Ein Stimmungsbild von Herrn Oberstleutnant Roman Schlosser, Redakteur im blauer Bund e.V.
Der Verein veranstaltete am 07. und 08. November 2019 die Mitgliederversammlung und eine zentrale Informationsveranstaltung für Logistikfachleute innerhalb und außerhalb der Bundeswehr sowie interessierte Gäste in der Donnerberg-Kaserne in ESCHWEILER.
Die rund 200 Besucher setzten sich aus Mitgliedern aller Teilstreitkräfte (TSK)/Organisationsbereiche (OrgBer), aus allen Dienstgradgruppen sowie zahlreiche zivilen Logistikern, Rüstungsfachleuten, Wehrtechnikern, Firmenvertretern und weiteren Gästen zusammen. Bemerkenswert ist die hohe Anzahl an (Noch-)Nichtmitgliedern, die das Weiterbildungsangebot dankbar angenommen hatten. Am Ausbildungszentrum Technik Landsysteme (AusbZTLS) in der Donnerberg-Kaserne konnte der Präsident, GenMaj Volker Thomas, zur jährlichen Mitgliederversammlung und Informationsveranstaltung begrüßen. Zwei Tage lang trugen hochrangige Entscheidungsträger aus militärischer Führung der Streitkräfte und TSK/OrgBer, zivilen Bundesbehörden, Logistik und Rüstung, aber auch aus dem militärischen Anteilen von NATO/EU und den Ausbildungseinrichtungen zu aktuellen, zukunftsweisenden Themen vor.
Zuvor jedoch wurde in der Mitgliederversammlung die Bilanz des vergangenen Jahres gezogen und über Neuerungen informiert.
Mitgliederversammlung: Informationsmedien und Netzwerk machen den „blauer Bund e.V.“ (bB) interessant.
Der Präsident blickte auf eine positive Entwicklung zurück und freut sich über den erneuten Anstieg der Mitglieder auf nun über 1.150. Vor allem der Zuwachs an „jungen“ Mitgliedern sei sehr willkommen und es gelte diesen künftig auszubauen und „die Jungen“ im Verein einzubinden. Das gebotene Netzwerk sei in dieser Gemeinschaft ein wertvolles Gut, das viele Vorteile im täglichen Berufsleben biete und den bB attraktiv mache. Weiter ging GenMaj Thomas auf den sehr gelungenen neuen Web-Auftritt des bB ein. Endgeräte unabhängig und in modernem Design wurden heuer rund 150 Artikel eingestellt. Zusammen mit den Vereinsmedien Info-Heft und Newsletter handelt es sich um das Aushängeschild des Vereins. Den anwesenden Partnerfirmen empfahl der Präsident die Möglichkeit, freie Stellen auf der Web-Seite anzubieten, intensiver zu nutzen. Sei doch die Suche nach qualifizierten Bewerbern die Herausforderung der Zukunft für alle Arbeitgeber.
Die folgenden zwölf Einzelvorträge mit dem Leitthema „Deutschland als (logistische) Drehscheibe für kollektive Verteidigung im Bündnis“ waren geprägt von erfreulicher Offenheit und höchst aktuell. An der Vielzahl der gestellten Fragen konnte man das große Interesse an den Inhalten ablesen.
In einem kurzen Grußwort ging der Präsident des bB auf die Großübung DEFENDER EUROPE 20 ein und führte so zum Leitthema hin. Die von den USA initiierte Übung quer durch Europa wird von den DEU SK mit mehr als 1400 Logistikkräften unterstützt, um den fast 50.000 Soldaten mit ihrem Großgerät unter anderem den Durchmarsch durch DEU zu ermöglichen.
Im Grußwort des Gastgebers ging BrigGen Cohrs, Kommandeur des AusbZTLS, auf die Verbundenheit mit dem bB ein und stellte den Stellenwert des persönlichen Kontakts und der Kameradschaft im Verein, bei allen Veränderungen der heutigen modernen Zeit heraus.
Ein weiteres Grußwort richtete Oberst d.R. Freiling, Vizepräsident im Verband der Reservisten an das Auditorium. Er lobte dabei den bB für die Beiträge und gemeinsame Mitarbeit im Beirat der Reservisten.
Oberst Meyer: „NATO 3.0 heißt 29 for 29, @360°, 24/7.“
Den thematischen Aufschlag machte Oberst i.G. Meyer, Deutscher Militärischer Vertreter im Militärausschuss der NATO und EU, aus strategischer Sicht im Bündnis gab er eine Standortbestimmung.
