Vom General bis zum Bootsmann: Logistiker aus Bundeswehr und Wirtschaft informieren sich auf der Informationsveranstaltung des „blauen Bund e.V.“
Über 300 Gäste aus allen Teilstreitkräften, aus allen Dienstgradgruppen sowie zahlreiche zivile Logistiker, Rüstungsfachleute, Wehrtechniker und Firmenvertreter konnte unser Präsident (jawohl, richtig gelesen!), Generalmajor Warnecke, zur jährlichen Mitgliederversammlung und Informationsveranstaltung an der Schule Technische Landsysteme/Fachschule für Technik (TSL/FSHT) in Aachen begrüßen. Zwei Tage lang trugen hochrangige Entscheidungsträger aus Sicherheitspolitik, Logistik, Rüstung und Nutzung zu aktuellen Themen vor.
Zuvor jedoch wurde in der Mitgliederversammlung die Bilanz des vergangenen Jahres gezogen und über die nächste Zukunft entschieden.
Anstehende Neuausrichtung der Bundeswehr
Unter der Leitung des frischgewählten Bundesvorsitzenden Generalmajor Dieter Warnecke tagte der „blauer Bund e.V“. am 08.11.12 und 09.11.12 an der Technischen Schule Landsystem und Fachschule des Heeres für Technik zum Thema „Neuausrichtung der Bundeswehr“. Wieder war die Veranstaltung von hochklassigen Vorträgen geprägt. Nach der Begrüßung durch den Bundesvorsitzenden eröffnete Brigadegeneral Harry Richter, UAL FüSK III mit seinem Vortrag zum Thema „Auswirkungen der Neuausrichtung der Bundeswehr auf die Logistik“ die Vortragsreihe.
In der Einleitung seines Vortrages steckte er die Rahmenbedingungen, die die Neuausrichtung der Bw bestimmen: NATO Strategic Concept, Einsatzerfahrungen, Aussetzung der Wehrpflicht, Finanzierung.
Über eine Defizitanalyse zur Zieldefinition folgte die Ableitung von Fähigkeitsprofilen. Daraus ergaben sich die zukünftige Personalstruktur und die materiellen Rahmenbedingungen. Brigadegeneral Harry Richter ergänzte seine Ausführungen mit Informationen zur Umgliederung des BMVg, das zukünftig die Zentrale Führung für alle TSK/OrgBerS übernehmen wird. Er erläuterte die Gliederung und Aufgaben des FüSK III. Die Herausforderungen, die sich durch die Neuausrichtung der Bw für das logistische System der Bw ergeben, werden im Kern durch eine Binnenoptimierung gelöst. Das Logistikkommando Bw wird sich bei seiner Auftragserfüllung zukünftig noch stärker auf zivile Firmen abstützen. Grundsätzlich wird die Einsatzlogistik von Heer, Luftwaffe und Marine durch militärische Kräfte wahrgenommen. Mit einem kurzen Überblick über die SanMat Versorgung und den Sachstand der aktuellen und zukünftigen Kooperationsvorhaben beendete Brigadegeneral Harry Richter seinen Vortrag.
Die “ Prinzipien des neuen Ausrüstungs- und Nutzungsprozesses sowie Auswirkungen auf die Organisationen“ wurden durch Konteradmiral Wolfgang Bremer, Stellvertretender Abteilungsleiter Ausrüstung, dargestellt.
Er machte Ausführungen zu Struktur/Gliederung sowie zu den zukünftigen Arbeitsbeziehungen. Die Erläuterung des neuen CPM und die Darstellung der neuen Verantwortungen und Entscheidungsbefugnisse mit den daraus resultierenden Konsequenzen wurden von den Zuhörern, die sich aus aktiven und ehemaligen Soldaten sowie Vertretern ziviler Firmen zusammensetzten, interessiert verfolgt. Die wesentlichen Bestandteile einer Funktionalen Fähigkeitsforderung sowie die daraus abzuleitenden Lösungsvorschläge mit abgestuftem Erfüllungsgrad wurden dargestellt. Informationen über die Eskalationsgremien, die Materialverantwortung für die Einsatzreife sowie die Betriebs- und Versorgungsverantwortung im Rahmen des neuen CPM rundeten den Vortrag ab.
