgende Komponenten/Rollen:

  • Grundlagen
  • Vorgaben/Konzeption,
  • Informationsarchitekt,
  • Technischer Data Steward,
  • Datenqualität und Lage,

 

  • Geschäftsobjektverantwortung
  • Geschäftsobjektverantwortlicher,
  • Data Analyst.

Abbildung 5: Organisation Data Governance Office HP(A) Log gem. Agenda Nutzung TP Datenmanagement

Während im Bereich Grundlagen vor allem die konzeptionelle Ausgestaltung und als neue Elemente künftig die Lage zur Datenqualität sowie die Überwachung des Datenmodells (durch den Informationsarchitekten) wahrgenommen wird, betrachtet der Bereich der Geschäftsobjektverantwortung die konkreten Geschäftsobjekte, in denen die Speicherung und Verarbeitung der Daten erfolgt. Hierbei nimmt der Geschäftsobjektverantwortliche (nach aktueller Regelungslage noch Stammdatenobjektverantwortlicher) mit Unterstützung durch den Data Analyst folgende Kernaufgaben zu seinem Geschäftsobjekt wahr:

  • Überwachung der Datenqualität und Vorgaben zu Datenqualitätsanforderungen,
  • Vorgaben und Dokumentation im Metadatenmanagement,
  • Vorgaben und Dokumentation zu Pflegeprozessen.

Die Arbeit der Data Governance Organisation beschränkte sich in der Vergangenheit stark auf die Stammdaten. Dieser Fokus wird mit der Neuausrichtung im Rahmen der Agenda Nutzung aufgehoben. Nunmehr stehen die Geschäftsobjekte als Datenrepräsentanz aller geschäftsrelevante Daten (umfasst Stammdaten, Bewegungsdaten etc.) im Fokus des Data Governance.

Wirkverbund Datenmanagement Logistik

Zur Operationalisierung des komplexen organisatorischen und inhaltlichen Zusammenspiels aus Prozess- und Datenmanagement sind im HP(A) Log die drei gestaltenden Kernelemente

  • Data Governance,
  • Standards und Spezifikationen[10] sowie
  • Katalogisierung[11]

als Wirkverbund in der Gruppe Datenmanagement Logistik im Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw) zusammengefasst. Sie stellen damit in enger Verzahnung mit dem Prozessmanagement, im Schwerpunkt dem GP TLM, ein System aus kurzfristiger operativer Handlungs- und langfristiger Steuerungsfähigkeit dar.

Abbildung 6: Wirkverbund Gruppe Datenmanagement Logistik im LogKdoBw

Zielbild

Mit der Agenda Nutzung TP Datenmanagement ist das gesamte Datenmanagement SASPF und im Kern die Data Governance Organisation kontinuierlich im Fluss. Die laufenden Veränderungen müssen in das Regelungsmanagement überführt und als Grundlage für die tägliche Arbeit konsolidiert werden. Kern hierbei ist: Organisation und ihre Prozesse müssen umgesetzt und gelebt werden – eine Managementaufgabe.

Laufende und geplante IT-Projekte, bei denen insb. der HP(A) Log seit 2015 als Bedarfsträger auftritt, sollen für

  • die Implementierung eines ganzheitlichen Metadatenmanagements,
  • qualitätssichernde Standardschnittstellen,
  • Datenvalidierung und Konsolidierung nach Geschäftsregeln zur aktiven Steuerung der prozessbezogenen Datenqualität,
  • Workflowgestützte, rollenbezogene, priorisierte Datenpflege,
  • Datenqualitätslage zur kontinuierlichen Überwachung der prozessbezogenen Datenqualität

die erforderliche IT-Unterstützung schaffen.

Als strategische Zielsetzung in der Logistik, einschließlich der Umsetzung aller erforderlichen IT-Maßnahmen im Datenmanagement, steht die nachhaltige Verzahnung mit der Rüstungsindustrie und Beschaffungsprojekten auf Basis der ILS-Suite im Fokus. Standardisierung, (haushälterische) Planbarkeit für Rüstungsverträge und IT-Anpassungen, hoher Automatisierungsgrad im Datenfluss, Ausweitung der Lebenszyklusbetrachtung von Produkten auf ihre Daten und darüber liegende Prozesse sowie eine deutlich verbesserte Verfügbarkeit von Daten sind wesentliche Handlungsmotivation für dieses Zielbild. Nur so kann die erforderliche Datenqualität in einem hochagilen Umfeld von Big Data erreicht werden und die logistischen Prozesse ihre volle Wirkung entfalten.

Exkurs: Einordnung des Data Governance in Standards des IT-Management

Vergleicht man das in diesem Artikel skizzierte Data Governance mit den Empfehlungen der IT-Infrastructure Library (ITIL), die innerhalb des Geschäftsbereichs des BMVg als Standard des IT-Managements genannt werden[12], so kann man das Data Governance als eine aus der Perspektive der Datenqualität stammende spezielle Ausgestaltung der in den ITIL-Standards genannten Empfehlungen verstehen. Das Data Governance berücksichtigt alle Lebenszyklusphasen von IT, betrachtet Sachverhalte in einer e2e[13]-Sicht und fokussiert sich ebenso wie ITIL auf die Kernelemente Utility[14] und Warranty[15]. Das übergreifende Management von SASPF erfolgt über das Customer Center of Expertise SASPF/SinN[16] (CCoE). Grundlage des CCoE sind neben dem Customer Product Management[17] (CPM) und Vorgehensmodellen der SAP zur Einführung und zum Betrieb von SAP vor allem die Standards nach ITIL. Eine Integration des Data Governance a la HP(A) Log in das IT-Management SASPF bzw. in das IT-Management der Bundeswehr ist somit sichergestellt.

 

Schlusswort

Hiermit endet die Darstellung der drei Aufgabenbereiche der Gruppe Datenmanagement Logistik innerhalb der Abteilung Planung des Logistikkommandos der Bundeswehr.

Ausgehend vom Thema „ILS-Spezifikationen und Standards – Aktuelle Entwicklungen und Chancen für Rüstungsprojekte“ über die „Katalogisierung im Rahmen des AC/135 – eine nationale und internationale Aufgabe“ bildet dieser Artikel mit der Darstellung des „Data Governance Office im Hauptprozessanteil Logistik – Vom Nutzen der Daten“ die Klammer über die Daten im Hauptprozess Logistik und damit dem Auftrag der Gruppe.

Die Erfüllung der drei Aufgabenbereiche erfordert eine hohe spezialisierte Ausbildung der 162 zivilen und militärischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Gruppe in den entsprechenden Verfahren. Diese Ausbildung findet üblicherweise parallel zur täglichen Arbeit in monatelanger Einzelausbildung am Arbeitsplatz statt, da die Regenerationsrate eine lehrgangsgebundene Ausbildung nicht begründet.

Autoren: Oberstleutnant Manfred Klaffus und Oberstleutnant Heiko Saß, LogKdo Bw, Abteilung Planung III DatMgmt Log

 

[1] Bezeichnet Datenmengen, die aufgrund ihrer Beschaffenheit (z. B. zu groß, zu komplex, zu schnelllebig, zu schwach strukturiert) nicht mit manuellen und herkömmlichen Methoden der Datenverarbeitung ausgewertet werden können.

[2] Die integrativen Prozesse umfassen die organisationsunabhängige Gesamtheit der fachlichen Abläufe eines Aufgabengebiets, einschließlich der Abhängigkeiten und Wechselwirkungen zu anderen integrativen Prozessen, vgl. A-520/1 Prozesslandkarte, Rollenkonzept und Implementierung des Prozessmanagements.

[3] Betrifft die Arbeitsvorgänge Logistikprozess überwachen und steuern, Logistische Unterstützung planen und befehlen und Maßnahmenbereich Materialwirtschaft (MatWi) bearbeiten.

[4] Der Begriff Geschäftsobjekt wird im Rahmen der Agenda Nutzung Teilprojekt (TP) Datenmanagement und des IT-Projektes Master Data Governance (MDG) eingeführt und umfasst jedes eindeutig bestimmbare Objekt, welches zur Speicherung oder Verarbeitung geschäftsrelevanter Daten verwendet wird, z. B. Stammdatenobjekte wie Materialstamm, Bewegungsdatenobjekte wie die Umlagerungsbestellung.

[5] Integrated Logistics Support.

[6] ASD/AIA S2000M (International Specification for Material Management) – Die Anwendung der S2000M für den automatisierten Datenaustausch mit Auftragnehmern ist für die Beschaffung bereits seit vielen Jahren angewiesen. Aufgrund des vollautomatischen Datenaustausches wird dieses Verfahren durch die Katalogisierungsstelle der Bundeswehr (KatStBw) für die nationale Katalogisierung immer angestrebt.

[7] Daten sind Symbole und Zeichen (Syntax) und für die maschinelle Verarbeitung erforderlich. Informationen sind in einem konkreten Bedeutungskontext interpretierte und verknüpfte Daten (Aufgabe, Rolle etc.) (Semantik). So kann aus einer Zahlenfolge in Abhängigkeit des Verwendungskontextes eine Kontonummer oder eine Postleitzahl interpretiert werden. Die subjektive Interpretation von Informationen über kognitive Fähigkeiten führt zu Wissen.

[8] Die von der Bundeswehr im Rahmen der Prozessmodellierung angewandte Methode ARIS (Architektur integrierter Informationssysteme) nutzt zur Systematisierung die Prozess- bzw. Steuerungs-, die Daten-, die Funktions-, die Leistungs- und die Organisationssicht auf einen Prozess.

[9] Datenqualität (Erfüllung der Qualitätskriterien) liegt immer vor, wenn die Daten für ihren Verwendungszweck (Prozess) geeignet sind.

[10] Eingehende Beschreibung erfolgte bereits in cpm-Verlag, Ausgabe 1-2019 (S. 43-47) und „blauer Bund e.V.“ – Beitrag vom 7. Januar 2019.

[11] Eingehende Beschreibung erfolgte in cpm-Verlag, Ausgabe 2-2019.

[12] Vgl. IT-Strategie v. 02.12.2015 oder K-3107/2 IT-Service Management Ausrüstung & Nutzung.

[13] End-to-End: bedeutet in der Bundeswehr die Sicherstellung der konsistenten Zusammenarbeit verschiedener Anwendungen und Systeme mit dem Ziel, durchgängige Geschäftsprozesse zu gewährleisten, einschließlich des dazu erforderlichen Änderungsmanagements. Ziel ist, eine Gesamtsicht auf die an einem Prozess beteiligten Systeme aus der Perspektive des Nutzers herzustellen, vgl. A1-945/0-7001.

[14] Brauchbarkeit, Nützlichkeit, Nutzen.

[15] Gewährleistung, Zusicherung, Garantie.