Er stellte dar, dass die Bedrohungen wie Terror, Migration und Hybride Konflikte weiterhin Bestand hätten, die Wahrnehmung durch die einzelnen Mitgliedsstaaten, z.B. zur Bedrohung durch Russland sich unterschieden. Der Strategiewandel der NATO drückt sich aus in „29 for 29“ also der Aussage „Ein Angriff auf einen Alliierten erfordert immer eine strategische Antwort.“ Dem Ansatz des Wirkens in jeder Richtung, „@360°“ und der schnellen Reaktionsfähigkeit „24/7“. Realisiert werden soll der Ansatz auch durch die NATO Readiness Initiative. Mit dem Schlagwort 30/30/30/30 sind hier zusätzlich zur NATO Response Force (NRF) vorgesehene Kräfte im Ansatz von 30 Bataillonen, 30 Kampfflieger-Staffeln, 30 Kampfschiffen innerhalb von 30 Tagen einsatzbereit, gemeint. Diese Ressourcen sind wichtige Optionen des SACEUR und für die Verlegung solcher Kräfte ist Military Mobility eine wichtige Voraussetzung. Das PESCO Projekt zu Military Mobility mit den 24 europäischen Mitgliedsstaaten sei ein sehr gutes Instrument dafür und Zeichen der Zusammenarbeit zwischen NATO und EU.
Als nächster BrigGen Seifert, stv Kommandeur des Multinationalen Kommando Operative Führung, aus Sicht eines Joint Support and Enabeling Command (JSEC) vor.
Seinen Ausführungen war zu entnehmen, dass das JSEC im „Rückwärtigen Gebiet“, also nicht im Operationsgebiet der NATO-Truppen, für die Führung einer Joint Logistics Support Group (JLSG) zuständig ist. Die für die NATO-Folgekräfte zu erbringenden Aufgaben dazu sind zivile und Militärische Sicherheit, Schutz der Truppen, Durchmarsch der Folgekräfte, Training und Integration sowie Steuern von Host Nation Support (HNS) und Infrastrukturmaßnahmen. Alle Maßnahmen dienen dazu die Folgekräfte rechtzeitig zur Wirkung bringen zu können. Das JSEC wächst derzeit auf und soll bis IV./2021 die volle Einsatzbereitschaft erreicht haben.
Nun ging der Staffelstab an GenLt Schelleis, Inspekteur der SKB und Nationaler Territorialer Befehlshaber (NatTerrBefh), aus dieser Zweitrolle legte er auch den Fokus auf das Leitthema.
Er beleuchtete zunächst die Aufgabe des NatTerrBefh, der als nationaler Ansprechpartner eines JSEC im rückwärtigen Raum dient und aus einem Territorialkommando (TerrKdoBw), gespeist aus dem Kdo SKB, heraus die Funktionsfähigkeit der Drehscheibe Deutschland sicher stellt. Das TerrKdoBw hält auch Verbindung zu Bundesbehörden und zivilen Dienstleistern, um z.B. die Aufgaben Aufmarschführung der Bundeswehr oder Transit Alliierter zu bewerkstelligen. Die Abstimmung mit den Verantwortlichen der verschiedenen Verkehrswege sei, vor dem Hintergrund des Ziels für Military Mobility mit 5 Tagen Vorbereitungszeit auszukommen, eine besondere Herausforderung. Die Zusammenarbeit mit zivilen Dienstleistern sei auch deshalb erforderlich, weil ein hoher Anteil der Kräfte aus der SKB, die Gleiches leisten könnten, schon mit den ersten Kräften der NRF in Einsatzgebiete verlegen und so in Deutschland beim Transit von Folgekräften nicht mehr zu Verfügung stehen. GenLt Schelleis erläuterte die Herausforderungen an der bevorstehenden Übung DEFENDER EUR 20 und schloss mit der Feststellung, dass HNS in Deutschland eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe sei.
Der Schließende des ersten Tages war Herr Unger, Präsident des Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK).
Zunächst erläuterte er die Zuständigkeiten bei der integrierten Hilfeleistung im föderalen Bundesstaat, die von den Kommunen für Alltagsereignisse, über die Länder bei Regionalen Katastrophenlagen, bis hin zum Bund bei kriegerischen Konflikten und Lagen mit nationaler Bedeutung sowie der Katastrophenhilfe reichen. Das BBK, welches dem Ressort des BMI angehört, hat ein vielfältiges Aufgabenspektrum, das für den Anteil Zivile Verteidigung auf den Säulen Aufrechterhaltung der Staats- und Regierungsfunktionen, Zivilschutz, Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft sowie Unterstützung der Streitkräfte fußt. Bei der Unterstützung der Streitkräfte hat die NATO Mindestvoraussetzungen wie Aufrechterhaltung der Regierungsfunktion, Versorgung mit Energie/Nahrung/Wasser/Kommunikation/von Verletzten, Umgang mit Flüchtlingen und resiliente zivile Verkehrssysteme, formuliert. Herr Unger stellte fest, dass für die Zivile Verteidigung bestehende Regelungen angepasst werden müssten und insbesondere die Versorgung der Bevölkerung noch mit Leistungserbringern zu hinterlegen sei.
