SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern Blauer Bund

Erfordernisse an die Instandsetzung von Landsystemen unter dem Gesichtspunkt von Landes- und Bündnisverteidigung

Vorbemerkung

„Die Welt im Jahr 2016 ist eine Welt in Unruhe. Auch in Deutschland und Europa spüren wir die Folgen von Unfreiheit, Krisen und Konflikten in der unmittelbaren Nachbarschaft unseres Kontinents. Wir erleben zudem, dass selbst in Europa Frieden und Stabilität keine Selbstverständlichkeit sind“ (Die Bundesregierung, Weißbuch 2016, S. 6).

Mit diesen Worten leitet die ehemalige Bundeskanzlerin, Frau Dr. Merkel, das Weißbuch 2016 ein. Mit seiner Veröffentlichung waren seit dem letzten Weißbuch nicht nur mittlerweile 10 Jahre vergangen, es hatte auch deutliche Veränderungen in der Sicherheitslage gegeben. Neben den neuen Herausforderungen im Cyberraum und der Digitalisierung waren hier vor allem die Annexion der Krim und technologische, z.T. disruptive Entwicklungen als maßgebliche Einflussfaktoren zu nennen. Dies musste zu einer neuen Betrachtung der Rolle der Bundeswehr in diesem Sicherheitsumfeld führen, welches zu einer Refokussierung hin zur Landes-/Bündnisverteidigung (LV/BV) führte.

Taktikausbildung im Gelände Blauer Bund
Taktikausbildung im Gelände

Für Landoperationen bedeutet dies die Bereitstellung von einsatzbereiten, militärischen Kräften bis hin zur Korpsebene sowie die Führungsfähigkeit multinationaler Großverbände. Diese Verbände benötigen eine auf das Szenar LV/BV ausgerichtete logistische Unterstützung, welche im Zusammenwirken der Einsatzlogistik des Heeres sowie der Basislogistik der Streitkräftebasis sichergestellt werden muss und dem operativen Ziel der ausreichenden Durchhaltefähigkeit dient. Planungsleitend ist, wie im „Eckpunktepapier“ vom 18.05.2021 erneut herausgestellt, die Fähigkeit der Bundeswehr zum Gefecht der verbundenen Dimensionen (im ganzen Spektrum bis hin zum hochintensiven Gefecht) gegen einen gleichwertigen Gegner. Daher kommt der Nutzung von Hochtechnologie eine zentrale Bedeutung zu, um auf dem Gefechtsfeld zu bestehen. Im Zuge des Ausrüstungs-/Nutzungsprozesses kommt es allerdings darauf an, trotz modernster Technologien die dafür notwendige Logistik durch Innovation und Ingenieurskunst beherrschbar zu halten.

Moderne Technologie – ein Risiko für die Logistik?

Die Ausstattung der Landstreitkräfte hat sich seit der Wiedervereinigung maßgeblich geändert. Neue Aufträge führten zu einer Erweiterung des Fähigkeitsportfolios, die Reduzierung der Streitkräfte folgte dem Gebot von „Fähigkeitsbreite vor Fähigkeitstiefe“. Dadurch war die Ausgestaltung von Varianten eines Produktes erforderlich, um diverse einsatzrelevante Primärfunktionalitäten in unterschiedlichsten Konfektionen zu realisieren. Resultat ist heute eine Ausstattungsvielfalt an Landsystemen mit beträchtlicher Heterogenität.

Variante eines GTK BOXER Blauer Bund
Variante eines GTK BOXER

Die Veränderungen bei der Beschaffung von Produkten führt zu Losen mit unterschiedlichen Bauzuständen und Konstruktionsabweichungen. Eine Diversität erforderlicher technischer Dokumentationen, vor allem aber erforderlicher Ersatzteile ist die logische logistische Folge und Herausforderung. Da sich die o.g. Parameter, wie ein erweitertes Fähigkeitsprofil sowie begrenzt verfügbare Haushaltsmittel, absehbar nicht wesentlich ändern werden, ist es illusorisch anzunehmen, dass sich die Ausstattungs-Heterogenität der Landstreitkräfte zukünftig für die Logistik günstiger gestalten wird. Die wiederholt vorgebrachte und aus logistischer Sicht berechtigte Forderung nach Ausstattungsstandards und Absenkung der Produkt- und Variantenvielfalt wird auch zukünftig nur geringe Beachtung finden. Dies mag man als gut oder schlecht, als richtig oder falsch bewerten; Tatsache ist, dass sich nicht nur die Heereslogistik mit dieser Herausforderung auseinandersetzen muss.

Der zeitliche Aufwand zur Durchführung von planmäßigen Materialerhaltungsmaßnahmen einerseits und von schadensbezogenen Instandhaltungsmaßnahmen andererseits hat bei komplexen Landsystemen gravierend zugenommen. Beides beeinflusst die Arbeitsplatzbelegungszeiten und erhöht damit die Mindestverweildauer von mobilen Instandhaltungseinrichtungen. Dies setzt natürlich auch die unverzügliche Deckung des nach Art und Anzahl durch Zunahme an Produkten, Varianten, Konstruktions- und Bauzuständen explodierten Ersatzteilbedarfs voraus. Erschwerend kommt hinzu, dass immer mehr Ersatzteile und Baugruppen Software-Anteile in sich tragen, deren Version zum Produkt passen muss. Dies erfordert ein aufwändiges, dezidiertes und präzises Bauzustandsmanagement.

Die zur Durchführung der Instandhaltungsmaßnahmen erforderlichen Arbeitsmittel (Werkzeug- und Werkstattausstattungen, das erforderliche Sonderwerkzeug sowie die Mess- und Prüfausstattungen) haben bei modernen, einsatzrelevanten Waffensystemen des Heeres im Umfang deutlich zugenommen. Damit einher geht ein erhöhter Transportbedarf sowie der steigende, dispositive Aufwand zum Einrichten von Arbeitsplätzen und zur Herstellung der Verlegebereitschaft. Hohe Arbeitsplatzbelegungszeiten, riesige Ersatzteillager incl. Umschlag und Transport sowie große Umfänge an mitzuführenden Arbeitsmitteln lähmen die Beweglichkeit und erhöhen den logistischen Fußabdruck. Dies ist aber in den entscheidenden Phasen des Einsatzes von Verbänden im Gefecht unumgänglich, um die Systeme durchhaltfähig zu halten.

SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern Blauer Bund
SPz PUMA mit zugehörigen Sonderwerkzeugcontinern

Gegen einen gleichwertigen Gegner auf einem „Gläsernen Gefechtsfeld“ muss die Logistik „vorne“ leicht und beweglich bleiben, um zu bestehen. Aufwändige Instandhaltungsmaßnahmen sind und waren dort nicht sinnvoll durchführbar. Der Aufwand für Bergung und Abschub nach „hinten“ wird sich dadurch beträchtlich steigern. Zum Auffangen der sinkenden Einsatzbereitschaftsgrade sind Gerätereserven in Betracht zu ziehen. Bei neu einzuführenden, einsatzrelevanten Waffensystemen sollte in der Entwicklung auf eine möglichst einfache Instandsetzbarkeit zumindest einiger entscheidender Grundfunktionalitäten ein besonderes Augenmerk gelegt werden. Dies könnten Vorgaben für Wartung und Pflege, Fristen mit deren Zeiten bis hin zu Vorgaben zur Nutzung von vorhandene Werkzeug- und Werkstattausstattungen in der Realisierung von Produkten sein. Das ist sicher nicht immer leicht, wird sich aber letztendlich positiv auf die Einsatzbereitschaft und damit auf das operative Ziel der erforderlichen Durchhaltefähigkeit auswirken.

Moderne Technologie – eine Chance für die Logistik!