[16] A1-945/0-7001 Customer Center of Expertise Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien/Systeme in Nutzung.

[17] A-1500/3 Customer Product Management.

Veranstaltungen einzelner Kameradschaften im Frühjahr 2020

Aachen/Eschweiler

  • 28.01.2020: Vorstellung Amt für Rettungswesen und Bevölkerungsschutz der Städteregion Aachen in SIMMERATH
  • 13.02.2020: Exklusive Führung durch die Stolberger Burg mit Stadtarchivar Herrn Altena in STOLBERG
  • März 2020: Führung Fernmeldemuseum in AACHEN

Bonn

  • 15.01.2020: Vortrag „Alternative Antriebe von Gefechtsfahrzeugen“ von Oberst a.D. Wagner, in DUISDORF

Rhein/Lahn

  • 06/07.05.2020: Besuch Gefechtssimulationszentrum in WILDFLECKEN

Ulm/Dornstadt

  • 20.01.2020: Vortrag „Tatort Deutschland – Organisierte Kriminalität“ von KHK a.D. Manfred Paulus in DORNSTADT
  • 14.02.2020: Vortrag „Chinas rasanter Aufstieg zur Wirtschafts- und Militärmacht“ von Dr. Andreas Wolfrum in DORNSTADT
  • 10.03.2020: Vortrag „Der höchste Schrottplatz der Welt. Weltraumschrott, was tun?“ von Dr. Manuel Metz in DORNSTADT

„Blauer Bund e.V.“, auch der Pflege von Soldatengräbern verpflichtet

Der mittlerweile schon zwanzigjährigen Tradition folgend trafen sich am Samstag, den 26. Oktober 2019 am frühen Morgen wieder 16 Mitglieder des Vereins der Logistiker der Bundeswehr, namentlich der Kameradschaft Aachen/Eschweiler, mit weiteren ihren Idealen und Aufgaben Verbundenen zur Grabpflege auf dem Stolberger Friedhof an der Bergstraße. Auf diesem Friedhof sind in mehreren Gräberfeldern 407 Tote der beiden Weltkriege bestattet. Neben der alljährlich erforderlichen grundsätzlichen Reinigung des Bereiches rings um das zentrale Mahnmal, wobei Laub, Unkraut und Moos zu entfernen waren, galt es auch wieder, Hecken in Form zu schneiden, Rasen zu mähen sowie Flächen aufzulockern und einzuebnen.

Zusätzlich mussten auf einem Gräberfeld die tief eingewachsenen Trittplatten entfernt werden. Nachdem diese weggetragen und auf mehreren Paletten aufgestapelt waren, konnten die entstandenen Löcher mit Mutterboden aufgefüllt, inklusive der angrenzenden Flächen eingeebnet, gewalzt und neu eingesät werden. Der Bauhof der Stadt Stolberg stellte, wie auch in den Jahren zuvor, die Arbeitsgeräte zur Verfügung, jedoch brachten einige Helfer ihr eigenes und damit gewohntes Gerät von zu Hause mit.

Besonders erfreute der Besuch des Bürgermeisters der Stadt Stolberg, Herrn Patrick Haas. Überbrachte er doch den fleißigen Helfern persönlich seinen Dank für die treue Unterstützung und reichte allen namens der Stadt auch eine kleine Pausenstärkung. Am frühen Nachmittag fuhren zufriedene Mitglieder nach Hause mit dem guten Gefühl wieder einmal für eine würdige Erinnerung und Mahnung an die Opfer der Kriege auf dem Stolberger Friedhof einen wichtigen Beitrag geleistet zu haben.

Autor: Oberst a.D. Günter Selbert,

Fotos: Oberst a.D. G. Selbert und Oberstleutnant a.D. J. Steibel

Kameradschaft AACHEN/ESCHWEILER beim Autoscheibenhersteller Saint-Gobain Sekurit GmbH zu Besuch

Jeder kennt sie noch, die Oldtimer aus der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, als rundum offene Automobile ohne Scheiben die Regel waren. Die meist männlichen, seltener weiblichen Fahrer trugen Lederhauben und Brillen zum Schutz gegen Fahrtwind und Staub. Erst im Jahre 1904 wurde die Windschutzscheibe erfunden. Sie übernahm eine wichtige Funktion zum Schutz der Passagiere vor frontal auftretenden äußeren Einflüssen. Ab Mitte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts begann dann der Siegeszug des Verbund-Sicherheitsglases. Ein als Verbund-Sicherheitsglas bezeichnetes Material besteht aus drei Schichten, einer inneren Schicht aus Polyvinylbutyral und zwei Deckschichten aus gehärtetem Klarglas. Der große Vorteil von Verbund-Sicherheitsglas ist, dass es sich leicht bei Belastung verformt und insgesamt einen sicheren Schutz gegen Splitter bietet und somit dem gesetzlich vorgeschriebenen Standard entspricht.

Dies alles und noch viel mehr erfuhren 28 Teilnehmer der Kameradschaft AACHEN/ESCHWEILER in einem Einführungsvortrag bei Saint-Gobain Sekurit GmbH in HERZOGENRATH, nachdem sie durch die Assistentin der Geschäftsführung in Empfang genommen, mit den entsprechenden Zugangsberechtigungen (Besucherausweis, Sicherheitsausrüstung) ausgestattet und zur theoretischen Einweisung durch den Produktionsleiter in den Vortragsraum geführt wurden.

Der Sicherheitsbeutel (Schuhe, Warnweste,Schutzbrille, Gehörschutz)

In Deutschland ist Sekurit an vier Standorten vertreten. Jedoch der größte Produktionsstandort und zugleich Firmensitz ist in HERZOGENRATH bei AACHEN. Hier arbeiten ca. 450 Mitarbeiter in den Bereichen Verwaltung, Fertigung, in der eigenen Ausbildungseinrichtung, genannt Saint-Gobain Academy 4.0, sowie im F&E-Zentrum Saint-Gobain Research Germany. Jährlich verlassen ca. 12.000.000 Autoscheiben unterschiedlicher Größen und Funktionalitäten für fast alle europäischen Automobilmarken das Werk in HERZOGENRATH.

Saint-Gobain Sekurit versteht sich als der Technologievorreiter, Innovator und Produktionsentwickler eines weltweiten führenden Konzernes im Bereich der Fahrzeugverglasung.

Bereits in den 1920-er Jahren präsentierte Saint-Gobain das Sicherheitsglas Securit. 1929/1930 wurde das Einscheiben-Sicherheitsglas, das bis in die heutige Zeit als Standard-Sicherheitsglas im Automobilbau verwendet wird, von Saint-Gobain auf den Markt gebracht.

Heute gehören zu deren Portfolio Entwicklungen von Windschutzscheiben über Türscharniere bis hin zur Dämmung von Fahrzeugkabinen. Saint-Gobain Sekurit entwickelt weiterhin eine Vielzahl innovativer Lösungen für führende Automobilhersteller. Das sind unter anderem Lösungen zur Verringerung des Kraftstoffverbrauchs, für Sensoren für Scheibenwischer und Licht, integrierte LED und Antennen, Spiegelung von Armaturen, Navigationsdaten sowie weitere für Sicherheitsaspekte, akustischen und thermischen Komfort sowie Konnektivität.

Wie werden Autoscheiben hergestellt?

Da Autoscheiben verschiedene wichtige Eigenschaften besitzen, so müssen sie

  • über einen langen Zeitraum hinweg klar und durchsichtig bleiben,
  • aus widerstandsfähigen Materialien hergestellt sein,
  • Autodächer bei Unfällen mit Überschlägen als tragendes Element unterstützen können,
  • stark genug sein, um kleineren Kollisionen zu widerstehen und, besonders wichtig,
  • durch Splittersicherheit verhindern, dass bei größeren Unfällen Glassplitter durch die Luft fliegen,

wurde zuerst in der Theorie die Glasbiegeverfahren erklärt.

Der überwiegende Teil der Scheiben, die in Fahrzeuge eingebaut werden, ist gebogen. Als zwei wesentliche Biegeverfahren kommen entweder das Schwerkraftbiegeverfahren oder das Pressbiegeverfahren mit ihren Abweichungen in Frage.

Beim Schwerkraftbiegeverfahren im “Horizontalverfahren“ werden beide Scheiben eines Verbundglases, das sogenannte Glaspaar, auf das Biegewerkzeug, die Biegeform, gelegt und werden anschließend in einem Biegeofen erwärmt. Durch die Viskositätsänderung des Glases, die Schwerkraft und die Kinematik des Biegewerkzeuges, schmiegt sich die Scheibe in die Biegeform und erhält somit die gewünschte Form und Geometrie.

Das Pressbiegen erfolgt ebenfalls im Horizontalverfahren. Nachdem die Scheibe auf Rollgängen durch einen Ofenkanal transportiert und auf Biegetemperatur erwärmt wurde, erhält sie ihre endgültige Form durch einen Pressvorgang mittels eines zweiteiligen Stempels, der aus Patrize (Positiv) und Matrize (Negativ) besteht. Das Pressbiegeverfahren stellt den neuesten Stand der Glasbiegetechnik dar, gewährleistet geringste Biegetoleranzen und ermöglicht so, die gewünschte Form der Scheibe exakt bis zur Glaskante auszuformen.

Beim Glasbiegen im “Vertikalverfahren“ werden die Scheiben an mehreren Zangen an einer Kante aufgehängt und durchfahren so einen Ofen. Nach dem Austritt aus dem Ofen werden die Scheiben, ähnlich wie beim Pressbiegeverfahren, in ihre Form gebracht. Dieses Verfahren wird meisten bei Seitenscheiben aus Einscheibensicherheitsglas (ESG) angewendet, weil nach dem Biegen die Scheibe durch eine beidseitig wirkende Luftdusche vorgespannt wird.

Nach diesem auch für Nichttechniker sehr verständlichen Vortrag ging es endlich zur Produktionshalle, einer riesigen, mehrere Fußballfelder großen Halle mit 4 Produktionslinien für die Herstellung unterschiedlicher Scheiben.

Der Produktionsprozess

Der Herstellungsprozess beginnt mit der Anlieferung des Rohglases aus dem danebenliegenden, jedoch eigenständigen Werk „Saint-Gobain Floate Glass“.

Dieses vorgetemperte Glas in den Größen 6mx4m wird anschließend mit Hilfe von Diamantschneidwerkzeugen, quasi einem Glasschneider, in die benötigten Größen (Front-, Heck-, Seitenscheiben sowie Glasdächer) geschnitten. Die Glasplatte wird dann auf oder in eine Gussform gelegt, die die gewünschte Form und Biegung der Scheibe aufweist. Dort wird das Glas genau so weit aufgeheizt, dass es weich wird ohne zu schmelzen und so auf oder in die Gussform absinkt. Anschließend wird es durch kalte Luftströme extrem schnell abgekühlt. Dieses Tempern stärkt und härtet das Glas in hohem Maße.