Der Gesellschaftsabend kam bei allen Teilnehmern sehr gut an und beförderte das Kennenlernen und einen regen Austausch. Den würdigen Rahmen nutzte der Präsident, um besondere Auszeichnungen vorzunehmen. So wurde einem verdienten Mitglied im Bundesvorstand, Herrn Oberstlt a.D. Steibel, die Ehrenmitgliedschaft im bB verliehen und einem weiteren verdienten Mitglied, nämlich Oberstlt a.D. Laux, die Ehrennadel des bB verliehen. Drei Ehrungen zur 25-jährigen Mitgliedschaft wurden ebenfalls vor Ort vorgenommen. Die Empfänger waren BrigGen Lungershausen, Oberst a.D. Selbert und OStFw a.D. Matheis. Die durchgeführte Sammlung zu Gunsten des Soldatenhilfswerkes ergab knapp 1000€.
Der zweite Tag wurde von GenMaj Breuer, Kommandeur des Kommandos Territoriale Aufgaben (Kdo TerrAufgBw), zum Thema „Unterstützung der Drehscheibe DEU durch das KdoTerrAufg“ begonnen.
GenMaj Breuer: „Nur aus Strukturen heraus ist HNS verlässlich zu leisten.“
Er führte aus, dass die Aufgabe HNS deutlich mehr als Logistik umfasst und auch Themen wie SanVersorgung, Militärische Sicherheit, Diplomatische Vorgänge, GeoInformation und andere bedacht werden müssen. HNS ist keine neue Erfindung, sondern in Deutschland Alltagsgeschäft, welches in 2019 zu knapp 1000 Anträgen anderer Nationen geführt hat. Aus der OPZ im KdoTerrAufgBw und den 16 Lagezentren in den Ländern, wird die Unterstützung durch vorhandene verfügbare Ressourcen gesteuert. Hier setzt GenMaj Breuer Kritik an, wenn er die Verlässlichkeit der Unterstützung im großen Stil ausschließlich durch verfügbare Ressourcen in Zweifel stellt. Nur aus Strukturen heraus sei HNS verlässlich zu leisten. Auch das KdoTerrAufgBw selbst erreiche bei mehreren Vorfällen an Hilfeleistung bei Katastrophen/Notfällen die Grenze des Machbaren.
Im engen Schulterschluss mit dem KdoTerrAufgBw agiert das Logistikkommando der Bundeswehr (LogKdoBw), zu dem GenMaj Thomas, Kommandeur des LogKdoBw, vortrug.
Er machte klar, dass HNS für das LogKdoBw vielfältige Aufgaben in Planung und Durchführung mit sich bringt. Doch dazu seien erforderliche Weisungen, Aufmarschpläne, Operationspläne und andere Dokumente zeitgerecht zu erstellen.
GenMaj Thomas: „Mit den PESCO LogHubs ist ein wichtiger Schritt getan. Die aktuell größte Herausforderung ist die Führungsorganisation.“
GenMaj Thomas beschrieb die Zuständigkeiten für Planungsprodukte bei strategischer Verlegung und zeigte auf, dass die National Detailed Deployment Plans (NDDP) aus seinem Kommando eine wichtige Grundlage für die Multinational Detailed Deployment Plans (MNDDP) sind und somit Garant einer erfolgreichen Verlegung. Um einen Maßstab für die Durchführung zu bekommen, zeigte er auf, dass schon bei der Übung DEFENDER EUR 20 Personal in Stärke 1400 aus seinem Kommando unterstützen wird. Sorge mache auch die unzureichende Lagerkapazität, die dringend erhöht werden müsse. Ein Abstützen auf privatwirtschaftliche Leistungserbringer für HNS sei ebenfalls unabdingbar.
Noch stärker aus der Sicht des Durchführenden berichtete Oberstlt Dr. Henschke, Kommandeur des Logistikbataillons 172.