Kapitän zur See Jens Dombert Referatsleiter SE III4, Abteilung Strategie und Einsatz fesselte die Zuhörer mit seinem Thema: „Die Deutsche Marine im Auslandeinsatz unter besonderer Berücksichtigung der Logistik“.
Für die meisten Tagungsteilnehmer waren die dargestellten Bereiche: Maritime Abhängigkeit Deutschlands, Bedrohung durch Piraterie und das Einsatzprofil der Marine absolutes Neuland. Am Beispiel der Operation ATALANTA und den dafür im Jahr 2008 erteilten Auftrag wurde der Wandel zum heutigen Auftrag sowie die Einbindung der Marine in nationalen und internationalen Einsätzen verdeutlicht. Die Logistische Einsatzunterstützung, Arten und Ressourcen/Dienstleister wurden am Beispiel UNIFIL konkretisiert und Kapitän zur See Jens Dombert stellte heraus, dass die logistischen Verfahren der Marine in Übungen und im Einsatz identisch sind.
Mit den zur Institution gewordenen Vorträge aus den beiden Truppenschulen begann Oberst Hans-Otto Drotleff.
Er informierte über den Auftrag mit Schwerpunkt der aktuellen Änderungen, u.a. über die Übernahme der Zuständigkeit für die Kraftfahrausbildungszentren. Zur aktuellen Gliederung der Schule betonte er, dass wesentliche schulrelevante Elemente in die zukünftige Struktur gerettet werden konnten und ein Element zur Evaluation der Ausbildung und Erstellung von Lehrgangsbefehlen aufgestellt wurde. Inzwischen wird die Offizierausbildung für Offiziere nach dem Studium für alle TSK/OrgBer durchgeführt. Unterschiedliche Folgeverwendungen und daraus resultierende Ausbildungsinteressen führten zunächst zu einer starken Modularisierung der Ausbildung. Inzwischen konnte die Ausbildung weiter harmonisiert werden. Die Arbeit des LogÜbZ wurde am Beispiel Vorbereitung eines LogBtl/VersBtl in der Phase zwischen den Einsätzen und in der Einsatzvorbereitung erläutert. Mit einem Ausblick auf eine weitere Erhöhung der Lehrgangsarten und der Anzahl der durchgeführten Lehrgänge sowie auf die geplante Ausbildung für das Personal der Wehrverwaltung in Vorbereitung auf die Aufgaben im Einsatz beendete Oberst Hans-Otto Drotleff seinen letzten Vortrag beim „blauer Bund e.V“ vor seiner Versetzung in den Ruhestand.
Oberst Günter Selbert, stv. Kdr TSL/FSHT sowie zugleich amtierender Schulkommandeur und Hausherr berichtete aus der Technischen Schule Landsysteme und Fachschule des Heeres für Technik.
Unveränderte Vorgaben für die Ausbildung durch die für den Einsatz vorgesehenen und im Einsatz befindlichen Waffensysteme sowie durch nicht versorgungsreifes Gerät prägen die Auftragsdurchführung der TSL/FSHT. Zur Bewältigung dieser Herausforderung wurde das Technisches Ausbildungszentrum Einsatz (TAZ) im Rahmen einer Arbeitsgliederung aufgestellt und erfüllt seinen Auftrag neben der STAN-mäßigen Organisation für die Regenerationsausbildung.
Gliederung und Arbeitsweise des TAZ mit der Darstellung der Kooperativen Industrieausbildung und den Systemen, deren Instandsetzung im TAZ ausgebildet wurde, bildeten den Kern dieses Vortragsanteils.
Ferner ging Oberst Günter Selbert auf das Helpdesk zur Hilfe bei technischen Fragen aus den Einsätzen und dem Grundbetrieb ein.
Die Veränderungen im Bereich der Weiterentwicklung ist geprägt durch die Aufgabenverlagerung aus den Grundsatzdezernaten Konzeption, Führung/Einsatz und Ausbildung zum Amt für Heeresentwicklung und zum Ausbildungskommando.
Neben der lehrgangsgebundenen Ausbildung ist die Einbindung des AusbZ TLS als Kompetenzträger für Technik in den neuen CPM eine Kernaufgabe.