Im letzten Schritt zur Herstellung von Verbundglasscheiben wird eine Lage getemperten Glases auf jede Seite einer sehr dünnen Schicht aus Polyvinylbutyral (PVB) aufgebracht. Der Verbund wird in einem Autoklaven erhitzt und zwischen Rollen gepresst. Dieser Schritt macht das PVB transparent und verschmilzt die Glaslagen und das PVB zu einer einzigen Verbund-Sicherheitsglasscheibe.

In das nun schon einer richtigen Autoscheibe ähnelnte Glas können nun verschiedene Sensoren, Zusatzfunktionen und Auflagen der Autohersteller eingearbeitet werden. Diese reichen von Regensensoren bis zu Vielzweckantennen oder wasserabweisenden Beschichtungen. Zusätzlich versieht Saint-Gobain jede Scheibe mit ihren individuellen Herstellungsparametern. Damit können Fehler oder Reklamationen jederzeit punktuell nachvollzogen werden.

Nach den Zwischen- und Endkontrollen wäre jetzt die Windschutzscheibe fertig zum Einbau und könnte mit Hilfe von speziellen polyurethan- oder „urethan-“haltigen Primern, Kleb- und Dichtstoffen in die Karosserie des Fahrzeugs eingeklebt werden. Dies geschieht dann nach dem Versenden in den Werken der jeweiligen Autohersteller.

Das Bemerkenswerteste unseres Besuches war jedoch die Produktionslinie im Industriestandard 4.0. Hier lief der Herstellungsprozess der Autogläser überwiegend autonom ab, nur gesteuert aus einem Container anhand von riesigen Wandmonitoren, die interaktiv alle Parameter, wie Energieverbrauch, hergestellte Stückzahlen, Funktionsfähigkeit einzelner Arbeitsschritte und Maschinen ebenengerecht abbilden. Dies setzt natürlich eine Vernetzung alleine von über 4.500 verbauten Sensoren voraus. So war es eigentlich nur logisch, dass in der riesigen Produktionshalle kaum Mitarbeiter zu sehen waren. Die Masse der Arbeiten erledigten Automaten, Roboter und Förderbänder. Wenn nötig, lieferten autonom fahrende Transportmaschinen auf festgelegten Strecken halbfertige Produkte von einem Band zum anderen. So muss man sich eben die Fabriken der Zukunft vorstellen

Am Ende der Führung übereichte unser Vorsitzender, Oberst a.D. Günter Selbert, unser Vereinswappen an die Assistentin der Geschäftsführung und bedankte sich für diese gut durchdachte und sehr beeindruckende Führung durch den Produktionsprozess von Autoscheiben.

Im Anschluss war es selbstverständlich, das eben Erlebte in gemütlicher Runde in der nahegelegenen Kloster Brasserie der altehrwürdigen Abtei Rolduc in KERKRADE, eines der wichtigsten religiösen Denkmäler der Niederlande und des größten Abteikomplexes der Benelux-Länder insgesamt, bei Kaffee mit Kuchen ausklingen zu lassen.

Die Teilnehmer in gemütlicher Runde

Autor und Fotos: Oberstleutnant a.D. J. Steibel

„Reiseerlebnisse in der Vierländerregion Bodensee“, Bildungs- und Erlebnisreise „Blauer Bund e.V.“, Kameradschaft Aachen/Eschweiler

In diesem Jahr sollte die mehrtägige Reise der Kameradschaft Aachen/Eschweiler im Zeitraum vom 07.07. bis zum 14.07. in den Süden Deutschlands zum Bodensee führen.

Der Bodensee liegt im Herzen Europas und grenzt mit seinen Ufern an die Länder Deutschland, Österreich und die Schweiz. Der Zwergstaat, das Fürstentum Liechtenstein, liegt auch nur 25 km vom See entfernt.

Grüne Wiesen, schroffe Berge und saftige Bergweiden vom Alpenhauptkamm bis ins Voralpenland mit schmucken Dörfern und Städten, mit prächtigen Klöstern und Barockkirchen säumen den größten deutschen See. Er ist der drittgrößte See in Mitteleuropa und hat eine Uferlänge von 273 km. 200 Flüsse und Bäche münden in den Bodensee, der aus Untersee und Obersee besteht. Den mit Abstand größten Wasserzufluss erhält er durch den Rhein.

Wir sagten uns: „Es ist besser den magischen See einmal selbst zu erleben, als tausendmal davon zu hören und zu lesen.“

Auf dem Weg zu unserem Standortziel Friedrichshafen starteten wir am Sonntag, dem 7.7. um 8.00 Uhr von der Donnerberg Kaserne in Stolberg/Eschweiler, um in Speyer einen Zwischenstopp einzulegen.

Gegen 18.00 Uhr checkten wir im „Seehotel“ in Friedrichshafen ein und nach dem Abendessen ging es zu einer ersten Annäherung an die Uferpromenade, um hier die Abendstimmung am Bodensee zu genießen.

Montag, der 08.07.

Morgens starteten wir mit leichter Verspätung in die Schweiz nach St.Gallen.

Der Ursprung der Stadt mit dem Klosterbezirk und der dominanten doppeltürmigen Stiftskirche St.Gallus aus dem Spätbarock lässt sich auf eine Einsiedlerklause zurückführen, die den irischen Wandermönch Gallus beherbergte (612). Auf seiner Grabstelle gründete der Abt Otmar ein Kloster im 18.Jahrhundert. 1983 wurde daraus der im Laufe der Jahrhunderte entstandene Stiftsbezirk zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt. Hier lag einst ein bedeutendes geistiges Zentrum des Abendlandes.

Die Bibliothek des ehemaligen Benediktinerklosters ist die älteste Bibliothek der Schweiz. Sie beherbergt einen wertvollen Bestand vom 8. Jahrhundert bis heute, das sind 2100 Originalschriften, aus dem Mittelalter, 1650 Wiegendrucke sowie 180 000 Bücher. Die Handschriftensammlung dokumentiert die Historie der lateinischen Schrift von der Antike bis zur Renaissance. Ein weiteres bedeutendes Dokument jener Zeit ist der St.Galler Klosterplan. Diesen ältesten erhaltenen Bauplan Europas und wohl auch der Welt schufen Mönche des Klosters Reichenau. Dieser gibt detaillierte Angaben wie ein karolingisches Kloster aussah.

Die Klosterbibliothek St.Gallen

mit den bodenschonenden Filzpantoffeln betraten wir den prächtigen Barocksaal. Unser Schuhwerk sollte den antiken kostbaren Holzboden aus Tannen- und Nussbaumholz schonen und gleichzeitig polieren. Gleichsam überwältigend war schon beim Eintreten der Gesamteindruck des wunderschönen Barocksaales mit seinem Rokoko-Interieur. Über dem Eingang kann man in einer Kartusche lesen: „Heilstätte der Seele“ oder „Seelenapotheke“. In zwei Gruppen aufgeteilt erfuhren wir interessante Einzelheiten, die die Entwicklung der europäischen Kultur durch grundlegende Werke der europäischen Geistesgeschichte darstellten. Seit 164 Jahren ist die Stiftsbibliothek St.Gallen im Besitz einer weiblichen Mumie, die im Brustbereich von einem Holzkeil durchbohrt ist. Der Grund für das an sich nicht erklärbare Ausstellungsstück in dieser Umgebung ist unbekannt.

Schon von außen gesehen dominiert der wuchtige Bau der Kathedrale den Stiftsbezirk. Wir waren beeindruckt zu hören, dass in nur 11 Jahren, von 1755 bis 1766, dieser barocke Monumentalbau vom Baumeister Johann Michael Beer von Bildstein mit den Planern Peter Thumb und Johann Caspar Bagnato errichtet wurde. Die Kirche ist ein Neubau der ehemaligen 1755 abgerissenen Klosterkirche. Der Kirchenraum empfing uns in seiner lichtdurchfluteten Atmosphäre und die opulenten Schnitzereien und Stuckaturen sorgten wiederum für unsere Bewunderung.

Der Gallusplatz, direkt vor den Klostermauern, war ab dem 10. Jahrhundert eine städtische Siedlung von Handwerkern, die jedoch dem Kloster nicht angehörten. Mitten auf dem Platz erinnert ein Brunnen an den Hl. Gallus, dessen Grab sich in der Ostkrypta der Kathedrale befinden soll.

Nach diesen emotionalen Eindrücken, die uns in vergangene Jahrhunderte versetzten, mit ihren grandiosen Menschen, die sowohl als Wissenschaftler, Künstler, Handwerker und Lehrende Erstaunliches geleistet haben, nun zurück in die Gegenwart.

Bregenz- Seilbahnfahrt auf den Pfänder

Der Wettergott des Bodensees war uns sehr gnädig und ließ statt der befürchteten Regengüsse ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken scheinen, sodass wir unsere Fahrt mit der Seilbahn auf den Pfänder und oben angekommen, Fußmarsch, Kaffee und Kuchen genießen konnten. Der einzigartige Ausblick auf den Bodensee, Österreich, Deutschland, die Schweiz und 240 Alpenwipfel machen den Pfänder zum berühmtesten Aussichtspunkt der Region.

Das gemeinsame Abendessen beschloss diesen interessanten Tag.

Dienstag, den 09.07.

Fahrt zur Wallfahrtskirche Birnau, das Barockjuwel am Bodensee

Die Wallfahrtskirche liegt oberhalb der Mauracher Bucht mit wunderschönem Blick auf den Bodensee, umgeben von Weinbergen. Sie zählt zu den herausragenden Bauwerken der barocken Baukunst in Süddeutschland. Schon beim Eintritt wurden wir von Helligkeit überflutet und die Pracht der barocken Fresken, Stuckaturen, Altäre und Skulpturen entlockte uns allen den Ausdruck der Bewunderung. Joseph Anton Feuchtmeyer schuf hier u.a. den bekannten Honigschlecker, ein Putto mit Bienenkorb.

Das Innere der Wallfahrtskirche Birnau

Pfahlbauten Uhldingen

Prähistorische Pfahlbauten gehören zu den wichtigsten archäologischen Quellen für die frühe Menschheitsgeschichte des 5.-1. Jahrtausends vor Christus. Sie ermöglichen Aussagen zu Umwelt und Wirtschaft, zu Lebens-und Ernährungsgewohnheiten prähistorischer Siedlergemeinschaften. Die häufig erhaltenen Hölzer bieten oft jahrgenaue Datierungen. 2011 wurde Unteruhldingen zusammen mit anderen antiken Funden mit dem UNESCO-Titel „Prähistorische Pfahlbauten um die Alpen“ ausgezeichnet. Unter Wasser und im Moor sind die Erhaltungsbedingungen unter Sauerstoffausschluss so gut, dass selbst vergängliche Dinge wie Nahrungsmittel und Textilien über Jahrtausende überdauern konnten. Viele der Funde können direkt mit der Ausrüstung des Gletschermannes „Ötzi“ in Verbindung gebracht werden.