Ausbildung in der Bundeswehr ist die entscheidende Voraussetzung für die Bereitstellung von einsatzbereiten Kräften. Die in der technischen Ausbildung zu erbringende wesentliche Leistung ist, jene Qualifikationen und Kompetenzen zu vermitteln und sich entwickeln zu lassen, die zur bestmöglichen Erfüllung auch von komplexen Instandhaltungsaufträgen – auch unter Belastung – befähigen. Digitale, ortsunabhängige Lernumgebungen sind, nicht zuletzt vorangetrieben durch die Pandemie, im Alltag angekommen. Als moderner Arbeitgeber, der in harter Konkurrenz zu anderen Arbeitgebern steht, kann sich auch die Bundeswehr dieser Erwartungshaltung nicht verschließen. Der Einsatz von leistungsfähigen Kommunikationskanälen für Audio, Video und Daten bietet aber nicht nur für die Ausbildung Vorteile. Mit der Nutzung von „Augmented Reality“ – Komponenten können nicht nur der Umgang mit interaktiven elektronischen, technischen Dokumentationen im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen vereinfacht werden, sondern durch die Möglichkeit der virtuellen Einbindung von Experten (Fernunterstützung) lässt sich Fachwissen gezielt in Echtzeit an den Einsatzort transferieren.

Fernunterstützung durch HelpDesk Blauer Bund
Fernunterstützung durch HelpDesk

Neben dem Fachwissen des Personals wird die Instandsetzung von Landsystemen auch maßgeblich durch die benötigten Arbeitsmittel und der Verfügbarkeit von Ersatzteilen beeinflusst. Produktvielfalt, Varianten sowie Konstruktions- und Bauzustände bis hin zu den Unterbaugruppen und verschiedenste Softwareversionen gilt es, logistisch zu beherrschen. Umfänge an Sonderwerkzeugen lassen sich nur durch frühzeitige Einflussnahme auf die Konstruktion zumindest anteilig reduzieren, besser noch querschnittlich standardisieren. Für Mess- und Prüfausstattungen kann die Nutzung von Prognosemodellen (z.B. der Logistics Support Analysis) im Zusammenspiel mit Eigendiagnosefähigkeiten und Ausfallankündigungen ein gangbarer Weg sein, um den explodierenden Aufwand der Softwarepflege und Softwareänderung der vielen Prüf- und Diagnosegeräte zu senken.

Konsequenterweise koppelt man diesen Ansatz der prädiktiven Instandhaltung mit KI-gesteuerten Lagerhaltungs- und autonomen, bodengebundenen Transportsystemen, um die Verfügbarkeit der Ersatzteile sicherzustellen. Mit Einführung SAP S/4 HANA und Umstellung auf eine neue Datenbanktechnologie werden hier wichtige Grundlagen auf dem Weg zu einer KI-gesteuerten Versorgungskette gelegt. Konzeptionelle Grundlagen und Strukturen in der Logistik müssen regelmäßig der sich ändernden Realität auf dem Gefechtsfeld angepasst werden. Die konzeptionelle Berücksichtigung der „klassischen“ analogen Fakten wie Raum und Zeit ist nicht mehr alleinig ausreichend. Um modernste technologiegetriebene Lösungen zu berücksichtigen, ist die Einbeziehung von Wahrscheinlichkeiten und künstlicher Intelligenz unumgänglich. Dies ist gut vereinbar mit den Vorteilen der vorwärts gerichteten Versorgung (Zuführungsprinzip), hat aber auch das Potential, die derzeitigen logistische Ebenen in Teilen aufzulösen.

Aufgrund der räumlichen Dislozierung logistischer Einrichtungen wird das Fachpersonal in der Regel schichtweise eingesetzt (Ruhe, Sicherung, Fachaufgabe). Durch die Nutzung von Überwachungstechniken (Sensoren, Effektoren) kann das Personal von Sicherungsaufgaben zugunsten der Fachaufgabe entlastet werden und somit den Einsatzwert der logistischen Einrichtung erhöhen. Im Bereich der Mengenverbrauchsgüter (Kraftstoff, Wasser, Munition) besteht allerdings auf dem gläsernen Gefechtsfeld besonderer Handlungsbedarf, da sich trotz räumlicher Auflockerung Fahrzeugbewegungen auf bestimmte Bereiche konzentrieren. Eine mobile Bereithaltung dieser Versorgungsgüter setzt nicht nur die entsprechende Anzahl an Trägerplattformen voraus. Die Koordination der Bewegung im Raum sowie das „Rendezvous“ mit den verbrauchenden Truppenteilen bedingen den Einsatz von Künstlicher Intelligenz (SAP S/4 HANA) sowie die Nutzung eines resilienten, unabhängigen Navigationssatellitensystems.

Fazit

Ein künftiges Szenar LV/BV ist geprägt durch eine hochmobile Gefechtsführung mit einem sehr hohen Operationstempo. Das „gläserne Gefechtsfeld“ sowie eine hybride Kriegsführung sind ebenfalls Rahmenbedingungen, denen sich die Logistik stellen muss. Die bereits jetzt absehbaren Auswirkungen auf das Logistische System der Bundeswehr im Rahmen LV/BV sind tiefgreifend. Sie können aber zumindest vermindert werden, wenn die Logistik im Rahmen künftiger Rüstungsprojekte von Waffensystemen bessere Berücksichtigung findet. Flankierend muss aber auch die Logistik mit eigenen Projekten Teilhabe an der Digitalisierung des Gefechtsfeldes haben und Innovationen für sich nutzbar machen, um ihren Auftrag zu erfüllen, die Durchhaltefähigkeit einsatzbereiter Kräfte sicherstellen zu können.

Text und Bilder: Oberstleutnant Tobias Kirchner, Technische Schule des Heeres

Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit Blauer Bund

Deutsch-ungarische Kooperation – Strukturierte Partnerschaft in der Logistik (SPiL)

Die sich stetig ändernde sicherheitspolitische Lage zwingt Deutschland und die NATO Partner, neue Wege zu beschreiten, um personelle, materielle und zeitliche Ressourcen wirtschaftlicher und effektiver einzusetzen. Die Fokussierung auf die Landes- und Bündnisverteidigung (LV/BV) als anspruchsvollste Aufgabe ist die Richtschnur für die Ausgestaltung der Fähigkeiten der Bundeswehr, auch wenn die gleichrangige Wahrnehmung von Einsätzen im Rahmen des Internationalen Krisenmanagements (IKM) wahrscheinlicher ist. Nach Ende des Kalten Krieges sind durch Verkleinerung der Streitkräfte aller europäischen Staaten, Verteidigungsbudgets, Personal- sowie Ausrüstungsumfänge geschrumpft und somit auch Fähigkeiten in der Breite und Tiefe eingebüßt worden. Die multinationale Zusammenarbeit hat in diesem Zusammenhang, insbesondere im Rahmen des IKM stark zugenommen. Die Integration der Beiträge einer Vielzahl von truppenstellenden Nationen bis hinab auf die kleinsten organisatorischen Funktionseinheiten (MN Zellen in Stäben, oder MN Kompanien) war und ist Wesensmerkmal vieler Einsätze. Die Integration MN Partner erfolgt hierbei unter Abstützung auf bewährte Führungs- und Einsatzgrundsätze, einsatzvorbereitende Ausbildung und Übung sowie zielgerichtete Maßnahmen zur „Force Integration“ im Einsatzgebiet, um einsatzbereite Kräfte bereitzustellen.

Während der Münchener Sicherheitskonferenz 2015 hat die damalige Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen die für Landes- und Bündnisverteidigung erforderliche „Führung aus der Mitte“ wie folgt umrissen:

„Der eigene Anspruch, aber auch die berechtigte Erwartungshaltung unserer Partner ist, dass Ressourcen und Fähigkeiten in Bündnisse und Partnerschaften eingebracht und in diesen weiterentwickelt werden. Dies beinhaltet gleichermaßen, dass Partner mit weniger Ressourcen ihre unverzichtbaren Beiträge auf Augenhöhe einbringen können.“

Im aktuellen Positionspapier „Gedanken zur Bundeswehr der Zukunft“ haben die Bundesministerin der Verteidigung und der Generalinspekteur der Bundeswehr u.a. die Rolle Deutschlands als Partner und Anlehnungsnation für die Fähigkeiten und Strukturen unserer Verbündeten deutlich hervorgehoben und so das konzeptionelle Leitprinzip „Multinationalität und Integration“ unterstrichen. Eine breit aufgestellte und andockfähige Bundeswehr ist unverändert notwendig für ein sicherheitspolitisch handlungsfähiges Europa.