Er stellte dar, dass die Gleichrangigkeit von Stabilisierungsoperationen und Landes-/Bündnisverteidigung in der Truppe angekommen sei. Nämlich in der Form, dass die bisher existierenden Einsatzpausen jetzt mit Zeiten von anhaltender Bereitschaftsverpflichtung, z.T. mit Vorwarnzeiten von nur 48 Stunden gefüllt würden. Die Situation für diese NRF sei auch deshalb herausfordernd, weil das zukünftige Operationsgebiet unbekannt sei, ein Sachverhalt, mit dem man lernen müsse, wieder umzugehen. Eine Konstante hat Oberstlt Dr. Henschke auf der Durchführungsebene aus den durchlaufenen Großübungen ausgemacht: Zeit ist immer der kritische Faktor! Neben den auffälligen Schwächen bei den eigenen Führungsmitteln, wo er sich schnell Verbesserung wünsche, zieht er doch auch ein sehr positives Fazit. Er Lobt den Zusammenhalt und die Kreativität seiner Unterstellten und ist stolz auf die Vielzahl von Dingen die gut funktionieren.
Als nächster referierte Oberst Schellhase, Stv Abteilungsleiter Kampf im Bundesamt für Ausrüstung Information und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw).
Zunächst warb er für seinen Bereich, der häufig in der öffentlichen Kritik steht, indem er die Rahmenbedingungen der Beschaffung erläuterte. So zeigte er auf, dass im Vergleich zu einem Versandhaus mit rund 60.000 Artikeln im BAAINBw ca. 2.000.000 Artikel im Bestand geführt werden. Nach dem Hinweis auf die angespannte Personalsituation, schilderte er die Grundzüge der Beschaffung nach CPM und daraus erwachsende, einschränkende Faktoren. Mit dem Zielbild Rüstungsmanagement zeigte er die Bemühungen des BAAINBw sich weiter zu entwickeln und zu verbessern.
Im folgenden Teil berichtete BrigGen Denk, Kommandeur der Logistikschule der Bundeswehr, über aktuelles aus seiner Ausbildungseinrichtung. Zunächst zeigte er die Neuausrichtung der Offizierausbildung der Logistikoffiziere auf, die weniger verschult und mit mehr Praxis und Truppengattungsbindung zu weniger Abbrechern führen soll. Der erste Durchgang des neuen Fahnenjunker-Lehrganges soll im I./2021 beginnen und mit je 80 Teilnehmern an der LogSBw und dem AusbZTLS stattfinden. Weiter informierte er über die Individual- und Teamausbildung am JCTS sowie der Schwerpunktaufgabe der Unterstützung des I. DEU/NDL Korps in 2020/2021. Zuletzt zeigte er das Aufgabenpaket des LogÜbZ mit den Anteilen Ausbildung des Stab LogRgt und Ausbildung des RSOM Btl.
Den Abschluss bildete BrigGen Cohrs, Kommandeur des AusbZTLS, der gleichfalls über aktuelles aus seiner Ausbildungseinrichtung informierte. Anfangs erklärte er die Situation zur Infrastruktur, der personellen Ausstattung und den Fortschritten zur Kompetenzorientierten Ausbildung an seinem Zentrum. Weiter machte er deutlich, welche wichtige und sinnvolle Rolle der Bereich Technik/Logistik bei der Nachweisführung zur Beschaffung von Wehrmaterial habe und weit entfernt von einer Rolle als „Spielverderber“ liege. Dann zeigte er die Zeitlinie auf, wie die Instandhaltungsfähigkeiten zum SPz PUMA bis 2023 aufgebaut werden sollen und schloss mit dem Ausblick auf das AusbZTLS 2030+, für das Fragestellungen zu den Bereichen Ressourcen, Technologie, Rahmenbedingungen und Ausbildung beantwortet werden müssten.
In seinem Schlusswort stellte GenMaj Thomas fest, dass der angesprochene Verbesserungsbedarf aus den Vorträgen der sichtbare Bereich des Eisberges sei, aber auch die gelösten Probleme und die Kreativität in der Lösungsfindung überwiegen würden. Letztlich sprach er sich bei komplexen Dingen für die nötige strategische Geduld aus.
Weiter hege er die Hoffnung, die Mitglieder des Vereins im Jahre 2020 am 05. und 06. November an der Logistikschule der Bundeswehr wieder begrüßen zu dürfen. Es gäbe schließlich Grund zum Feiern, da der bB 30-jähriges Bestehen feiert und so forderte der Präsident auf, für die Teilnahme zu werben.
Zum Schluss galt der Dank dem Gastgeber, BrigGen Cohrs und dem Team des AusbZTLS für die gelungene Unterstützung im Rahmen der Weiterbildungsmaßnahme.
Fazit: Die diesjährige Mitgliederversammlung und zentrale Informationsveranstaltung des „blauer Bund e.V.“ war wieder eine gelungene Sache, die Messlatte hängt sehr hoch.
Auf Wiedersehen im nächsten Jahr in GARLSTEDT!