Die Pfahlbauten sind das einzige Welterbe, das versunken ist und nicht betrachtet werden kann. Daher wurde 2013 das ARCHAEORAMA eröffnet. Hier erlebten wir einen besonderen Tauchgang mit multimedialer Unterstützung, der uns einen Eindruck von der ursprünglichen Existenz der Siedlung vermitteln sollte. Hinter dem ARCHEORAMA öffnete sich die Tür und unser Guide Sibylle führte uns über Holzstege zu den Pfahlhäusern und erklärte uns auf anschauliche Art und Weise, wie die Menschen damals wohnten und welche Gerätschaften schon bekannt waren. Sie schlug einen geschichtlichen Bogen von der Steinzeit um 5000 v.Chr. über die Bronzezeit bis in die Eiszeit um 500 v.Chr. Zu unserer Freude wurde die Präsentation um einen weiteren Bereich, dem Häuptlingshaus, erweitert. Ihre lebhaften Ausführungen und Erläuterungen fanden großen Anklang.

Die Pfahlbauten in Uhldingen

Nach einem individuellen Aufenthalt in Meersburg ging es zum Besuch:

Deutsche Kriegsgräberstätte Meersburg Lerchenberg

Der Soldatenfriedhof am Höhenweg zwischen Meersburg und Hagnau ist eine letzte Ruhestätte für 69 deutsche Soldaten des Ersten Weltkrieges. Sie starben während ihrer Behandlung als internierte Verwundete oder während des Austauschs von schwerverwundeten deutschen Kriegsgefangenen gegen schwerverwundete französische und englische Kriegsgefangene in der neutralen humanitären Schweiz. Die Kriegsgräberstätte ist ein mit Muschelkalk eingefriedetes Gelände oberhalb der Rebhänge des Bodensees. Dornenkrone und Kreuz wurden durch Werner Gürtner gestaltet. Diese Stätte ist auch den Toten, „deren Gräber uns unerreichbar sind“, und den Vermissten der beiden Weltkriege gewidmet. Sie wurde endgültig erst 1964 fertiggestellt und wird durch den Landesverband Baden-Württemberg des Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge betreut. Nach einer Ansprache durch Oberst a.D. Günter Selbert, dem Niederlegen eines Kranzes des Blauen Bundes und stillem Gedenken der toten Soldaten verließen wir diesen Ort der Trauer.

Gedenken der toten Soldaten an der Kriegsgräberstätte Lerchenberg

Nach einer Kellerführung der Winzergenossenschaft Hagnau und einer anschließenden Weinprobe ging ein ereignisreicher Tag zu Ende.

Mittwoch, den 10.07.

Insel Mainau

In den Parkanlagen der Blumeninsel wachsen Palmen, Tulpen, Rosen, riesige Mammutbäume, Atlas-und Libanon-Zedern. Graf Lennart Bernadotte hat das Pflanzenparadies auf dem ehemaligen Sommersitz seines Urgroßvaters Großherzog Friedrich 1. von Baden geschaffen. Seine Kinder Bettina und Björn führen dieses Werk mit vielen neuen Attraktionen in die Zukunft. 250000 Sommerblumen, 10000 Rosenstöcke, 12000 Dahlien und 200 Rhododendrenarten locken jährlich mehr als eine Million Besucher an. Im Blumenjahr 2019 zeigen die Gärtnerinnen und Gärtner die spannenden Zusammenhänge zwischen Himmelskörpern und Natur sowie uns Menschen auf. Dazu gehören z.B. die Photosynthese und die in diversen Mondkalendern beschriebenen Einflüsse dieser Erdsatelliten auf die Vegetation.

Das 1746 gefertigte barocke Deutschordenschloss bildet den prachtvollen Mittelpunkt der Insel Mainau. Die dazu gehörende Kirche St. Marien enthält Skulpturen des Bildhauers Joseph Anton Feuchtmeyer.

Rund 120 verschiedene, frei umherflatternde tropische Tagfalterarten aus Afrika, Asien, Mittel- und Südamerika sind im Schmetterlingshaus zu bewundern. Sie lassen sich zuweilen auf den Besuchern nieder und hinterlassen ganz besonders bei den Kindern Glück bringende Erlebnisse.

Donnerstag, den 11.07.

Besichtigung Airbus Defence and Space GmbH

Die Division ist das führende Verteidigungs- und Raumfahrtunternehmen Europas und das zweitgrößte der Welt.

Begrüßt wurden wir von dem ehemaligen Bundeswehroffizier Danny Eichner, der eine ausführliche Information über den Airbus-Standort in Immenstaad gab. Das heutige Unternehmen übernahm 1960 Dornier-Systems, 1986 Daimler-Benz Verteidigung und weitere Unternehmen. Bei einem Firmenrundgang wurden uns drei Abteilungen vorgestellt:

Integrated Deployable Solutions. Hierbei sahen wir mobile Einsatzsysteme in gepanzerten Fahrzeugen. Dabei handelte es sich um fahrbare und flexibel einsetzbare Lazarett- und Schutzcontainer für die Verwendung in Kriegsregionen.

Target Drones. In dieser Abteilung werden unbemannte Flugsysteme (UAS) produziert. Die Kunden (u.a. auch Plattformhersteller für Hubschrauber, Kampfflugzeuge, Transportflugzeuge) und Flugabwehreinheiten können an diesen Drohnen die Abwehr von feindlichen Angriffen trainieren.

Besichtigung ITC. Das neue integrierte Technologiezentrum dient der Herstellung von Raumfahrt-Systemen. Auf 4200 Quadratmetern entstehen am Standort Satelliten, Instrumente und Anlagen für die Erdbeobachtung, Meteorologie, Navigation, Astronomie, Exploration und Schwerelosigkeitsforschung. Im Reinraum werden 900 000 m³ Luftvolumen 60-mal pro Stunde durch das Filtersystem zirkuliert. Im Vergleich zu einer normalen Umgebung ist die Luft 10 000-mal reiner. Airbus-Satelliten liefern aktuell Daten für Nutzanwendung in den Bereichen Mobilität, Umweltschutz, Sicherheit, Forschung und Entwicklung.

Freitag, den 12.07.

Stadtführung Konstanz

Bei strömendem Regen überquerten wir den See von Friedrichshafen nach Konstanz mit einem Katamaran und wurden in der Hafeneinfahrt durch die neun Meter hohe Skulptur Imperia begrüßt, die von dem Bildhauer Peter Lenk geschaffen wurde. Hauptthema unserer Führung war die Geschichte des Ortes im Mittelalter:

Das Konzil von Konstanz (5. November 1414 bis 22. April 1418) war eine Versammlung der Kirchenführung, die auf Betreiben des römisch-deutschen Königs Sigismund von Gegenpapst Johannes XXIII. einberufen wurde. Gastgeber war Fürstbischof Otto III. Die Versammlung sollte das seit 1378 andauernde Große Abendländische Schisma beenden und die Einheit der Kirche wiederherstellen. In Rom, Avignon und Pisa stritten drei Päpste um die Herrschaft der Kirche. Es dauerte fast vier Jahre, bis die Wirren und Intrigen beigelegt waren und der neue Papst Martin V. feststand, übrigens das einzige Mal, dass ein Papst auf deutschem Boden gewählt wurde. Die Hussenstraße erinnert an den tschechischen Reformator Jan Hus, der 1415 in Konstanz als Ketzer auf dem Scheiterhaufen endete.

Vorbei am Konzilsgebäude erreichten wir die Marktstätte, die ihre erste Besiedelung vor 3000 Jahren erfuhr. Hier wurden keltische und römische Spuren gefunden. Das Herz der Konstanzer Altstadt ist der Obermarkt, wo die Gerichtsstätte lag, an der auch der Pranger stand. Vorbei am Stephansplatz erreichten wir das Münster „Unserer Lieben Frau“. Dieses wurde um ca. 600 erbaut und diente bis 1821 als Bistumssitz. Die ehemalige Bischofskathedrale überragt auch heute noch alle Bauwerke der Stadt. Hier fanden die meisten Veranstaltungen des Kirchenkonzils statt. Heute ist es eine römisch-katholische Pfarrkirche.

Das Ende der Führung lag im Hafen an der Statue der Imperia. Sie erinnert satirisch an das Konzil und zeigt eine üppige Kurtisane. Auf ihren Händen trägt sie zwei kleine männliche Gestalten. Die rechte trägt Krone und Zepter, die linke eine Tiara. Der Kopfschmuck der Imperia ist eine Narrenkappe mit Schellen, Symbol für die Rolle des Hofnarren, der das Spiel der Mächtigen durchschaut.

Hafeneinfahrt in Konstanz mit der Imperia

Samstag, den 13.07.

Stein am Rhein

Der letzte Tag unserer Erlebnisreise führte uns wieder in die Schweiz, diesmal nach Stein am Rhein. Der Ort wird 1267 erstmals als Stadt erwähnt. Grund und Marktherr war damals das Kloster Georgen. 1484 verbündete sich Stein mit Zürich aus politischen Gründen, um sich vor Übergriffen der Habsburger zu schützen und kam zur Eidgenossenschaft. 1798 wurde es an Schaffhausen angeschlossen. Wir betraten die Altstadt durch das Untertor und waren bald umringt von bunt bemalten mittelalterlichen Häusern. Das älteste, „Weißer Adler“ stammt aus den Jahren 1520/1525 und gilt als die früheste erhaltene Fassadenmalerei der Schweiz und zeigt u.a. Motive aus dem Decamerone von Bocaccio. Das besonders auffällige Mauerfries am Haus „Sonne“ entstand dagegen 1900 und zeigt Episoden aus der Antike. Das ehemalige Kloster St.Georgen ist heute Museum, die Kirche wird als Stadtkirche von der reformierten Gemeinde genutzt. Das Bürgerasyl befindet sich im ehemaligen „Spital zum Heiligen Geist“ und wir seit 1999 als Stadtarchiv und Tourist-Information genützt. Dank einer sehr angenehmen und kompetenten Führerin werden wir diesen Ort in sehr guter Erinnerung behalten.

Der Marktplatz in Stein am Rhein

Schaffhausen/Rheinfall

Der Rheinfall von Schaffhausen gehört zu den drei größten Wasserfällen in Europa. 373 Kubikmeter pro Sekunde stürzen bei einer Breite von 150 Metern und 23 Metern Tiefe zu Tal. Es schäumt und strudelt und bildet eine große Anziehungskraft für unzählige Besucher, die zum Teil mit Booten dicht an den Rheinfall heranfahren und sich auch am mittleren Felsen absetzen lassen können. Jährlich bestaunen fast eineinhalb Millionen Touristen dieses Naturschauspiel.