Einbindung von Partnern durch bilaterale Kooperationen

Wie bereits in voranstehenden Beiträgen dargestellt, bedarf es eines modernen logistischen Systems der Bundeswehr, das interoperabel mit alliierten Partnern agieren und multinationale Leistungserbringer integrieren kann. Die Intensivierung der internationalen logistischen Zusammenarbeit ist unverändert ein zentraler Pfeiler, um die Durchhaltefähigkeit des logistischen Systems zu steigern und das Maß an Flexibilität für den Einsatz von Kräften im Bündnis zu vergrößern. Mit den etablierten Projekten/Initiativen innerhalb des Framework Nation Concept (FNC) sowie der ständig strukturierten Zusammenarbeit der EU (PESCO) gibt es bereits erfolgreiche multinationale Beispiele, die mehrere Partnernationen einbinden und einen operativen Mehrwert für alle erzielen. Bilaterale Kooperationen sind neben diesen multinationalen Projekten und Initiativen ein weiteres, erfolgversprechendes Handlungsfeld der internationalen Zusammenarbeit der Bundeswehr.

Bilaterale logistische Kooperationen werden durch das LogKdoBw komplementär zu den multinationalen Formaten verstanden. Die Schaffung von gegenseitigem Vertrauen und eines gemeinsamen Verständnisses zwischen der Bundeswehr und ihren Partnern sind stets der erste Schritt. Auf dieser Grundlage stehen mittel- und langfristig der beidseitige Fähigkeitsausbau und Fähigkeitsgewinn durch Erzielen von Synergien im Fokus. Konkrete bilaterale Projekte tragen zur Weiterentwicklung bestehender Bündnisse bei und fördern so die sicherheitspolitische Handlungsfähigkeit Deutschlands sowie unserer Partner und Verbündeten. Die Spannbreite umfasst hierbei neben der Koordination und Kooperation mit strategischen Partnern (siehe Weißbuch: Frankreich – USA – Großbritannien – Niederlande) auch den Informationsaustausch und die Ausbildungshilfe für Staaten, die nicht der NATO und der EU angehören, im Rahmen von bilateralen Jahresprogrammen. Das Instrument „bilaterale Kooperation“ reicht somit vom Informationsaustausch zu aktuellen Entwicklungen in der Logistik, über Koordination zu logistisch-fachlichen Zukunftsthemen bis hin zur strukturierten Kooperation, die gemeinsame Fähigkeitsentwicklung zum Ziel hat. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat während der Bundeswehrtagung 2021 das Intensitätsspektrum bi- und multilateraler Zusammenarbeit mit den Begriffen Koordination – Kooperation – Affiliation –  Integration klar benannt.

Zu berücksichtigen ist, dass mit zunehmender Integration der Umfang der gegenseitigen Abhängigkeiten steigen. Die politischen Rahmenbedingungen bestimmen dabei maßgeblich den Handlungsspielraum der Kooperation und bedürfen eines stabilen Rahmens um langfristig angelegte Kooperation, u.a. zur gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung mit Erfolg zum Ziel zu führen.

Eine maßgebliche Zielsetzung von Kooperation besteht in der Entwicklung der Fähigkeit zur Zusammenarbeit von verschiedenen Systemen, Techniken und/oder Organisationen – kurzum in der Schaffung von Interoperabilität (z.B. durch Standardisierungen). Dies dient einerseits der Erfüllung von Fähigkeitsforderungen der Bundeswehr und schafft darüber hinaus die Voraussetzung zum Zusammenwirken mit Partnern im Einsatz. Ausgehend von einer prinzipiellen Befähigung zur Interoperabilität beider Partner, bestimmt der logistische Auftrag hierbei die erforderliche Befähigung zur Integration und somit das herzustellende Maß an Interoperabilität. In der Verfolgung eines ganzheitlichen Ansatzes sind dabei operationelle, administrative sowie materielle Aspekte der Standardisierung zu berücksichtigen.

Unter operationeller Standardisierung wird hierbei die Harmonisierung und Anpassung von Planungs- und Führungsverfahren sowie der dazugehörigen logistischen Führungs- und Informationssysteme verstanden. Grundsätzlich erfolgt die Zusammenarbeit hierzu in MN Gremienarbeit, um eine größtmögliche Interoperabilität durch Standardisierung im Bündnis zu erzielen. Unbenommen davon kann in bilateralen Kooperationen durch gegenseitige Ausbildungsunterstützung oder Harmonisierung von Schnittstellen ein Nutzen für beide Partner erzielt werden. Die Einführung von SAP S4/HANA wird hierbei durch seinen Standardisierungsgrad sehr gute Voraussetzungen hin zu einer prozessorientierten logistischen Kooperation im MN Umfeld bieten. In diesem Kontext begleitet das LogKdoBw durch Beratung u.a. die Einführung von SAP S4/HANA Logistik in den ungarischen Streitkräften in enger Abstimmung mit dem KdoH und BAAINBw als Voraussetzung für das enge Zusammenwirken in Einsatz und einsatzgleichen Verpflichtungen auf der Grundlage harmonisierter Führungs- und Informationssysteme.

Die Harmonisierung von Ausbildungsinhalten und Strukturen ist der administrativen Standardisierung zuzuordnen. Die Standardisierung von Strukturen zielt im Kern auf die Möglichkeit zur Einbindung oder Anlehnung von Kräftedispositiven. Die Orientierung und Strukturierung an den NATO Fähigkeitskatalogen als ein wesentlicher Aspekt des Fähigkeitsprofils der Bundeswehr ist hierfür eine gute Voraussetzung. Trotzdem lässt sich feststellen, dass allein die Orientierung an den NATO Fähigkeitskatalogen noch keine interoperablen Streitkräfte schafft. So nehmen Führungs- und Einsatzgrundsätze sowie Tradition nicht nur einen erheblichen Einfluss auf die Struktur der jeweiligen Streitkräfte, sondern auch auf das grundsätzliche Verständnis, wie durch Ausbildung und Übung die Einsatzbereitschaft herzustellen ist. Darüber hinaus bilden nationale Ausbildungseinrichtungen grundsätzlich unter der Nutzung der jeweiligen Landessprache aus. Die Fähigkeit, mit einem gemeinsamen Zeichenvorrat zu kommunizieren, stellt eine wesentliche Voraussetzung für erfolgreiche Kooperation dar. In der Kooperation mit Ungarn wird hierbei grundsätzlich auf die englische Sprache zurückgegriffen.

Gute Voraussetzungen für die Zusammenarbeit mit multinationalen Partnern bietet die Nutzung von gleicher Technik, Prozessen und Verfahren sowie Material und Ausrüstung. Diese Aspekte werden unter dem Begriff der materiellen Standardisierung zusammengefasst. Diese ist eine wesentliche Voraussetzung, um Interoperabilität in den Feldern Ausbildung, Strukturen oder Führungsverfahren zu unterstützen. Die Nutzung von gleichem Material, z.B. Nutzung DINGO durch Niederlande bzw. FENNEK durch Belgien im Einsatz Resolute Support, die Nutzung TORNADO und EUROFIGHTER durch Deutschland, Großbritannien und Italien oder Beschaffung/Nutzung des Leopard 2 sowie der PzH 2000 durch Ungarn eröffnet weitere Kooperationsmöglichkeiten im Grundbetrieb zur Bereitstellung einsatzbereiter Kräfte für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen.

Mit der derzeitigen Reorganisation und Modernisierung der ungarischen Streitkräfte unter dem Name ZRYINI 2026 ist neben der Beschaffung von deutschem Wehrmaterial (u.a. Leopard 2 A7, PzH 2000, SPz LYNX) auch die Modernisierung von Strukturen, Verfahren und Prozessen initiiert. Dieser Prozess wird durch Beratung und Unterstützung u.a. von Seiten KdoH, KdoLw und LogKdoBw eng begleitet. Im Ergebnis kann durch Nutzung deutscher Hauptwaffensysteme, die Ausgestaltung der Einsatz- und Basislogistik nach vergleichbaren Kriterien sowie die parallele Einführung von SAP S4/HANA die Interoperabilität der ungarischen und deutschen Streitkräfte aus der Grundaufstellung heraus wesentlich gesteigert werden.