Oberst Frank Hartwig, Leiter Bereich Weiterentwicklung der TSL/FSHT, gab mit seinem Vortrag zur „Auswertung und Folgerungen des Forums „Einsatzauswertung“ während der letzten Informationsveranstaltung Blauer Bund e.V. in 2011″ ein Feedback zu den im Forum identifizierten 19 Einzelaspekten. Er wies darauf hin, dass an die Forumsteilnehmer ein ausführlicher Bericht übersandt wurde.
Oberst Frank Hartwig fasste zusammen, dass die Bearbeitung der Einzelaspekte durch die TSL/FSHT, das HA, das HFüKdo, das SKUKdo, die LogSBw und das BWB erfolgte. Sieben im Forum identifizierte Punkte waren ohne weiteren Handlungsbedarf, weil die Problemfelder bereits bekannt und schon durch die zuständigen Stellen in Bearbeitung waren oder sich als Einzelprobleme herausstellten. Die Entwicklung der verbleibenden relevanten Einzelaspekte wurde dargestellt.
Oberst Frank Hartwig
Das Plenum hätte Herrn Bernd König von der BWI Informationstechnik GmbH bei seinem plakativ unterhaltsamen Vortrag mit dem Thema „Zielbetrieb der BWI – Cybersicherheit der Bundeswehr“ für den Rest des Tages zuhören können. Auch für Laien verständlich gab es Informationen über Organisation/Aufbau und Dislozierung der BWI sowie zur Erbringung der geforderten Servicelevel.
Beginnend bei der Ausgangslage der IT-Struktur und IT-Sicherheitsstruktur der Bw bis 2009 trug Herr Bernd König zum Umgang mit dem Virus Conficker im Februar 2009 und zu den Bedrohungsszenaren vor. Die sehr plastischen Beispiele für IT-Angriffe im dienstlichen und privaten Bereich machten den Zuhörerkreis betroffen. Es wurde dargestellt, wer die Angreifer sind, welche Geschäftsmodelle die IT-Angreifer betreiben und wie die BWI zum Schutz gegen IT-Angriffe die geänderten IT-Strategie umsetzt.
Abschließend referierte General a.D. Egon Ramms, ehemaliger Befehlshaber des Allied Joint Force Command zum Thema „Aktuelle sicherheitspolitische Entwicklungen in der NATO und in der Europäischen Union“.
Der Vortrag beschäftigte sich mit den Kernaufgaben der NATO und General a.D. Egon Ramms stellte heraus, dass es keine Alternative zur NATO und zur Transatlantischen Partnerschaft gibt. Die Forderungen der NATO und der internationalen Gemeinschaft an Deutschland wurden mit Blick auf die Bereitstellung militärischer Kräfte beschrieben. General a.D. Egon Ramms ging auf die Notwendigkeit gesicherter militärischer Kräftebereitstellung und Bündnissolidarität für den Verzicht auf militärische Teilfähigkeiten ein. Gemeinsame Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik, Maßnahmen und Mittel sowie Forderung der Partner nach einer der Größe und des Bruttoinlandsproduktes Deutschlands angemessenen Wahrnehmung einer Führungsfunktion wurden besonders betont. Der Konflikt zwischen deutscher Sparpolitik und den Forderungen der Partner wird eine entscheidende Auswirkung auf die Entwicklung der Rolle Deutschlands in der NATO haben. Mit einer Gedankenreise von Maghreb bis zum Kaukasus durch die Regionen Tunesien, Mali, Libyen, Ägypten, Gaza-Streifen, Westjordanland, Israel, Libanon, Syrien, Türkei, Iran und Irak endet der Vortag mit einer Bewertung der Lage in den durchquerten Gebieten.
In alter Tradition wurde der Gesellschaftsabend im gemeinsamen Offizier- / Unteroffizierheim der Donnerberg-Kaserne durchgeführt. Er bot wieder einmal Gelegenheit für dienstlichen und außerdienstlichen Informationsaustausch über alle Führungsebenen und Dienstgrade hinweg. Das ausgezeichnete Essen und die guten Gespräche werden allen Teilnehmern auch dieses Mal im Gedächtnis bleiben. Die ebenfalls traditionelle Sammlung für das Soldatenhilfswerk brachte einen Erlös von €874,-. Dieser Betrag wurde aus der Kasse des „blauer Bund e.V.“ auf €1.000,- aufgestockt. Aufgrund der hohen Qualität der Infoveranstaltung freuen sich die Teilnehmer auf die nächste Informationsveranstaltung am 07/08.11.13 in Garlstedt.