Der Rheinfall in Schaffhausen

Zurück in Friedrichshafen hatten wir ein opulentes und alle glücklich stimmendes Abschlussessen im Restaurant „Lukullum“. Als Krönung verabschiedete uns die Stadt mit einem prächtigen Feuerwerk zum „Seehasenfest“.

Bei der Rückfahrt am Sonntag waren wir uns alle einig: „Diese erlebnisreichen Tage am magischen See hatten viele Erwartungen erfüllt!!“ Viele von uns werden wiederkehren, um die Erfahrungen zu vertiefen oder um Neues zu erfahren. Wir haben uns unter der immer angenehmen Leitung von Günter, mit der ständigen und unermüdlichen Versorgung mit Perlwein, Gummibärchen, Kaffee, Bier und diversem Spendergebäck von Thomas, assistiert von Joseph und Roman, allzeit wohl gefühlt. Dass unser Entertainer Georg auch noch sicher den Bus beherrschte, rundete die Erlebnisreise ab.

Autor: Joachim Stöpel, Mitglied im „Blauer Bund e.V.“, Kameradschaft Aachen/Eschweiler

Fotos: Joachim Stöpel und Heinrich Rüttgers

PESCO – Network of LogHubs in Europe and Support to Operations

Anmerkung der Redaktion: Über die Kick-off Veranstaltung zu PESCO in Zypern berichteten wir bereits in unserem Newsletter April 2019. Link

  1. Einordnung

Das Projekt „Network of LogHubs in Europe and Support to Operations“ ist eines der priorisierten Projekte der ständigen strukturierten Zusammenarbeit (PESCO) der Europäischen Union. Mit 15 teilnehmenden Staaten ist es nach „Military Mobility“ zweitgrößtes der zurzeit 34 Projekte. Es stammt aus der ersten PESCO-Welle vom März 2018 und stellt eine Synopse von ursprünglich drei unterschiedlichen Vorschlägen aus Deutschland, Frankreich und Zypern dar. Diese drei Nationen haben seither gemeinsam die Koordinierung des ambitionierten Vorhabens übernommen. Die Projektteilnehmer wollen, gerade unter den aktuellen Rahmenbedingungen sowie der Ägide von PESCO, ihre logistischen Fähigkeiten weiterentwickeln, Verfahren abstimmen und zusammen Wege finden, um den logistischen Herausforderungen der Zukunft besser gerecht zu werden. Es soll zudem auch der europäische Pfeiler innerhalb der Nato im Bereich der Logistik gestärkt und vor allem praktischer Nutzen gezogen werden. Leistungsstarke zumeist bilaterale logistische Zusammenarbeit existiert natürlich auch schon heute, gleichwohl beabsichtigen die beteiligten Nationen, diese Schritt für Schritt auf eine permanentere und strukturiertere Grundlage zu stellen. Die multinationale Abstimmung im Projekt verläuft derzeit vielversprechend. Zwei Drittel der Länder haben bei den letzten Expertengesprächen im Februar 2019 die Bereitstellung eines eigenen logistischen Beitrags angekündigt. Darüber hinaus plant die überwiegende Zahl der Teilnehmer ebenfalls die Nutzung von Leistungen der Partner und entsprechender Infrastruktur ein. Damit sind gute Voraussetzungen für die anstehenden Gespräche, Ende Juni 2019 in Frankreich, geschaffen.

 

Abbildung 1 – Verlegung © Bundeswehr/Marco Dorow

  1. Zielsetzung

Das Projektziel besteht in der Einrichtung eines europäischen Logistiknetzwerkes durch die gemeinsame Nutzung logistischer Einrichtungen oder auch Knoten (LogHubs) und in der gleichzeitigen Erweiterung der logistischen Kooperation der Partnernationen insgesamt. In einer schrittweisen Umsetzung soll ein Netzwerk aus verbindlich gesicherten logistischen Leistungen entstehen, welches im Zielzustand eine effiziente, verlässliche und für den Einsatz robuste logistische Unterstützung für die teilnehmenden Nationen gewährleistet. Die Komplementarität des Vorgehens im Rahmen des nordatlantischen Bündnisses und der Europäischen Union – Stichworte „single set of forces“, „Enablement of SACEUR‘s AOR“ – ist angelegt und ermöglicht dabei auch die Unterstützung betont ressortgemeinsamer Ansätze. Keine der beteiligten Nationen kann und wird es sich leisten können, Doppelstrukturen aufzubauen. Im Visier ist das gesamte Aufgabenspektrum, also die Unterstützung von Einsätzen, einsatzgleichen Verpflichtungen im Rahmen von EU sowie NATO, Assurance Maßnahmen und Übungen, genauso wie der multi- oder bi-nationale Grundbetrieb.

Abbildung 2 – Projektübersicht © Bundeswehr/LogKdoBw

Was bedeutet das nun konkret? Es geht im Kern darum, wie zukünftig mehr Vorteile aus gemeinsamer Nutzung von stationärer Infrastruktur und strategischen Verlegerouten gewonnen werden können, um:

  • Kräfte zeitgerecht gemäß den Vorgaben zu verlegen,
  • die Unterstützung bereits verlegter Kräfte zu verbessern und
  • Kräfte im Transit besser zu unterstützen.

Ein besonders geeignetes Anwendungsgebiet sind die Rotationen der VJTF und EUBG. Versorgungsgüter, Fahrzeuge und Gerät von Einheiten und Verbänden, insbesondere in multinationaler Einsatzgliederung, können in den Stand-by Phasen zentral in LogHubs gelagert, gewartet und für den Weitertransport bereitgehalten werden. Gleichzeitig können die strategischen Transportträger priorisiert und optimal beladen werden, um mehr Material in kürzerer Zeit in ein Einsatz- oder Übungsgebiet zu verlegen. Durch zukünftig vorgesehene Vorausstationierung werden die logistische Leistungserbringung multinational besser abgesprochen, Lasten geteilt, Verantwortlichkeiten frühzeitig festgelegt und insbesondere vorgegebene Verlegezeiten zweckmäßig eingehalten. Zur Verdeutlichung und Verwendung bei der multinationalen Gremienarbeit hat das Logistikkommando der Bundeswehr Daten der VJTF 2019, NRF- und EUBG-Rotationen unter signifikanter deutscher Beteiligung sowie Leistungsdaten der Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 dezidiert ausgewertet und Vignetten logistischer Anforderungen modelliert. Dies ermöglicht, insbesondere bei der Beschreibung der Leistungsparameter des deutschen LogHubs, eine praxisnahe und nachvollziehbare Herleitung und schafft auch die Voraussetzungen für einen belastbaren militärischen Ratschlag für den deutschen Projektbeitrag.

Abbildung 3 – Torpedoverladung © Bundeswehr/Hermann

In den angesprochenen Anwendungsfällen bei Stand-by Verpflichtungen geht es zumeist um Landoperationen und Landsysteme. Eine dahingehende Reduzierung des Projekts greift aber viel zu kurz. In den Einrichtungen des Netzwerkes im Mittelmeerraum können beispielsweise Lenkflugkörper und Torpedos der Marinen der Partnernationen gelagert werden. Ein aufwendiger Luft- oder Seetransport entfällt und auch ein sehr kurzfristiger Auftrags- oder Missionswechsel seegehender Einheiten kann rasch unterstützt werden. Fristen und Wartungsarbeiten werden, ebenso wie bei der oben skizzierten Vorausstationierung, durch mobile Instandsetzungskommandos vorgenommen, wobei die erforderliche Infrastruktur in den jeweiligen LogHubs bereitzustellen sein wird. Weiterhin stehen Transporte aller Art in die Einsatzgebiete bzw. Aufkommensorte einsatzgleicher Verpflichtungen sowie Unterstützungs-leistungen im Zuge humanitärer Krisenlagen im Fokus. Der gemeinsam koordinierte strategische Transport aus den Hubs des Netzwerks in ein Einsatzgebiet trägt absehbar zur Verringerung der Kosten für die beteiligten Nationen bei. Weil es bei Logistik immer auch um Planung und Antizipation geht und es im Interesse der Nationen ist, die Anzahl der Unbekannten oder der Planungsannahmen in der Entwicklung von logistischen Plänen und Konzepten möglichst gering zu halten, sind dies Ansätze, die absehbar Mehrwert generieren und die Zielrichtung von PESCO deutlich unterstreichen.

  1. Was beschreibt einen LogHub im Sinne des Projekts?

Dieser Fragestellung hatte sich Deutschland bereits in einem ersten, rein nationalen ministeriellen Konzept angenommen, welches es nun mit den Projektnationen fortzuentwickeln und in das zu etablierende Netzwerk einzuweben gilt. Ein LogHub, bereits in gemeinsamer Definition der Projektteilnehmer, ist eine nationale logistische Einrichtung, die als Teil eines Netzwerks dauerhaft oder zeitlich begrenzt logistische Leistungen für andere teilnehmende Nationen anbietet bzw. erbringt, um logistische Bedarfe und Forderungen zu decken. Ein solcher Hub kann dabei durch multinationale Elemente temporär verstärkt werden.

Abbildung 4 – Was beschreibt einen LogHub © Bundeswehr/LogKdoBw

Die Elemente Lagerung, Transport, Umschlag und Materialerhaltung stellen die Grundfunktionalitäten dar, wobei nicht alle LogHubs jede Funktionalität werden bieten können oder müssen. Jedwedes Angebot der Nationen ist willkommen, um zunächst allen Nationen die sichtbare Beteiligung im Projekt zu ermöglichen, Erfahrungen und Erkenntnisse zu verdichten und somit die Hubs und das Netzwerk sukzessive bedarfsoptimiert und gemeinsam auszugestalten. Es wird durchaus möglich sein, dass einzelne Nationen auch Angebote über die beschriebenen Grundfunktionalitäten hinaus einbringen. Die LogHubs werden unter Hoheit der bereitstellenden Nation verbleiben, temporäre personelle Entsendungen der jeweiligen Nutzer sind wie angesprochen möglich. Die Örtlichkeiten orientieren sich an den Handlungsmöglichkeiten und dem Willen der jeweiligen Nation. Bewährte nationale logistische Systeme und ihre jeweiligen Prozesse werden beibehalten. An der robusten Folgeversorgung von Kräften im Einsatz wird nicht herumexperimentiert. Dieses sehen im Übrigen alle Projektteilnehmer so. Gleichwohl wird untersucht, IT-gestützte Verfahren und Web-Applikationen der Bedarfsträger und Anbietenden zweckmäßig zusammenzubringen sowie zu vernetzen, um insbesondere die Planung und Koordinierung logistischer Leistungserbringung der Projektnationen zu erleichtern.