Entwicklung zur Strukturierten Partnerschaft in der Logistik

Die „Strukturierte Partnerschaft in Logistik“ des Logistikkommandos der Bundeswehr mit ungarischen Verteidigungskräften ist aus einem Projekt zur multinationalen gemeinsamen Logistik („Joint Logistics Multinational“) entstanden. In den zugehörigen Übungs- und Untersuchungsvorhaben wurden u.a. die Möglichkeiten und Grenzen multinationaler Logistik im Einsatz mit dem Ziel untersucht, Synergien durch multinationale Zusammenarbeit zu erschließen und diese für zukünftige Einsätze nutzbar zu machen. In Ausgestaltung der Handlungslinien der internationalen Zusammenarbeit der Streitkräftebasis wurde die logistische Kooperation sukzessive zu einer Strukturierten Partnerschaft ausgebaut. Im Rahmen einer Strukturierten Partnerschaft können sich Partner im Sinne von Fähigkeitskooperationen mit ihren Fähigkeiten und Teilfähigkeiten an die SKB „andocken“. Strukturierte Partnerschaften ermöglichen unseren Partnern, ihre logistischen Ressourcen und Fähigkeiten als unverzichtbaren Beitrag im Bündnis gemeinsam und Schulter an Schulter einzubringen.

In diesen langfristig angelegten Kooperationen werden vorhandene Fähigkeiten durch kontinuierlichen Wissens- und Erfahrungsaustausch, die Schaffung gemeinsamer (bilateraler) Standards sowie gemeinsame Ausbildungs- und Übungsvorhaben, also insbesondere Maßnahmen der operationellen und administrativen Standardisierung zu interoperablen Kräftedispositiven mit gegenseitigem Nutzen weiterentwickelt. Langfristig wird somit durch plan- und abrufbare binationale Fähigkeiten die Durchhaltefähigkeit für Einsätze und einsatzgleiche Verpflichtungen und die Interoperabilität im gesamten Aufgabenspektrum des Bündnisses gestärkt.

Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft umfasst derzeit drei Teilprojekte: Die Entwicklung eines binationalen Feldtanklagerzuges (SAFETY FUEL), die Entwicklung einer binationalen mittleren Transportkompanie (SAFETY TRANSPORT) sowie die Entwicklung der binationalen Doktrin und Rahmendokumente (SAFETY DOCTRINE). Im Folgenden werden die Historie, der aktuelle Sachstand sowie die zukünftigen Entwicklungen in diesen Projekten dargestellt.

Die formelle Grundlage für die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik (SPiL) wurde im März 2016 im Rahmen von High-Level Talks [unter dem Vorsitz von Brigadegeneral BARÁTH, zu diesem Zeitpunkt Kommandeur des ungarischen Logistics Center und Brigadegeneral FUNKE, zu diesem Zeitpunkt Stellvertretender Kommandeur LogKdoBw in Erfurt] durch Unterzeichnung einer Zielvereinbarung („mid-term-goals“) gelegt. Zur Vertiefung der Zusammenarbeit wurde u.a. die Durchführung von regelmäßigen Ausbildungs- und Übungsvorhaben in Verbindung mit Expertengesprächen und Treffen auf Generalsebene vereinbart. Darüber hinaus die Prüfung zur Etablierung von Patenschaften der beteiligten Verbände eingeleitet.

Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft in der Logistik (SPiL) Blauer Bund
Die Projektstruktur der Strukturierten Partnerschaft in der Logistik (SPiL)

 

SAFETY FUEL – Projekt zur Entwicklung eines deutsch-ungarischen Feldtanklagers

Anfänglich gestartet mit logistischen Fachgesprächen auf Expertenebene mit mehreren europäischen Nationen, fanden 2011 erste Ausbildungsgänge ungarischer Soldaten am Feldtanklager – einem Kraftstofflager für den Einsatz – im Ausbildungs- und Trainingszentrum der Spezialpioniere in Putlos statt. Durch Transfer von mobilem Pipelineinstandhaltungsmaterial und Spezialgrundausbildung von HUN Personal an Feldtanklangermaterial durch das „Specialized Engineer Training and Exercise Centre (SETEC)” in Putlos wurden bis 2012 weitere wesentlich Schritte erfolgreich absolviert.

Die ungarische Entscheidung zur Übernahme und Nutzung des deutschen Feldtanklagermaterials, ein Aspekt der materiellen Standardisierung, ist die wesentliche Grundlage innerhalb dieses Projektes.

Mit dem Einsatz von „Mobile Education Training Teams“ (METT) zur Unterstützung der Ausbildung in Ungarn sowie der in 2012 etablierten Übungsserie „SAFETY FUEL“ des Spezialpionierregiments 164 und der ungarischen Material Storage Supply Base wurde die gemeinsame Fähigkeitsentwicklung zum schicht- und durchhaltefähigen Aufbau, Betrieb und Abbau eines binationalen Feldtanklagers, orientiert an NATO-Standards, etabliert. Bereits in 2013 konnte durch Teilnahme an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN“ ein erster logistischer Leistungstest absolviert werden. Die Einbindung in MN Übungen mit dem Ziel der Bereitstellung von Kraftstoff ermöglicht das Beüben von logistischen Kräften „unter Last“ im multinationalen Umfeld. Nach Ausbildung von ungarischen Offizieren und Unteroffizieren in NATO-zertifizierten Lehrgängen an der LogSBw folgte im Rahmen der Übung SAFETY FUEL 2014 die Zertifizierung des ungarischen Personals zum selbständigen Aufbau und Betrieb eines mobilen Feldtanklagers.

Mit weiteren Ausbildungs- und Übungsvorhaben, eingebunden in die MN NATO Übungen „CAPABLE LOGISTICIAN 2015“, „TRIDENT JUNCTURE 2018“ sowie „CAPABLE LOGISTICAN 2019“ wurden wesentliche Leistungsnachweise erbracht und die Interoperabilität auf Teileinheitsebene weiterentwickelt. Die COVID-19 Pandemie hatte zur Folge, dass die für 2020 geplanten Ausbildungs- und Übungsvorhaben nicht durchgeführt werden konnten. Dennoch wurde der Informationsaustausch auf Expertenebene unter Nutzung videounterstützter Konferenzsoftware fortgeführt, wichtige Meilensteine wurden erreicht. So stellten beide Co-Präsidenten im November 2020 im Rahmen der erstmals digital durchgeführten High-Level Talks die „Initial Operational Capability“ (IOC) des binationalen Feldtanklagers fest.

Das Übungsvorhaben SAFETY FUEL wurde in 2021 in Ungarn, wiederum mit kroatischer Beteiligung, durchgeführt. Die Vorbereitung der Übung unter den Bedingungen der COVID-19 Pandemie erforderte von den Übungsexperten des LogKdoBw und des Hungarian Defence Forces Command umfangreiche planerische Vorarbeit und Flexibilität. Ein besonderer Schwerpunkt wurde auf die Etablierung von Maßnahmen zum Gesundheitsschutz der eingesetzten Soldaten gelegt.

In der Übungsvorbereitung stand neben Fragen der Realversorgung, der Verlegung von Material und Personal im grenzüberschreitenden Verkehr auch die Schaffung eines realitätsnahen Übungsszenars im Lastenheft des Planungsteams. Um die logistischen Fähigkeiten der Übungstruppe unter Last zu setzen, wurde das Übungsvorhaben in diesem Jahr an die US Übungsserie DEFENDER EUROPE 21 angebunden. Damit war das Ziel verbunden, logistische Bedarfsträger zu identifizieren und diese mit der eigenen Übungstruppe mit logistischen Leistungen zu unterstützen. Anhand der ersten Übungsauswertung lässt sich feststellen, dass wichtige Übungsziele erreicht wurden. Erforderliche Maßnahmen für die weitere Projektentwicklung sind bereits abgeleitet. Sie werden wesentlich dazu beitragen, die Vollbefähigung („Full Operational Capability“) in 2022 zu erreichen.

Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit Blauer Bund
Das binationale Feldtanklager stellt Kraftstoff für die multinationale Übungstruppe bei der NATO Übung TRIDENT JUNCTURE 2018 bereit

Die Integration von Kräften auf der Zug-Ebene stellt hohe Anforderungen an die Harmonisierung und Standardisierung von Arbeitsabläufen und Tätigkeitsbeschreibungen. Die Langfristigkeit des Projektes begründet sich insbesondere durch das erforderliche hohe Maß an operationeller Standardisierung für den erfolgreichen binationalen Betrieb eines Feldtanklagers im Wechselschichtprinzip.