  1. Multinationale Projektarbeit

Expertentreffen

Die ersten Expertengespräche Ende September 2018 in Berlin markierten den multinationalen Start des Projekts. Im Zuge dieser Auftaktveranstaltung konnte wesentlicher Informationsbedarf der Teilnehmer gedeckt und insbesondere der Netzwerkgedanke der LogHubs vermittelt werden. Die Einigung auf die gemeinsame Definition eines LogHubs war beispielsweise ein Ergebnis. Die aktive Teilnahme hochrangiger Vertreter des Militärstabes der Europäischen Union (EU MS) sowie der Europäischen Verteidigungsagentur (EDA) hat sich besonders bewährt und wird beibehalten.

Die Nationen deuteten bereits in Berlin an, sich aktiv einbringen zu wollen und logistische Dienstleistungen bereitzustellen, gleichwohl waren wenige Teilnehmer schon zu diesem Zeitpunkt mandatiert, konkrete Angebote abzugeben. Unabhängig von einem eigenen sichtbaren Beitrag, hat die Masse der Teilnehmer die Möglichkeiten und Chancen auch als Nutzer des Netzwerks erkannt, ein entscheidender Aspekt, wenn das Prinzip von Angebot und Nachfrage und die Erwartung eines lernenden Systems verwirklicht werden soll.

Abbildung 5 – Gruppenbild Expertengespräche © Bundeswehr/Schöne

Nachdem beim „Kickoff“ in Deutschland somit ein gemeinsames Projektverständnis erarbeitet und ein erster Zeitplan der Projektarbeit identifiziert worden ist, konnte bei den folgenden Gesprächen im Februar 2019 auf Zypern daran nahtlos angeknüpft werden. Die Tagung erbrachte zahlreiche Willenserklärungen der beteiligten Nationen hinsichtlich der Etablierung eigener LogHubs, so dass bereits jetzt deutlich mehr als die Hälfte der Teilnehmer mit logistischen Knotenpunkten im Netzwerk vertreten sein will. Darüber hinaus konnte mit Litauen der fünfzehnte aktive Teilnehmerstaat im Projekt begrüßt werden. Weitere und möglichst sichtbare Beiträge der beteiligten Länder, also zusätzliche Flaggenstöcke in der Welt der LogHubs in Europa, sind für die nächsten Gespräche in Paris angekündigt.

Arbeitspakete

Herzstück der Projektarbeit sind zurzeit sieben Arbeitspakete, die in einem multinationalen Ansatz gemeinsam bestritten werden. Die bereits in Berlin identifizierten Handlungsstränge sind in Limassol inhaltlich abgegrenzt und mit Zeitlinien verklammert worden. Damit liegen synchronisierte Meilensteine für die weitere Projektarbeit vor, deren Erreichbarkeit überprüfbar ist und darüber hinaus das jeweilige Engagement nachvollziehbar werden lässt. Die projektkoordinierenden Nationen übernehmen dabei Moderatorenaufgaben und haben jeweils zunächst eine erste Gestaltungschance. Eine detaillierte Vorstellung der einzelnen Pakete ist jetzt und hier entbehrlich. Worum geht es aber kurz und knapp bei den einzelnen Enden, die im Sinne der zu Beginn dargestellten Zielsetzung zusammengebunden werden sollen? Die Projektsteuerung beinhaltet zuvorderst das Management des Vorhabens und die Erstellung und Fortschreibung des Projektplans sowie die kontinuierliche Identifizierung von Regelungsbedarf.

 

Abbildung 6 – Multinationale Arbeitspakete © Bundeswehr/LogKdoBw

Darüber hinaus sind die Bezugspunkte und Abhängigkeiten zu anderen Projekten, wie z.B. „Military Mobility“ und mehreren EDA-Vorhaben, z.B. in den Bereichen Zollwesen, Gefahrgut und Grenzübertritte, kontinuierlich zu begleiten. Insgesamt gilt es in diesem Paket weiter aufmerksam und vernetzt zu bleiben, um bei den zahlreichen Initiativen und Projekten den Überblick zu behalten, Mehrarbeit weiter zu vermeiden und Chancen sowie Risiken frühzeitig zu erkennen. Im Aufgabenbereich Konzept sowie beim Thema Management werden Grundlagen, Einordnung und insbesondere die fähigkeitsorientierte Ausgestaltung der LogHubs und des Netzwerkes erarbeitet. Das Konzept wird letztendlich das gemeinsame Erklärstück und Referenzdokument bilden. Hier werden die Anknüpfpunkte für die etwaigen Verfahrensbeschreibungen und die IT-Werkzeuge der Durchführung der logistischen Leistungserbringung abzubilden sein. Ferner steht die Entwicklung eines Fähigkeitskataloges des Netzwerkes an, also was steht an logistischen Leistungen wo und wann zur Verfügung und spiegelt so die Beiträge der einzelnen Nationen wieder. Die durch Frankreich federführend übernommenen Pakete fokussieren auf Themenfelder im strategischen Transport. Zypern hat sich der Thematik der Finanzausstattung angenommen und betrachtet dabei solche Projektanteile, für die gegebenenfalls gemeinschaftlich bereitgestellte Finanzmittel eingesetzt werden können.

  1. Deutscher Beitrag

Als koordinierende Nation wird Deutschland seiner besonderen Verantwortung gerecht, indem es den deutschen LogHub in Pfungstadt/Hessen sowie darüber hinaus einen nationalen Zugangspunkt in Form eines Stabselements am Logistikzentrum der Bundeswehr in Wilhelmshaven etabliert. Das sind Voraussetzungen, um Konzept, Narrativ und Vorleistung weiter glaubhaft präsentieren und so andere Nationen als Nutzer und/ oder Leistungserbringer gewinnen bzw. bestärken zu können.

Für das Leistungsspektrum und den Ertüchtigungsbedarf des DEU LogHubs gibt es keine Blaupause. Hier waren Logistikkommando der Bundeswehr und Logistikzentrum der Bundeswehr im engen Schulterschluss gefordert, tragfähige konzeptionelle Sollvorgaben zu erarbeiten, die Leistungsspektrum und Anforderungen quantifiziert beschreiben, um somit die planerischen Grundlagen für die Aufstellung des DEU LogHub zu legen.

Abbildung 7 – Aufwuchs deutscher Beitrag (c)Bundeswehr/LogKdoBw

Den vorgesehenen deutschen Beitrag kennzeichnet die Bereitstellung logistischer Leistungen in zwei Stufen: Ab 2020 werden Leistungen im Rahmen der Verlegung von Material in Einsatzgebiete, Übungsräume und im Zuge Einsatzgleicher Verpflichtungen sowie ab 2024 die Zwischenlagerung und Vorausstationierung von Material, insbesondere im Rahmen von Stand-by Verpflichtungen angeboten. Damit ist auch das Angebot an die Partnernationen verbunden, den Zugangspunkt in Wilhelmshaven für eigene Managementaufgaben im Netzwerk zu nutzen, sollte die Fähigkeit national noch nicht aufgebaut sein. Das sogenannte Joint Coordination Center kann so in die Lage versetzt werden, zunächst als Portal des deutschen LogHubs, so dann in multinationaler Perspektive, als möglicher „Trusted Agent“ des gemeinsamen Fähigkeitskataloges, in eine herausfordernde Aufgabe hineinzuwachsen. In diesem Themenbereich stehen zeitnah weitere Abstimmungen der teilnehmenden Länder an.

Abbildung 8 – Materiallager © Bundeswehr/R. Alpers

Durch das Erweitern des Auftrags des Bundeswehrdepots Süd am Standort Pfungstadt werden die dargestellten Funktionalitäten des deutschen LogHubs schrittweise aufgebaut und multinational zur Verfügung gestellt. Hierzu wird die Dienststelle mit Personal verstärkt, in den nächsten Jahren infrastrukturell in signifikantem Maß ertüchtigt und mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgestattet, insbesondere für den multinationalen Materialumschlag.

Neben den unmittelbar mit dem deutschen LogHub verknüpften Ressourcen, werden auch die mittelbaren Bedarfe, konkret die Notwendigkeit zur Einrichtung von Kompensationslagerflächen, nicht aus dem Blick verloren. Die sich durch absehbare multinationale Verdrängungseffekte im bestehenden Materiallager Pfungstadt einstellenden Auswirkungen auf die ortsfesten logistischen Einrichtungen (oIE) der Bundeswehr, wurden untersucht und bei den Ableitungen für die zukünftige Ausrichtung „olE 2019+“ mitberücksichtigt.

  1. Schlussbetrachtung

Die Liste der am Projekt teilnehmenden Nationen ist lang und weitere Interessenten, welche die Projektschritte aufmerksam beobachten, sind vorhanden. Die reine Zahl der Partner allein, macht die Projektarbeit komplex, aber im besten Sinne interessant und gerade bezüglich des vielbeschworenen 360Grad Ansatzes umso glaubwürdiger. Nationen haben natürlich eigene Interessen, unterschiedliche Ressourcenlagen und spezielle logistische Bedarfe. Hinzu treten die jeweiligen nationalen logistischen Systeme mit ihren Verfahren und IT-Tools. Das alles unter einen Hut bzw. auf einen hohen gemeinsamen Nenner zu bringen ist nicht einfach, hat aber besonderen Reiz. Gleiches gilt für das Format PESCO, welches aufgrund der bindenden Verpflichtungen für die teilnehmenden Nationen eine andere Qualität und Verbindlichkeit als frühere Kooperationsformen hat. Drei Linien leiten die eigene Projektarbeit: Zunächst steht die Entwicklung von Fähigkeiten, die universell einsetzbar sind und das logistische System unabhängig von der Operation oder dem Einsatzort verbessern, im Vordergrund. Die Überzeugung, dass eine Duplizierung von Anstrengungen nicht zielführend ist, sondern, dass die Projektergebnisse Vorteile bieten müssen und so letztendlich zur Zielerreichung aller beteiligten Nationen beitragen, ist eine weitere Maxime. Schließlich muss das, was in der Projektarbeit verabschiedet wird, am Ende des Tages den Kräften im und für den Einsatz nutzen. Wenn das Netzwerk seine Zielstruktur eingenommen hat, kann es das verbindende Element als integraler Teil der Transportkette zwischen den entsendenden Nationen in jedwedes Einsatzgebiet darstellen – quasi von der strategischen Verlegung zur „Reception“.

Abbildung 9 – Das Netzwerk (schematisch) © Bundeswehr/LogKdoBw

Bis dahin steht allen Beteiligten am Projekt noch einiges an Engagement, Kompromissbereitschaft und vor allem Arbeit bevor. Auch hier gilt: „Miteinander reden hilft“ und genau dafür bildet dieses Projekt einer permanenten und strukturierten Zusammenarbeit in Europa einen fruchtbaren Boden und sehr ansprechende Perspektiven.