Das Projekt gestaltet sich so erfolgreich, dass eine Zusammenarbeit mit weiteren Nationen angestrebt werden kann. Neben dem Erhalt der Fähigkeit soll daher parallel dazu die Aufnahme und Integration der kroatischen Feldtanklagerkräfte in das Projekt erfolgen. Derzeit nimmt Kroatien im Status eines Beobachters an der Strukturierten Partnerschaft teil. Erste Interoperabilitätstests wurden bereits 2016 in Ungarn absolviert und führten 2017 zu einer ersten kroatischen Übungsteilnahme im Rahmen der Übung „SAFETY FUEL“. Im Gegensatz zu den ungarischen Feldtanklagerkräften greifen die kroatischen Kräfte hierbei allerdings nicht auf deutsches Material zurück. Die Zielsetzung besteht somit nicht in einem nationenübergreifenden Schichtbetrieb eines Feldtanklagers, sondern im interoperablen Einsatz des deutsch-ungarischen Feldtanklagers in Verbindung mit den kroatischen Fähigkeiten. Durch die Einbindung kroatischer Logistikkräfte können die Fähigkeiten zur Bevorratung und Bereithaltung von Kraftstoffen um eine mobile Komponente erweitert werden. Dies ermöglicht zum Beispiel in der Phase der Verlegung des deutsch-ungarischen Feldtanklagers die Erstbevorratung durch kroatische Kräfte oder in der Phase des Betriebes die Möglichkeit zur Erweiterung durch Bevorratung anderer Kraftstoffarten.

Mittelfristig wird das deutsche Feldtanklagermaterial das Ende seines Nutzungszyklus erreichen. Die gemeinsame Abstimmung von Beschaffungsvorhaben – also der Erhalt der materiellen Standardisierung – ist zwingend, um die Fähigkeit auch langfristig für Einsatz und einsatzgleiche Verpflichtungen bereitzuhalten und einsetzen zu können.

SAFETY TRANPSORT – Projekt zur Entwicklung einer deutsch-ungarischen Transportkompanie

Im Februar 2014 wurde eine Erweiterung der Strukturierten Partnerschaft um das Projekt „Transport Cooperation“ in Kooperationsgesprächen erstmalig diskutiert. Nach umfangreichem Informationsaustausch zur nationalen Ausbildungssystematik der Transportkräfte standen hierbei die verschiedenen Möglichkeiten zur Bildung einer multinationalen Transportkompanie im Fokus. Dies mündete 2015 in der erstmaligen Durchführung der Übung SAFETY TRANSPORT im April 2015 in Ungarn. Mit dieser Übung wurde die Teilnahme der deutschen und ungarischen Transportkräfte an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN“ im Juni 2015 in Ungarn zielgerichtet vorbereitet. Seither ist das Ziel dieser Zusammenarbeit eine, an NATO-Standards orientierte, deutsch-ungarische mittlere Transportkompanie, die unter Nutzung des Wechselladesystems MULTI, Container- und sonstige militärische Güter transportieren kann (Flachbetttransport). Die Übung SAFETY TRANSPORT 2016 (Mai/Juni) in Deutschland erfolgte auf Grundlage der Erfahrungen im Bereich der Feldtanklagerkräfte in einer gemischten Zugstruktur.

Eine Kollone von mehreren schweren Transport-LKW der deutsch-ungarischen Transportkompanie übt im Rahmen der Übung SAFETY TRANSPORT 2020 Blauer Bund
Die deutsch-ungarische Transportkompanie übt im Rahmen der Übung SAFETY TRANSPORT 2020

Wie im Vorfeld dargestellt, bedingt dies ein sehr hohes Maß an operationeller und administrativer Standardisierung bereits für den „quasi-stationären“ Einsatz von logistischen Kräften. Für Transportkräfte ist durch den Auftrag – Transport von militärischen Gütern – das Anforderungsprofil für den „mobilen Einsatz logistischer Kräfte“ zu berücksichtigen. In der Auswertung von gemeinsamen Ausbildungsabschnitten, wie „Verhalten bei Beschuss“ oder „komplexen Hinterhalten“ wurde deutlich, dass der erforderliche Ausbildungsstand, insbesondere bei Nutzung einer Fremdsprache in Extremsituation nur mit unverhältnismäßigem Aufwand zu erreichen war. Auf dieser Grundlage wurde für die Fähigkeitsentwicklung die Integration auf der Ebene Kompanie mit jeweils nationalen Transportzügen und einer gemischten Kompanieführung, einschließlich Gefechtsstand, entschieden. Hier wird deutlich, dass es bei der Entwicklung von interoperablen Kräften keine Blaupause gibt. Die durchsetzungsfähige Wahrnehmung des logistischen Auftrags und die zu berücksichtigenden Einflussfaktoren des Einsatzumfeldes sind maßgeblich für die Fähigkeitsforderungen an logistische Kräfte. Das zu erreichende Maß an Integration und Interoperabilität leitet sich folgerichtig daraus ab.

Um das Führungspersonal auf die Anforderungen in einem gemeinsam betriebenen Gefechtsstand vorzubereiten, führte das LogBtl 472 ein Key-Leader Training zur Vorbereitung der Übung SAFETY TRANSPORT 2017 durch. Hierbei wurden auch kroatische Kräfte mit eingebunden, die analog zum Projekt „SAFETY FUEL“ auch im Bereich Transport die zukünftige Teilnahme mit eigenen Kräften zum Ziel haben. Mit der Etablierung einer Patenschaft zwischen Logistikbataillon 472 und dem ungarischen Logistikregiment 64 in 2018 wurde die vertrauensvolle Zusammenarbeit sichtbar dokumentiert. Mit der Teilnahme an der MN NATO Übung „CAPABLE LOGISTICIAN 2019“ konnten auch für diese Kooperation wichtige Erkenntnisse zur logistischen Leistungserbringung im MN Umfeld gesammelt werden.

Trotz umfangreicher Einschränkungen der binationalen Projektarbeit im Rahmen der COVID-19 Pandemie seit Beginn des Jahres 2020 haben beide Verbände auf Grundlage einer etablierten Zusammenarbeit mit hohem Engagement auf das Erreichen des nächsten Zwischenziels „Initial Operational Capability 2021“ hingearbeitet. Mit viel Engagement und Herzblut konnten die Übungen „SAFETY TRANSPORT 2020“ in Deutschland sowie „SAFETY TRANSPORT 2021“ in Ungarn unter Einhaltung von Hygieneauflagen mit anspruchsvollen Ausbildungs- und Übungsinhalten ausgeplant und umgesetzt werden. Im Rahmen eines Besuchertages gratulierte Generalmajor Zsolt Sándor, Kommandeur des Territorial- und Unterstützungskommando und zukünftiger Stellvertretender Kommandeur der ungarischen Streitkräfte den Soldaten zur erfolgreichen Auftragserfüllung mit den Worten „Die Zusammenarbeit mit den verbündeten Partnern läuft wie geschmiert“.

Diese Ausbildungs- und Übungserfolge bilden die Grundlage, um nachfolgend im Schulterschluss mit dem Projekt SAFETY FUEL das „Angriffsziel“ „Full Operational Capability“ in 2022 zu nehmen.

Wie ein Räderwerk – Die Projektorganisation

Damit die Projektentwicklung im Bereich Transport und Feldtanklager alle Aspekte der Interoperabilität berücksichtigt, bedarf es neben den Ausbildungs- und Übungsvorhaben einer Projektorganisation, die administrative, materielle und operationelle Interoperabilitätsaspekte verzahnt und aufeinander abstimmt. Es sind Organisationsstrukturen zu entwickeln und abzustimmen, die Entwicklung gemeinsamer Vorschriften und Regelungen voranzutreiben, und gemeinsame Übungsvorhaben langfristig mit nationaler und multinationaler Übungsplanung zu harmonisieren. Als gemeinsame Grundlage wurde hierzu ein „Conceptual Framework Paper“ erstellt. Die Fragen, WER trägt zur gemeinsamen Fähigkeitsentwicklung bei? WELCHE nationalen und multinationalen Vorschriften und Regelungen sind zu berücksichtigen? oder WIE sind gemeinsame logistische Verfahrensregelungen festzuhalten? wurden damit beantwortet und als weitere Arbeitsgrundlage im April 2021 verabschiedet. Dies ist ein wichtiger Meilenstein, der dazu beiträgt, den weiteren Ausbau bilateraler logistischer Fähigkeiten in den Fähigkeitsbereichen Transport – „SAFETY TRANSPORT“ – und Tanklagerbetrieb – „SAFETY FUEL“ zielgerichtet zu unterstützen.

Zur Unterstützung dieser Projektarbeit sind von deutscher und ungarischer Seite Austauschoffiziere etabliert, die in die Stabsarbeit der Stäbe im jeweiligen Gastland eingebunden sind. Im Gegensatz zu Verbindungsoffizieren beraten und unterstützen die Austauschoffiziere in erster Linie die Vorgesetzten und Projektverantwortlichen des Gastlandes. Der ungarische Austauschoffizier nimmt auf dieser Grundlage seit 2018 seine Aufgaben im LogKdoBw im Bereich MN logistische Kooperation der Abteilung Planung wahr. Im Jahr 2019 wurde im Gegenzug der Dienstposten des Austauschoffizier LogKdoBw beim Hungarian Defence Force Command Logistics Inspectorate in Ungarn etabliert.

Ausblick und Fazit

Im letzten Jahr wurde die Zielvereinbarung für den Zeitraum 2020-2025 fortgeschrieben und das Herstellen der interoperablen Vollbefähigung der beiden Fähigkeitsprojekte für das Jahr 2022 avisiert. Darüber hinaus sind u.a. gegenseitige Ausbildungsunterstützung im Bereich LOGFAS, gemeinsame RSOM Übungen, die Zusammenarbeit im Bereich der Reorganisation/Modernisierung der ungarischen Logistikkräfte als auch die intensive Prüfung zur Erweiterung der Kooperation wesentliche Bestandteile der erneuerten Zielvereinbarung. Das derzeitig durch Ungarn verfolgte Programm „ZRYÍNI 2026“ verfolgt das Ziel, die Streitkräfte zu modernisieren und die Interoperabilität im Bündnis zu steigern. Das Logistikkommando unterstützt hierbei in enger Abstimmung mit den Organisationsbereichen in allen logistischen Fragestellungen mit dem Ziel, die Interoperabilität der logistischen Kräfte aus der Grundaufstellung heraus im Sinne eines „Plug-In“ Profils beständig zu verbessern. Für den binationalen Feldtanklagerzug sowie die mittlere Transportkompanie wird es nach Herstellen der Vollbefähigung in 2022 darauf ankommen, in gemeinsamen Übungen, vorzugsweise im multinationalen Umfeld, die Fähigkeiten zu erhalten, um gemeinsam logistische Kräfte für Einsätze oder einsatzgleiche Verpflichtungen, z.B. NRF oder EUBG bereitstellen zu können.

Die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik kann auch für andere Nationen geöffnet werden, um die bisherigen Kapazitäten mit weiteren Kräften, Mitteln und Optionen zu erweitern. Das dargestellte Interesse und Engagement Kroatiens hierzu im Rahmen von Ausbildungs- und Übungsvorhaben belegt dies nachdrücklich. Unter Berücksichtigung des „NATO Long Term Commitment Plan 2021-2032“ hat Kroatien angekündigt, zeitnah in den Status des Teilnehmers wechseln zu wollen. In den Projekten „SAFETY FUEL“ und „SAFETY TRANSPORT“ kommt es in der Folge darauf an, die Vollbefähigung zu erhalten und die Beiträge von Partnern nahtlos auf Grundlage der etablierten Interoperabilitätsstandards zu integrieren.

Die Strukturierte Partnerschaft in der Logistik ist eine Erfolgsgeschichte und ein sehr gutes Beispiel für binationale Kooperation und gemeinsame Fähigkeitsentwicklung. Sie zeigt exemplarisch, dass die gemeinsame Vereinbarung von Zielen sowie deren glaubhafte Erfüllung der kontinuierlichen sowie partnerschaftlichen Zusammenarbeit auf Augenhöhe bedürfen. Die verlässliche und nachhaltige Begleitung des Projektes sowie die Bereitstellung von Ressourcen, auch als Vorleistung, ist zwingende Voraussetzung, um dieses gemeinsam mit Ungarn schrittweise zum Erfolg zu führen. Die Kooperation mit Ungarn in den Bereichen Framework Nations Concept, PESCO und Strukturierte Partnerschaft ergänzen und befördern sich hierbei gegenseitig und bringen einen echten Mehrwert im und für das Bündnis und somit auch für Deutschland. Im Summenzug ist dies ein substantieller Beitrag des LogKdoBw, um der gestiegenen Erwartungshaltung Deutschlands als europäischer Partner innerhalb der NATO/EU gerecht zu werden.

Text und Bilder: Autorenteam LogKdoBw Abt Planung I (2) MN Logistik

Soldaten bei der Ausbildung mit einem Rohrtrenngerät

Einzigartig in Europa – Die Spezialpioniere aus Putlos

In Putlos befindet sich nicht nur der einzige Truppenübungsplatz, kurz: TrÜbPl, der Bundeswehr mit „Seeblick“, sondern auch das dislozierte Spezialpionierausbildungs- und Übungszentrum Putlos (SpezPiAusb/ÜbZ Putlos) der Logistikschule der Bundeswehr für Spezialpionierkräfte der Bundeswehr.

Wappen SpezPiAusbÜbZ Putlos - Grundfarben Schwarz und Blau, mit der Brücke für die Pioniere und dem Symbol für die LogSBw Blauer Bund
Wappen SpezPiAusbÜbZ Putlos

Das Spezialpionierausbildungs- und Übungszentrum ist aus der Pipelinepionierausbildungsanlage in Putlos (Oldenburg in Holstein) hervorgegangen und wurde der Logistikschule der Bundeswehr am 1. Oktober 2006 als eigenständige Dienststelle unterstellt.

Die Spezialpioniere der Bundeswehr gehören zu den ersten Soldaten, die in einen bevorstehenden Einsatz gehen. Sie sind mit ihren unterschiedlichen technischen und handwerklichen Fähigkeiten nicht nur in der Lage, Erd- und Wassermassen zu bewegen, sondern tragen ganz wesentlich zur Unterstützung von Soldatinnen und Soldaten im Auslandseinsatz bei indem sie die Voraussetzungen für eine längere Stationierung und Versorgung von Soldaten im Einsatz schaffen. Dazu bereiten sie zunächst mit ihrem Spezialgerät das Gelände vor, um dort später ein Feldlager oder Tanklager aufbauen und betreiben zu können. Auch der Aufbau selbst mit allen Schutzein-richtungen nebst der gesamten dazugehörigen Infrastruktur wie Wasser-, Strom- oder Treibstoffversorgung und der erste Betrieb von Feldlagern für die Unterbringung von Soldaten und Material sowie Beiträge zur Wasserversorgung gehören zum Auftrag der Spezialpioniere. Weiterhin errichten sie Tanklager aus Pumpen, Tankbehältern und Rohren mit einer funktionierenden Infrastruktur. Bei den Pipeline-Systemen von NATO und Bundeswehr unterstützen die Spezialpioniere darüber hinaus bei der Schadensbeseitigung zur Sicherstellung der europäischen Kraftstoffversorgung.

Aufbauarbeiten von großen Zelten bei Dunkelheit Blauer Bund
Life Support Area anlässlich DEFENDER EUROPE 20 in Garlstedt

Auf Antrag unterstützen sie mit ihrer besonderen Kompetenz und ihrer speziellen Ausrüstung auch zivile Behörden bei Hilfs- und Katastropheneinsätzen im Inland. So können Sie zum Beispiel, wie auch beim aktuellen Hochwassereinsatz, wertvolle und wichtige Hilfe leisten.