Autoren:

  • Oberst i.G. Henning Weeke, Fregattenkapitän
  • Frank Hallmann; Logistikkommando der Bundeswehr

Abbildungen: Bundeswehr

Der neue Customer Produkt Management (CPM) 2018 aus Sicht des Projektelements Logistik

Der neue Customer Produkt Management (CPM) 2018 aus Sicht des Projektelements Logistik und die Auswirkungen auf das Ausbildungszentrum Technik/Landsysteme (AusbZTLS)

1.  Änderungen zwischen CPM (nov.) und CPM 2018

Am 6. Juni 2018 wurde der neue CPM erlassen. Damit ist er nach dem Verfahren zur Entwicklung und Beschaffung von Wehrmaterial (EBMat), das bis zum Jahr 2001 galt, das vierte Verfahren, das zum Ziel hat, die Rüstung schneller und effektiver zu gestalten. Schon im Vorwort vom CPM (nov.) aus dem Jahr 2013 hieß es, dass sich „der …CPM grundsätzlich bewährt“[1] hat. Jedoch ist er in der konkreten Umsetzung “charakterisiert durch fehlendes Fähigkeitsmanagement, einen langwierigen Abstimmungs- und Entscheidungsprozess, zunehmende Beschaffungskosten, zersplitterte Verantwortlichkeiten und Kompetenzbereiche und daraus resultierend intransparente Prozesse und schwerfällige Kommunikationsstrukturen, immer noch zu langsam“[2]. Generell setzte der CPM (nov.) auf klare Verantwortlichkeiten, verbunden mit eindeutigen Entscheidungskompetenzen, einem weitgehenden Verzicht auf Mitzeichnungen und reduzierten Schnittstellen. Wesentlicher Schritt war die Einrichtung des Planungsamtes als einziger Bedarfsträger und der integrierten Projektteams (IPT), in denen alle Beteiligten an einem Tisch zusammenarbeiten und gemeinsam das Projekt voranbringen.

Der CPM 2018 bleibt auf dieser Linie und bringt Ergänzungen. Diese resultieren aus der Agenda Rüstung und nehmen die bisherigen Vereinfachungen, die durch Erlasse geregelt waren, in den CPM als Abweichungen vom Basisverfahren auf. Im Einzelnen sind das:

  • das Verfahren zur Beschaffung handelsüblicher IT-Technik,
  • das vereinfachte Verfahren für Beschaffungen bis 500.000,- €,
  • Sofortinitiativen für den Einsatz und
  • multinationale Projekte.

Zusätzlich wird die neue Schnittstelle durch die Errichtung des Organisationsbereichs (OrgBereich) Cyber- und Informationsraum abgebildet. Eine weitere wesentliche Änderung ist, dass die vorher eher nebenbei erwähnten Projektelemente alle ein eigenes Kapitel bekommen haben. In diesen werden konkrete Vorgaben für die Einbringung in das jeweilige CPM-Dokument gemacht.

2.    Projektelement Logistik

In den folgenden Ausführungen wird auf das Projektelement Logistik eingegangen, da dieses wie bisher auch das Hauptaugenmerk des Ausbildungszentrums Technik Landsysteme (AusbZTLS) ist. Allen Projektelementen gemeinsam ist, dass die Forderungen schon in das CPM-Dokument Fähigkeitslücke und Funktionale Forderung (FFF) einzubringen sind. Im Kapitel Verfahrensübergreifende Anteile ist erwähnt, dass wesentliche Forderungen an die Logistik unter Beteiligung der fachlich zuständigen Stellen einzubringen sind. Für Landsysteme des Heeres wird dies durch das Amt für Heeresentwicklung (AHEntwg) mit den Bevollmächtigten Vertretern des Heeres (BV H) erarbeitet. Dies erfolgt amtsintern und bezüglich technisch-logistischer Forderungen wird das jeweilige CPM – Dokument an den Bereich Technik / Logistik des AusbZTLS zur Mitprüfung weitergeleitet. Dort ist die Fachexpertise gebündelt, um die technisch-logistische Beratung der jeweiligen BV aller OrgBereiche zu leisten. Für andere Landsysteme wird das AusbZTLS durch die BV der anderen OrgBereiche entsprechend beteiligt.

Weiterhin ist eine wesentliche neue Forderung, dass die nach dem CPM beschafften Lösungen alle „bruchfrei im Logistischen System der Bundeswehr (LogSysBw)“[3] abzubilden sind. Die Umsetzung ist in einem zum LogSysBw kompatiblen Projektbezogenem Logistischen Konzept (PLK) festzuhalten und fortzuschreiben. Außerdem wird auf weitere Regelungen zum Beispiel der Bereichsweisung „Ausplanung und Ausgestaltung des Projektelements Logistik verwiesen, in denen ergänzende Hinweise und Verfahren für das BAAINBw beschrieben sind.

Schon in den ersten Schritten in einem Projekt sind Forderungen an die Logistik zwingend aufzunehmen, um die Rahmenbedingungen festzulegen. Dies beginnt mit den Forderungen des Bedarfsträgers, der diese im Priorisierten Forderungskatalog festlegen muss. So kann es zum Beispiel erforderlich sein, um die Einsatzfähigkeit im Rahmen der Landes- und Bündnisverteidigung sicherzustellen, dass die Instandsetzung eines Systems so weit vorn wie möglich sicherzustellen ist. Diese Forderungen haben Auswirkungen auf die auszuwählenden Lösungen und erhebliche Konsequenzen beim Abschätzen eines realistischen Finanzrahmens für die Beschaffung. Und somit werden schon in der Analysephase I erhebliche Auswirkungen auf den späteren Lebensweg des Produkts festgelegt. Umso wichtiger ist es, hier durch den Bedarfsträger realistische Forderungen aufzustellen, die später auch funktionieren können.

Für die Analysephase 2 ist explizit gefordert, dass bei der Erarbeitung der Lösungsvorschläge die jeweiligen Lösungswege unter Berücksichtigung der Logistik zu erarbeiten sind. Hier können auch die ersten Logistic Support Analysis beauftragt werden, um so Risiken und mögliche Kostentreiber früh zu identifizieren. Konkret heißt das, dass jeder Lösungsvorschlag mit einem eigenen PLK betrachtet werden muss. Bei dem Projekt HUSAR wurde dieses beispielsweise durchgeführt. Die Folgekosten bei Ankauf einer ausländischen Lösung nur mit Firmeninstandsetzung können eben deutlich anders sein als bei einer nationalen Lösung mit militärischer Instandsetzung. Daher ist es richtig, schon so früh die PLK zu erarbeiten und zu vergleichen.

In der Realisierungsphase ist das PLK fortzuschreiben und zu verfeinern. Im Rahmen der Integrierten Nachweisführung ist für die technisch-logistische Einsatzprüfung auf die Fachexpertise der technischen bzw. logistischen Schulen / Zentren der OrgBereiche und / oder anderer geeigneter Einrichtungen zurückzugreifen. Dies erfolgt durch die bzw. den jeweiligen BV OrgBereich im Rahmen des IPT.

Bild 1 (IPT)

Insgesamt ist festzustellen, dass der Anteil Logistik im CPM 2018 deutlich an Gewicht gewonnen hat und damit die Erfahrungen aus den Rüstungsprojekten der letzten Jahre eingeflossen sind. Dem Projektleiter (PL) und den BV der OrgBereiche werden zahlreiche Regelungen und Hilfen angeboten, um qualifizierte Aussagen zu treffen.

3.    Möglichkeiten des AusbZTLS bei der Zuarbeit im Projektelement Logistik / Projektbezogenen Logistischen Konzept

In der Analysephase Teil 1 wird durch das AusbZTLS die fachliche Kompetenz über den BV des künftigen Nutzers eingebunden. Auch im IPT bei den Entscheidungen zur Logistik wirkt das AusbZTLS beratend mit. Wohlgemerkt, beratend – die Entscheidungen werden durch die jeweiligen Verantwortlichen im IPT getroffen.

Bild 2 (CPM)

Es ist sinnvoll, bei der Erstellung des CPM – Dokuments FFF, das AusbZTLS in folgende Zuarbeiten einzubeziehen:

  • Beschreibung der Funktionalen Forderung mit dem SOLL-Nutzungsprofil entlang des Projektelements Logistik,
  • Forderung an die Verfügbarkeit der Fähigkeit,
  • Im Rahmen der Kostenabschätzung: Einbeziehen der technisch-logistischen Anforderungen aus den Projektelementen,
  • Zuarbeit beim Risikoabschätzung/-management,
  • Einbringen und Bewerten der logistischen Forderungen im Priorisierten Forderungskatalog.

Durch die Einbindung des AusbZTLS kann hier schon darauf hingewiesen werden, welche anderen Folgen bei einer bestimmten Entscheidung des PL berücksichtigt werden müssen. Wenn man sich beispielsweise für eine rein industrielle Instandsetzung entscheidet, bedeutet das im Umkehrschluss, dass eine größere Umlaufreserve vorzuhalten ist, da sich die Verfügbarkeit des Produkts reduziert. Ebenso sind dann Haushaltsmittel für das Halten der Fachexpertise in den Firmen vorzuhalten, damit auch nach einer mehrjährigen Nutzung u.a. bei technischen Problemen beraten werden kann oder Ausbildungen zum Beispiel nach Produktänderungen für die Truppe durchgeführt werden können.

In der Analysephase Teil 2 wird das Projektelement Logistik fortgeschrieben, ggf. verfeinert und für jeden Lösungsvorschlag ein PLK erstellt. Beim Erstellen der PLK hat das AusbZTLS einen erheblichen Anteil. Besonders wichtig ist die Umsetzung der „strategischen“ Entscheidung des PL in die Verfeinerungen eines PLK, um alle logistischen Punkte anzusprechen und zu bewerten. Durch die Einbindung der fachlich zuständigen Stellen durch den PL erfolgt somit die Bewertung der Lösungsvorschläge im Kontext von technisch – wirtschaftlichen und technisch – logistischen Abhängigkeiten. Das AusbZTLS kann bei den Lösungsvorschlägen Aussagen zur Nutzung unter den Aspekten Logistik, Personal und Ausbildung von Instandsetzungspersonal sowie der Infrastruktur aus logistischer Sicht beitragen. Hier können auch organisatorische Maßnahmen (z.B. Anpassung der Sollorganisation, neue Identifizierungsnummern im Tätigkeitsinformationsverfahren (TIV-Id)) einfließen. Damit ist die Basis für eine funktionierende Logistik gelegt.