Ein Traktor überquert die Faltfestbrücke nach der Hochwasserkatastrophe in Insul im Ahrtal, am 22.07.2021 Blauer Bund
Ein Traktor überquert die Faltfestbrücke nach der Hochwasserkatastrophe in Insul im Ahrtal, am 22.07.2021

Dieses Aufgabenportfolio setzt Ausbildung und Inübunghaltung voraus denn Ausbildung ist und bleibt eine Investition in die Zukunft! Was nützt das beste Material oder Gerät, wenn die Bundeswehr nicht in der Lage ist es zu betreiben, zu warten und instand zu setzen – und zwar am Heimatort ebenso wie im Einsatzgebiet!

Zwei Spezialpioniere in einer Ausbildungshalle Blauer Bund
Im Rahmen der Ausbildung wird in eine Flammendurchschlagsicherung eingewiesen

Spätestens hier kommt das SpezPiAusb/ÜbZ mit seinen Männern und Frauen ins Spiel. Das Zentrum führt an den Standorten Garlstedt und Putlos sowohl die lehrgangsgebundene Fachausbildung für Offiziere, Feldwebel, Unteroffiziere und Mannschaften der Spezialpionierkräfte der Bundeswehr sowie die Dienstpostenausbildung der Spezialpionierkräfte und Anteile der Truppenausbildung mit verstärkten Feldlagerbau-/Betriebszügen und Pipelinebau-/Betriebszügen durch. Darüber hinaus stellt es die Inübunghaltung der Kräfte, die im Einsatz den Bau und/oder den reibungslosen Betriebsablauf in Feld- und Feldtanklagern gewährleisten, sicher.

Die Ausbildung im Übungszentrum erfolgt am gleichen pionier-technischen Großgerät, welches sich auch in den Feldlagern im Einsatz befindet. Den übenden Truppenteilen wird die Möglichkeit geboten, ganzheitlich zu üben bzw. Fachpersonal der Bereiche Klimatechnik, Stromerzeuger-aggregate, Elektrik, Mechanik und Betriebsstoffe weiterzubilden und mit neuem Material vertraut zu machen.

Spezialpioniere erweitern die Grenze von Camp Castor mit einem Bagger im Rahmen der Mission MINUSMA in Gao/Mali, am 30.03.2018. Blauer Bund
Auch bei der Erweiterung eines Feldlagers im Einsatz kommen erst die großen Geräte zum Einsatz

Darüber hinaus stellt das Zentrum Ausbildungsanlagen und Sonder-infrastruktur für fachspezifische Ausbildung der Pipelinepioniere sowie für Ausbildungsanteile der Umschlag- und Transportkräfte (Kraftstoffversorgung) im Rahmen der Truppen- und lehrgangs-gebundenen Ausbildung bereit.

Feldlagerausbildungsanlage Ostseeblick Blauer Bund
Feldlagerausbildungsanlage Ostseeblick

Eine Besonderheit ist die europaweit einzige mit Kraftstoff befüllte Übungsanlage für Pipelinesysteme, die sogenannte Sonderinfrastruktur Pipeline oder auch „Georgenhof“ genannt. Dieser Umstand ermöglicht es, Erlerntes im „scharfen Betrieb“ anzuwenden und zu üben, denn für die Errichtung von Tanklagern ist der Aufbau von Pipeline- und entsprechenden Verteilsystemen erforderlich. Die Spezialpioniere werden hier in Betrieb und Instandsetzung von Pipelinesystemen ausgebildet.

Sonderinfrastruktur Pipeline „Georgenhof" Blauer Bund
Sonderinfrastruktur Pipeline „Georgenhof“

Dafür sind besondere Kenntnisse im Schneiden und Schweißen der Pipelinerohre erforderlich. Vor allem bei den Schweißübungen werden sie von der Brandschutzstaffel in Putlos unterstützt. Die Ausbildung erfolgt an in modulbauweise erstellten Feldtanklagern mit 150 m³ bis 1200 m³ Fassungsvermögen und an Teilen stationärer Pipelineanlagen sowie deren mobilen Ersatzanlagen. Ihr Wissen können die Pioniere aber auch bei der Betreuung der militärischen Kraftstoffpipeline, die sich über ganz Europa erstreckt, davon allein in Deutschland ca. 1.700km, einsetzen.

Soldaten bei der Ausbildung mit einem Rohrtrenngerät
Der Umgang mit dem manuellen Rohrtrenngerät will gelernt und geübt sein

Eine weitere Besonderheit in Putlos ist die Ausbildung an und in einer mobilen Trinkwasserabfüllanlage. Von der Bediener-ausbildung bis zum Instandsetzungs-lehrgang für Feldwebel werden die Soldaten im Umgang mit dieser besonderen Anlage ausgebildet. Sie dient der vollautomatischen Flaschenherstellung aus sogenannten Kunststoff-Preforms mit anschließender Abfüllung von chlorfreiem Trinkwasser samt Etikett.

Trinkwasser aus eigener Produktion Blauer Bund
Trinkwasser aus eigener Produktion

Neben dem Ostseeblick hat der TrÜbPl Putlos noch eine weitere Besonderheit, als europaweit besonders hervorgehobener Naturwert mit eigener Biotopkartierung, die natürlich bei den Übungen zur Erstellung der Feldlager mitberücksichtigt wird.

Auch in Putlos stellt sich der Lehrgangsbetrieb den coronabedingten Herausforderungen: Reduzierte Teil-nehmerzahlen in den Lehrgängen und das digitale Lernen im Grundlagenunterricht sind hier Ausbildungsalltag geworden. „Um der Pandemie etwas Positives abzugewinnen, lässt sich auf die veränderte Ausbildungswirklichkeit verweisen.

Mechatronikerausbildung Motorenkunde blauer Bund
Mechatronikerausbildung Motorenkunde

Anfangs durch die surreale Lage-entwicklung völlig vor den Kopf gestoßen, bewegte es die Ausbilder, Hörsaalleiter und Einrichtungen dazu, „Altes“ neu zu denken und die Faktoren Kräfte-Mittel-Zeit auch in Hinblick auf mögliche Distanzausbildung anzupassen.

 

Dies wird die Ausbildungsrealität der Bundeswehr auch nach Überwinden der Pandemie nachhaltig positiv und zukunftsorientiert verändern.“, erklärte Hauptmann Johannes Schwien, Leiter Planung/Ausbildung/Übung. „Ich habe großen Respekt vor den Leistungen unserer Hörsaalleiter und Ausbilder, die in erster Reihe stehen und trotz immer neuer Rahmenbedingungen und Auflagen, motiviert Ihrem Ausbildungsauftrag nachgehen und unserem Spezialpioniernachwuchs hochprofessionell ihr Wissen weitergeben“, so Schwien.

 

Text: Wilfried Heckmann, Brian Melzer

Fotos: © Bundeswehr/ Björn Kapfer (Abb. 5), Brian Melzer (Restl. Abb.), Petra Reiter (Abb. 2), Kevin Schrief (Abb. 3)

Mobilität und Feuerkraft: Rheinmetall stellt neue Feuerunterstützungsvariante Lynx 120 vor

Rheinmetall hat mit dem Lynx 120 das jüngste Mitglied dieser Kampffahrzeug-familie der nächsten Generation vorgestellt. Der Düsseldorfer Technologiekonzern hat eine mechanisierte Feuerunterstützungsvariante des Lynx-Schützenpanzers entwickelt. Dieses hochleistungsfähige Kampfsystem trägt die Bezeichnung Lynx 120. Die Plattform vereint ein bewährtes Turmkonzept und Waffensystem – basierend auf der 120 mm Glattrohrtechnologie von Rheinmetall – mit dem Fahrgestell des Lynx KF 41. Die neue Variante des Lynx bietet dem Nutzer herausragende Fähigkeiten zur Feuerunterstützung und Panzerabwehr.

Die Lynx 120 ist eine optimale Ergänzung für die Nutzer der Lynx-Plattform und bietet eine ausgewogene Mischung aus Feuerkraft, Mobilität und Schutz. Durch die Verwendung von Standardkomponenten wird das Gewicht reduziert. Flexibel anpassbare Schutzpakete sind verfügbar. Die unkomplizierte Fahrzeugarchitektur bietet eine offene „Plug-and-Play“-Fähigkeit für künftige Kampfwertsteigerungen – bei gleichzeitiger Einhaltung der und möglicher Anpassung an die NATO-Standards.

In absehbarer Zeit sehen sich Streitkräfte vielfältigen Bedrohungen gegenüber, darunter hochtechnologische Kampfsysteme. Zugleich haben herkömmliche Lösungen und Konzepte ihr Leistungsmaximum erreicht. Um künftigen Gegnern angemessen begegnen zu können, bietet der Lynx 120 eine hohe, auf Ketten bewegliche Wirkung und Feuerkraft gepaart mit den neuesten Schutztechnologien.

Das modulare Fahrgestell des Lynx KF 41 und ein skalierbares Großkaliber-Turmkonzept verschmelzen im Lynx 120 zu einem leistungsfähigen Gesamtsystem. Dieses stellt einmal mehr das enorme Wachstumspotenzial und die Überlegenheit der Plattform unter Beweis. Erst vor wenigen Monaten hatte Rheinmetall Defence Australia eine Combat Support Vehicle (CSV) Variante vorgestellt, jetzt folgt die Feuerunterstützungsvariante.

Grundgedanke des Lynx 120-Konzepts ist es, ein Gefechtssystem bereitzustellen, das innerhalb eines angemessenen Zeitrahmens und zu realistischen Kosten ein Maximum an operativer Leistungsfähigkeit in Kombination mit logistischen Vorteilen bietet.

Als Hauptbewaffnung dient eine120mm Glattrohrkanone von Rheinmetall, abgeleitet von der bewährten Hauptbewaffnung des Leopard 2. Sie ist in der Lage, die neue programmierbare Mehrzweckmunition DM11 zu verschießen. Die Sekundärbewaffnung besteht aus einem koaxialen Maschinengewehr. Auf einer unabhängigen Waffenstation für den Kommandanten wird ein zusätzliches Maschinengewehr Kaliber .50 montiert.

Ein 360° Kamerasystem mit automatischer Zielerkennung und -verfolgung reduziert die Arbeitsbelastung der Besatzung rund um die Uhr in allen Einsatzszenarien.

Anpassbare Schutzmodule ermöglichen eine missionsspezifische Anpassung des Schutzes gegen ballistische Bedrohungen, improvisierte Sprengsätze (IED), explosiv geformte Penetratoren (EFP) und Artilleriebeschuss. Die Modifikationen können in kurzer Zeit und mit nur einer minimalen Werkzeugausstattung vorgenommen werden. In den Lynx 120 ist das bewährte Rheinmetall Active Defence System (ADS) zur Abwehr von Panzerfäusten und Panzerabwehrlenkflugkörpern integriert. Zusätzliche Panzerungspakete und aktive Schutzsysteme können auf Wunsch geliefert werden.

Verschiedene Nationen sind derzeit an der Beschaffung der Lynx-Gefechtsfahrzeugfamilie als Ersatz für ihre alternden Fahrzeugflotten interessiert. Die Plattform ist derzeit ein starker Mitbewerber bei den australischen und slowakischen Schützenpanzer-Modernisierungsprogrammen. Auch in dem OMFV-Programm (Optionally Manned Fighting Vehicle) der U.S. Army tritt der Lynx an. Ungarn wurde 2021 der Lynx-Erstkunde. Neben militärstrategischen Aspekten wie der Verbesserung der Interoperabilität und der Verstärkung von Fähigkeiten sind alle diese Beschaffungsvorhaben auch auf die Förderung der lokalen Industrie und die Schaffung von Arbeitsplätzen ausgerichtet.

 

Quelle: Rheinmetall AG (Text und Bild)

Militärisches Mehrzweckwerkzeug

Militärisches Mehrzweckwerkzeug: Rheinmetall und CSM Industry stellen HX 8×8 ExcavatorBaggerfahrzeug für Pioniere und Katastrophenhilfe vor

Rheinmetall MAN Military Vehicles hat in Zusammenarbeit mit dem slowakischen Unternehmen CSM Industry ein neues hochmobiles Mehrzweck-Baggerfahrzeug auf Basis des HX 8×8 vorgestellt. Der HX 8×8 Excavator entstammt der weltweit bewährten Logistikfahrzeugfamilie von Rheinmetall MAN Military Vehicles (RMMV). Er trägt einen Baggeraufbau des Typs UDS 214, ebenfalls ein bewährtes System des slowakischen Kran- und Baggerherstellers CSM Industry aus Tisovec. Der HX 8×8 Excavator ist besonders für den Einsatz bei der Pioniertruppe oder zur Katastrophenhilfe gedacht.

Der Baggeraufbau ist um 360 Grad schwenkbar und verfügt über einen Teleskoparm, der sich auf eine Länge von bis zu 14,60 Meter ausfahren lässt. Er kann verschiedene Werkzeuge nutzen – neben Baggerschaufeln auch Haken oder hydraulische Trommel-schneider. Das universell einsatz-bare Gerät kann Lasten von bis zu 7,5 Tonnen heben und eignet sich somit auch als Behelfskran. Auf Kundenwunsch lässt sich die Baggerführerkabine auch gemäß der STANAG-Vorgaben schützen und mit einer Schutzbelüftung versehen.

Wie die gesamte HX-Familie von RMMV ist der HX 8×8 als military-off-the-shelf-Fahrzeug auf härteste militärische Einsätze ausgelegt und bietet auch im anspruchsvollen Gelände eine ausgezeichnete Mobilität. In der Grund-ausstattung kommt das System einsatzbereit auf 28 Tonnen Gesamtgewicht.

Der MAN D2676-Dieselmotor liefert eine Leistung von 387 kW (540 PS), wodurch der HX 8×8 Excavator eine Geschwindigkeit von bis zu 90 km/h erreicht. Das Fahrzeug kann Steigungen von 60 Prozent meistern und Gewässer von bis zu 1,5 Meter Tiefe durchwaten. Auf Wunsch kann der HX 8×8 Excavator mit Rheinmetalls geschützter Fahrerkabine Integrated Armoured Cabin (IAC) ausgestattet oder für deren optionale Nutzung vorbereitet werden. Ebenso lässt sich eine fernbedienbare Waffenstation zum Selbstschutz einrüsten.

Die Zugehörigkeit zur HX-Familie – von ihr sind bisher rund 16.000 Fahrzeuge weltweit in Nutzung – bietet Vorteile hinsichtlich Wartung, Instandsetzung und
Ausbildung. Viele NATO-Staaten nutzen die HX-Familie bereits, so dass sich gerade bei multinationalen Einsätzen Synergieeffekte ergeben.

Der HX 8×8 Excavator ist ein weiteres Beispiel für die Kooperation Rheinmetalls mit europäischen und internationalen Partnern. Diese bezieht sich nicht nur auf die technologische Zusammenarbeit. CSM könnte sich durch die Kooperation mit Rheinmetall auch weitere Exportmärkte erschließen.

Das deutsche Technologieunternehmen bereitet darüber hinaus in der Slowakei weitere Optionen der Zusammenarbeit mit der örtlichen Industrie vor. Ein mögliches Projekt wäre die Fertigung von Schützenpanzern in dem NATO-Staat. Hintergrund ist ein Angebot Ungarns an die Slowakei, im Rahmen eines Government to Government-Geschäftes die von Rheinmetall entwickelte moderne Kettenfahrzeugfamilie Lynx KF41 zu produzieren. Die Lynx-Familie überzeugt nicht nur aufgrund ihrer Leistungsparameter. Sie setzt auch in Bezug auf die Rüstungskooperation zwischen NATO-Mitgliedern und -Partnern neue Maßstäbe. Ungarn hat sich 2021 für den Lynx entschieden und wird in enger Kooperation mit Rheinmetall den Großteil seiner Lynx-Flotte in der Heimat bauen. Auch der NATO-Staat Slowakei würde im Falle einer Entscheidung zugunsten des Lynx den Großteil seiner Fahrzeugflotte lokal fertigen und zudem von einer umfangreichen Rüstungskooperation profitieren, die ebenfalls zur Wertschöpfung und zum Erhalt und Ausbau rüstungstechnologischer Kompetenz im Lande beiträgt.

Quelle: Rheinmetall AG (Bild und Text)