Die Realisierungsphase erfordert vom AusbZTLS die Mitarbeit in den Gremien, die der Erstellung und Finalisierung aller produktspezifischen Konzepte dienen. Durch ständige Anpassung des PLK an die Änderungen, die sich im Rahmen der Realisierung ergeben, bleibt es aktuell und ermöglicht auch zukünftig eine Abschätzung der notwendigen Mittel zur Erreichung der Einsatzreife. Weiterhin können in amtsseitigen Untersuchungen auch schon einige Konzepte des jeweiligen Lösungsvorschlags früh betrachtet und bewertet werden, damit spätere, kostentreibende Änderungen vermieden werden. Die Umsetzung der Maßnahmen in den jeweiligen OrgBereichen der künftigen Nutzer wird durch die zuständigen BV veranlasst und überwacht. So ist die in der Regelung geforderte Einbindung der fachlich zuständigen Stellen durch den PL gewährleistet.

Im Rahmen der Integrierten Nachweisführung plant der PL die Prüfung einsatzwichtiger Funktionen unter Berücksichtigung des SOLL-Nutzungsprofils. Dazu dienen einerseits Leistungsnachweise des Herstellers, aber auch Untersuchungen an den Wehrtechnischen Dienststellen. Die Prüfung einsatzwichtiger Funktionen wird durch den künftigen Nutzer durchgeführt. Dazu gehören einerseits eine taktische Einsatzprüfung, aber auch eine technisch – logistische Einsatzprüfung. Die integrierte Nachweisführung bedarf einer genauen Planung und Vorbereitung. Hier unterstützt das AusbZTLS von der Ausgestaltung des Prüfprogramms bis zum Benennen der Voraussetzungen für die technisch – logistische Einsatzprüfung.

Für Landsysteme ist dies der Kernauftrag des Bereichs Technik / Logistik des AusbZTLS. Hier werden bei der Einsatzprüfung die logistischen Forderungen der FFF sowie die Verfeinerungen der Auswahlentscheidung bzw. des PLK mit dem gelieferten Produkt verglichen.

Die Prüfpunkte sind im Einzelnen:

  • Konstruktion und Prüfbarkeit,
  • Sonderwerkzeug, Meß- und Prüfmittel,
  • Ersatzteile,
  • Verpackung / Konservierung,
  • Hüllen und Transportcontainer,
  • Infrastruktur,
  • Instandsetzung– und Prüfanweisungen (dargestellt in der Interaktiven Elektronischen Technischen Dokumentation (IETD)) und
  • Darstellung in Standard-Anwendungs-Software-Produkt-Familien (SASPF) und Softwarepflege und –änderung (SWPÄ).

Mit den Ergebnissen der Nachweisführung wird dem jeweiligen Inspekteur bzw. Präsidenten eine Empfehlung zur Übernahme des Produkts ausgesprochen. Dies ist unter anderem für den PL die Voraussetzungen zum Erteilen einer Genehmigung zur Nutzung und dient dem Feststellen der Einsatzreife.

Auch in der Nutzungsphase ist das AusbZTLS weiter in der Projekt- / Produktarbeit eingebunden. Die zu leistenden beratenden Tätigkeiten sind:

  • Koordinieren/Weiterführen der Bearbeitung der Projektelemente,
  • Maßnahmen zum Erhalt der Einsatzreife auch bei PÄ / PV und
  • Koordinieren der IHF-Maßnahmen in Abstimmung mit den BV.

Wie in allen anderen Fällen erfolgt die Einbindung durch die jeweiligen BV. Die dafür notwendigen Fachleute hält der Bereich Technik / Logistik vor, um auch bei schon lang eingeführten Produkten eine qualifizierte Bewertung abgeben zu können. Ist eine militärische Instandsetzung und somit eine Ausbildungsdurchführung am AusbZTLS vorhanden, sind auch im Bereich Lehre / Ausbildung Kenner der Produkte, die ebenfalls hinzugezogen werden. Durch diese Beratung hat der PL ein von der Firma unabhängiges Instrument zur technischen Bewertung.

4.    Zusammenfassung

Im neuen CPM wird die Bedeutung der Projektelemente deutlich stärker hervorgehoben. Der PL ist aufgefordert, zeitgerecht und sehr früh die fachlich zuständigen Stellen einzubinden und in die Projektarbeit zu integrieren. Dieses erfordert auch eine gründliche Planung der jeweiligen Arbeitsschritte. Aber bei einer entsprechenden Umsetzung wird die Logistik dann auch nicht mehr der „Bremsklotz“ und „Kostentreiber“ sein, als der sie oft empfunden wird.

Bei der frühzeitigen Berücksichtigung aller Voraussetzungen wird dann das Ziel aller Rüster erreicht werden: Der Truppe zum richtigen Zeitpunkt das benötigte Gerät einsatzreif zur Verfügung zu stellen.

Autor: Oberstleutnant Dipl.-Ing. Jörg-Peter Meier, Dezernatsleiter FüFä/Aufkl/EloKa am AusbZTLS, Ber Techn/Log

[1] CPM (nov.) vom 12.11.12

[2] CPM (nov.) vom 12.11.12

[3] A-1500/3, S. 71

Besichtigung des Aachener Rathauses

Um eines der weithin bekannten Wahrzeichen Aachens näher kennen zu lernen, führte die Kameradschaft Aachen/Eschweiler des bB e.V. am Mittwoch, den 08. Mai 2019 eine Führung und Besichtigung des Historischen Rathauses Aachen durch.

Der Leiter des Fachbereichs Verwaltungsleitung und persönliche Referent des Oberbürgermeisters, Herr Alexander Lohe M. A., hatte sich bereit erklärt eine ganz besondere Führung zu gestalten. Durch seine jahrzehntelange Erfahrung in diesem geschichtsträchtigen Haus erläuterte Herr Lohe in einer knapp dreistündigen Führung äußerst lebhaft und zugleich unterhaltsam eine große Zahl an Hintergründen aus der eindrucksvollen Geschichte des Hauses und dessen Vorgängers. Wenn auch bis heute noch ungeklärte Detailfragen bestehen, so ist doch belegt, dass Karl der Große um das Jahr 800 in Aachen eine monumentale Pfalz baute, die er nach seiner Kaiserkrönung in Rom nicht nur zu seiner Lieblingspfalz, sondern auch zu seinem Machtzentrum wählte. Sie wurde im Süden durch die Marienkirche und im Norden durch die Königshalle, auf deren Grundmauern das heutige Rathaus steht, begrenzt.

Nach dem Verfall und weitgehenden Abriss der karolingischen Königshalle im 13. Jahrhundert vereinbarte der Magistrat mit Kaiser Ludwig dem Bayern einen Neubau, der eine doppelte Funktion haben sollte: Verwaltungssitz der Freien Reichsstadt und Festsaal für die größten Feste des Reiches, die Krönungsmähler. Als der Bau um 1350 vollendet war, galt er als eine der großartigsten und kühnsten Leistungen der Profanarchitektur. Auf den Fundamenten und in einigen erhaltenen Resten der Außenwände der Pfalz entstand streng in West-Ost-Ausrichtung ein dreigeschossiger Palastbau. Die beiden Hauptgeschosse waren in je fünf fast quadratische Joche mit Kreuzrippen-Gewölben unterteilt: Der noch aus der Zeit Karls des Großen erhaltene Granusturm wurde um drei Geschosse aufgestockt und in das Gebäude integriert. Die Nordfassade war mit rund 60 Figuren geschmückt, die farbig gefasst und teilweise vergoldet waren. In der Zeit zwischen 936 und 1531 wurden in Aachen 30 Könige gekrönt, wobei die Festlichkeiten stets hier stattfanden. In der wechselvollen Geschichte wurde das ursprünglich im gotischen Stil erbaute Rathaus im 18. Jahrhundert „barockisiert“ und vor allem auch an der Außenfassade seines intensiven „Figurenschmucks“ beraubt. Im 19. Jahrhundert hat die dem Marktplatz zugewandte Seite jedoch weitgehend die heutige Form durch Anbringung der Statuen von 50 Königen zurückgewonnen. Brände und Kriegsfolgen fügten dem Rathaus immer wieder teilweise schwerste Schäden zu. Die intensiven Arbeiten zur Wiederherstellung des Rathauses nach dem 2. Weltkrieg sind, trotz erster Nutzung von Teilen ab 1950, mit der Eindeckung der beiden Türme erst 1979 abgeschlossen worden.

Im Rahmen unserer Führung konnten wir mit Ausnahme der unmittelbaren Büros des Oberbürgermeisters alle Bereiche des Rathauses besichtigen und erhielten nicht-alltägliche Einblicke in dieses geschichtsträchtige und berühmte Rathaus.

In jedem Saal dieses Hauses erfuhren wir politische, historische und künstlerische Besonderheiten bis hin zur Aufarbeitung der aktuellsten Aachener Geschichte. Diese Besonderheiten kann man sich wirklich nur durch einen Besuch oder eine Führung erschließen. Für uns war der Aufstieg im Granusturm gleichermaßen geschichtlich und bautechnisch interessant wie auch beschwerlich. Nach dem Gang unter dem kunstvoll eingedeckten Schieferdach, bei dem uns der ungewöhnliche Anblick der Deckengewölbe des Krönungssaales von oben und die Statik des Daches beeindruckten, erreichten wir als vorletzte Station die Spitze des Marienturms. Der Ausblick von dort rund um das Rathaus bietet eine ungewohnte und faszinierende Perspektive. Bei einer kleinen Erfrischung nutzten wir die Gelegenheit zu Fragen und Diskussion mit Herrn Lohe. Zugleich bedankten wir uns für diese beeindruckende Führung durch Übergabe einer Spende an den Rathausverein und überreichten Herrn Lohe zur persönlichen Erinnerung an unseren Besuch das Wappen der Kameradschaft. Der Rückweg führte dann durch das Prunkstück des Hauses, den Krönungssaal, der durch die alljährlich stattfindende Verleihung des Karlspreises oder jüngst auch durch die Unterzeichnung des Vertrages über die deutsch-französische Zusammenarbeit und Integration, kurz als Vertrag von Aachen oder Aachener Vertrag bekannt, regelmäßig für internationale Aufmerksamkeit sorgt.

Wir verabschiedeten uns nach dieser hoch interessanten und fordernden Führung nochmals mit großem Dank von Herrn Lohe, dessen ausgeprägte Begeisterung für das Aachener Rathaus uns während der gesamten Zeit faszinierte.

Zum Abschluss hatten wir nach kurzer Überquerung des Marktplatzes und Einkehr im Goldenen Schwan zum Ausklang mit Blick auf das Rathaus reichlich Gelegenheit zum vertiefenden Gespräch.

Autor: Oberst a.D. Günter Selbert, Vorsitzender der Kameradschaft Aachen/Eschweiler,

Bilder: Oberst a.D. Günter Selbert